Potential in kleinen Leistungsbereichen

Einsatzbereiche natürlicher Kältemittel

Natürliche Kältemittel haben mittlerweile einen festen Platz als umweltfreundliche Lösung für Industriekälte auf dem Markt. Dieser Markt gewinnt weiter an Dynamik – neue Komponenten werden entwickelt, neue Anwendungen installiert. Dies gilt aber nicht nur für Kälteanlagen mit großer Leistung, sondern zunehmend auch für kleinere Leistungsbereiche, etwa bei Tiefkühlräumen.

Setzen viele Endverbraucher noch auf synthetische Kältemittel, so zeichnet sich bereits heute ab, dass sich diese Präferenzen zukünftig neu definieren. Und zwar zugunsten natürlicher Kältemittel, denn ihr Potenzial vor allem für Kälteanlagen mit kleineren Leistungsbereichen ist enorm. Nicht umsonst wird zum Beispiel Kohlendioxid bereits seit über zehn Jahren erfolgreich als Kältemittel im Tiefkühlbereich vieler Supermärkte angewendet. Auch Ammoniak, bisher schwerpunktmäßig in Anlagen über 100 kW eingesetzt, erscheint für kleinere Anlagen immer attraktiver – dies zeigen nachfolgende Fallbeispiele und Erfahrungen der eurammon-Mitgliedsunternehmen Frigopol, Star Refrigeration und HKT Huber-Kälte-Technik.

Frigopol kühlt Biogasanlage mit Ammoniak

Frigopol Kälteanlagen mit Sitz im österreichischen Frauental ist Experte für Kleinserien und fertigt bereits seit über 60 Jahren Kälte- und Klima-Speziallösungen. Dabei setzt das Traditionsunternehmen auf natürliche Kältemittel. Auch für die Betreiber einer Biogasanlage war von Anfang an klar: Ihre Kühlung sollte, im Sinne der Nachhaltigkeit, umweltfreundlich angelegt sein. Frigopol installierte zwei zweikreisige Kälteanlagen mit Ammoniak und einem Leistungsvermögen von je 2 x 20 bzw. 2 x 100 kW. Mit dem System werden die Gasmotoren der Biogasanlage gekühlt und das Prozesswasser durchgehend zwischen +2 °C und +6 °C temperiert. Durch die langjährige Erfahrung und mit dem Know-how von Frigopol beim Bau von Kleinserien mit NH3 war die Umsetzung des Projektes mit geringen Leistungen sehr gut möglich. Mit insgesamt acht Trennhaubenverdichtern von Frigopol sowie passenden Plattenwärmetauschern von AlfaLaval, Rückkühler von Güntner, Verflüssiger von Thermofin, Ventilen von Danfoss und Ölabschneider von Klimal konnte Frigopol die Kälteanlage erfolgreich umsetzen. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Anwendungen im kleinen Leistungsbereich weiter steigt. Schließlich eignet sich so eine ökoeffiziente Lösung für viele Bereiche im Food und Non-Food-Bereich. Das gilt sowohl für die Industrie als auch für die gewerbliche Nutzung“, erklärt Johann Herunter, Geschäftsführer von Frigopol. Ist eine Positionierung im Außenbereich gewährleistet, wäre der Einsatz einer indirekten Kühlanlage mit Ammoniak auch in Branchen wie Hotellerie und Gastronomie praktikabel.

Englisches Kaufhaus setzt in kleinen Kühlräumen auf Kohlendioxid

Ein international bekanntes Kaufhaus aus London war ebenfalls auf der Suche nach einer umweltfreundlichen und effizienten Kälteanlage für ein neu entstandenes Verteilungszentrum in Thames Valley DC, Thatcham. Es galt, insgesamt zwei kleine Kühlräume für Getränke und verderbliche Lebensmittel zu kühlen. Das Kaufhaus beauftragte Star Refrigeration, diese Anlage zu planen. Als spezielle Lösung für die kleinen Kühlräume entwickelte der Kälte-Spezialist eine individuell angefertigte Kohlendioxid-Kälteanlage. Die einstufige, transkritische Anlage hat eine Leistungskapazität von 20 kW und ist mit einem Envichill DX–System ausgestattet. Mit Hilfe des Kohlendioxid-Gaskühlers sowie mehrerer Kompressoren und einer effizienten Steuerung des Verdampfers über elektronische Expansionsventile hält die Anlage beide Kühlräume selbst im Hochsommer bei konstant +4 °C. „Der Kunde suchte eine zukunftssichere Lösung mit natürlichen Kältemitteln. Mit dem energieeffizienten Kohlendioxid-Kühlsystem ermöglichen wir es ihm, seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren und keine negativen Auswirkungen in Sachen Erderwärmung und Ozonabbau zu verursachen“, so Andy Butler, Einzelhandelsmanager Star Refrigeration. „Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Unsere Anlage verhalf dem bekannten Kaufhaus, mit seinem neuen Verteilungszentrum eine hohe Bewertung bei BREEAM zu erreichen, einer ökologischen Bewertung für nachhaltige Gebäude.“

