Betriebssicherheit und Energieeinsparung

Energiesparmaßnahmen – Potentiale und Grenzen erkennen

Weitsichtige Ingenieure haben das Thema Energieeinsparung schon immer bei der Projektierung und Konstruktion von Anlagen berücksichtigt. Dabei wurde auf Kosten und die Machbarkeit von Energieeinsparungsmaßnahmen geachtet. Niedrige Energiepreise, getrennte Verantwortung für Investition und Betriebskosten oder kurzfristiges Denken führten aber häufig dazu, dass auch praktisch einfache Energieeinsparungsmaßnahmen nicht realisiert wurden.

Der allgemein erwartete Anstieg der Energie-/Rohstoffpreise und das Ziel, den CO2-Ausstoß durch den Anlagenbetrieb zu senken, bringen unsere Kunden dazu, jetzt vermehrt über Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz bei Neuanlagen aber auch bei Bestandsanlagen nachzudenken. Spätestens seit der Erkenntnis, dass die Energieeffizienz die Hauptschlagrichtung gegen die Klimaerwärmung darstellt und sie zu vernünftigen Kosten realisierbar ist, verstärken Betreiber, Hersteller, Verbände und Politik ihre Bemühungen auf diesem Gebiet. Die Potentiale sind dabei noch lange nicht ausgeschöpft. Auch wenn es viele Maßnahmen gibt, die einen ersten schnellen Erfolg bringen, ist optimale Effizienz in der Regel das Ergebnis qualifizierter Ingenieurarbeit, die insbesondere die Fragen der Betriebssicherheit nicht vernachlässigen darf.

Betreiber und  Ingenieur müssen sich  aber bei Energieeinsparungsmaßnahmen wie auch bei anderen Anlagenveränderungen immer mit möglichen Konsequenzen auseinandersetzen.

Der Gefährdung der Betriebssicherheit muss oft  durch Zusatzmaßnahmen begegnet werden. Die finanziellen, technischen und organisatorischen Wirkungen dieser Maßnahmen sind den Einsparungseffekten gegenüberzustellen. Das ist oft nicht einfach, da harte Faktoren, insbesondere Kosten und weiche oder für den Betreiber zum Investitionszeitpunkt nicht exakt abschätzbare Faktoren (Anlagenverfügbarkeit, Reparaturaufwand) gleichzeitig zu bewerten sind.

Im Dresdner Kühlanlagenbau werden Kälte- und Klimaanlagen projektiert und gebaut. Wartung und Service an eigenen und Fremdanlagen sind wesentliche Arbeitsbereiche. Eine qualifizierte Wartung und Instandsetzung hat nicht nur großen Einfluss auf die Effizienz einer Anlage, hier wirken sich konstruktive Entscheidungen auch auf besondere Weise aus. Praxisprobleme, die häufig nicht sofort nach der Inbetriebnahme sichtbar werden, sind ständig zu lösen. Der Erfahrungsaustauch zwischen Anlagenprojektierung und Kundendienst hat so einen erheblichen Stellenwert.

Die hier dargestellten Beispiele sind Erfahrungen aus dem Supermarktbereich, weniger aus der Prozesskältetechnik. Die Ausführungen basieren auf Praxisbeispielen, die nicht immer verallgemeinert und auf andere Anlagen übertragen werden können.

Theoretische Möglichkeiten zur Energieeinsparung

Es gibt eine Vielzahl möglicher Maßnahmen zur Energieeinsparung, die in vielen Vorträgen und Fachbeiträgen theoretisch ausführlich behandelt wurden. In Bild 1 ist eine Auswahl, die die wesentlichsten theoretischen Einsparungsmöglichkeiten enthält, dargestellt.

Maßnahmen zur Verminderung der notwendigen Kälteleistung sind, wenn sie bereits beim Bau einer Kälteanlage berücksichtigt werden, relativ problemlos zu realisieren. Große Einsparmöglichkeiten bietet die Verglasung von Kühlmöbeln. Bei Truhen hat sie sich schon nahezu durchgesetzt. Bei Kühlregalen ist die Verglasung differenziert zu betrachten. Bei Märkten mit geringem spezifischem Umsatz ist diese Maßnahme richtig und setzt sich auch langsam durch. Anders sieht es bei Discountern mit hohem spezifischem Umsatz aus. So reduziert das häufige Öffnen der Glastüren die Einsparungen enorm. Zusätzlich würde sich die Gangbreite bei geöffneten Türen reduzieren und Kunden würden sich gegenseitig behindern. 

