Praktische Umsetzung der ­
VDI 2047-2

Hinweise zur anstehenden Kühlturmverordnung

In den letzten Monaten sind die Betreiber und Errichter von offenen Verdunstungskühlturmanlagen intensiv mit dem Thema Hygiene konfrontiert worden. Die rechtlichen Vorgaben und Empfehlungen zur Einhaltung der Hygienevorgaben sind komplex, besonders wenn man sich bisher mit diesem Thema nicht oder nur wenig beschäftigt hat.

Ziel der Empfehlungen ist es, die Vermehrung von Legionellen in Kühlsystemen zu vermeiden und zu reduzieren. Ein wichtiger Punkt ist die Minimierung von Ablagerungen im gesamten System, da diese oft die Basis für mikrobiologische Vermehrung darstellen. Auch aus diesem Grund werden die regelmäßigen optischen Kontrollen des Kühlsystems gefordert. Erwartet werden belagsfreie Oberflächen im wasserberührten Bereich. Saubere Oberflächen erreicht man durch geeignete Wasservorbehandlung, passende Wasseraufbereitung und den Einsatz von Korrosionsinhibitoren (Korrosionsschutz), Härtestabilisatoren (Kalkschutz) sowie zugelassenen Bioziden (keimabtötende Desinfektionsmittel). Die richtige Auswahl solcher Produkte ist abhängig von der Wasserqualität, den verbauten Materialien sowie den Temperatur- und Fließbedingungen im Kühlsystem. Ebenfalls eine komplexe Angelegenheit, das Zurateziehen von Fachleuten ist daher sehr zu empfehlen.

Wie kann ein Unternehmer seine Kühlsysteme betreiben, ohne sich permanent Gedanken zu machen, ob er alle Regeln richtig umsetzt? Ein möglicher Weg:

1. Wie in der VDI 2047-2 empfohlen, sollte im Betrieb mindestens eine Person an einer Schulung nach VDI 2047-2 teilgenommen haben.

2. Es sollte möglichst kurzfristig eine Bestandsaufnahme der bestehenden (oder geplanten) offenen Kühlsysteme durchgeführt werden, damit Mängel erkannt werden können.

3. Sind Schwachpunkte oder Mängel bekannt, besonders aus Hygienesicht, sollten diese auch beseitigt werden. Dazu zählen auch Optimierungen, die von der Richtlinie gefordert werden, umzusetzen. Parallel dazu müssen die geforderten Überwachungen (siehe Tabelle 1) und die Untersuchungsintervalle zur Feststellung der Legionellen, der allgemeinen Koloniezahl und der Pseudomonaden organisiert und umgesetzt werden.

Welche Möglichkeiten hat ein Betreiber von offenen Rückkühlwerken, das Risiko von Verkeimung und Legionellenvermehrung aktiv zu minimieren?

Viele Ideen sind in den Richtlinien beschrieben oder sind aus diesen abzuleiten. Hier sind Beispiele, die für viele Kühlsysteme zutreffen:

Hygienebegehung, Risikoanalyse des Kühlsystems

Viele Betreiber von Verdunstungskühlanlagen kennen ihre Kühltürme nur aus der Distanz, da diese oft auf dem Dach stehen und schwer zugänglich sind. Die möglichen dazugehörenden Becken (Kalt- und Warmwasserbecken), die Absalzregelung, die Dosierstationen, die Wasseraufbereitung (z.B. eine Enthärtungsanlage) und das teilweise riesige Leitungsnetz sowie die verschiedenen Kühlwasserverbraucher sind oft nur schwer zu überschauen. Diese dann auch noch aus Sicht der Hygiene einzuschätzen und zu beurteilen, ist keine leichte Aufgabe.

Aber genau das ist die Erwartung, die der Gesetzgeber von dem Betreiber fordert. Schließlich ist der Betreiber in letzter In­stanz für seine Systeme verantwortlich. Alle offenen Kühlturmsysteme werden in den nächsten Jahren erfasst und von einem Sachverständigen kontrolliert und bewertet.

Es gibt Menschen, die gehen nicht zum Arzt, weil sie Angst vor schlechten Nachrichten haben – bei einer Erkältung kein Problem, bei einer Lungenentzündung möglicherweise die falsche Entscheidung. Unsere Empfehlung: Eine kompetente Person schaut sich die Kühlsysteme nach den Vorgaben der VDI 2047-2 an, um Mängel aufzudecken und um Maßnahmen zu beschreiben, wie diese zu beheben sind.

Grundsätzlich kann dies auch der eigene Mitarbeiter, der die Schulung nach VDI 2047-2 erfolgreich bestanden hat. Besser ist es, wenn diese Beurteilung eine Person durchführt, die Erfahrung auf diesem Gebiet mitbringt.

