Prüfung wird effizienter

Methoden & Schwerpunkte einer Betriebsprüfung

Betriebsprüfungen laufen heute anders ab als früher. Die Prüfer setzen andere Prüfungsschwerpunkte und wenden andere Prüfungsmethoden an. In der Vergangenheit lief eine Betriebsprüfung in der Weise ab, dass der Prüfer Einzelbelege stichprobenartig unter die Lupe nahm. Heute sucht der Prüfer mit ausgeklügelten mathematisch-statistischen Verfahren, um Auffälligkeiten in der Finanzbuchhaltung aufzuspüren.

Bei den Steuerpflichtigen ist noch zu wenig bekannt, dass die Finanzämter in starkem Maße das Internet als Quelle der Informationsbeschaffung nutzen. Mit Hilfe von regelmäßigen Internetrecherchen schaffen sie sich anhand von Veröffentlichungen auf Firmenwebsites relevante Daten von einzelnen Unternehmen. So mancher Unternehmer, der stolz von Umstrukturierungsmaßnahmen berichtet, ahnt nicht, dass er damit – ohne es zu wollen – auch interessante Daten für die Betriebsprüfung preisgibt. Inzwischen hat sich die digitale Betriebsprüfung durchgesetzt. Der Prüfer erscheint mit einem Laptop und greift auf die digitalen Buchhaltungsdaten des Betriebes zu. Plausibilitäts- und Auffälligkeitsprüfungen, die unterschiedlichsten Abstimmungen und Kontrollen sind mit entsprechender Software ein Kinderspiel. Die Finanzämter verstärken ihre Betriebsprüfungs-Abteilungen. Unternehmen mit einem Gewinn über 500 000 € werden jedes Jahr geprüft. Eine Betriebsprüfung kann ohne besondere Begründung angeordnet werden. Die ersten Anzeichen dafür, dass mit einer baldigen Prüfung zu rechnen ist, ist ein Steuerbescheid, der gem. §164 Abgabeordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist. Die Prüfung umfasst meist mehrere Jahre und mehrere Prüfungsarten.


Neue Prüfmethoden

Um herauszufinden, ob die Buchhaltung ganz oder teilweise unrichtig ist, wendet der Prüfer verschiedene Methoden an:

Vergleich mit der einschlägigen Branche: Der Prüfer stützt sich hier auf eine umfangreiche Richtwertsammlung, anhand derer er eine Plausibilitätsberechnung durchführt.

Interne Vergleiche: Aus dem Vergleich der Bilanzen mehrerer Jahre werden wieder mit Hilfe der Plausibilitätsrechnung auffällige Abweichungen erkannt.

EDV-Zugriff: Der Prüfer greift auf die elektronisch vorhandenen Buchhaltungsdaten zu und gewinnt dadurch eine Fülle von neuen Prüfungsmöglichkeiten. Im Rahmen der digitalen Betriebsprüfung sind die mathematisch-statistischen Methoden die neusten und verblüffendsten. Die Prüfer sind angehalten, diese neuen Verfahren verstärkt einzusetzen. Sie verfügen über entsprechende Analysesoftware (IDEA), die sie gezielt zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung und den Aufzeichnungen einsetzen. Die bekanntesten Methoden sind Bedford’s Gesetz und der Chi-Quadrat-Test. Damit lassen sich durch auffällige Häufungen von bestimmten Ziffern Rückschlüsse auf Manipulation und Steuerbetrug ziehen.

Bedford-Verteilung: Diese statistische Verteilung beruht auf einer mathematisch abgesicherten fundamentalen Gesetzmäßigkeit der Verteilung von Ziffern in Datensätzen. Danach treten einzelne Ziffern stets in einer bestimmten Häufigkeit auf. Weicht das Zahlenwerk des geprüften Unternehmens erheblich von der Bedford’schen Regel ab, entsteht für den Prüfer der Anfangsverdacht, dass die Zahlen aus der Steuererklärung, Buchführung oder Kassenaufzeichnungen manipuliert wurden. Wer nämlich seine Zahlen manipuliert, produziert bestimmte Zahlenmuster, die von der Bedford’schen Verteilung abweichen.

