Keine Irrwege beim Fahrtenbuch

Versteuerung des privat genutzten Firmenwagens

Bei privat genutzten Firmenfahrzeugen kommt es immer wieder zu Diskussionen mit dem Finanzamt, ob bezüglich der Besteuerung ein Fahrtenbuch zugrundezulegen oder die 1-%-Regelung anzuwenden ist. Ist das Fahrtenbuch nach Auffassung des Finanzamts nicht ordnungsgemäß geführt, wird die – meist teurere – 1-%-Regelung angewendet.

Anforderungen an das Fahrtenbuch | Das Fahrtenbuch muss die Kilometer für dienstliche und private Fahrten (inklusive Fahrten zum Betrieb) nachweisen, d.h. es muss ordnungsgemäß sein. Der Begriff der Ordnungsmäßigkeit ist gesetzlich nicht näher bestimmt, ist aber durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend deutlich umrissen und wird mit einer Reihe von Voraussetzungen von der Finanzverwaltung zugrunde gelegt.

Folgende Anforderungen werden gestellt, damit das Fahrtenbuch als Beweismittel anerkannt wird:

n Die Aufzeichnungen müssen zeitnah und fortlaufend vorgenommen werden,

n Die Aufzeichnungen müssen in geschlossener Form erfolgen, damit Manipulatio­nen ausgeschlossen werden,

n Ausdrucke aus Tabellenkalkulationsprogrammen werden nicht als ordnungsgemäß anerkannt.

n Bei beruflichen Fahrten sind folgende Angaben unverzichtbar: Datum, Reiseziel, aufgesuchter Kunde/ Geschäftspartner bzw. Gegenstand der dienstlichen Verrichtung sowie bei Abschluss der Fahrt der erreichte Gesamtkilometerstand.

n Jede einzelne berufliche/ betriebliche Verwendung ist grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen.

n Besteht eine einheitliche berufliche/ betriebliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden.

n Alle Angaben sind im Fahrtenbuch zu machen. Ein Verweis auf andere Unterlagen ist unzulässig.

n Für Privatfahrten genügen jeweils die Kilo­meterangaben, wobei für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch genügt.


Bei Berufen mit täglich wechselnden häufigen Fahrten (z.B. Kundendienstmonteure, Handelsvertreter, Fahrlehrer, Taxifahrer) bestehen Aufzeichnungserleichterungen. Solche Erleichterungen gelten grundsätzlich nicht für dienstliche Fahrten von Steuerpflichtigen, die beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, also für Geistliche, Ärzte und Zahnärzte, Apotheker, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Hebammen. Allerdings reicht es aus, wenn sie unter „Reisezwecke und aufgesuchte Geschäftspartner“ lediglich „Mandan­ten- bzw. Patientenbesuch“ verzeichnen und Namen wie Anschrift des Aufgesuchten in einem Verzeichnis festhalten, das getrennt vom Fahrtenbuch zu führen ist.

 
Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit | Bei der Beurteilung, ob das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt ist, legen die Finanzämter strenge Maßstäbe an. Begründete Zweifel führen zu einer Nachversteuerung und zur Anwendung der 1-%-Regelung bei der Firmenwagenbesteuerung. Solche Zweifel sind immer dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige das Fahrtenbuch elektronisch anhand eines Tabellenkalkulationssoftware-Programms erstellt. Eine beliebte Methode besteht darin, das Fahrtenbuch nachträglich für einen längeren Zeitraum zu erstellen, mithin also zu manipulieren. Für derartige Manipulationen gibt es typische Anzeichen, die das Finanzamt misstrauisch machen:


n Fahrtenbuch und Reisekostenabrechnungen stimmen nicht überein,

n Tankbelege weichen hinsichtlich Datum und Uhrzeit von den Fahrtenbuch-Eintragungen ab.


Manche Autofahrer lassen sich von ihrem Tankstellenpächter gestempelte Blankobeläge geben und füllen diese selber aus.


n Werkstattbelege stimmen hinsichtlich des Kilometer-Standes nicht mit den Ein­tra­gungen im Fahrtenbuch überein. Nicht selten tragen Autowerkstätten in die Rechnungen falsche Kilometerstände ein.


Keine oder handschriftliche Eintragung des Kilometerstandes wecken den Argwohn des Finanzbeamten.


n In Reinschrift geführte Fahrtenbücher werden als manipuliert angesehen (Finanzgericht Stuttgart),

n Manche Steuerpflichtige, die das Fahrtenbuch nachträglich erstellen, wollen besonders schlau sein, indem sie zwischen Kugelschreiber- und Bleistifteintragungen wechseln. Was sie nicht wissen: „Mehrfarbige Eintragungen sind ein eindeutiges Indiz für ein manipuliertes Fahrtenbuch.