Die Reduzierung zusätzlicher elektrischer Verbraucher wie Abtauheizungen, Begleitheizungen, Scheibenheizungen aber auch der Beleuchtung in den Kühlregalen wirkt doppelt, da einerseits Elektroenergie eingespart wird und andererseits die eingebrachte Wärme nicht zusätzlich abgeführt werden muss.

Außer der Wärmerückgewinnung, mit deren Hilfe meist andere Energieträger wie Öl und Gas eingespart werden, betreffen die sonst genannten Maßnahmen die Optimierung des Kälteprozesses. Um die Optimierung der Einzelkomponenten muss sich der Anlagenbauer keine Gedanken machen, sondern nur eventuell veränderte Parameter bei der Auswahl der Komponenten berücksichtigen.  

Praktisch realisierbare Energieeinsparungen

Die Entscheidung darüber, ob eine Energieeinsparungsmaßnahme durchgeführt wird, hängt natürlich stark von Kosten-Nutzen-Betrachtungen ab. Bei hohen Einsparungen rechnen sich auch notwendige Zusatzmaßnahmen für die Betriebssicherheit.

Mit vom Dresdner Kühlanlagenbau durchgeführten Umbauten wurden nachweislich Energieeinsparungen von teilweise über 50 % erreicht. Hauptgründe waren zumeist die Umstellung von alten Einzelanlagen (häufig mit Heißgas/Bypassregelung) auf Verbundanlagen, die vor allem im Teillastfall wesentlich effizienter laufen.

Oft gibt es aber auch Enttäuschung über den nach einem Umbau doch noch vorhandenen hohen Energieverbrauch. Wesentliche Gründe, die zu einer deutlichen Überschätzung praktisch realisierbarer Energieeinsparungen führen, sind folgende:

› Im Marketing von Komponentenherstellern werden meist eher optimistische als pessimistische Energieeinsparungswerte angegeben. Worte wie „bis zu“ werden häufig als gegeben hingenommen. Außerdem ist der Bezug nicht immer klar.

› Im Teillastfall sind Einsparungsmaßnahmen oft von geringerer Wirkung. Beispiel Druckabfall in Rohrleitungen: Im Auslegungsfall spielt die Absenkung des Druckverlustes in den Rohrleitungen eine entscheidende Rolle. Zumeist läuft eine Verbundanlage jedoch im Teillastbetrieb bei z.B. einem Drittel des Volumenstromes, so wird der Druckverlust kaum noch eine Rolle spielen. Ist es in diesem Fall nicht besser, wenn der Auslegungsfall funktioniert, auf eine weitere Vergrößerung des Durchmessers zur Energieeinsparung zu verzichten, da der Senkung des Energieverbrauchs höhere Kosten für Rohrleitungen und Apparaturen sowie eine höhere Kältemittelfüllmenge aber auch eine erhöhte Gefahr, dass das Öl nicht zurückgeführt wird, entgegenstehen? Auch der Einsatz eines größeren Verflüssigers, der im Auslegungszustand 10 % Energieeinsparung verspricht, wird in der Praxis nicht einmal 5 % erreichen. Die meiste Zeit des Jahres wird der am Regler eingestellte Mindestdruck Energieeinsparungen verhindern.

› Gesamtenergieeinsparung ist nicht immer die Summe mehrerer Einzeleinsparungen. In vielen Fällen wird durch Einsparungsmaßnahmen der Kältebedarf vermindert. Beispiele dafür sind z.B. verbesserte Isolierung von Kühlzellen oder die Ausrüstung von Kühlregalen mit Glastüren. Zusätzliche prozentual angegebene Einsparungen an der Kälteanlage gelten natürlich nur für den verminderten Kältebedarf. Diese Selbstverständlichkeit wird oft ignoriert.