Chi-Quadrat-Test: Dies Verfahren ergänzt die Analyse nach dem Bedford’schen Gesetz und verfeinert das Untersuchungsergebnis. Es fußt auf der Theorie, dass jeder Mensch gewisse Lieblingszahlen hat, die er im Rahmen von Manipulationen (z.B. freies Erfinden von Zahlen) bewusst oder unbewusst verwendet. Jemand, der sein Kassenbuch manipuliert, benutzt unbewusst seine Lieblingszahlen häufiger. Stellt der Betriebsprüfer fest, dass die Zahlen in der Buchhaltung signifikant von der statistischen Häufigkeit abweichen, geht er von einer manipulierten Gewinnermittlung aus. Was die Zulässigkeit der mathematisch-statistischen Prüfungsmethoden betrifft, so hat der Bundesgerichtshof ihre Anwendung ausdrücklich zugelassen (Urteil vom 14.12.1989, Az. 419/89). Das bedeutet allerdings nicht, dass sie absolute Beweiskraft haben, wie manche Prüfer zu meinen scheinen. Sie liefern lediglich Daten für einen ersten Anscheinsbeweis.

 
Neue Prüfungsschwerpunkte

Neben dem Methodenwandel ist bei den derzeit laufenden Betriebsprüfungen auch ein Wechsel der Themen festzustellen. In diesem Sinne wird zunehmend Wert auf zeitnahe Betriebsprüfungen gelegt.

Während aktuell bisweilen mehr als fünf Jahre zwischen Veranlagungszeitraum und Abschluss der Prüfung liegen, soll künftig dieser Zeitraum erheblich verkürzt werden. Es wird angestrebt, die Prüfung des Unternehmens zu einem Zeitpunkt durchzuführen, wenn die endgültige Steuererklärung noch gar nicht eingereicht ist. Das hat nicht nur für die Finanzverwaltung, sondern auch für das geprüfte Unternehmen Vorteile: Es können Entscheidungen auf gesicherter steuerlicher Basis getroffen und gfs. Kreditgespräche mit abgesicherten Betriebszahlen geführt werden.
Die zeitnahe Betriebsprüfung beginnt mit der Vorbereitung der Steuererklärung. Es folgt die Überprüfung der Erklärung durch den Prüfer des Finanzamts. Dieser wird eine Reihe von Korrekturen und Änderungen fordern, nach deren Erledigung die endgültige Erklärung einge­reicht und endgültig veranlagt wird. Damit entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung.
Dieses Modell steht bisher nur solchen Steuerpflichtigen offen, die vom Finanzamt ausgewählt werden. Das sind solche, die ihre steuerlichen Pflichten in der Vergangenheit ohne Beanstandung erfüllt haben. Das Instrument der zeitnahen Betriebsprüfung befindet sich noch im Aufbau und wird in den meisten Bundesländern noch nicht eingesetzt.
Neben dem Methodenwandel ist auch ein Themenwechsel bei der Betriebsprüfung festzustellen. Die bisherigen Schwerpunkte – Kfz-Privatnutzung, nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, Verletzung der Aufzeichnungspflichten – verlieren an Bedeutung zu Gunsten der Pauschalierung der Einkommensteuer, EAP-Software, Kosten im Zusammenhang mit Anteilskäufen (Anschaffungsnebenkosten). Ein „Dauerbrenner“ ist die Nutzung von Verlustvorträgen, bei denen die Steuergesetzgebung immer restriktiver wird.
Fester Bestandteil jeder Betriebsprüfung ist und bleibt die Umsatzsteuer. Die Überprüfung von Umsatzsteuer-Sachverhalten wird an Bedeutung noch zunehmen. Im Fokus stehen insbesondere die umsatzsteuerliche Behandlung von Teilleistungen und Anzahlungen.

