Kühlen mit Spareffekt

Intelligente System-Klimatisierung im Schaltschrank

Dem sorgsamen Umgang mit der Ressource Energie kommt gerade in Zeiten hoher Energiekosten in der Industrie zentrale Bedeutung zu. Dies gilt nicht nur für energieintensive Branchen wie die Stahlindustrie, sondern auch für die klassische Fertigung wie in der Automobilindustrie. Welche enormen Einsparpotentiale sich etwa bei der Auswahl der richtigen Kühltechnik für Schaltschränke ergeben, zeigen ein Praxistest und ein Fallbeispiel.

Durch die steigenden Energiekosten in den vergangenen Jahren stehen immer mehr Unternehmen unter Druck, alle zur Verfügung stehenden Einsparpotentiale konsequent auszuschöpfen. Welche Auswirkungen dies­ haben kann, zeigt folgendes Beispiel: Ein typisches Automobilwerk eines größeren europäischen Herstellers hat beispielsweise Energiebezugskosten von bis zu 100 Mio. € pro Jahr. Eine Verbesserung der Energieeffizienz auch im niedrigen Prozentbereich führt hier zu Kosteneinsparungen in einer beachtlichen Größenordnung. Einige Hersteller haben daher spezielle Gremien eingesetzt und Prozesse implementiert, die mögliche Einsparpotentiale untersuchen und gegebenenfalls umsetzen sollen. Ein Beispiel, wie sich deutliche Einsparungen erzielen lassen, ist etwa die effiziente Kühlung von Schaltschränken und ganzen Schaltanlagen.
In einem typischen Schaltschrank in der Industrie sind neben der Niederspannungsverteilung häufig auch Komponenten für die Antriebstechnik untergebracht. Moderne Frequenzumrichter, Servoverstärker oder Gleichrichter setzen einen Teil der zugeführten elektrischen Energie in Wärme um. Die hohe Integrationsdichte der Komponenten kann dabei zu Verlustleistungen führen, die leicht über 1 kW pro Schaltschrank liegen. Um diese in Wärme umgesetzte Verlustleistung abzuführen, sind Investitionen in energieeffiziente Kühlsysteme notwendig.

 
45 % Energieeinsparungen

In den vergangenen Jahren hat Rittal (www.rittal.de) verstärkt in die Forschung und Entwicklung von energiesparenden Kühlgeräten investiert. Dabei wurde besonders auf das optimale Zusammenwirken aller für die Kälteleistung verantwortlichen Komponenten geachtet. An erster Stelle stehen energie- und leistungsoptimierte Kältekompressoren, die spezifisch auf den bei der Anwendung gewünschten Betriebspunkt (Kühlleistung, Innen- und Außenkreislauf) eingestellt sind, da hier die Effizienz am höchsten ist.
Auch auf scheinbar unwesentliche Details wurde bei der Entwicklung geachtet: So kommen beispielsweise elektronisch kommutierte Lüftermotoren zum Einsatz, die mit einer elektronischen Regelung einen hohen Wirkungsgrad im gesamten Drehzahlbereich erreichen. Die Motoren haben einen dynamisch gewuchteten Rotor mit mehrpoligen Magneten. Die Rotorlage wird über Hallsensoren erfasst. Präzisionskugellager sorgen für eine hohe Lebensdauer und geringe Geräuschentwicklung. Auch die Geometrie des kältetechnischen Aufbaus ist optimiert. Dazu wurden Verflüssiger, Verdampfer, Kühllamellen, Wärmetauscher­flächen, Rohrbögen und alle weiteren Kältekomponenten systematisch analysiert und in Richtung Leistungssteigerung angepasst. Als weiterer wesentlicher Schritt sind die Kältemittelmengen und die Regelelektronik ideal ausgelegt: Sie entsprechen exakt der Anwendung und den kältetechnischen Anforderungen an das Gerät und steigern damit ebenfalls die Effizienz des Kühlsystems.
Das Ergebnis der Entwicklungsarbeit bei Rittal sind die Kühlgeräte der Serie „Cool Efficiency“ mit Kühlleistungen von 500 W bis 4 kW. Die Kühlgeräte zeichnen sich durch den effizienten Umgang mit elektrischer Primärenergie und einer damit verbundenen hohen Wirtschaftlichkeit aus. Die Kühlgeräte, die für den Wandanbau und den Dachaufbau erhältlich sind, sparen rechnerisch bis zu 45 % elektrischer Primärenergie gegenüber herkömmlichen Kühlgeräten ein.

