Energiesparende Kühlung mit Wärme

Einsatz von Absorptionskältemaschinen

Absorptionskältemaschinen verbrauchen eine vernachlässigbare Menge an Strom, können mit einem CO2-freien Kältemittel (Wasser) betrieben werden und produzieren Kälte durch Wärme. Der Beitrag beschreibt die Einsatzmöglichkeiten von Absorptionskältemaschinen, die Erfahrungen aus Feldtests mit Anlagen, die Wärme auf niedrigem Temperaturniveau nützen können, und stellt ein realisiertes Projekt bei den Stadtwerken Gießen vor.

Deutschland hat im Vergleich zu vielen anderen Ländern bei der Kühlung noch großen Nachholbedarf, weil in der Vergangenheit bei uns die natürliche Lüftung mit kühler Außenluft, vor allem kühlen Nächten, in vielen Fällen für die Gebäudekühlung ausreichend war. Einige Veränderungen, hier sind besonders die höheren internen Lasten durch die technische Gebäudeausstattung, der Fassadenaufbau und die Belegungsdichten in modernen Gebäuden zu nennen, führen jedoch dazu, dass das nicht mehr genügt. In einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamts wird eine Steigerung des Kühlungsbedarfs von 25 % bei Wohngebäuden und 50 % bei Nichtwohngebäuden in den nächsten 20 Jahren geschätzt, wobei der Kühlbedarf bei Nichtwohngebäuden ca. 100-mal höher ist als für Wohngebäude. Es muss demnach in Zukunft mit einer deutlichen Zunahme der CO2-Emissionen auch durch Gebäudekühlung gerechnet werden, wenn sich das bisherige Angebot der Kälteanlagen am Markt nicht verändert.

Energieeinsparung beim Kühlen

Um die angestrebte Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu erreichen, muss deshalb mehr und mehr auch hier auf Energieeinsparung geachtet werden. Eine gute Alternative zu Kompressionskältemaschinen sind Absorptionskältemaschinen. Sie verbrauchen eine vernachlässigbare Menge an Strom, können mit einem CO2-freien Kältemittel (Wasser) betrieben werden und produzieren Kälte durch Wärme. Geräte, die mit Überschuss-Wärme betrieben werden können, sind hier Favoriten. Das ist besonders interessant im Sommer, wenn überschüssige Wärme aus  Müllverbrennungs-  und Blockheizwerken sowie Fernwärme und Solarwärme  vorhanden sind, aber nicht benötigt werden. Vorhandene KWK-Kapazitäten können besser ausgenutzt werden und die Kraftwerke rentabler betrieben werden, wenn die anfallende Wärme Abnehmer findet. Ganzjährig vorhandene Überschusswärme wie die Abwärme von Industrieanlagen, die sogenannte Prozesswärme, deren Nutzung für Industrieunternehmen besonders interessant ist, hat meistens jedoch keine allzu hohen Temperaturen. Kühlanlagen, die Wärme auf niedrigem Temperaturniveau nutzen können, sind deshalb besonders gefragt. Ein solches Gerät ist die neue Absorptionskälteanlage (AKA) von Baelz (www.baelz.de). Hier dient das umweltfreundliche, ungiftige Stoffpaar Lithiumbromid und Wasser zur Kälteerzeugung. Die bei Kompressionskältemaschinen auftretende Problematik durch den Einsatz von fluorhaltigen, giftigen oder brennbaren Kältemitteln fällt weg. Ein weiterer Pluspunkt der Absorptionskältemaschinen ist, dass sie im Gegensatz zu Kompressionskältemaschinen praktisch lautlos laufen.

