Für Ökologie und Ökonomie

Deutsche Kälte-Klima-Konferenz in Berlin

Am 15. Dezember 2010 fand im Berliner Adlon-Hotel die Deutsche Kälte-Klima-Konferenz statt. Die zahlreichen Vorträge drehten sich alle um das Hauptthema „Finanzierung durch Amortisation mit energieeffzienten Kälte- und Klimasystemen“. Die Konferenz stellte mögliche Energie-Einsparpotentiale im hohen Prozentbereich und Lösungen in Bezug auf Technik und Finanzierung vor. Die Referenten konnten belegen, dass man die hierfür notwendigen Investitionen mit Hilfe der eingesparten Energiekosten finanzieren kann, ohne die Leistung der Objekte (Kälte/Klima) zu reduzieren.

Die Deutsche-Kälte-Klima-Konferenz am 15. Dezember 2010 im Berliner Adlon-Hotel bot ein gutes Konzept, kompetente Referenten, ein wichtiges Thema, einen beeindruckenden Veranstaltungsort, leider jedoch auch mieses Wetter und Schneechaos. Letzteres hatte zur Folge, dass bei weitem nicht so viele Teilnehmer erschienen, wie sich die Veranstalter – die Firma Frigotechnik (www.frigotechnik.de) und der VDKF (www.vdkf.de) – erhofft hatten. Aufgrund der Witterungsverhältnisse waren nur ca. 60 Interessierte angereist (Anmeldungen hatte es deutlich mehr gegeben), für die es sich jedoch gelohnt hat, dass sie dem Schnee getrotzt hatten.

 

„Wir können etwas verändern!“

In seinen einleitenden Worten betonte Wolfgang Leo, Niederlassungsleiter von Frigotechnik in Berlin und Mitorganisator der Tagung, dass gerade die Experten in der Kälte- und Klimabranche in der Lage seien, etwas zu verändern, wenn es darum gehe, den Umweltschutz voranzutreiben, CO2-Emissionen zu senken, Energieeinsparungen zu erzielen und trotz dafür notwendiger Investitionen für den Besitzer der Kälteanlage wirtschaftliche Vorteile zu schaffen. In diesem Zusammenhang nahm er explizit auch die Betreiber in die Pflicht: „Ökologische Entscheidungen kann man nicht auf politische Entscheidungsträger abwälzen – hier ist jeder in der Pflicht Verantwortung zu übernehmen. Und dass das nicht zum Schaden der Betreiber ist, zeigen Projekte auf, bei denen bis zu 40 % der Energiekosten eingespart werden konnten. Hier liegt eine riesige Chance für unsere Branche; aber wir müssen es auch wollen!“

 

Kälteanlage wird „Profitmaschine“

Gleich im ersten Vortrag des Tages machte Jan Kröger, Geschäftsführer Hafner-Muschler, deutlich, dass Wolfgang Leo mit seinen Aussagen nicht übertrieben hatte. Er beschrieb den Ersatz einer umfangreichen Industriekälteanlage durch ein modernes System, wobei dem Kunden pro Jahr eine Kostenersparnis von 150 000 € im Vergleich zur Altanlage entsteht. Bei einem Investitionsvolumen von 744 000 € wird somit die neue Anlage schon nach fünf Jahren zur „Profitmaschine“. Konkret wurde bei dem Projekt eine aus 125 einzelnen Kühlgeräten bestehende Industriekühlung in einem Kunststoff verarbeitenden Betrieb durch eine zentrale Kälteanlage mit 125 Kühlstellen ersetzt. Die alten Geräte mit unterschiedlichsten Kältemitteln (R22, R134a und R404A) mit einer Gesamtleistung von 570 kW liefen aufgrund des Drei-Schicht-Betriebs nahezu permanent, so dass der Austausch bei laufendem Betrieb eine anspruchsvolle Aufgabe war. Die neue Anlage (indirektes Kühlsystem mit R134a) mit einer Leistung von 640 kW wurde in einem Container vor der Halle untergebracht und gewährleistet die Kaltwasserversorgung in zwei Kreisläufen (12 °C und 15 °C) unter Nutzung von Freikühlung. Die jährlichen Betriebskosten sanken von 255 000 € auf 105 000 € (trotz einer um 12 % höheren Leistung der Gesamtanlage), die CO2-Emissionen sanken um 830 t/a.

