CO2-Kälteanlage für Kühlhaus der medizinischen Diagnostik

Redundant gekühlt, doppelt sicher

Zur gewerblichen Anwendung von Kälteanlage zählt nicht nur die Kühlung von Lebensmitteln oder sonstigen Verkaufswaren wie beispielsweise Blumen, sondern die Kühlung von Pharmaprodukten. So ist gerade auch in der Labordiagnostik die Einhaltung definierter Temperaturen entscheidend. Der nachfolgende Projektbericht zeigt ein Beispiel aus dem Großraum München bei dem ein besonderer Sicherheitsanspruch zu erfüllen war.

Das Unternehmen Mikrogen GmbH mit Sitz in der Nähe von München entwickelt seit mehr als 30 Jahren wegweisende Testsysteme für die medizinische Labordiagnostik. Als eines der ältesten Biotechunternehmen Bayerns bietet es eine breite Palette von Systemlösungen für den indirekten und direkten Nachweis von Krankheitserregern im Bereich der Infektionskrankheiten sowie Autoimmun- und Krebserkrankungen. Hierzu forscht, entwickelt und produziert das Unternehmen gentechnisch entwickelte „in vitro“ – also im Reagenzglas erzeugte – Diagnostika und zählt weltweit zu den führenden Spezialisten. Seit 2021 erweitern eigene Diagnoselösungen im Bereich der Akut- und Labordiagnostik bei einer COVID-19 Infektion/Erkrankung das Portfolio des Biotechunternehmens.

Gleichbleibende Temperaturbedingungen sind in Prozessen der Labordiagnostik auch bei der Lagerung von zentraler Bedeutung. Für diese anspruchsvolle Aufgabe beauftragte das seit Jahren stetig wachsende Unternehmen für einen neuen, größeren Standort die Firma Friess-Technik aus München mit dem Neubau zweier Kühl-Lagerhäuser für Normalkühlung. An einem neuen, zukunftsweisenden und nachhaltigen Business-Standort mit Labor- und Büroflächen für Biotechnologie, Dienstleistung, Gewerbe und Produktion sollten die beiden neuen Lagerhäuser entstehen. Das Größere der beiden sollte laut Pflichtenheft besondere Sicherheit bieten.

Auswahl der Partner

Nino Lindner, verantwortlicher Projektleiter bei Friess-Technik, zum Sicherheitsanspruch bei der Umsetzung des Projektes: „Betriebssicherheit während des laufenden Betriebs, aber auch über viel Jahre hinweg, stand schon bei den ersten Projektgesprächen an oberster Stelle und sollte durch eine – vom Kunden explizit geforderte – Redundanz zweier unabhängiger, autarker Kältemaschinen, die im Störfall sofort auf die Zweitmaschine umschalten, realisiert werden.“ Gemeinsam mit Christian Prawdzik, Kälteanlagenbaumeister und Projektbetreuer beim Kälte- und Klimagroßhändler Beijer Ref Deutschland in der Niederlassung München, setzte man bei der gemeinsamen Planung von Anfang an auf CO2 als natürliches Kältemittel. Christian Prawdzik: „Propan kam wegen seiner Brennbarkeit nicht infrage, weshalb wir uns – um einen über Jahre hinaus sicheren Betrieb zu gewährleisten – für CO2 als zukunftssicheres Kältemittel entschieden haben“.

Die beiden Projektbetreuer Lindner und Prawdzik wählten Maschinen des italienischen Herstellers SCM Frigo. Das italienische Unternehmen, ein Schwesterunternehmen von Beijer Ref, ist europäisch führend bei CO2-Anlagen und Beijer Ref der Vertriebspartner in Deutschland. Die in diesem Projekt zusammenarbeitenden drei Partner, der Hersteller SCM Frigo, der Großhändler Beijer Ref und der Kälteanlagenbauer Friess-Technik, haben bereits in anderen Projekten gemeinsam CO2-Anlagen geplant, ausgelegt und gebaut, sind also bereits ein eingespieltes Team.