Entwicklungsziele bei der neuen Absorptionskältemaschine

Die Herstellung und Weiterentwicklung der Absorptionskältemaschine bei BS Nova (Vertrieb Firma Baelz) in enger Zusammenarbeit mit der TU Berlin, die gemeinsam mit der AGFW,  (Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.), dem BTGA  (Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e.V.) und der TU Dresden, sowie dem ZAE Bayern (Bayerisches Zentrum für angewandte Energieforschung) die Anlagen in einem Demonstrationsprojekt bundesweit in 15 Installationen einsetzt, begann mit der Konzeption eines Geräts für den mittleren Leistungsbedarf von ca. 50 kW und einem etwas größeren mit ca. 160 kW. Die Größe der Anlage sollte möglichst gering sein, damit sie auch für den nachträglichen Einbau in schon bestehende Gebäude geeignet ist. Gewicht und  Türgängigkeit der Anlage waren ebenfalls zu berücksichtigen. Diese mittleren Leistungsbereiche waren auf dem Markt bis dahin praktisch nicht vorhanden.

Die neue Anlage

Entstanden ist eine kompakte Anlage mitvergleichsweise geringem Gewicht (siehe Tabelle), die keine Schwierigkeiten beim Transport macht. Die wesentlich geringere Menge an Kälte- und Lösungsmittel im Vergleich zu anderen Geräten spart Gewicht und Kosten. Angeboten wird die Anlage in zwei unterschiedlichen Größen, genannt „Biene“ und „Hummel“. Die Namen beziehen sich zum einen auf die Farbgebung und zum anderen auf die unterschiedliche Größe. Eine teilmodulare Bauweise erlaubt dank der Neuentwicklung der Absorptionskältemaschinen mit 50 bzw. 160 kW einen Leistungsbereich von ca. 50 – 320 kW. Das Konzept von „Biene“ und „Hummel“ auf eine 500 kW-Anlage („Hornisse“) zu erweitern, wird zurzeit geprüft.

Resultate der Forschungsphase

Während mehrjähriger Feldtests kommen 25 Anlagen zum Einsatz. Sie werden genau beobachtet und die Ergebnisse erfasst. Es zeigt sich, dass besonders beim Einsatz der AKA in Fernwärmenetzen stark variierende Volumenströme im Temperaturbereich von 55 °C bis 100 °C zu berücksichtigen sind. Diese sehr unterschiedlichen Voraussetzungen können von den modernen AKAs genutzt werden. Als eine sehr günstige Eigenschaft der neuen AKAs zeigte sich ihre Fähigkeit, in der lastabhängigen Fahrweise sowohl mit unterschiedlichsten Temperaturen als auch unterschiedlichsten Volumenströmen umzugehen. Eine Volumenstromminderung kann bei Teillast für die Rücklauftemperatur ins Fernwärmenetz günstig sein. Auch die Temperaturspreizung im Antriebskreis von „Biene“ und „Hummel“ kann  groß gewählt werden, und es können Kaltwassertemperaturen bis 5 °C erreicht werden. Bei der Kälteleistung im Verhältnis zur aufgewendeten Energie (COP) ergaben sich bei den Anlagen im Feldtest sehr gute Werte von bis zu 0,8.

Bei Integration von „Biene“ und „Hummel“ in vorhandene Nutzungsstrukturen, aber vor allem auch im Sanierungsfall und im Neubau, können die Geräte nicht nur als Kälteanlage, sondern auch als Wärmepumpe verwendet werden, wobei sie bis zu 60 °C Nutzwärme zur Verfügung stellen können.

Die Rückkühlungstemperaturen, deren oberes Limit in dieser Technologie bisher bei 35 °C bis 40 °C lag, konnten durch Reduzierung von Wärmebrücken und Optimierung der Wärmeübertrager bis auf ca. 50 °C erhöht werden. Das wiederum ermöglicht den Einsatz von trockenen Rückkühlwerken, was ein deutlicher Vorteil im Vergleich zu bisherigen Kältemaschinen ist.

Einbau einer „Hummel“ in der Praxis

Ein aktuelles Beispiel für die Anwendung einer AKA von Baelz ist ihr Einsatz bei den Stadtwerken Gießen. Es wurde hier eine Anlage im mittleren Leistungsbereich benötigt, während die marktüblichen meist im Bereich von 300 bis 500 kW lagen und entsprechend groß und schwer waren. Sie wären nicht in die bestehenden Gebäude zu integrieren gewesen, hatten hohe Anforderungen an die Rückkühlung und waren auch zu teuer. Auf dem Markt waren bisher keine geeigneten Kältemaschinen verfügbar, lediglich bei ausländischen Anbietern, mit denen man in Gießen allerdings keine guten Erfahrungen hatte.