Großes Potential zur Energieeinsparung – allerdings nicht in diesem Fall umgesetzt – sieht Jan Kröger auch mit den Methoden der Wärmespeicherung durch Betonkerntemperierung, der Abwärmespeicherung in Sprinklertanks und dem Einsatz von Geothermie, bei dem das Erdreich als Wärmespeicher genutzt wird.

 

Verdunstungs- und luftgekühlter Verflüssiger kombiniert

Wolfgang Dittrich, Pakt GmbH, zeigte in seinem Vortrag ein weiteres Beispiel auf, wie sich die höheren Investitionskosten einer Anlagenvariante im Vergleich zur Standardtechnik schon innerhalb eines Jahres amortisieren können. Für ein Tiefkühlhaus in Berlin sollte eine Kälteanlage realisiert werden. Die erforderliche Leistung bei -26 °C Lagertemperatur beträgt 300 kW. Zwei Varianten standen zur Wahl:

› Variante I: R404A-Verbundanlage mit einstufigen halbhermetischen Schraubenverdichtern, Economizerbetrieb, luftgekühlt, to/tc = -37/+45°C, elektrische Abtauung, thermische Expansionsventile

› Variante II: R404A-Verbundanlage mit halbhermetischen einstufigen Schraubenverdichtern, Economizerbetrieb, Kombination Verdunstungsverflüssiger mit luftgekühltem Verflüssiger, to/tc = -33/+30 °C, Heißgasabtauung, elektronischeExpansionsventile (keine FU)

Realisiert wurde die Variante 2, bei der eine von der Pakt GmbH entwickelte Kombination aus Verdunstungsverflüssiger und luftgekühltem Verflüssiger zum Einsatz kam, die nach Angaben von Wolfgang Dittrich die Vorteile des jeweiligen Geräts nutzt und die Nachteile weitestgehend eliminiert. Dabei habe der Verdunstungsverflüssiger seine Vorteile bei hohen Außenlufttemperaturen und der luftgekühlte Apparat bei mittleren und niedrigen Temperaturen. Durch Senkung der Verflüssigungstemperatur deutlich unter die Auslegungstemperatur von luftgekühlten Verflüssigern und durch Anhebung der Verdampfungstemperatur wurde die Lösung für den Kunden interessant. Der entscheidende Vorteil der kombinierten Verflüssigung sei, dass auch im Sommer eine hohe Kälteleistung bei günstigen Energiekosten und hoher Betriebssicherheit zur Verfügung stehe. Die Variante 2 habe bei den Investitionskosten um 34 000 € (bei einem Gesamtpreis von 295 800 €) über der Variante 1 gelegen, jedoch seien die jährlichen Betriebskosten um ca. 36 000 € niedriger, so dass sich die aufwändigere Lösung schon nach einem Jahr amortisiere. 

 

Supermarktsysteme im Vergleich

Andrea Voigt, Geschäftsführerin EPEE, referierte über Möglichkeiten der Energieeinsparung im Supermarktbereich. Den Fokus ihres Vortrags legte sie auf eine Ökoeffizienzstudie, bei der vier Supermarktsysteme in drei verschiedenen Klimazonen (Helsinki, Straßburg und Athen) miteinander verglichen worden.

› System 1 ist ein R404A-Direktverdampfungssystem mit 70 kW NK-Verbund + 20 kW TK-Verbund. Als durchschnittliche Leckagerate werden 15 % angesetzt bei einer Lebensdauer von zwölf Jahren.

› System 2 ist im NK-Bereich ähnlich wie System 1 aufgebaut, jedoch mit einem unterkritischen DX-CO2-System (TK), Hauptunterschied: R404A-CO2-Kaskade.