› Die Einsparungsmöglichkeiten durch Wärmerückgewinnung werden häufig überschätzt. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:

1. Große Abwärmemengen der Kälteanlage sind meist dann vorhanden, wenn kaum Wärmebedarf besteht (Sommer, Tag), andererseits ist der Bedarf hoch, wenn die Einschaltzeiten der Kälteanlage gering sind (Winter, Nacht).

2. Energieeinsparungsmaßnahmen, die bei einem Umbau oft gleichzeitig mit dem Einbau einer Wärmerückgewinnung realisiert wurden, vermindern das Potential für die Wärmerückgewinnung aus der Kälteanlage

Praxisbeispiele

Es gibt eine Vielzahl von theoretisch einfachen Einsparungsmöglichkeiten, die in der Praxis unter Umständen Probleme bei der Betriebssicherheit verursachen. Stellvertretend seien hier nur einige Beispiele genannt:

a) Heißgasabtauung anstelle elektrischer Abtauung

In vielen Fällen gibt es infolge der großen und schnellen Temperaturschwankungen Materialspannungen, die zu kleinen Undichten oder sogar zu Rohrabrissen führen können. An einigen Stellen erfolgt nur eine ungenügende Abtauung. Aufgrund der vielen zusätzlichen Ventile ist eine Anlage mit Heißgasabtauung gegenüber einer herkömmlichen Anlage mit Elektroabtauung wesentlich komplizierter aufgebaut. Aus diesen Gründen wurde der Dresdner Kühlanlagenbau schon häufig beauftragt, schlecht funktionierende Anlagen mit Heißgasabtauung verschiedener Anlagenerrichter auf elektrische Abtauung umzustellen.

b) Regler zur Steuerung der Bedarfsabtauung

Es werden immer intelligentere Regler auch zur Optimierung der Abtauvorgänge entwickelt. In den meisten Fällen funktionieren diese Regler gut. Durch Reduzierung der Abtauzeit verringert sich der Elektroenergieverbrauch. Zusätzlich verbessert sich auch die Warenqualität. In einigen Anwendungsfällen, zumeist Fälle mit sehr häufigen Türöffnungen und Einlagerung erwärmter Ware funktionieren diese Regler aber schlecht. Hat man solche Fälle, sollte man auf einfachere Regelungen zurückgreifen.

c) Senkung der elektrischen Leistung von Scheibenheizungen

Zur Vermeidung von Schwitzwasser an Kühlmöbelscheiben werden diese durch elektrische Heizungen erwärmt. Durch zeitlich vorgegebene Taktung wie auch eine von einem Feuchtigkeitsfühler gesteuerte Taktung können die Einschaltzeiten und damit der Elektroenergieverbrauch entscheidend gesenkt werden. Oft will man hier zu viel einsparen und erwärmt die Scheiben zu wenig. Deshalb kommt es bei hoher Luftfeuchtigkeit und ungünstigen Strömungsbedingungen trotzdem zu Schwitzwasserbildung. Ein schlecht angeordneter Fühler kann diese Probleme noch verstärken.

d) Verminderung der Kälteleistung durch Einbau von Glastüren

Der Einbau von Glastüren in bestehende Anlagen führt häufig zu Problemen im Teillastverhalten dieser Anlagen. Selbst bei offenen Kühlmöbeln kann die Einschaltzeit der Verdichter im Winter unter 20 % liegen. Werden jetzt die Regale verglast ohne die Kälteanlage zu verändern, so kann es zu Regelungsproblemen z. B. wegen viel zu kurzer Einschaltzeiten der Verdichter kommen. 

 

Absenkung der Kondensationstemperatur sowie Anhebung der Verdampfungstemperatur sind die am häufigsten diskutierten Einsparungsmöglichkeiten am Kälteprozess. In Anlehnung an den Carnot-Prozess werden meist Einsparungsmöglichkeiten von 3 %/K angegeben. Da diese theoretisch einfache Maßnahme auch in der Praxis ihre Tücken hat, soll eine vertiefende Betrachtung bei Volllast und bei Teillast erfolgen.