Die Schweitzer-Chemie hat zu der Hygienebegehung ein Technisches Merkblatt nach den Vorgaben der VDI 2047-2 entwickelt, an dem man sich grundsätzlich orientieren kann.

Die zusammengetragenen Informationen werden danach ausgewertet, beurteilt und in einem Bericht zusammengefasst. Daraus ergeben sich dann Empfehlungen und Maßnahmen für die untersuchte Anlage.

Werden die Ideen und Vorschläge solcher Ausarbeitungen im Wesentlichen beherzigt und umgesetzt, hat man eine Basis geschaffen, um kritische Situationen auf ein Minimum zu reduzieren. In dem Bericht sollte die zeitliche Umsetzung der Maßnahmen klar vorgegeben werden. Hochkritische Mängel sollten kurzfristig beseitigt werden. Bei geringfügigen Problempunkten kann der Betreiber sich entsprechend mehr Zeit nehmen. Der Sachverständige der Landesregierung kann sich an dieser Ausarbeitung orientieren und so einfacher überprüfen.

Filtertechnik

Bakterien leben nicht von Luft und Liebe, sie leben im Wesentlichen von organischen Bestandteilen, die meistens über die Luft eingetragen werden. Diese über Luftfilter zu entfernen ist durch die hohen Druckverluste in der Regel keine Lösung. Einfacher und effektiver ist die Filtration des Kühlwassers. Im Vollstrom werden die groben Partikel entfernt, im Teilstrom die Feinstoffe, die meistens das Problem der Mikrobiologie potenzieren.

Als Teilstromfilter bieten sich spezielle Sand- oder Mehrschichtfilter an.

Als Filtermaterial haben sich hochwertige Glasmaterialien bewährt (siehe Infokasten „Filtermaterial AFM“). Die Feststoffe werden durch die Bildung von Filterkuchen bis zu einer Feinheit von <5 µm herausgefiltert. Das Nahrungsangebot für Mikroorganismen wird auf ein Minimum reduziert und damit den Vorgaben der VDI 2047-2 entsprochen. Es liegen ausreichend viele Beispiele vor, die diese Zusammenhänge bestätigen.

Geregelte Absalzung und Bioziddosierung

Bakterien können durch hohe Temperaturen abgetötet werden, eine Möglichkeit, die besonders in Trinkwassersystemen genutzt wird, um Legionellen zu bekämpfen. In Kühlsystemen ist dies aus verschiedenen Gründen fast nie umzusetzen. Daher arbeitet man in offenen Rückkühlwerken in der Regel mit Desinfektionsmitteln, deren Wirksamkeit bekannt ist. Eine gezielte Desinfektion, wie sie bei erhöhten Keimzahlen und kritischen Legionellenkonzentrationen gefordert wird, ist aufwendig. Eine Vermeidung solcher Aktionen ist oft günstiger und in verschiedener Hinsicht sinnvoller. Nur, wie vermeidet man eine hohe Verkeimung und Besiedelung von Legionellen in Kühlturmkreisläufen? Stehen wirksame Biozide zur Verfügung, sollten diese in möglichst geringer Konzentration eingesetzt werden (Vorgabe der Abwasser-Richtlinien und der Biozidverordnung). Um dieser Vorgabe gerecht zu werden, erwartet die VDI 2047-2 eine intelligente Biozid-Absalz-Regelung. Wird Biozid dosiert, darf nicht direkt oder kurzfristig später abgesalzt werden. Oder der Kühlturm ist aktuell nicht im Sprühmodus, dann schaltet die Regelung für wenige Minuten die Berieselung ein, Biozid wird dosiert und nach einer gewissen Einwirkzeit wird die Besprühung des Kühlturms wieder abgestellt, eine Verkeimung durch Stillstandszeiten wird dadurch vermieden. Die Verordnung erwartet, dass die Kühlturmsysteme Regelungen und Überwachungseinrichtungen haben, die aufeinander abgestimmt sind. Wir stellen Ihnen ein System vor, welches diese Vorgaben erfüllt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, bei diesem Verfahren viele Daten zu speichern und abzurufen. Ein Fakt, der bei der gewünschten Überwachung und deren Dokumentation eine wichtige Rolle spielt, besonders gegenüber den Behörden.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Möglichkeiten, sein Kühlsystem zu überwachen und zu kontrollieren. Hier noch einige Beispiele, die für den Betreiber von offenen Rückkühlwerken interessant sind.

Biofilmmessung: Ermittlung der mikrobiologischen Vermehrung über eine Messstrecke, die auch zu Korrosionsmessungen genutzt wird (siehe Kasten „Prüfset Biofilm“).