Veränderte Vorgehensweise der Betriebsprüfung

Die Anwendung der neuen Prüftechnik lässt eine Reihe neuer Vorgehensweisen erkennen:

Verstärkte Prüfung mittelständischer Steuerpflichtiger: Die digitale Prüfungstechnik erweist sich bei dieser Klientel als besonders lohnend, weswegen sich die vergleichsweise langen Zeitabstände der Prüfung erheblich verkürzen dürften.

Veränderte Prüfstrategie: Die ganzheitlichen Betriebsprüfungen treten zuguns­ten ausgewählter Fragen der Steuermesstechnik zurück.

Spezialisierung: Die Prüfer spezialisieren sich auf einzelne Prüffelder (Personalwirtschaft, Produktion, Materialwirtschaft).

Vorbereitung der Unternehmen: Die Finanzverwaltung hat Interesse daran, Akzeptanz für die neuen Prüftechniken zu schaffen. (Beispiel: Übermittlung vorbereiteter Checklisten)


Fazit

In Zukunft ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung bei den Betriebsprüfungen moderne Technik noch weit stärker als bisher einsetzen wird. Durch die Ausstattung der Prüfstellen mit modernen PC und entsprechender Software kann die Finanzverwaltung heute Nachberechnungen in einem Umfang durchführen, wie er vor einigen Jahren noch nicht denkbar war. Auch kleine Fehler können aufgespürt werden. Es ist deshalb wichtig, dass die Steuerberater ähnlich ausgerüstet sind wie die Betriebsprüfer. Auch die Länder übergreifende Zusammenarbeit der Finanzverwaltungen dürfte intensiviert werden.

Online-Plus

Seit dem 1. Januar 2002 darf die Finanzverwaltung aufgrund einer Neuregelung mit Hilfe von Datenverarbeitungssystems erstellte Buchführungen eines Steuerpflichtigen durch Datenzugriff prüfen. Geregelt ist dies in den „Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) die das Bundesministerium der Finanzen (BMF) herausgegeben hat.


Einige Tipps sind:

1. Der Gesetzgeber verlangt, dass alle steuerrelevanten Inhalte zehn Jahre aufbewahrt werden. Dabei dürfen die Daten nicht veränderbar sein.

2. Nicht nur elektronische Rechnungen können zu den steuerrelevante Datengehören, auch Kostenvoranschläge, Kalkulationsblätter und gewährter Skonto können relevant sein. Dabei sind steuerrelevante Daten, die Informationen, die für die Besteuerung des Steuerpflichtigen von Bedeutung sein können – der Steuerpflichtige hat die Aufgabe die steuerrelevanten Daten von den anderen abzugrenzen.

3. Daten die versehentlich überlassen wurden, unterliegen keinem Verwertungsverbot – so sollte man genau darauf achten, welche Informationen man aushändigt.

4. Die „maschinelle Auswertbarkeit“ muss gewährleistet sein. So sind die Daten in gängigen Formaten auszuhändigen. Z.B. bei der Archivierung müssen so Daten ggf. in aktuelle Formate überspielt werden.

5. Ein Prüfer kann zwischen drei Arten des Datenzugriffs wählen. Beim „unmittelbaren Datenzugriff“ erhält der Prüfer Nur-Lesezugriff aufs DV-System. Beim „mittelbaren Datenzugriff“ müssen die steuerrelevanten Daten nach den Vorgaben des Prüfers durch Externe maschinell ausgewertet werden, um einen Nur-Lesezugriff zu ermöglichen. Bei der „Datenüberlassung“ müssen alle notwendigen Daten und Informationen in maschinell auswertbarere Form zur Verfügung gestellt werden.


Ausführliche Informationen finden Sie beim Bundesministerium der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de). Unter diesen Direkt-Links können Sie folgende PDFs beim BMF herunterladen: Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung Information zum Beschreibungsstandard für die Datenträgerüberlassung

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