Volllast

Eine Möglichkeit zur Absenkung der Kondensationstemperatur ist die Verbesserung der Wärmeübertragung durch den Einsatz eines größeren Verflüssigers mit größerer Wärmeübertragungsfläche. Die Verbesserung der Wärmeübertragung funktioniert aber nicht nur, wie gewollt, bei hohen Außentemperaturen, sondern auch bei sehr tiefen Außentemperaturen.

Trotz abgeschalteten Ventilatoren wird der Verflüssiger bei tiefen Außentemperaturen stark abgekühlt. Bei geringer Last sinken die Temperatur des Verflüssigers und damit der Druck sehr stark ab. Damit kann es zur Kältemittelverlagerung in den Verflüssiger kommen. Verschärft wird das Problem dadurch, dass größere Verflüssiger nicht nur größere Wärmeübertragungsflächen, sondern auch größere innere Volumina haben.  

Was kann man gegen die Kältemittelverlagerung tun?

› Eine Winterregelung (Absenkung der Drehzahl der Verflüssigerventilatoren) ist zwar hilfreich, reicht aber allein meist nicht aus, da ein eisiger Nordwind die Verflüssiger auch bei stehenden Ventilatoren stark abkühlen kann.

› Natürlich wäre auch ein Schutz des Kondensators vor Kälte durch Abdeckungen oder Jalousien möglich. Bei diesen Maßnahmen muss jedoch immer darauf geachtet werden, sie vor dem Sommer wieder zu entfernen.

› Die Wärmeübertragung kann nicht nur durch Vergrößerung der Kondensatorfläche, sondern auch durch Verbesserung des Wärmeübergangskoeffizienten verbessert werden. Das kann durch höhere Drehzahlen der Ventilatoren erreicht werden. Normalerweise wird die maximale Ventilatordrehzahl durch maximal erlaubte Schalldruckpegel in der Umgebung des Verflüssigers begrenzt. In der Nacht ist der maximal erlaubte Schalldruckpegel geringer. Es wäre also möglich, die Ventilatordrehzahl am Tag zu erhöhen. Dazu müsste ein Regler eingesetzt werden, der eine Begrenzungsmöglichkeit auf zwei Maximaldrehzahlen (Tag und Nacht) aufweist.

› Eine weitere Möglichkeit wäre die Reduzierung des Verflüssigervolumens bei gleichbleibender Fläche. Das lässt sich durch Verflüssiger, die nach der Microchannel-Technologie gebaut wurden, realisieren, da sie gegenüber herkömmlich gebauten Verflüssigern bei gleicher Fläche ein wesentlich geringeres Volumen haben.

Teillast

Energieeinsparungen sind auch ohne Veränderung der Verflüssigergröße möglich. Die Mindestverflüssigungstemperatur bei niedrigen Umgebungstemperaturen kann am Regler tiefer eingestellt werden. Früher wurde immer mit einer konstanten Kondensationstemperatur gefahren. Fehlfunktionen von thermostatischen Expansionsventilen aufgrund einer zu niedrigen Druckdifferenz wurden dadurch ausgeschlossen. Natürlich kann die Mindestkondensationstemperatur abgesenkt werden. Je nach Anlagenart und verwendetem Kältemittel kann sie auf ca. 25 °C, bei elektronischen Expansionsventilen auch auf etwas unter 20 °C abgesenkt werden. Tiefere Mindestkondensationstemperaturen bis ca. 10 °C bleiben CO2-Anlagen vorbehalten.

Die Absenkung der Verflüssigungstemperatur sollte auf ein vernünftiges Maß beschränkt bleiben. Gute Inbetriebnahmemonteure erkennen, wo die Grenzen für die jeweils konkreten Anlagen liegen. Diese Grenzen müssen akzeptiert und auch z. B. gegenüber einem Ingenieurbüro, das nur eine theoretische Berechnung durchgeführt hat, verteidigt werden. Die Betriebssicherheit muss Vorrang vor einer zusätzlichen Einsparung, die häufig nur im Bereich der Messgenauigkeit liegt, haben. Ein zusätzliches Problem sehr tiefer Verflüssigungstemperaturen ist die Kondensation von Wasser an der Flüssigkeitsleitung wegen Unterschreitung der Taupunkttemperatur der Umgebungsluft. Eine Isolierung der Flüssigkeitsleitung verhindert diesen Effekt, erhöht aber die Investitionskosten. 

