Einsatzmöglichkeiten
für HFO-basierte Kältemittel

Interview mit Hans-Dieter Küpper, Chemours Deutschland GmbH

Kältemittel auf Basis von Hydrofluorolefinen (HFO) werden schon seit längerer Zeit in Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen eingesetzt. Für welche Anwendungen und unter welchen Rahmenbedingungen bietet sich ihr Einsatz an? Und welche Sicherheitsaspekte müssen beachtet werden? Die KKA-Redaktion führte hierzu ein Interview mit Hans-Dieter Küpper, Technical Marketing Spezialist bei Chemours Deutschland.

KKA: Chemours hat Kältemittel mit niedrigem GWP entwickelt, die nach eigenen Angaben den Energieverbrauch und die Umwelteinflüsse minimieren. Könnten Sie bitte erklären, welche das sind?

Küpper: Chemours ist im Jahre 2015 als Spin-off von Du Pont als eigenständiges Unternehmen entstanden. Man verfügt somit über eine mehr als 80-jährige Erfahrung in Entwicklung, Herstellung und Handhabung von Kältemitteln. FKW-Kältemittel sind seit Jahren weit verbreitet im Einsatz. Sie besitzen zwar kein Ozon-Abbau-Potential, wohl aber ein Treibhauspotential (GWP). Diese Substanzen wurden 1997 in das Kyoto-Protokoll aufgenommen und finden sich in der F-Gase-Verordnung (letzte Version von 2014) wieder, worin eine kontinuierliche Reduzierung der GWP-Werte geregelt ist. Chemours hat modernere Kältemittel mit extrem niedrigem GWP, sogenannte Hydrofluorolefine (HFO) entwickelt, z.B. R-1234yf und R-1336mz als reine Moleküle, sowie darauf basierende Blends (Gemische), die als langfristige Lösungen gesehen werden dürfen. Die HFO-basierten Kältemittel („Opteon XL“-Produkte) besitzen sehr geringe GWP-Werte und ermöglichen gleichzeitig eine hohe Energieeffizienz in der Anwendung. Somit ergibt sich auf die Lebensdauer der Kälte-, Klima- und Wärmepumpen-Anlagen gesehen eine sehr geringe CO2-Gesamt-Emission.

 

KKA: Werden diese Kältemittel bereits eingesetzt oder sind sie noch in der Erprobungsphase?

Küpper: Bereits heute sind eine ganze Reihe dieser modernen, effizienten und umweltfreundlichen Kältemittel im kommerziellen Einsatz in stationären Anwendungen, in der Gewerbekälte, in Supermärkten, im Klimaanlagen, Chillern, usw. aber auch in Automobil-Anwendungen, insbesondere R-1234yf, das in mehr als 80 Millionen PKW-Klimaanlagen seinen Dienst tut.

 

KKA: Wie sehen Sie die Zukunft dieser Kältemittel?

Küpper: Viele Kälte- und Klimaanlagen im Bestand werden noch mit FKW-Kältemitteln mit sehr hohem GWP betrieben und müssen ersetzt werden. Hierfür eignen sich HFO-basierte Kältemittel hervorragend als umweltfreundliche und kostenschonende Lösung. Aber auch neuer Bedarf, z.B. in der Klimatechnik, hervorgerufen durch den Klimawandel oder in der Wärmepumpen-Technik kann mit HFO-basierten Kältemitteln gut, kostengünstig und umweltschonend bedient werden. Aufgrund der geringen GWP-Werte sind diese Kältemittel als sehr langfristige Lösung anzusehen.

 

KKA: Welche Vorteile bieten die Kältemittel von Chemours für Supermärkte?

Küpper: Die „Opteon XL“-Kältemittel, insbesondere „XL20“ (R454C) und „XL40“ (R454A) verfügen über sehr geringe GWP-Werte und sind hocheffizient. Damit ergeben sich ökologische (d.h. Gesamt-CO2-Emissionen) und ökonomische (d.h. Gesamtlebenszykluskosten) Vorteile gegenüber vielen alternativen Technologien. Dies wurde durch eine unabhängige Studie, durchgeführt von WAVE Engineering in Großbritannien, deutlich herausgearbeitet. Die Ergebnisse sind durch Chemours in Form von Whitepapers öffentlich verfügbar gemacht worden und belegen diese. Die Whitepapers können von der Chemours-Webseite heruntergeladen werden.

 

KKA: In Supermärkten hat sich CO2 als Kältemittel weitgehend etabliert. Wie sehen Sie die Chemours-Kältemittel demgegenüber positioniert?

Küpper: Die Einführung von CO2 als Kältemittel erfolgte mit dem Ziel, Kälteanlagen mit dem Hoch-GWP-Kältemittel R404A mit umweltfreundlicheren Lösungen abzulösen. Inzwischen sind die Low-GWP-A2L-Kältemittel der „Opteon XL“-Reihe verfügbar, die auch gegenüber CO2 Vorteile bieten im Hinblick auf Reduzierung der CO2-Emissionen (bis zu 20 %) bei gleichzeitiger Reduzierung der Lebensdauerkosten um bis zu 20 %. Hierzu hat Chemours Whitepapers auf der Web-Seite bereitgestellt, die den Hintergrund und die Vergleichsdaten anschaulich darstellen.

