Kleinvieh macht auch Mist

Optimierung des Betriebsstoffverbrauchs

Unternehmen der Kälte- und Klimatechnik haben meist intensive Anstrengungen zur Optimierung ihrer großen Kostenpositionen durchgeführt. Deshalb sind bei großen Kostenblöcken wie Vormaterial und Personal nur noch geringe Optimierungspotentiale vorhanden. Entsprechende Möglichkeiten bestehen jedoch nicht bei den Betriebsstoffen. Schmierstoffe und Kleber, Arbeitshandschuhe und Kleinteile werden bevorratet und kurz vor Aufbrauchen der Vorräte erneut beschafft. Zwar werden Kostenblöcke für das Geschäftsjahr vorgegeben und die Zielerreichung kontrolliert, eine wirkliche Kostenplanung erfolgt jedoch nicht, vielmehr wird die Vergangenheit fortgeschrieben. Deshalb werden Einsparungspotentiale in diesen Bereichen meistens nicht wahrgenommen.

Die Optimierung großer Kostenblöcke wie Vormaterial und Personal wird von vielen Unternehmen forciert. Andere Optimierungspotentiale werden dabei jedoch häufig vernachlässigt. Dabei können gerade in Bereichen, die noch nie auf effiziente Nutzung geprüft wurden, Kosten eingespart werden. Einen solchen Bereich können die Betriebsstoffe bilden (siehe Abb. 1).

Bevor umfangreiche Untersuchungen erfolgen, kann ein knapper Überblick über die Entwicklung des Klimaunternehmens Hinweise auf das Erfolgspotential geben. Bei der Büscher GmbH, einem mittelständischen Unternehmen war die Umsatzentwicklung in den letzten Geschäftsjahren unspektakulär und pendelt um 3 Mio. €. In der Gewinn- und Verlustrechnung waren die Betriebsstoffe leicht gestiegen. Diese Kosten lagen im letzten Geschäftsjahr bei 181 000 €, 2006 bei 146 000 € – eine unspektakuläre Entwicklung.


Entscheidung über die Projektdurchführung

Setzt man Umsatz in Beziehung zu Betriebsstoffen ergaben sich in den vergangenen vier Jahren Veränderungen im einstelligen Prozentbereich. Ein anderes Bild zeigt sich, wenn die Mitarbeiterzahl herangezogen wurde. Diese nahm von 37 auf 28 Mitarbeiter ab. Dieser Rückgang von 30 % fand keine Entsprechung bei den Betriebsstoffen – auch nicht bei den Positionen, welche eine enge Beziehung zur Mitarbeiterzahl aufweisen, wie beispielweise Arbeitskleidung oder Schmierstoffe. Eine weitere Analyse erschien deshalb vielversprechend.

Bei der Büscher GmbH wurde als Projekteinstieg der Verbrauch von Arbeitshandschuhen im Werkstattbereich und Büropapier in der Verwaltung analysiert. Die Schätzungen ergaben eine geschätzte Nutzungsdauer der Arbeitshandschuhe von einer Woche, der Verbrauch von Büropapier wurde auf fünf Packungen wöchentlich geschätzt (siehe Tabelle 1).

Beim Büropapier wurden die handelsüblichen Packungen von 500 Seiten herangezogen. Da eine exakte Bedarfsbestimmung kaum möglich war, füllte ein Mitarbeiter die drei Druckstationen über einen Monat jeden Morgen aus einem extra reservierten Vorrat auf, ohne andere Mitarbeiter davon zu unterrichten (Tabelle 2).

Auf Basis des erwarteten Verbrauchs wurde ein mögliches Erklärungspotential ermittelt.

Die Unterschiede zwischen den Werten konnten sich die betreffenden Mitarbeiter nicht erklären. Auf weitere Ursachenforschung, welche schnell zu persönlichen Verdächtigungen führen könnte, wurde verzichtet, allerdings eine erneute Verbrauchsanalyse für das folgende Quartal angekündigt.

 
Verbrauchsprüfung

Mögliche Einsparungen von 2385 € bei zwei analysierten Artikeln sind weniger bedeutsam als das prozentuale Potential von 37 % der Kosten. Entsprechend wurde das Projekt systematisch weitergeführt.

