DKV-Tagung 2016 in Kassel

Business as usual

DKV-Tagung 2016  in Kassel

Neben der Messe Chillventa im Oktober in Nürnberg gehörte die Deutsche Kälte- und Klimatagung des DKV (Deutscher Kälte- und Klimatechnischer Verein e.V.) vom 16. bis 18. November zu den Highlights im Kältejahr 2016. Über 600 Teilnehmer kamen nach Kassel, um sich in 114 Fachvorträgen auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen.

Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl und der mehreren parallel stattfindenden Vorträge kommen für DKV-Tagungen nur wenige Tagungshotels in Deutschland mit der entsprechenden Größe in Frage. Aber selbst für altgediente DKV-Tagungsprofis war Kassel als Standort im November 2016 eine Premiere. Ein misslungener Versuch war das mit Sicherheit nicht, aber auf die vorderen Plätze wird diese DKV-Tagung dann doch nicht kommen. Im Vergleich zur Tagung in Dresden 2015 kamen knapp 100 Teilnehmer weniger (exakt 614, davon 54 aus dem Ausland) in die Stadt im Norden Hessens. Ein Grund mag sein, dass viele Tagungsteilnehmer gemeinsam mit ihren Partnern/Partnerinnen anreisen und dann das Angenehme (Begleitprogramm, Shopping, Abendveranstaltung etc.) mit dem Nützlichen (Mitgliederversammlung und Tagung) verbinden. Hier besitzt Kassel dann beim „Angenehmen“ doch nicht die gleiche Strahlkraft wie Dresden, Düsseldorf oder Berlin – zumindest nicht in den Köpfen derjenigen, die sich gegen ein Kommen entschieden hatten. Dabei bot auch das Rahmenprogramm in Kassel mit einer Stadtführung durch die Documenta-Stadt, sowie Besuchen in der Grimm-Welt, des Bergparks Wilhelmshöhe, der Komödie Kassel und des Technik Museums genügend spannende Ziele.

Quantität und Qualität der Vorträge top

An den Inhalten der Fachvorträge wird es jedenfalls mit Sicherheit nicht gelegen haben, dass sich nicht ganz so viele Teilnehmer wie gewohnt zur Tagung angemeldet hatten. Denn das Fachprogramm  stand sowohl in Bezug auf die Quantität (114 Fachvorträge in den fünf Arbeitsabteilungen) als auch, was die Qualität und Bandbreite der angebotenen Themen betrifft, vergangenen Tagungen in keinster Weise nach. Das Programm bot dabei für alle Zielgruppen Anreize – für Anlagenbauer, Planer, Wissenschaftler und Betreiber gab es passende Vortragsthemen. Wobei anzumerken ist, dass die Anzahl der Teilnehmer aus dem Handwerk in gewohnt überschaubarer Menge blieb. Es ist dem DKV-Vorstand aber auch offensichtlich wichtiger, die wissenschaftliche Bedeutung der Tagung zu steigern, als das Angebot für die Praktiker der Kälte-/Klimabranche zu forcieren – für einen technisch-wissenschaftlichen Verein aber auch verständlich. Das vor einigen Jahren eingeführte Peer-Review, ein Verfahren zur Qualitätssicherung von wissenschaftlichen Publikationen und Vorträgen, das bei der DKV-Tagung verstärkt zum Einsatz kommen soll (2016 trugen 10 % der Vorträge das Gütesiegel „Peer Review“), ist hierfür ein deutliches Zeichen.

Auf die Inhalte des Tagungsprogramms im Rahmen dieses Nachberichts im Detail einzugehen, ist bei der Fülle der Vorträge nicht möglich. Hervorzuheben ist aber das besonders große Teilnehmerinteresse bei den Vorträgen zum Thema Verdichter und dem Dauerbrenner Kältemittel. Hier war z.T. der Andrang so groß, dass die Plätze kaum ausreichten. Kurzfristig ins Programm aufgenommen wurde auch ein Sondervortrag zum F-Gase-Abkommen von Kigali (siehe Editorial in KKA 6/2016).

