Der Preis ist heiß

Streitfall Rechnung

Wenn man Handwerker nach Themen befragt, die sie im Berufsalltag besonders beschäftigen und die sie kompetent aufbereitet in einer Fachzeitschrift behandelt sehen wollen, ist das Thema „Recht“ immer unter den Top-Nennungen. Daher bietet die KKA einen ganz besonderen Service für Leser an: den KKA-Rechtstipp von unserem Rechtsexperten Dr. Harald Scholz.

Bereits in der letzten Ausgabe hat die KKA den Rechtsexperten Dr. Harald Scholz vorgestellt, der künftig Risiken im Handwerker­alltag und aktuelle Fälle aus seiner Praxis vorstellen wird. Der aktuelle Beitrag skizziert den folgenden Rechtsfall: Bei Erteilung eines Auftrags war angeblich mündlich ein Festpreis vereinbart worden. Nach Beendigung der Arbeiten streiten sich die Parteien nun um die Höhe der tatsächlichen Rechnung und ziehen vor Gericht.

Der Sachverhalt

Ein Bauherr lässt sein neu erbautes luxuriöses Einfamilienhaus mit allem ausstatten, was schön und teuer ist. Auch im Elektrobereich soll es an nichts fehlen: Angefangen von edlen Leuchten, einer kompletten Medienverkabelung, Fernsteuerung aller Geräte und Vorrichtungen und natürlich einer Alarmanlage der Spitzenklasse.

Über seinen Architekten holt er detaillierte Angebote von Elektrobetrieben ein, und zwar auf Basis von Einheitspreisen. Nach den vorgegebenen Maßen sind das etwa 70 000 €. Der Auftragnehmer erhält mündlich den Auftrag. Ein schriftlicher Vertrag wird nicht abgeschlossen.

Nach Durchführung der Arbeiten rechnet der Auftragnehmer auf der Basis seines Angebots ab und kommt so auf einen Gesamtbetrag von rund 85 000 €. Der Auftraggeber wendet ein, bei der mündlichen Auftragserteilung sei in einem Vier-Augen-Gespräch zwischen ihm und dem Inhaber des Elektrobetriebs ein Festpreis von 65 000 € ausgemacht worden. Mehr will er auf keinen Fall bezahlen. Von diesem Festpreis will der Auftragnehmer nichts wissen. Davon sei gar keine Rede gewesen. Es kommt zum Prozess über die offenen 20 000 €.

 

Die Entscheidung

Die Parteien dieses Falles haben sich vor Gericht geeinigt – auf eine Nachzahlung von 5000 €. Die übrigen 15000 € musste der Auftragnehmer abschreiben.

 

Anmerkung

Ein ärgerliches Ergebnis für den Auftragnehmer. Aber ohne die Einigung, so darf vermutet werden, hätte er über 65 000 € hinaus keinen Cent gesehen.

 

Wie kann das sein?

Wenige wissen oder können sich vorstellen, dass der Auftragnehmer in einem solchen Fall die Beweislast hat. Behauptet der Bauherr, der Vertrag sei zu einem Festpreis zustande gekommen oder allgemein niedriger vereinbart worden, muss ihm diese Behauptung widerlegt werden.

Denn wer Geld will, braucht einen Vertrag. Der Vertrag muss einen Inhalt haben, der die verlangte Vergütung rechtfertigt. Streiten die Bauparteien, welchen Inhalt ein Vertrag hat, muss – das ist eine Grundregel – derjenige seine Version behaupten, der etwas bei Gericht erstreiten will. Hier ist das der Handwerker, der (mehr) Geld will. Übrigens: Entgegen einer öfter zu hörenden Meinung gilt das genau so auch für VOB-Verträge.

Der Auftragnehmer hat hier versäumt, einen schriftlichen Vertrag zu schließen. Prompt kann er sich gegen Lügen oder Missverständnisse nicht mehr wehren! Nicht nur aus diesem Grund kann man nur empfehlen, jedenfalls bedeutsamere Verträge schriftlich abzuschließen. Es müssen keine komplizierten Vertragswerke sein. Ein Blatt Papier, auf dem Leistung und Bezahlung präzise aufgeführt sind, reicht aus. Es reicht auch schon der Vermerk auf dem Einheitspreisangebot: „Auftrag erteilt (Unterschrift Bauherr)“.


Wenn es dafür schon zu spät ist

Hier sind die Verteidigungsmöglichkeiten für den Auftragnehmer:

› Die Beweislastverteilung gilt erst, wenn der Auftraggeber detailliert und ohne Widersprüche die Festpreisvereinbarung im Prozess darstellt. Das gelingt durchaus nicht immer (BGH, Urteil vom 26.03.1992, Az.: VII ZR 180/91).

› Der Gegenbeweis, dass so eine Abrede nicht getroffen wurde, kann versucht werden. Daran sind keine übertriebenen Anforderungen zu stellen.

› Die Beweislast gilt nicht für eventuelle spätere Abänderungsvereinbarungen nach erstmaligem Vertragsschluss. Wäre hier also die Behauptung, zunächst sei nach Einheitspreisen beauftragt worden, dann aber vier Wochen vor Ende der Arbeiten eine Festpreisabrede getroffen worden – dann muss das der Bauherr beweisen.

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