Zur systematischen Auswahl ist eine pragmatische Selektion zu Projektbeginn erforderlich. Hierfür erfolgt die Auswahl der Güter auf Basis einer gezielten Stichprobe. Interessante Ergebnisse werden dort erwartet, wo private Nutzung und Entfernung aus den Unternehmensräumen aufgrund von Größe und Gewicht möglich sind. Hinweise auf die Auswahl der Untersuchungsobjekte gibt Tabelle 4.

Bei der Festlegung des Gefährdungspotentials werden Verdächtigungen vermieden. Entwendungsmöglichkeiten und missbräuchliche Nutzung beziehen sich nicht ausschließlich auf die verantwortlichen Mitarbeiter, sondern auf alle Personen, welche Zugang zu Räumlichkeiten bzw. Baustellen haben. Zu den verbrauchten Mengen werden die passenden Bezugsgrößen gesetzt. Diese werden meistens die Anwesenheiten darstellen, auf Basis von Manntagen. Hier ist grundsätzlich von 230 Tagen auszugehen. Zusätzlich sind regelmäßig anwesende, unternehmensexterne Personen wie Leiharbeiter zu berücksichtigen.Aus Gründen der Fairness gilt es, nicht alleine den technischen Bereich zu untersuchen, sondern auch die Verwaltung bei der Analyse einzubeziehen. Es werden durchschnittliche Verbrauchsmengen je Nutzer ermittelt. Im Verwaltungsbereich wird sich der Büropapierbedarf als plastische Einstiegsgröße anbieten. Aber auch Kaffeefilter und Getränke für die Gästebewirtung sind interessant.

Für den technischen Bereich kann der Einstieg über Arbeitskleidung erfolgen, wobei vor allem unscheinbare Artikel wie Handschuhe, deren konkreter Verbrauch oft nicht festgehalten wird, interessant sein werden.
Die Auswertung weisen im Einzelfall erstaunliche, nicht nachvollziehbare Verbrauchsmengen auf. Diese ergeben sich häufig daraus, dass die Verbrauchsmengen über einen langen Zeitraum konstant geblieben sind, die Anzahl der Nutzer aber aufgrund von Umorganisationen oder Arbeitsplatzabbau rückläufig ist.

Auf Basis der ersten Analysen wird das weitere Vorgehen festgelegt. Je nach Abweichungen der tatsächlichen von den plausiblen Mengen kann das Projekt in die folgenden Richtungen entwickelt werden:

Verbrauch eines bestimmten Artikels in anderen Unternehmensbereichen,

Verbrauch vergleichbarer Artikel im gleichen Verantwortungsbereich,

Verbrauch aller Betriebsgüter durch eine bestimmte Stelle/Funktionsbereich,

Logistikkette von Bedarf über Verbrauch bis zur Rechnungsprüfung und -zahlung.

Die Aufführung der Vorgehensweise verdeutlicht, dass eine vollständige Untersuchung in alle Richtungen weder zeitlich möglich, noch wirtschaftlich sinnvoll ist.  Auf Basis der Ergebnisse der weitgehenden Untersuchungen, welche im nächsten Absatz vorgestellt werden, wird das weitere Vorgehen abgeleitet.