 
Pilotprojekt in der Automobilindustrie

Die Entwicklung energieeffizienter Systeme und den damit verbundenen theoreti­schen Einsparpotentialen ist natürlich nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer höheren Energieeffizienz. Erst in der Praxis zeigt sich, inwieweit die Potentiale erreicht werden und wie sich die Produkte im täglichen Einsatz bewähren. Für die Kühlgeräte der Serie „Cool Efficiency“ wurde daher bei einem deutschen Automobilhersteller ein Pilotprojekt durchgeführt. In einem Presswerk wurden unter realistischen Bedingungen über eine Gesamtdauer von 45 Wochen die „Cool-Efficiency“-Kühlgeräte eingesetzt. Die Geräte, die über nanobeschichtete Kühllamellen verfügen, haben sich dabei im täglichen Einsatz unter den rauen Umgebungsbedingungen bewährt und gezeigt, dass sie ihren Namen zu Recht tragen: Der Verbrauch elektrischer Primärenergie für die Kühlgeräte konnte in diesem Fall sogar um bis zu 70 % reduziert werden. Umgerechnet ließen sich damit die Energiekosten für die Kühlung von über 100 € pro Schaltschrank reduzieren.

Zentrale Rückkühlanlagen
als Alternative

Wenn eine Schaltanlage, wie es in der Industrie häufig vorkommt, gleich mehrere Schaltschränke umfasst, sind zentrale Rückkühlanlagen eine Alternative, die ebenfalls zur Effizienzsteigerung beitragen kann. Statt in jeden Schaltschrank ein eigenes Klimagerät einzubauen, werden Luft-Wasser-Wärmetauscher – wie sie Rittal beispielsweise für die „TS 8-Schaltschrankserie“ anbietet – verwendet, die die Wärmeenergie auf einen Kühlwasserkreislauf übertragen. Steht in der Produktionsstätte eine zentrale Kühlwasserversorgung zur Verfügung, können so die einzelnen Kompressorkühlgeräte eingespart werden. Dies ist sowohl mit einer Reduktion der Investitionskosten verbunden als auch mit niedrigeren Betriebskosten. Interessant ist hierbei auch die Möglichkeit, die Wärme des Kühlwassers an anderer Stelle zum Heizen zu verwenden. Für den Fall, dass kein externes Kühlwasser zur Verfügung steht, stehen Rückkühlanlagen – wie die neuen „TopTherm Chiller“ – zur Verfügung. Diese sind in einem Standard „TS 8“-Schaltschrank aufgebaut und mit Kühlleistungen von 8 kW bis zu 40 kW erhältlich. Eine zentrale Bereitstellung des Kühlwassers ist in den meisten Fällen deutlich effizienter als die Verwendung einzelner Kühlgeräte. Durch die Verwendung nur eines Kompressors und einer Pumpe lässt sich je nach Anwendung eine beträchtliche Menge Energie einsparen.
Die „TopTherm Chiller“ bestehen aus einem Kältemodul, einem Steuermodul und einem Wassermodul, das das Kühlwasser an die Verbraucher verteilt. Der modulare Aufbau sorgt für eine hohe Servicefreundlichkeit und für kurze Lieferzeiten, da die einzelnen Module je nach Anforderungen lediglich in den Schaltschrank eingebaut werden müssen. Der Kunde erhält ein komplettes System, das nur noch anzuschließen ist. Da der „TopTherm Chiller“ in einem Standard-Schaltschrank untergebracht ist, lässt es sich nahtlos in eine bestehende Schaltanlage integrieren. Die Luft-Wasser-Wärmetauscher in den einzelnen Schaltschränken lassen sich dann einfach an den Kühlwasserkreislauf anschließen. Mit entsprechenden Durchflussreglern und Ventilen wird sichergestellt, dass jeder Schaltschrank mit einer ausreichenden Menge Kühlwasser versorgt wird.