 

KKA: Wie können Sie kleinere Supermärkte mit ein bis zehn Läden unterstützen?

Küpper: Auch kleinere Läden können von den deutlichen Vorteilen der „Opteon XL“-Produkte profitieren. Neben ökologischen und ökonomischen Vorteilen bieten diese Kältemittel eine einfache Wartung und Instandhaltung sowie eine sehr hohe Anlagenverfügbarkeit, d.h. geringe Ausfallwahrscheinlichkeit. Auch kleinere Handwerksbetriebe können diese Produkte und Anlagen sicher und einfach handhaben.

KKA: Der Umgang mit A2L-Kältemittel erfordert höheren Aufwand, was die Sicherheitskonzepte betrifft. Was muss man da erwarten?

Küpper: Es ist keine neue Forderung bei A2L-Kältemitteln, eine Sicherheitsanalyse und Risikobewertung zu erstellen, sondern das war bereits auch für A1-Kältemittel erforderlich. Leider wurde das nicht immer wirklich realisiert. Von der Bundesfachschule für Kältetechnik Maintal (Hr. Lerch) ist bereits ein Leitfaden für den sicheren Umgang mit A2L-Kältemitteln veröffentlicht worden. Der VDMA arbeitet in der Reihe 24020 an einem Arbeitsblatt zum selben Thema. Auch Chemours ist bestrebt, möglichst einfach handhabbare Anleitungen und Checklisten zu erarbeiten, die einen sicheren Umgang mit A2L-Kältemitteln erlauben.

 

KKA: Welche Normen verwenden Sie bei der Risikobewertung?

Küpper: Das hängt vom Produkt und von der Anwendung selbst ab. Man kann folgende Reihenfolge der heranzuziehenden Normen beschreiben:

1. Produktnormen (sofern für das betreffende Produkt vorhanden, z.B. EN 60335-2-40 / -2-89 etc.) und allgemein gültige Richtlinien (Maschinenrichtlinie, Druckgeräterichtlinie, Niederspannungsrichtlinie, EMV, …);

2. EN 378 und daraus resultierende / zitierte Normen;

3. Gesetze und Richtlinien bezogen auf die Anwendung, z.B. Bauvorschriften, Gebäude-Brandschutz, TRGS, TRBS, ...

 

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Risikobewertung des Herstellers und der des Betreibers. Die Anlagenwartung (Service) ist dabei nochmals separat zu betrachten. Wichtig ist eine vollständige und korrekte Kommunikation zwischen Hersteller und Betreiber.

 

KKA: Wie sehen Sie die Akzeptanz der A2L-Kältemittel und den Kenntnisstand des Kälteanlagenbauerhandwerks?

Küpper: Der Einsatz von A2L-Kältemitteln mit niedrigem Treibhauspotential erfolgt bereits weitreichend und in vielen verschiedenen Anwendungen. Im Klimabereich ist die Marktdurchdringung schon sehr hoch, eventuell unterstützt durch die etablierten R32-Technologien, die allerdings deutlich höheres Treibhauspotential besitzen. Industrielle und kommerzielle Chiller-Anwendungen sind als Serienprodukte vieler Hersteller am Markt verfügbar. Auch einige Supermarkt-Ketten haben sich für A2L-Kältemittel als grundsätzliche langfristige Lösung entschieden, wie z.B. ASDA und Coop in Großbritannien. Stationäre Wärmepumpen zur Wohnungsheizung und Warmwasserbereitung, aber auch im kommerziellen und industriellen Bereich setzen bereits heute A2L-Kältemittel erfolgreich ein. Das Kälteanlagenbauerhandwerk ist also bereits geschult und erfahren im Umgang mit A2L-Kältemitteln. Die Technologie unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der A1-Technologie. Die Drucklagen sind vergleichbar, ebenso die eingesetzten Handwerks-Techniken. Der wesentliche Unterschied ist die geringe Brennbarkeit der A2L-Kältemittel, die entsprechende Sicherheitsbetrachtungen erfordert. Die ohnehin notwendige Risikoanalyse (auch bei A1-Kältemitteln) wird ergänzt durch den Aspekt der Brennbarkeit und sämtliche Komponenten müssen selbstverständlich für die Fluidgruppe 1 der Druckgeräterichtlinie zugelassen sein. Da die A2L-Technologie aber nicht als Drop-in für A1-Technologien vorgesehen ist, sondern für die Anwendung in Neuanlagen, ergibt sich durch die geringen Zusatzanforderungen in puncto Sicherheit kein wesentlicher Mehraufwand für die Konzeption und Erstellung von Kälteanlagen mit A2L-Kältemitteln. Selbstverständlich muss das Handwerk flächendeckend geschult sein, um einen sicheren Umgang mit A2L-Kältemittel zu gewährleisten. Die Fachschulen z.B. sind seit geraumer Zeit aktiv und bieten entsprechende Weiterbildungs- und Vertiefungskurse an. Wir sehen das Handwerk bereits sehr gut aufgestellt.

KKA: Herr Küpper, herzlichen Dank für das Gespräch.

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