Gewährleistung eines

sparsamen Verbrauches

Übersteigt der Verbrauch nachvollziehbare Größen, sind unmittelbar Maßnahmen einzuleiten, um diesen auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Ein offensichtlicher Grund, die Zuführung zum privaten Verbrauch durch unerlaubte Mitnahme, liegt zwar auf der Hand, wird aber kaum nachzuweisen sein. Pauschale Verdächtigungen auszusprechen belastet nur unnötigerweise das Arbeitsklima. Häufig wird es ausreichen, dem ehemaligen Finanzminister Peer Steinbrück zu folgen, der feststellte, dass „man die siebte Kavallerie vor Yuma ausreiten lassen kann, sie müsse aber nicht unbedingt ausreiten. Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt.“ Die Reaktionen auf dieses Zitat zeigen aber die Probleme entsprechender Aussagen auf.
Als erstes wird geprüft, inwieweit die private Mitnahme ausgeschlossen ist. Entsprechende Regelungen sollten selbstverständlich sein. Deshalb wurde der Inhaber der Büscher GmbH als erster über sein persönliches Verhalten befragt. Verhaltensweisen, welche Mitarbeiter zur Nachahmung anhalten könnten, sind durch eine eindeutige Aussage zu korrigieren. Der Besitzer der Büscher GmbH nutzte hierzu eine Betriebsversammlung. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu prüfen, ob Mitarbeitern die Mitnahme von Unternehmenseigentum erlaubt wurde. Derartige Vorgehensweisen sind kritisch, da Mitarbeiter rasch ein Gewohnheitsrecht annehmen und auch weitere Mitarbeiter sich entsprechend verhalten. Bei der Büscher GmbH erfolgte die private Mitnahme, zufälligerweise eben bei den Arbeitshandschuhen. Der Inhaber schätzte die Anzahl auf weniger als 20 Paar je Jahr, da dieses Verhalten jedoch den Mitarbeitern bekannt war, konnten sich einige ebenfalls zu Mitnahme berechtigt fühlen.
Ist die Organisationslücke ausgeräumt, gilt es die betroffene Gruppe von Mitarbeitern darauf hinzuweisen, dass nach weiteren sechs Monaten eine erneute Verbrauchs­überprüfung erfolgt. Bis dahin wird auf die Suche möglicher Schuldiger verzichtet. Erst wenn sich bei der erneuten Prüfung die Verbrauchsmengen nicht auf ein „normales Maß“ eingependelt haben, erfolgt eine intensivere Ursachenforschung.

 
Detaillierte Aufteilung

der Betriebsmittel

Bei der Büscher GmbH wurden die Betriebsmittel nunmehr einer detaillierter Aufteilung unterzogen. Dabei wurden die 181 000 € auf insgesamt 14 Gruppen aufgeteilt. Die Einteilung erfolgte in die vier Gruppen, welche in der Tabelle 4 dargestellt sind. In der Gruppe mit dem höchsten Gefährdungspotential fanden sich fünf Gruppen mit Gesamtkosten von 48 000 €. Auf die oben dargestellte genaue Analyse für Arbeitshandschuhe und Kaffee wurde verzichtet, vielmehr erfolgt ein Appell an die betroffenen Mitarbeiter, zukünftig das Verbrauchsverhalten zu überdenken. Aufgrund des starken Konkurrenzkampfes in der Klima- und Kältetechnik sei nur so das Überleben der Büscher GmbH und damit die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes zu gewährleisten. Weiterhin wurden die Kosten nunmehr quartalweise aufgeteilt. Aufgrund des relativ kontinuierlichen Geschäftsaufkommens wurden keine größeren innerjährlichen Schwankungen prognostiziert. Entsprechend waren Quartalskosten von 12 000 € zu erwarten. Tatsächlich ergab sich jedoch über die nächsten vier Quartale die in der Tabelle unten zu sehende Entwicklung.

Die Projektverantwortlichen interpretierten das Ergebnis mit dem Eindruck der oben aufgeführten Beispielrechnung, dieser führte zu Einsparanstrengungen, welche aber im Zeitablauf zurückgingen und durch ein normales Verbrauchsverhalten ersetzt wurden. Auch in den folgenden Perioden pendelten die Kosten um 9400 €. Das gesamte Einsparungspotential ließ sich somit mit ca. 2600 € je Quartal, entsprechend 10 400 € pro Jahr ermitteln. Zusätzlich ergaben sich auch bei weiteren Betriebsstoffen verringerte Verbrauchsmengen, so dass die gesamten Kosten von 181 000 € auf 168 000 € sanken. Dieses Projekt konnte somit zur deutlichen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Büscher GmbH beitragen.

Den Mitarbeitern wurde weder die Einteilung der einzelnen Betriebsstoffe in die entsprechenden Gruppen mitgeteilt, noch mögliche Zielvorgaben gemacht – sollen diese doch sparsam wirtschaften und so wären exakte Vorgaben sowie deren Einhaltung bei wertmäßig weniger bedeutenden Gütern schlicht unwirtschaftlich.
Da die Untersuchungen auf Basis der Einzelgüter relativ aufwendig waren, erschien eine vollständige Analyse unwirtschaftlich. Zukünftig werden allerdings drei Betriebsstoffe je Quartal analysiert, welche zufällig ausgewählt werden, um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden.

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