Nino Lindner über die Zusammenarbeit: „Wir als Kälteanlagenbauer bekommen hier sehr gute Unterstützung seitens des Herstellers und des Großhandels. In den meisten Fällen besteht für die Planungs- und Bauphase eine sehr intensive Partnerschaft zwischen Betreiber, Anlagenbauer, Hersteller und dem Großhandel. Kleine Anlagenbauer ohne eigene Planungsabteilungen werden intensiv vom Großhandel und den Herstellern mit Know-how sowie Planungsunterstützung bei der Auslegung der Maschinen unterstützt.“

SCM Frigo mit Sitz bei Padua in Italien, forscht und arbeitet seit 2004 an Technologien auf Basis natürlicher Kältemittel wie CO2 und hat sich über die Jahre die europäische Führungsposition bei CO2-Kältemaschinen, insbesondere kleinere Lebensmittelgeschäfte, Convenience Stores, Supermärkte und bei der Lagerung von Lebensmitteln in Kühlräumen bis hin zu sogenannten Hypermärkten und in der Industrie erarbeitet.

Bau, Zeitablauf und Sicherheit

Zurück zum Thema Sicherheit: Um den vom Kunden gewünschten sicheren Betrieb zu realisieren, wurde ein komplett doppelt ausgeführtes, redundantes System geplant. Ein eigener Stromkreis sowie eine völlig au­tarke zweite Infrastruktur mit jeweils einer identischen, aber eigenständigen Kältemaschine mit eigenem Kältekreislauf wurden installiert. Fällt oder steigt die Temperatur im Lager über einen Schwellenwert, dann wird automatisch ein Alarm ausgelöst. Aber dazu gleich noch mehr.

Das größere der beiden Lager hat eine Grundfläche von etwa 187 m2. Dort sind zwei baugleiche Cubo 2 Plus Anlagen von SCM Frigo verbaut. Jede mit einer Leistung von 17 kW. Im Betrieb verfügen die beiden redundanten Maschinen über eine zyklische Umschaltung. Jede Maschine läuft jeweils 24 Stunden und schaltet dann um auf das zweite Gerät, sodass über die Lebensdauer der Anlage eine ausgewogene Betriebslaufzeit jeder Maschine gewährleistet ist.

Bei einer Störung oder einem Temperatur­alarm schaltet sich unmittelbar die zweite Maschine zu. Fernüberwacht über sie Software „tocata“ wird jede Störung sofort online per SMS oder E-Mail gemeldet, der Notfall-Techniker kann sich aktuelle Daten zur Störung ansehen und dann unverzüglich entsprechende Maßnahmen einleiten. Zudem verfügt jeder Lagerraum über die vorgeschriebenen CO2-Sensoren, die jeden der Lagerräume für den Fall einer möglichen Leckage permanent überwachen.

In einem weiteren kleineren Kühlhaus (56 m2) mit etwas geringeren Sicherheitsanforderungen wurde eine Cubo 2 Smart verbaut. Gesamtkühlleitung hier 8 kW. Beide Anlagen wurden zeitgleich geplant und gebaut und gehen demnächst in Betrieb.

Installation und Einbringung

Installation und Einbringung einer neuen Kälteanlage sind oft eine besondere Herausforderung. In diesem Neubau verlief sie reibungslos. Die Außengeräte konnten mittels eines Krans problemlos auf das Dach gebracht und installiert werden. Etwas herausfordernder war die Einbringung der Kühlzelle bzw. der einzelnen Isolationselemente. Nino Lindner erinnert sich: „Das Gebäude war bereits fertiggestellt und die Kühlzellen-Elemente mussten nachträglich eingebaut werden. Diese Bauteile sind nicht besonders schwer, aber sehr groß und es mussten Fenster zur Einbringung wieder komplett ausgebaut werden, um die großen unhandlichen Module in den ersten Stock des Neubaus einbringen und installieren zu können“.