 

Kombination von Einzelmaßnahmen

Die Kombination mehrerer Maßnahmen kann je nach Wirkrichtung verstärkend oder vermindernd wirken. Dies hat einerseits Auswirkungen auf die Betriebssicherheit und andererseits auf mögliche Energieeinsparungen.

Einzelmaßnahmen mit gleichgerichteter und verstärkender Wirkung

Ein Beispiel der verstärkenden Wirkung gleichgerichteter Maßnahmen zeigt Abbildung 2. Alle genannten Einzelsparmaßnahmen verstärken die Gefahr durch Anlagenstillstand infolge Kältemittelverlagerung. Praktische Erfahrungen im Dresdner Kühlanlagenbau aber auch anderer Servicefirmen zeigen, dass diese Gefahr bei sehr tiefen Außentemperaturen und dem Zusammentreffen der genannten Maßnahmen besonders nach langen Marktschließzeiten enorm ansteigt. Gerade nach Weihnachten und Neujahr schalteten Saugdruckwächter aufgrund von Kältemittelverlagerung auf die Verflüssigerseite häufig Kälteanlagen ab. Das führte zu nicht unerheblichen Warenschäden.

Durch eine weitere Verminderung der Kältelast durch Nacht- und Wochenendauskühlung des Marktes wird das Problem weiter verschärft. Ist diese Maßnahme jedoch immer sinnvoll?

Abbildung 3 zeigt reale Gasverbräuche eines Supermarktes. Die Einsparungen am Sonntag sind beeindruckend, die Mehrverbräuche am Montag und Dienstag aber auch. In diesem Fall (andere Märkte wurden nicht überprüft) hat die Auskühlung am Wochenende außer frierender Mitarbeiter am Montagmorgen fast nichts gebracht. Durch Weglassen dieser „Energieeinsparungsmaßnahme“ wären also die Mitarbeiter besser motiviert und die Gefahr eines Anlagenstillstandes durch Kältemittelverlagerung vermindert worden.

Maßnahmen mit gegensätzlicher Wirkung

Abbildung 4 zeigt nochmals den bereits im Punkt 2 dargestellten Fall einer Überschätzung der Wärmerückgewinnung. Alle Einsparungsmaßnahmen vermindern die Verluste der Kälteanlage. Da diese Verluste als Wärme abgegeben werden, sind sie natürlich für eine Wärmerückgewinnung nicht nutzbar.

In letzter Zeit wird immer häufiger der Wunsch geäußert, die herkömmliche Heizung vollständig durch Wärmerückgewinnung zu ersetzen. Gerade in diesem Fall ist eine genaue Analyse der von der Kälteanlage unter extrem kalten Bedingungen abgegebenen Wärme notwendig. Da diese Analyse theoretisch nicht einfach ist, sollten die Sicherheiten nicht zu stark reduziert werden und zumindest eine elektrische Zusatzheizung als Reserve vorgehalten werden.

Abbildung 5 zeigt die gegensätzlichen Wirkungen von zwei Energieeinsparungsmaßnahmen auf die Kondensationstemperatur.

Auch bei Niedertemperaturheizungen werden Vorlauftemperaturen von über 30 °C benötigt. Will man mit einer Wärmerückgewinnung heizen, muss also die Verflüssigungstemperatur mindestens bei 35 °C liegen. Nur wenn es kühl ist, kann die Kondensationstemperatur zur Energieeinsparung abgesenkt werden. Gerade dann liegt aber auch Heizbedarf vor. Die Verflüssigungstemperatur kann also gar nicht wesentlich abgesenkt werden. Auch unter diesem Aspekt sind alle Energieeinsparungsmaßnahmen zu betrachten. Lohnen sich teure elektronische Expansionsventile, wenn man ihren wesentlichsten Energiespareffekt, eine besonders starke Absenkung der Verflüssigungstemperatur, gar nicht nutzen kann? 

