Tipps vom KKA-Rechtsexperten

Die Grenzen der Pauschale

Durchsetzung von Mehrkosten

Wenn man Handwerker nach Themen befragt, die sie im Berufsalltag besonders beschäftigen und die sie kompetent aufbereitet in einer Fachzeitschrift behandelt sehen wollen, ist das Thema „Recht“ immer unter den Top-Nennungen. Daher bietet die KKA beginnend mit dieser Ausgabe einen ganz besonderen Service für Leser an: den KKA-Rechtstipp von Dr. Harald Scholz.

Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei Dinge. Handwerker haben häufig unter dieser Weisheit zu leiden.

Mit dieser Ausgabe startend hat die KKA einen Rechtsexperten gewinnen können, der künftig Fälle aus seiner beruflichen Praxis gut verständlich und nachvollziehbar vorstellen wird. Ziel ist es, mögliche Risiken für Handwerksbetriebe aufzuzeichnen, damit Sie, als Leser der KKA, diesen künftig aus dem Weg gehen können.

Als Einstieg soll der Kommentar von Dr. Scholz zu einem konkreten Rechtsfall (BGH, Urteil vom 13.03.2008 - Aktenzeichen: VII ZR 194/06) dienen, bei dem es um die Durchsetzung von Mehrkosten geht.

Der Sachverhalt

In einem Hallen-Neubau entsteht ein Bistrobereich mit Küche. In Position 75 wird eine mechanische Be- und Entlüftungsanlage je nach Erfordernis verlangt. Der Auftragnehmer bietet diese zu einem Pauschalpreis mit den sonstigen Geräten und Installationen an.

Später ändern sich die Pläne des Bauherrn. Statt einer Küche von 16 m² und einem Bistrobereich von 30 m² wird ein offener Küchen-Bistro-Bereich eingerichtet und mit vielen in den Vertragsplänen zunächst nicht vorgesehenen Geräten (Toaster, Lavagrill, Doppelfriteuse) bestückt. Darum muss die Lüftungsanlage bedeutend größer dimensioniert werden. Die Parteien streiten über die Frage, ob es einen Mehrvergütungsanspruch gibt.

Die Entscheidung

Bei der Positionsbeschreibung handelt es sich um ein funktionales Element. In dieser Position muss der Auftragnehmer selbst planen und kalkulieren. Insbesondere kann er nicht einfach mit der einfachsten Lösung rechnen und alles andere später zusätzlich abrechnen, wenn er dies nicht ausdrücklich so vereinbart. Sondern er muss für seinen Preis das liefern, was nach dem Planungsstand bei Vertragsschluss als mögliche Leistung erkennbar ist.

Kann er aber seine Planung nicht durchführen, nur weil der Bauherr nach Vertragsschluss kostentreibende Änderungen vornimmt, dann besteht ein Anspruch auf Mehrkosten. Die Klausel „je nach Erfordernis“ bedeutet nicht, dass man für den vereinbarten Preis auch bei wechselnder Planung „das jeweils Erforderliche“ liefern muss. Das könnte man zwar vereinbaren, aber diesen Wortlaut hat die Bedeutung nicht.

Die größere Anlage ist zwar auf Weisung des Bauherren auszuführen (§ 1 Nr.3 VOB/B), führt aber trotz der pauschal kalkulierten und funktional ausgeschriebenen Position zu Mehrforderungen (§ 2 Nr. 5 VOB/B).

Anmerkung

Bei Pauschalpreis und Funktionalausschreibung wird oft jede Mehrforderung vom Bauherrn abgelehnt („Wir hatten doch ausdrücklich einen Festpreis ausgemacht!“). Auftragnehmer nehmen das oft hin – oder wehren sich an den falschen Punkten.

Dazu ein paar Leitlinien

1. Natürlich ist ein pauschaler Festpreis unveränderlich – solange sich die vereinbarte Leistung nicht ändert! Kommt der Auftraggeber mit Sonderwünschen, die bis dahin nicht im Paket waren, oder mit neuen Plänen, hat das natürlich Konsequenzen. Die Antwort ist dann: „Wir hatten auch ausdrücklich gesagt, wofür der Festpreis sein sollte.“

2. Funktionale Leistungsbeschreibungen sind möglich. Eine Position kann so ausgeschrieben sein, dass der Auftragnehmer sich überlegen muss, welche Leistungsschritte erforderlich sein werden (und zwar schlimmstenfalls, auf Basis der Vertragsunterlagen). Das reicht von „in fix und fertiger Arbeit“, „komplett funktionsfähig“ bis zu „je nach Erfordernis“. Das gilt durchaus. Da hilft auch kein Hinweis darauf, dass die Leistungsbeschreibung „unklar“ wäre oder Risiken aufbürdet oder dass nach der VOB/C bestimmte Punkte angeblich zwingend als Besondere Leistungen einzeln auszuschreiben wären.

3. Aber wenn sich der Bauentwurf nach Vertragsschluss so ändert, dass nachweislich Mehrleistungen erforderlich werden, dann gibt es auch in solchen Fällen Geld.

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