Hohe Energieeffizienz in kleinen Leistungsbereichen

Die beiden Praxisbeispiele machen deutlich: Anlagen mit kleinen Kapazitäten können erfolgreich mit natürlichen Kältemitteln wie Ammoniak oder Kohlendioxid umgesetzt werden. Dies kommt nicht nur der Umwelt zugute, sondern ermöglicht auch energieeffiziente Kältelösungen. „Vor allem Anwendungen wie Kaskadenanlagen mit Kohlendioxid im subkritischen Bereich für Tiefkühlung und mit Ammoniak für die Normalkühlung sind sehr effizient“, erklärt Johann Herunter.

Karl Huber, Geschäftsführer der HKT Huber-Kälte-Technik, sieht ebenfalls die Vorteile von CO2 in der Tieftemperaturstufe von Kaskaden und subkritischen Einsatzfällen: „CO2 wird sich vor allem für die Supermarktkälte etablieren. Bei Einbau eines zusätzlichen Kühlaggregats bzw. eines Druckausgleichbehälters lassen sich für diese Anlagen auch im Falle eines Stillstandes oder einer Störung Drucküberschreitungen vermeiden.“

Mit grünen Kälteanlagen auf Zukunftskurs

Natürliche Kältemittel wie Ammoniak und Kohlendioxid gewinnen gerade in kleinen Anwendungsbereichen zunehmend an Bedeutung. Für Anbieter innovativer Kältesysteme bedeutet dies vor allem ein rasant wachsendes Marktpotenzial: Aktuelle Forschungsarbeiten, wie die von Behzad Abholhassani Monfared, fokussieren zudem auch den Einsatz im Bereich der Wohngebäude. Monfared, der Zweitplatzierte des eurammon Natural Refrigeration Awards 2011, entwickelt im Rahmen seines Forschungsprojektes eine Ammoniak-Wärmepumpe mit 7 kW für ein Einfamilienhaus. „Die Nachfrage nach Kühlung mit natürlichen Kältemitteln steigt spürbar. Schließlich überzeugen diese Anlagen nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich. Höhere Anschaffungskosten als bei Anwendungen mit synthetischen Kältemitteln werden bei optimaler technischer Auslegung und Dimensionierung rasch durch den deutlich günstigeren Betrieb wieder ausgeglichen“, so Johann Herunter.

Auch Karl Huber sieht weitere zukünftige Marktchancen: „Mit der Entwicklung innovativer Komponenten können natürliche Kältemittel auch dort eingesetzt werden, wo sie noch nicht so gebräuchlich sind. Für das Pilot-Projekt des Studenten Behzad Abolhassani Monfared haben wir eine Komponente zugeliefert, die in die Ammoniak-Wärmepumpe eines Einfamilienhauses eingebaut wurde. Wir sind davon überzeugt, dass perspektivisch auch für den privaten Gebrauch viele neue Anwendungen mit natürlichen Kältemitteln zum Einsatz kommen werden.“

Maßgeblich wird die Entwicklung von Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln aber auch in Zukunft von ökologischen und politischen Entwicklungen abhängen. Auch das Montreal-Protokoll von 1987 und dessen Ratifizierungen treiben den Einsatz natürlicher Kältemittel voran. „Vor diesem Hintergrund sollte ein umweltfreundliches natürliches Kältemittel schon heute in jedem Fall bevorzugt werden – selbst wenn es ‘nur’ genauso energieeffizient wie ein synthetisches ist“, ergänzt Karl Huber. Hierzu gilt es allerdings nach wie vor, bestehende Vorbehalte gegenüber natürlichen Kältemitteln weiter abzubauen. „Vor allem bei den Endkunden braucht es weitere Aufklärungsarbeit. Rund 70 % aller Unternehmen wissen noch immer nicht, dass es für ihre Kälteanlage eine umweltgerechte Alternative gibt, mit der sie langfristig bares Geld sparen können“, zeigt Johann Herunter künftige Potenziale natürlicher Kältemittel im Endkunden-Geschäft auf.

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