70 Jahre Walter Roller GmbH & Co.

Fit für die Zukunft

Walter Roller GmbH & Co. stellt sich neu auf

Es sind nicht zwangsläufig Großkonzerne, die als Know-how-Träger gelten. Es ist vor allem der "German Mittelstand". Denn er trägt das Prädikat "Made in Germany" über die Landesgrenzen hinaus. Und 99 % aller deutschen Unternehmen gehören dem deutschen Mittelstand an. Die Walter Roller GmbH & Co. ist eines davon. Damit es auch so bleibt, hat sich das Familienunternehmen in den letzten Monaten neu aufgestellt.

Der deutsche Mittelstand und insbesondere auch Familienbetriebe im Maschinenbau sind immens wichtig für die deutsche Wirtschaft. International gilt der „German Mittelstand“ sogar als der Hauptgrund für die wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik – und zwar so sehr, dass sich der Begriff mittlerweile sogar im englischen Sprachgebrauch etabliert hat. Dieses Fazit zieht das B2B-Magazin Inside Business der Plattform „Wer liefert was“ in seiner Online-Ausgabe. Zu dieser bedeutenden Stellung des Standorts Deutschland trägt auch die Kälteindustrie mit Mittelständlern wie der Walter Roller GmbH & Co. bei. Seit über 70 Jahren im Großraum Stuttgart beheimatet, haben die beiden Geschäftsführer Joachim Reule und Werner Rose jetzt die Weichen für die Zukunft gestellt. „Werner Rose und ich haben ein junges, qualifiziertes Team zusammengestellt, welches gut harmoniert und die Säulen für die Zukunft bildet“, zeigt sich Joachim Reule überzeugt.

 

Die nächste Generation am Start

„Mit unseren beiden Geschäftsführern wird das Familienunternehmen seit 1996 in der 3. Generation erfolgreich geführt. Nun haben sie sich dafür entschieden, die Geschäftsleitung ab 2017 strategisch zu erweitern“, erklärt Wolfgang Krenn. Er ist langjähriger Vertriebsleiter, betreut das Inlandsgeschäft und wird Schritt für Schritt die Aufgaben und Verantwortungen von Werner Rose übernehmen. Mit der dafür notwendigen Prokura ist er ebenso ausgestattet, wie seine drei weiteren Geschäftsleitungskollegen. Dazu aber gleich noch mehr.

„Ein Familienunternehmen muss an der Spitze strategisch langfristig ausgerichtet sein. Denn anders als bei Großkonzernen, gelten für uns Attribute wie regionale Lieferantenpartnerschaften, Verlässlichkeit für und bei seinen Mitarbeitern und damit verbunden allem voran die Standortsicherung als Merkmale des deutschen Mittelstandes. Dafür haben unsere beiden Geschäftsführer im vergangenen Jahr grundlegende Investitionsentscheidungen getroffen“, so Krenn. „So flossen unsere Gewinne nicht ab in den Kapitalmarkt, sondern wurden reinvestiert.“

 

Wir bleiben dem Standort Stuttgart treu

Roller setzt also auch in Zukunft auf den Standort Deutschland. Mehr noch: Man hält sich fit für die hohen Qualitätsansprüche an „Made in Germany“. Was das genau bedeutet, erläutert Betriebsleiter Wolfgang Müller, ein weiterer „Junger“ in der Geschäftsleitung. „Im vergangenen Jahr wurde entschieden, in unseren Maschinenpark zu investieren. Dazu zählen drei neue Dornaufweitmaschinen. Mit diesen lassen sich unsere Produktionszeiten spürbar verkürzen. Hinzu kommen im Laufe dieses Jahres neue Pressen, mit denen wir Lamellenpakete für das natürliche Kältemittel CO2, hohe Betriebsdrücke und kleinere Füllmengen herstellen werden.“ Wie Müller weiter erklärt, wurden außerdem Prozessabläufe in der Fertigung und Montage weiter optimiert, ebenso die Lagerhaltung bzw. Logistik mit den überwiegend regional ansässigen Zulieferern wie ebm-papst, Würth oder Wieland verbessert. Die komplette Logistik wurde dafür in ein modernes Hochregallager ausgelagert. So ist man auf dem 20.000m² großen Firmenareal auch in Zukunft für weitere Umsatzsteigerungen gut aufgestellt.

Man erfindet sich also in Etappen immer wieder neu, wozu außerdem die stetig wachsenden Standortnachteile – wie Lohnkosten, Energiekosten oder auch steuerliche Nachteile – in Deutschland zwingen. Das nehmen Mittelständler für ihre Kunden aber in Kauf. Das Ergebnis sind Innovationen und höhere Effizienz bei gleichbleibend hoher Qualität: „Um die Lieferzeiten der Standardprodukte so kurz wie möglich zu gestalten, leisten wir uns für unsere Kunden eine Lagerhaltung von Rohmaterial bzw. Halbzeugen, Zulieferkomponenten, Blechteilen oder auch gewisser Standardmodelle. Der Kälteanlagenbauer kann in seinem Tagesgeschäft darum sehr schnell reagieren und unsere Luftkühler in der Regel über den Kälte-Klima-Fachgroßhandel praktisch ohne Verzögerungen beziehen. Da in der Gewerbekühlung Zeit meist Geld bedeutet, ist das für ihn ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.“