Ein Highlight jeder DKV-Tagung sind auch die Festvorträge im großen Plenum zum Auftakt der Tagung. Sowohl der Vortrag zur „Elektromobilität mit Wasserstoff und Brennstoffzellen– Stand und Perspektiven“ von Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth, Technische Universität Chemnitz, als auch der Plenarvortrag zum Thema „Anforderungen an die deutsche Energie- und Wärmeversorgung durch das Pariser Klimaschutzabkommen“ von Prof. Dr. Volker Quaschning, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin, stießen beim Publikum auf großes Interesse. Beide Referate machten deutlich, welche immensen Anstrengungen noch vor uns liegen, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen.

Gute Angebote für den kältetechnischen Nachwuchs

Der Kälteanlagenbauer mag beim DKV zwar nicht im Fokus stehen – was der Verein hingegen seit einigen Jahren mit viel Aufwand betreibt, ist das Bemühen, den kältetechnischen Nachwuchs für die Tagung und den DKV zu begeistern. Am Vortag der eigentlichen DKV-Tagung gab es 16 Vorträge unter dem Motto „Studenten für Studenten“. Über 80 junge Teilnehmer von Hochschulen aus ganz Deutschland nahmen daran teil und diskutierten ausgiebig mit. Die besten Vorträge wurden im Rahmen der DKV-Mitgliederversammlung prämiert und damit besonders gewürdigt und wertgeschätzt. Aufs Treppchen kamen hierbei Manuel Unger, Jonas Schwenzer und Maria Besser. Ein weiterer Lockvogel für die Studenten war die Job-Informationsbörse mit sieben Firmen. Auch der Aufbau einer Praktikantenbörse und die Erarbeitung des sogenannten Bildungsatlasses mit einer Übersicht der Ausbildungsstätten und Hochschulen unserer Branche zählen mit zu den positiven Aktivitäten des DKV im Zusammenhang mit der Nachwuchsförderung.

Mitgliederversammlung und schwächelnde Vision 2020

Am Vorabend der DKV-Tagung stand traditionsgemäß die DKV-Mitgliederversammlung auf dem Programm. 87 stimmberechtigte Mitglieder waren erschienen und folgten einem Resümee zur Umsetzung der DKV-Strategie „Vision 2020“, den Berichten aus den Arbeitsabteilungen und den Bezirksvereinen, vier Wahlen zum Vorstand (siehe Kasten) und der stets einstimmigen Verabschiedung der Haushaltspläne.

Die Vision 2020 wurde ja bereits auf der Tagung 2011 vom damaligen Vorsitzenden Prof. Arnemann vorgestellt und auf den nachfolgenden Tagungen wurden die Zwischenergebnisse präsentiert. Das Ziel lautet nach wie vor: „Der DKV wird der führende technisch-wissenschaftliche Verein im Bereich der Kälte-/Klima-/Wärmepumpenbranche in Europa für zufriedene, gut informierte Mitglieder.“ Es gab und gibt konkrete Maßnahmen und Ziele, die hinter der doch recht allgemein gehaltenen Formulierung stecken. Ob man das Vision nennen muss oder ob es nicht einfach nur das ist, was man unter ordentlicher Vereinsführung verstehen sollte, sei einmal dahingestellt. Wenn der DKV-Vorsitzende Prof. Ullrich Hesse allerdings im Zusammenhang mit dem Status quo der Umsetzung Formulierungen verwendet wie „Es gibt noch viel Verbesserungspotential“ und „Wir sind immerhin aktiv bemüht“, ist das fünf Jahre nach dem Start der Maßnahmen zur Vision 2020 nicht unbedingt als „Ruck-Rede“ zu bezeichnen.

Und schaut man auf einige der formulierten Ziele, so muss man konstatieren, dass man diese bislang nicht oder nur in Teilen erreicht hat:

Statt der in der Vision proklamierten 7 % Mitgliederwachstum pro Jahr stagnieren die Zahlen in 2015 und 2016 (Prof. Hesse hierzu: „Wir gleichen immerhin die Abgänge aus“).

Statt eines Ausbaus der Teilnehmerzahlen der Jahrestagung um mindestens 3 % pro Jahr gab es einen deutlichen Rückgang bei der Tagung 2016 in Kassel.

Die Mitglieder des DKV sollen in einer Skill Database mit ihren jeweiligen Kompetenz-Profilen erfasst werden. Bislang sind hier allerdings nur 10 % der Mitglieder gelistet.