 
Vergleich der Konzepte kann
sich auszahlen

Auf keinen Fall sollte bei einer Schaltanlage vergessen werden, die Energiekos­ten beider Kühllösungen – mit Kühlgeräten bzw. Luft-Wasser-Wärmetauschern und einer Rückkühlanlage – miteinander zu vergleichen. Da sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebs- und Energiekosten von Anlage zu Anlage variieren, muss ein entsprechender Vergleich für jede Anlage neu durchgeführt werden. Am Beispiel einer typischen Schaltanlage mit 16 „TS 8“-Schaltschränken lassen sich aber die Einsparpotentiale demonstrieren. In den Schaltschränken sollen bei acht Stück eine Verlustleistung von 2300  W, bei zwei eine Verlustleistung von 900 W und bei sechs eine Verlustleistung von 800 W auftreten. Bei der Klimatisierung durch einzelne „TopTherm“-Kühlgeräte sind acht Kühlgeräte mit einer Kühlleistung von 2,5 kW und acht Kühlgeräte mit einer Kühlleistung von 1 kW notwendig. Alternativ dazu soll die Kühlung über einen zentralen Rückkühler und Luft-Wasser-Wärmetauscher erfolgen. Für diese Variante müssen neben dem „TopTherm Chiller“ mit 25 kW noch acht Luft-Wasser-Wärmetauscher mit einer Kühlleistung von 3,4 kW und acht Luft-Wasser-Wärmetauscher mit einer Kühl­leistung von 1,15 kW vorgesehen werden. Die Inves­titionskosten für die beiden Varianten sind in diesem Beispiel mit etwa 18 000 € fast gleich.
Um die Energiekosten zu berechnen, geht man davon aus, dass die Anlage 3000 Stunden pro Jahr in Betrieb ist und die durchschnittliche Einschaltdauer der Kühlung 70 % beträgt. Als Strompreis werden 0,12 € pro kWh angenommen. Bei dieser Beispielrechnung zeigt sich ein gravierender Unterschied zwischen den beiden Varianten. Während die Energiekosten für die Variante mit einzelnen Kühlgeräten mehr als 4500 € betragen, liegen diese für die Variante mit dem „TopTherm Chiller“ mit knapp 2800  € deutlich darunter. Die Einsparungen pro Jahr inklusive der Investitionskosten betragen bereits 30 % – legt man die reinen Energiekosten zu Grunde, sind es sogar fast 40 %.
Nicht berücksichtigt sind in dieser Vergleichsrechnung die Kosten für Service und Wartungsarbeiten. Auch hier macht sich die zentrale Versorgung mit Kühlwasser bemerkbar. Wenn ein „TopTherm Chiller“ eingesetzt wird, müssen natürlich auch nur ein Kompressor und eine Kühlwasserpumpe gewartet werden.

Energiesparen mit Know-how

Die Einsparpotentiale bei den Energiekosten können gerade bei größeren Schaltanlagen, beispielsweise in der Automobilindustrie beträchtlich sein. Sowohl energieeffiziente einzelne Kühlgeräte, wie die Geräte aus der Serie „Cool Efficiency“, als auch Lösungen mit einer zentralen Versorgung mit Kühlwasser können helfen diese Einsparpotentiale zu realisieren. Der Gehäusespezialist Rittal bietet in seinem Produktportfolio vielfältige Lösungen für die verschiedensten Anwendungen und steht seinen Kunden mit seinem umfangreichen Know-how beratend zur Seite.

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