Redoxmessung zur Kontrolle von z.B. Chlordioxid:

Oxidierende Biozide sind besonders bei mikrobiologisch kritischen Systemen die besten Desinfektionsmittel. Diese Produkte sind hoch wirksam, es entstehen in der Regel keine Resistenzen und sie lassen sich einfach nachweisen. Nachteil: Sie sind bei höheren Konzentrationen korrosiv gegenüber einigen Werkstoffen und Überdosierungen verursachen Probleme mit den Abwasserrichtlinien.

Das Überwachungssystem „ST-TEC Krypton DES Touch“ bestimmt mittels einer amperometrisch potentiostatischen Messung den Gehalt an Chlordioxid. In Verbindung mit der vorab beschriebenen Bioziddosieranlage kann hiermit eine bedarfsgerechte Stoßdosierung durchgeführt werden, die die geforderten Grenzwerte einhalten kann und Überdosierung vermeidet.

Das Überwachungsgerät „ST-TEC Krypton DES Touch“ hat verschiedene Ein- und Ausgänge, sodass auch die Messdaten unterschiedlich verwendet werden können. Zudem können die Messdaten auf einer SD-Karte automatisch gespeichert werden.

Mit diesem Überwachungsgerät können außerdem weitere oxidative Biozide bestimmt werden.

Fazit

Mitte des Jahres 2016 wird der Bund die Kühlturmverordnung verabschieden. Dann werden viele Vorgaben, die in der Richtlinie VDI 2047-2 beschrieben werden, in Kraft treten.

Je früher sich Betreiber von Kühlsystemen, bei denen Wasser versprüht oder verrieselt wird, mit dem Thema Hygiene auseinandersetzen, desto weniger muss dieser Probleme mit Überwachungsbehörden fürchten. Fachunternehmen wie die Schweitzer-Chemie, die sich mit dieser Thematik auskennen, gibt es einige.

Unsere Empfehlung: Verschaffen Sie sich rechtzeitig einen Überblick über den Zustand der eigenen Systeme. Durch eine kompetente Hygienebegehung bekommen Sie eine erste Risikoabschätzung. Mit der passenden Filtertechnik sowie mit moderner Überwachungs- und Regeltechnik schaffen Sie sich gute Voraussetzungen, damit Sie auch in Zukunft Ihre Kühlsysteme sicher und effizient betreiben können.


Filtermaterial AFM

AFM ist ein neues Filtermedium und wird als Ersatz von Filtersand verwendet. Durch den Einsatz von AFM (Aktiviertes Filter Material) in Sandfiltern und Kiesfiltern wird die Filtrationseigenschaft des Sandfilters gegenüber herkömmlichem Filtersand optimiert.

Das AFM-Filterbett neigt im Vergleich zu Sand deutlich weniger zu Verstopfung und Gassenbildung und ist ­einfacher zu spülen.

Unter kontrollierten Bedingungen entfernt Sand rund 90 % aller Partikel einer Größe von ≥10 μm. Unter den gleichen Voraussetzungen führt das AFM Grade 1 zu einer Verringerung der Partikelgröße bis auf 5 μm! Im Vergleich zu Sand in entsprechender Qualität entfernt AFM also deutlich kleinere Partikel.

Der höhere Abscheidegrad im Vergleich zu Filtersand ist auf eine negative Oberflächenladung des AFM-Materials zurückzuführen. Diese Oberflächenladung ermöglicht eine Entfernung kleinster Teilchen.

Das AFM hat eine glatte Mikrooberfläche und ist chemisch inert. Die aktivierte Oberfläche von AFM ist katalytisch wirksam und hat oxidierende Eigenschaften. Es sorgt somit für noch klareres Wasser und so für eine bessere ­Wasserqualität.

AFM wird aus aufbereitetem Glas hergestellt (kein Bruchglas!) und ist daher ein wertvoller Beitrag zur Umweltverträglichkeit.


Prüfset Biofilm

Mit dem Prüfset Biofilm kann der Biofilm quantitativ bestimmt werden und ermöglicht so eine gezielte Optimierung der Biozidbehandlung und eine effektive Kontrolle von mikrobiologischen Risiken, wie z.B. der Legionärskrankheit

Vorteile

– Ergänzt die mikrobiologische Überwachung von wasserführenden Systemen

– Gibt schnell einen Überblick über die Biofilmbildung im System

– Möglichkeit, die Biozidbehandlung des Systems schnell und sicher zu optimieren

– Kostenreduzierung:

      – durch den optimierten Einsatz von Bioziden

      – durch weniger Reinigungsarbeiten

      – durch einen besseren Wärmeübergang und ein verringertes mikrobielles Korrosionsrisiko

– Einfacher und schnell durchführbarer Test, keine weitere Laborausrüstung notwendig

– Zusätzliche Möglichkeit, die Einhaltung der Richtlinien in Bezug auf das mikrobiologische

   Wachstum zu beurteilen und das Risiko zu bewerten.









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