› System 3 besitzt im NK-Bereich einen Sekundärkreislauf, mit Glykol gekühlt durch R404A-Chiller und ebenfalls ein unterkritisches DX-CO2-System (TK). Dies bedeutet weniger R404A-Einsatz, geringere Leckagen, jedoch mehr Pumpen- und Verdichterenergie.

› System 4 ist ein transkritisches DX-CO2-System für NK und TK; Dies bedeutet: besserer Wärmeübergang, hohe Kälteleistung, aber auch hoher Druck (Know-how erforderlich) und hohe Kosten.

 

Ein eindeutiges Ergebnis, welches System in Supermärkten die beste Lösung ist, lieferte die Studie nicht – hierfür gibt es einfach zu viele Variablen. Bei niedrigen Umgebungstemperaturen z.B. hatte System 4 die höchste Energieeffizienz, bei höheren Temperaturen hingegen verbraucht die transkritische Anlage mehr Energie als das konventionelle R404A-System, welches jedoch auch direkte Leckagen hat und damit höhere Lebenszyklusemissionen hat als das CO2-System. Letzteres ist aber auch wieder das teuerste von allen. Interessant war auf jeden Fall, dass sich die Systeme bei einer Veränderung der Rahmenbedingungen (Reduzierung der Leckagen, Kältemittel mit niedrigerem GWP, Verbesserung der Systemeffizienz, kostengünstigere Komponenten für CO2-Anlagen) nahezu gleichauf sind, und zwar sowohl in Bezug auf die Kosten als auch auf die ökologischen Auswirkungen.

Die Studie zeigt allerdings deutlich, dass Energieeffizienz der Schlüssel dafür ist, die Klimawirkung von Supermarktkälteanlagen zu reduzieren. Denn: Der Energieverbrauch steht im Allgemeinen für 60 bis 80 % ihrer Gesamtemissionen. Andrea Voigt, EPEE-Geschäftsführerin warnte daher: „Nur auf das Kältemittel zu schauen, ohne den Energieverbrauch des Systems und andere Parameter wie z.B. das Klima einzubeziehen, kann irreführend und letztlich nachteilig für unsere Umwelt sein. Es gibt eindeutig kein universelles Kältemittel. Um die Gesamt­emissionen von Supermarktkältesystemen zu reduzieren, sollten Energieeffizienz, die sofortige Reduzierung der direkten Emissionen durch dichtere Anlagen und der Einsatz von Kältemitteln mit geringerem GWP-Wert sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit ausschlaggebend für die Wahl der Technologie abhängig von der jeweiligen Anwendung sein.“ Weitere Ergebnisse der Studie finden Interessierte auf der EPEE-Homepage www.epeeglobal.org.

 

Energieeinsparung mit Regelungssystemen

Frank Bahke, Danfoss, berichtete über Regelungssysteme als Grundlage der Energieeffizienz. Intelligente Regelungen schaffen es z.B. Verdampfungstemperaturen anzuheben und Verflüssigungstemperaturen abzusenken und so Energie zu sparen. Wichtig seien zudem die korrekte Erfassung der Außentemperaturen, die Ermittlung des tatsächlichen Kühlbedarfs, der Einsatz optimierter Kühlstellenregler, eine Bedarfsabtauung usw. Qualitativ hochwertigere Regelgeräte seien zwar meist teurer, im Vergleich zu billigeren Standardlösungen würden sie sich aber innerhalb weniger Jahre amortisieren.

 

Frequenzgeregelte Verdichter

Berthold Schnase, Bock, stellte eindrucksvoll die Möglichkeiten der Energieeinsparung durch den Einsatz von frequenzgeregelten Verdichtern anhand mehrerer realisierter Projekte vor. Was oft vergessen wird: Eine Kälteanlage wird ja nicht deshalb betrieben, um Energie zu sparen, sondern um Ware zu kühlen. Und auch in diesem Zusammenhang haben frequenzgeregelte Verdichter Vorteile. Sie verbessern nämlich nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die Produktqualität der eingelagerten Ware durch eine optimale Anpassung an den Kühlbedarf.