Die Entscheidung der Stadtwerke Gießen zugunsten der Baelz-AKA fiel aufgrund ihrer relativ geringen Größe und verschiedener technischer Vorzüge dieser Maschine. So kann sie durch besonders niedrige Heißwassertemperaturen angetrieben werden. Die Stadtwerke brauchten eine neue Kühlanlage für ein Bürogebäude, zwei Rechenzentren und eine Telefonanlage. Die bisherige Kühlung mit Trinkwasser über Plattenwärmeübertrager reichte nicht mehr aus. Zu kühlen waren insgesamt  68 kW. Um auch für Spitzenlast ausreichend Kapazität zu haben, fiel die Wahl auf eine „Hummel“, die auch 75 bis 100 kW leisten kann. Es ist hier also noch mehr als ein Viertel der Leistungsfähigkeit als Reserve für Spitzenlasten vorhanden. Interessant war außer dem niedrigen Leistungsbereich der sehr gute COP-Faktor von 0,73, den keine der anderen Anlagen erreicht (Teillast bei ca. 30 %). Die Wärme, die von BHKWs erzeugt wird und mit der die AKA betrieben wird, kommt aus dem Fernwärmenetz. Der Heißwasser­ein- bzw. -austritt liegt normalerweise bei 80 °C/60 °C. Ein trockener Rückkühler kühlt im Sommer die Restwärme der AKA und im Winter nach Abschaltung der AkA direkt die entsprechenden Räume. Im Winter kühlt die Außenluft einen Plattenwärmeübertrager. Ein weiterer wichtiger Punkt, der für die AKA spricht, ist ihre schnelle Reaktionszeit. Bei plötzlichem Temperaturanstieg ist die Anlage innerhalb von weniger als zehn Minuten von 25 % auf 100 % Leistung.

Fazit


Die thermische Kälteerzeugung mit Absorptionskältemaschinen dient unserem Komfort und dem Schutz der Gesundheit, und das mit umweltschonender, energetisch effizienter Technik. Die Nutzung von überschüssiger Wärme mittlerer Temperatur, die besonders im Sommer anfällt, führt dazu, dass auch die Wärme aus erneuerbaren Energien wie Solarthermie, in dieser Zeit nutzbar ist. Die Abnahme von Fernwärme im Sommer trägt zum wirtschaftlicheren Betreiben von Kraftwerken für die Stromerzeugung bei. Biene und Hummel mit ihrem vergleichsweise geringen Leistungsbereich und geringem Gewicht können in bereits bestehende Gebäude integriert werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, die Kälte über bestehende Heizungsverteilsysteme in die entsprechenden Räume zu bringen, und die AKA kann auch als Wärmepumpe laufen. Dass die AKAs von Bälz schon mit niedrigen Temperaturen ab 55 °C angetrieben werden können, macht sie besonders interessant.

Im Vergleich zu Kompressionskältemaschinen, die sehr viel elektrische Energie verbrauchen und dadurch im Sommer zu einer zusätzlichen CO2-Belastung führen, benötigen die AKAs verschwindend geringe Mengen an Strom.

Vorteile der Absorptionsanlagen

Vergleichsweise niedriger Leistungsbereich von 50 bzw. 160 kW


thermische Prozesseffizienz, COP von  0,8


hohe Spreizungen der Antriebstemperatur > 40 K


niedrige Antriebstemperaturen ab 55  °C möglich


Prozessdesign für trockene Rückkühlung                                                  


Einsatz als Wärmepumpe für Heizsysteme bis 60 °C


reaktionsschnell, 25 % auf 100 % Leistung < 10 Minuten


Türgängigkeit, < 0,86m x 1,52m x 1,9m („Biene“)


effiziente Systemregelung für min. Betriebs-/ Energiekosten

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