Insgesamt wurden pro Kühlraum zwischen 50 und 60 m Verrohrung verbaut. Lindner dazu: „Erfahrungsgemäß ist Raum für die Verrohrung immer knapp. Auch in einem Neubau. Insofern bietet eine CO2-Anlage aufgrund eines geringen Rohr-Querschnitts – wir haben hier 16/16 er Verrohrung verbaut – immer einen kleinen Vorteil.“

Die im Markt aktuell allgegenwärtige Lieferketten-Problematik ging auch an diesem Projekt nicht ganz spurlos vorbei. „In der Regel haben Maschinen von SCM Frigo eine Lieferzeit von acht bis zehn Wochen“, berichtet Christian Prawdzik, „hier waren wir voll im Zeitplan, aber leider haben uns Lieferzeiten bei der Regeltechnik etwas zurückgeworfen.“ Die Maschinen wurden im Februar 2022 bestellt, Baubeginn war im Sommer 2022 und im März 2023 war die Inbetriebnahme vorgesehen. „In der aktuellen Lieferkettensituation ist dies aber noch ein ganz passables Ergebnis.“, freut sich Christian Prawdzik.

Fazit

Um im wahrsten Sinne des Wortes auf „Nummer sicher“ zu gehen, entscheiden sich immer mehr Anlagenbauer und -betreiber für den Bau einer CO2-Anlage. Damit schafft der Kälteanlagenbau für den Betreiber eine zukunftssichere Lösung bei Kältemittel und Betriebssicherheit. Das Thema Sicherheit ist hier in der Labor-Kühlung noch auf die Spitze getrieben durch die realisierte Maschinen-Redundanz. Das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen Betreiber, Kälteanlagenbauer, Hersteller und Großhändler ist ebenfalls ein zentraler Faktor, dass Projekte dieser Größenordnung von Planung, Auslegung und natürlich zeitlich reibungslos realisiert werden können.

Technische Daten

Transkritische CO2-Anlage zur Normal­-
kühlung von Lagerhäusern der Labor­diagnostik

Kleines Lagerhaus


Ca. 56 m2 Grundfläche, Normalkühlung
von 0-5° C

Außengerät: Ein Verflüssigungssatz von
SCM Frigo, CUBO 2 SMART mit 8 kW.
Typ: UMTT100MTDX, Innengerät Luftkühler von Roller, Typ: DLKT634EC

Großes Lagerhaus


Ca. 187 m2 Grundfläche, Normalkühlung
von 0-5° C
Außengeräte: Jeweils zwei Verflüssigungssätze von SCM Frigo mit der Bezeichnung CUBO 2 PLUS, Typ UMTB120MTDX als redundante Versorgung mit jeweils 12 kW. Kälteleistung je 17 kW, Gesamtkälteleistung 34 kW. Im Kühlraum verbaut, je zwei Verdampfer pro Maschine, vier insgesamt. Luftkühler/Verdampfer der Firma Roller.
Typenbezeichnung: DLKT434EC für einen Betriebsdruck von 80 bar.

Weitere Besonderheiten

• Komplett eigener Stromkreis für jede der größeren Maschinen

• Fernüberwachung mittels „tocata“-Software

• Verrohrung 16/16

• Rohrleitungslänge jeweils zwischen 50 bis 60 Meter

• Temperatur-Sensorik

• CO2-Sensorik


Vorteile der CUBO 2 PLUS


Kompaktes Design, einfach zu installieren
und zu warten. Die Geräte sind mit Gaskühler und Schaltschrank ausgestattet und werks­seitig für eine einfache Inbetriebnahme programmiert. Sie verfügen serienmäßig über:
• Halbhermetischer Hubkolbenverdichter

• EC-Ventilatoren

• K65 Verbindungen

• Kältemittelsammler 15 Liter

• Auslegungsdrücke:
- 120 bar (Hochdruckseite)
- 80 bar (Flüssigkeitsleitung)
- 80 bar (Ansaugung)

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