Kältemittel, Kaugummis und Nagellack

Mit Argusaugen wird seitens der Politik und der Umweltbehörden derzeit jede Aktion betrachtet, die mit treibhauswirksamen Kältemitteln zu tun hat. Unsere ganze Branche hat mit den Auswirkungen der F-Gase-Verordnung zu kämpfen, die Preise für Kältemittel gehen durch die Decke, Betreiber haben eine Fülle von Pflichten im Umgang mit Kältemitteln zu erfüllen, das Quotensystem sorgt für eine Verknappung und, und, und. Sie alle kennen die Probleme durch Ihren täglichen Umgang mit dem begrenzten und wertvoll gewordenen Gut selbst am besten.

Warum, fragt man sich dann, sind die Behörden offensichtlich auf beiden Augen blind, wenn es um kältemittelhaltige Produkte in anderen Branchen geht? Stein des Anstoßes sind sogenannte Kältesprays, die bei der thermischen Fehlersuche, zum Kälteschrumpfen und Schockfrosten oder zur Prüfung von Temperaturfühlern eingesetzt werden. Diese werden von unterschiedlichen Herstellern angeboten und sind für alle frei verfügbar im Internet, im Fachhandel und in Baumärkten zu kaufen. Wesentlicher Bestandteil der meisten Kältesprays ist R134a! Und da es als Spray zum Einsatz kommt, ist auch völlig klar, dass das in den Dosen enthaltene R134a nach der Anwendung auch mit Sicherheit in der Atmosphäre ankommt und seine Fähigkeiten als Treib­hausgas voll entfalten kann. In den Produktbeschreibungen wird das ungiftige, nicht brennbare und „rückstandsfrei verdunstende“ R134a gelobt. Es sollte mal in unserer Branche ein Kältemittellieferant damit werben, dass R134a beim Entweichen so herrlich verdunstet – die Damen und Herren im Umweltbundesamt würden Tobsuchtsanfälle bekommen (und zwar völlig zu Recht).

Aber nicht nur in Autowerkstätten oder in der Elektrobranche wird das Spray eingesetzt. Wer in Heimwerker-Foren im Internet stöbert, findet kluge Tipps, dass man mit dem Kältespray Kaugummi vom Sofa entfernen könne oder dass es ideal sei, um frisch aufgetragenen Nagellack schnell zu trocknen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen.

Während in der Kältebranche jeder, der für eine Kältemittel-Leckage verantwortlich ist, an den umweltpolitischen Pranger gestellt wird; während keine Kosten und Mühen gescheut werden, was die Installation von Leckage-Erkennungssystemen und die Einhaltung von Aufzeichnungspflichten betrifft, dürfen andere R134a ungeschoren – und zwar als bestimmungsgemäße Nutzung und nicht etwa als Unfall – in die Umwelt entlassen. R134a als Kältemittel zu erwerben, erfordert den Nachweis des Fachbetriebsstatus, es zum Kaugummientfernen zu nutzen, ist für Hinz und Kunz erlaubt.

Wieso wird mit so unterschiedlichem Maß gemessen? Vielleicht haben Sie oder Vertreter des UBA hierauf eine Antwort? Ich habe keine.

 

Kopfschüttelnde Grüße

Ihr Christoph Brauneis  

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