Die optimale Anlage aus Servicesicht

Bei der Durchsetzung von Energieeinsparungsmaßnahmen sollten auch mögliche Serviceprobleme betrachtet werden. Aus diesem Grund sind hier die aus Servicesicht wichtigsten Voraussetzungen für die Betriebssicherheit von Kälteanlagen genannt, die auch bei Maßnahmen zur Energieeinsparung berücksichtigt werden sollten:

› Wenig Bauteile und Verbindungsstellen

› Hoher Anteil fabrikgefertigter Teile

› Einfache und nachvollziehbare Regelung

› Auslegung mit vernünftiger Reserve

› Moderate Temperaturen und Drücke

› Vermeidung von starken und schnellen Temperatur- und Druckschwankungen

› Vermeidung von starken Schwingungen

› Gute Zugänglichkeit

› geringes Gewicht

› Schnelle Verfügbarkeit von Ersatzteilen möglichst im Servicefahrzeug

Wichtig sind vor allem einfache und verständliche Anlagen, die einen schnellen und guten Service ermöglichen sowie einen hohen Grad an Betriebssicherheit gewährleisten. Bei hochkomplexen Anlagen dagegen könnte die Störungsbeseitigung aufgrund der schwierigen Fehlersuche wesentlich länger dauern. Fehler könnten unter Umständen nicht erkannt und Störungen nicht beseitigt werden. Der Einsatz von Spezialisten wäre notwendig und würde zu verlängerten Anfahrten mit längerer Zeit bis zum Beginn der Störungsbehebung führen. Ungünstige Anlagenzustände könnten erst später oder gar nicht erkannt werden, wodurch auch ein erhöhter Elektroenergieverbrauch auftreten könnte.

Komplizierte Anlagen können einerseits wegen häufiger auftretender Störungen aber auch wegen deren schwieriger Beseitigung teuer werden. Gründe sind erhöhte Betriebskosten für Störungsbeseitigung und Elektroenergieverbrauch aber auch eine erhöhte Gefahr von Warenschäden.

Zusammenfassung

Energieeinsparung ist wichtig und richtig. Vor Durchführung von Energieeinsparungsmaßnahmen sind jedoch folgende Fragen zu klären:

› Sind mit den vorgesehenen Maßnahmen wesentliche Energieeinsparungen möglich und lohnt es sich, mögliche negative Wirkungen auf die Betriebssicherheit zu riskieren?

› Sind höhere Investitions- und Servicekosten aufgrund komplizierterer Anlagen vertretbar?

› Gibt es im konkreten Fall negative Wirkungen auf die Betriebssicherheit?

› Welche Maßnahmen zur Vermeidung der negativen Wirkungen von geplanten Energieeinsparungsmaßnahmen sind möglich?

Neue Regelungstechniken erlauben es, immer näher an Grenzwerte heranzufahren. Damit steigt die Gefahr eines Anlagenausfalls z. B. beim Betrieb außerhalb der Auslegungsbedingungen. In der Praxis können immer unvorhergesehene Zustände eintreten. Deshalb sollten Reserven und Sicherheitsbereiche nicht zu klein gewählt werden.

Bei der Planung von Energieeinsparungsmaßnahmen ist immer eine ganzheitliche Betrachtung notwendig. Kosten und Nutzen, lokale Bedingungen aber auch die unterschiedlichen Wirkungen mehrerer Energieeinsparungsmaßnahmen besonders bei Einbeziehung einer Wärmerückgewinnung sind zu berücksichtigen.

In vielen Fällen lassen sich theoretisch mögliche Energieeinsparungsmaßnahmen einfach in die Praxis umsetzen. Wenn man Problemfälle ernst nimmt und genau analysiert, schließen sich auch dort Energieeinsparung und Betriebssicherheit nicht aus.

Fazit

Eine Alternative zu „mehr Energieeffizienz“ gibt es nicht, da sie betriebswirtschaftlich sinnvoll und für die Umwelt unverzichtbar ist.

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