Die sonstigen Einnahmen des DKV (ohne Tagung und Beiträge ordentlicher Mitgliederbeiträge) sollen jährlich um 10 % wachsen. Die geplanten Einnahmen durch fördernde Mitglieder und Buchverkäufe liegen jedoch 2015 unter den Planzahlen.

Der DKV soll stärker von der Politik und anderen Entscheidungsträgern wahrgenommen werden. Ein wichtiges Instrument hierfür soll ein Newsletter sein, der viermal im Jahr an diese Zielgruppe verschickt wird. Ob Newsletter generell von Politikern wahrgenommen werden und ob die Inhalte dieses Newsletters hierfür geeignet sind, muss man aber kritisch hinterfragen. Viele Meldungen entsprechen einfach denen, die auch im „normalen“ Newsletter für DKV-Mitglieder enthalten sind und sind nicht auf die besondere Zielgruppe der politischen Entscheidungsträger hin formuliert. Dann sind die Meldungen z.T. in englischer Sprache, was die Lesbarkeit nicht unbedingt fördert. Aber das größte Manko: Die Newsletter führen eben nicht dazu, dass sich der DKV darin mit eigenen Texten und Empfehlungen als kompetenter Ansprechpartner in Sachen Kältetechnik positioniert, sondern die Newsletter sind ein Sammelsurium an Branchennews aus anderen Quellen ohne roten Faden. Wenn man z.B. den letzten dieser Newsletter anschaut, findet man darin Zahlen zum Energieverbrauch in Deutschland (Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen), Infos zum Heizungsanlagenbestand (Quelle: Schornsteinfegerhandwerk), zwei englischsprachige Hinweise auf US-amerikanische Studien sowie eine ASHRAE-Veranstaltung (wenn man schon fremde Texte einfach kopiert, sollte man sich zumindest die Mühe machen, sie zu übersetzen). Als einzige Meldung in eigener Sache gibt es eine Notiz zu einer DKV-Veranstaltung auf der Chillventa. Das ist zu wenig! Ein Politiker, der den Newsletter gelesen hat, kommt doch zu der Erkenntnis, dass er sich lieber an andere Verbände wie ASHRAE oder die Schornsteinfeger wenden sollte, wenn er Infos benötigt. Der DKV tritt einfach nicht bzw. kaum in Erscheinung.

Kritik zur schleppenden Umsetzung der Vision 2020 war seitens der DKV-Mitglieder auf der Versammlung allerdings nicht zu hören, gleiches gilt für jegliche Art von Wortmeldungen, Anregungen oder Meinungsäußerungen.

Das Geschriebene soll in keinster Weise unterstellen, dass der DKV schlecht aufgestellt sei – im Gegenteil: Natürlich leisten der DKV-Vorstand und der ganze Verein sehr gute Arbeit, natürlich gestaltet der DKV mit der Jahrestagung die beste Weiterbildungsveranstaltung der Branche, natürlich ist der DKV auch in den Bezirksvereinen sehr aktiv und tut viel für den Nachwuchs – aber wenn man voller Stolz eine Vision verkündet, sich viele konkrete Ziele setzt und diese auch in aller Öffentlichkeit Jahr für Jahr wiederholt, dann muss man sich auch an der Erreichung der Ziele, die man formuliert hat, messen lassen. Wenn man eine Vision umsetzen will, ist „Business as usual“ halt einfach zu wenig.

Ehrungen 2016

Zur DKV-Tagungen gehören immer auch zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. Neben zahlreichen Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft gab es 2016 den DKV-Studienpreis für Manuel Unger, Universität Kassel, FG Technische Thermodynamik und Universität Stuttgart, Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung; den  DKV-Nachwuchspreis für Dr. Oleksandr Gryshkov, Leibniz-Universität Hannover, Institut für Mehrphasenprozesse (IMP) sowie für Dr.-Ing. Philipp Rollmann, Universität Stuttgart, Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW). Zudem erhielt Dr.-Ing. Ulrich Adolph für seine langjährigen Verdienste um den Verein die Ehrenmitgliedschaft im DKV verliehen.

Interessierte können sich den Termin für die nächste DKV-Tagung bereits vormerken. Diese findet vom 22. bis 24. November 2017 im Maritim Hotel Bremen statt.

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