Das Fahrtenbuch wird regelmäßig dann verworfen, wenn der Finanzbeamte anhand der Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nicht nachvollziehen kann, in welchem Umfang das Fahrzeug dienstlich und privat genutzt wurde.

Kommt das Fahrtenbuch dem Finanzbeamten „verdächtig“ vor, nimmt er eine Detail- und Plausibilitätsprüfung vor. Einer solchen Prüfung hält ein manipuliertes Fahrtenbuch nur selten stand.

Natürlich werden auch nicht manipulierte Fahrtenbücher nicht selten verworfen, weil sie den Vorstellungen der Finanzverwaltung in Bezug auf Ordnungsmäßigkeit nicht entsprechen. Hier geht es dann stets um fehlende Belege oder unvollständige Eintragungen.

Die Frage, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, beschäftigt immer wieder die Gerichte, denn davon hängt letztlich ab, wie der private Nutzungsanteil ermittelt wird. Der steuerliche Unterschied zwischen Besteuerung nach Fahrtenbuch und der 1-%-Regelung kann beträchtlich sein. Mit der 1-%-Regelung wird der auch privat genutzte Firmenwagen pauschal versteuert, und zwar mit 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs einschließlich aller Extras. Zusätzlich werden 0,05 % mal Entfernung Wohnung – Arbeitsstätte mal Listenpreis als geldwerter Vorteil angesetzt. Für Nicht-Arbeitnehmer ist die 1-%-Regelung seit dem 1. Januar 2006 nur noch für Fahrzeuge anwendbar, die zu mindestens 50 % betrieblich genutzt werden.


BFH-Urteil schafft Erleichterun­gen | Um dem Steuerpflichtigen die Mög­lich­keit zu eröffnen, den tatsächlichen Nutzungsgrad zu ermitteln, bedarf es formaler Vorschriften. Diese Formalien sollten allerdings nicht überspannt werden. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit bieten. In dieser Hinsicht schafft ein BFH-Urteil vom 10. April 2008 (VI R38/06) Klarheit. Tenor des Urteils: „Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Kleine Mängel führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1-%-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind.“

Zugrunde lag der Rechtsstreit, ob ein Fahrtenbuch noch ordnungsgemäß ist, wenn es in einem Jahr (2000) nur einen Mangel und in einem anderen Jahr (2002) nur wenige Mängel aufweist.

In zwei Fällen bestand zwischen den Kilometerangaben laut Fahrtenbuch und den Werkstattrechnungen keine genaue Übereinstimmung. In einem Fall war eine Fahrt, für die eine Tankrechnung vorlag, nicht aufgezeichnet worden. Die Richter des BFH bezeichneten es als unverhältnismäßig, wegen derartiger Mängel die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs zu versagen, sofern die Angaben insgesamt plausibel sind. Welche Mängel in dieser Hinsicht als „gering“ oder „unbedeutend“ einzustufen sind, muss jeweils einer Einzelfallentscheidung überlassen bleiben.


BFH-Urteil kein Freibrief | Auch wenn der BFH hier zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden hat, weil tatsächlich nur kleine, für die Anerkennung des Fahrtenbuchs unwichtige Mängel vor­handen waren, sollte der Steuerpflichtige sorgfältig darauf achten, die Fahrtenbucheintragungen so korrekt wie möglich vorzunehmen. Es ist nämlich zu registrieren, dass die Finanzverwaltung höchstrichterliche Urteile im Steuerrecht nicht oder mangelhaft umsetzt. Sie hat Mechanismen entwickelt, um die Anwendung von Entscheidungen des BFH zu unterlaufen.

Durch rund ein halbes Dutzend sog. „Nichtanwendungserlasse“ pro Jahr verhindert die Steuerverwaltung, dass die Bürger von Urteilen des höchsten Finanzgerichts profitieren können.

Mit solchen seit Jahren üblichen Erlassen beschränkt die Verwaltung die Wirkung höchstrichterlicher BFH-Urteile auf die unmittelbar am Prozess Beteiligten, anstatt sie – wie bei anderen Bundesgerichten üblich – auch auf alle vergleichbaren Fälle anzuwenden.

Es ist nicht auszuschließen, dass auch das Fahrtenbuch-Urteil einem solchen Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministers zum Opfer fällt.

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