 

BAFA-Förderungen

Kathleen Jennrich, BAFA, informierte die Anwesenden über Förderungen von neuen und Bestandskälteanlagen. 2010 seien mit den BAFA-Förderprogrammen etwas mehr als 200 Anlagen gefördert worden (Auszahlung von 10 Mio. €), für 2011 stünden ebenfalls ausreichend Mittel zur Verfügung, um alle förderfähigen Anlagen auch zu fördern. Wichtig sei jedoch, dass man sich rechtzeitig über Förderbedingungen und Zeitpunkte der Antragsstellung informieren sollte, um nicht durch evtl. Formfehler Förderungen zu verpassen. In der Diskussion nach ihrem Vortrag wurde aber auch darauf hingewiesen, dass man Kälteanlagen nicht nur auf die Erreichbarkeit von Fördermitteln hin auslegen sollte. Diese können zwar ein finanziell attraktives Bonbon für den Betreiber sein, aber förderwürdige Anlagen sind nicht zwangsläufig auch die energieeffizientesten Anlagen. Diskutiert wurde auch die Berechnungsgrundlage für förderfähige Anlagen. Sinnvoll scheint in diesem Zusammenhang zu sein, den COP einer Anlage als maßgebliches Kriterium für die Förderbewilligung in den Mittelpunkt zu stellen und nicht etwa den schwammigen TEWI-Wert oder gar die Vorgabe, dass nur Anlagen mit natürlichen Kälteanlagen förderfähig sind.

 

Mangelndes Wissen bei Betreibern

Erik Pfeifer, IHK Berlin, bemängelte in seinen Ausführungen das in Bezug auf Kältetechnik nur in geringem Maße vorhandene Wissen auf Betreiberseite. Dieses fehlende Wissen sei ein limitierender Faktor bei anstehenden Investitionen. Aus diesem Grund ist es Ziel der IHK Berlin, das Wissen in die Unternehmen zu tragen. So wird neuerdings ein Lehrgang zum „Spezialisten für energieeffiziente Kältetechnik“ angeboten. Herr Pfeifer legte Wert darauf zu betonen, dass dies keine Spezialisierung für Kälteprofis sei, sondern für Mitarbeiter in Unternehmen, die Kälteanlagen verwenden. Es soll ein internes Expertenwissen geschaffen werden, damit auch Kälteanlagenbauer qualifizierte Ansprechpartner in den Firmen gegen­übersitzen haben, die verstehen können, welche Optimierungsmöglichkeiten im Bereich der Kältetechnik existieren.

 

VRF-Technik

Andre Hillmer, Mitsubishi Electric, berichtete in seinem Vortrag über die Möglichkeiten der energieeffizienten Klimatisierung mit VRF-Technik. Nach einer Vorstellung der verfügbaren Produkte stellte er mehrere Referenzobjekte ausführlich vor. Bei der Betrachtung der COP-Werte von Kälteanlagen machte er deutlich, dass es wichtig sei, die neuesten Gerätegenerationen zu vergleichen. Durch stetige Weiterentwicklung der Geräte von Mitsubishi Electric habe sich nämlich der COP in den letzten zwölf  Jahren nahezu verdoppelt. Wichtig sei auch der Einsatz von invertergesteuerter Leistungsregelung – vor allem bei Anlagen die häufig im Teillastbereich fahren.

Weitere Vorträge der Deutschen Kälte-Klima-Konferenz beleuchteten die politischen Rahmenbedingungen aus Sicht des BMU, Fördermaßnahmen und die Unterstützung von Kälteprojekten durch die Commerzbank.

 

Fazit

Alles in allem war die Tagung ein voller Erfolg in Bezug auf die gesetzten Ziele der Veranstalter, Energie-Einsparpotentiale im hohen Prozentbereich und Lösungen in Bezug auf Technik und Finanzierung vorzustellen. Etwas mehr Zuhörer und auch etwas mehr Raum für Diskussionen im Anschluss an die Vorträge hätten der Veranstaltung zwar gut getan, aber die Anreise trotz Eis und Schnee wird sicher keiner, der im Adlon-Hotel dabei war, bereut haben.  

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