Apropos Lieferzeiten: Neben den Seriengeräten für die Gewerbekühlung oder Konvektoren für die Klima- und Lüftungstechnik produziert Roller auch sehr viel projektbezogene Wärmetauscher von „Handtaschen klein“ bis „Fußballtor groß“ – auf Wunsch in Losgröße 1. Darauf wartet ein Kunde heute höchstens drei bis vier Wochen. „Für diese Sonderanfertigungen ist es bei den für uns selbstverständlichen Qualitätsansprüchen kaum schneller möglich“, ist sich Müller sicher. „Und wir schaffen das auch nur, weil unsere Mitarbeiter sowohl in der Fertigung, als auch im Vertrieb und Service die notwendigen langjährigen Erfahrungen mitbringen, jeder Handgriff sitzt, alle wissen, was sie zu tun haben. Darüber hinaus sind die Entscheidungswege sehr kurz, weshalb es zu keinen administrativen Verzögerungen kommt.“

 

Blick Richtung Asien

Vom Technologiestandort Stuttgart, genauer von Gerlingen aus, produziert und beliefert das Unternehmen Roller mit 120 Mitarbeitern den deutschen Markt, Österreich, die Schweiz und wickelt außerdem das weitere Europageschäft ab. Daran wird sich bis auf Weiteres nichts ändern. Für Spanien und den lateinamerikanischen Markt gibt es inzwischen ein eigenes Vertriebsbüro auf der iberischen Halbinsel.

Der „German Mittelstand“ ist aber nicht nur europaweit, sondern in weiten Teilen der Welt gefragt. Heute mehr denn je. „Aus diesem Grund haben wir auch den Schritt nach Asien unternommen, wohin wir aber nicht exportieren, sondern vor Ort für den ostasiatischen Markt produzieren“. Dafür verantwortlich zeichnet in der Geschäftsleitung neuerdings Export-Vertriebsleiter Markus Mank. „Wir haben in Bangkok eine Partnerfirma gefunden und sind ein Joint-Venture eingegangen. Voraussetzung dafür war und ist, dass ausschließlich nach unseren Vorgaben produziert und alle Roller-Qualitätsstandards eingehalten werden. Dafür waren wir vor Ort, haben alles selbst geprüft, unserem Partner die Maschinen und Prozesse vorgegeben und Spezifikationen sowie Materialvorgaben gemacht.“ Die Vertriebsorganisation geschieht bei Roller in Asien über eigene Niederlassungen in Bangkok und Singapur mit sechs bzw. vier Mitarbeitern. „Wir nutzen in Asien ‚Made in Germany’ als Stärke, denn es ist weltweit eine anerkannte Qualitätsmarke. Unser Partner produziert genau nach unseren Vorgaben, hält damit unseren Standard für den asiatischen Markt. So können Frachtkosten, Zölle und Steuern, Transportschäden, Kursschwankungen, oder andere Globalisierungshürden ausgeschlossen werden, die eine rein deutsche Produktion mit sich brächte“, ergänzt Mank. Angefangen wurde mit den bekannten „FHV“-Hochleistungsluftkühlern. Inzwischen sind in Bangkok auch weitere Seriengeräte in Produktion.

 

Immer ein Ass im Ärmel

Nun sind Märkte nicht gleich Märkte. So ist Asien, bei allen Anforderungen an ein Prädikatsprodukt deutschen Standards, heute noch vergleichsweise unkompliziert zu bedienen. „Obwohl wir für Ostasien wesentliche Konstruktionsmerkmale wie Materialauswahl, Rohrstärken, Lamellenprofile oder Abtauvorrichtungen beibehalten, braucht es nicht jedes Detail des ansonsten identischen Luftkühlers oder die Variantenvielfalt wie hier zu erfüllen.“ Zwei Beispiele liefert der für Forschung und Entwicklung zuständige Ingo Raisch, der ebenfalls Geschäftsleitungsmitglied ist. „Wenn ein Serienverdampfer dort für die meisten Anwendungen ausreicht, braucht es in Deutschland, in Österreich oder der Schweiz gleich noch Varianten für CO2, als Soleluftkühler und dazu in verschiedenen Materialausführungen. Und wenn bei uns Ventilatormotoren mit sparsamer EC-Technologie zum Standard werden, sind in Asien nach wie vor AC-Motoren gefordert.“

Die Motorenentwicklung ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass man bei Roller immer noch ein Ass im Ärmel hat. „Wenn wir Produkte entwickeln, denken wir immer zwei Schritte im Voraus. So wurden in Kooperation mit ebm-papst, für die wir ein Premiumpartner sind, bereits 2003 die ersten Luftkühler mit EC-Technik entwickelt und ausgestattet. Damals war von einer ErP-Richtlinie noch lange keine Rede. Der Kunde war offen dafür, nachdem wir ihn umfassend beraten haben. Denn gewerbliche Kühlung bedeutet ganzjähriger Betrieb. Darüber rechnet sich ein effizientes Gerät in Märkten mit hohen Energiekosten meist in kurzer Zeit. Schon seit einigen Jahren sind alle Verdampfer und Konvektoren mit EC-Technologie ausgestattet. Und wer gerade der Kampagne „Ventilatortausch macht’s effizient“ (Nähere Informationen dazu finden sich unter www.ventilatortausch.de) folgt, muss schon ein vergleichsweise altes Roller-Produkt finden, um mehr Effizienz für seinen Kunden zu erzielen“, so Raisch. „Aber selbst dann ist es kein Problem. Denn wegen der im Entwicklungsstadium bedachten Rückwärtskompatibilität und zuverlässigen Ersatzteilstrategie lässt sich jeder AC- mit wenigen Handgriffen durch einen EC-Ventilator austauschen.“ Das gilt übrigens sogar für die uralten und früher selbst produzierten Roller-Ventilatoren, an die sich aber nur noch ganz alte Hasen des Kälteanlagenbaus erinnern werden. „Ein weiteres Ass werden wir in den nächsten Wochen ziehen“, kündigt Ingo Raisch bereits jetzt an und verrät: „Wir werden Verdampferblöcke, Rohrsysteme und Geometrien so gestalten, dass Kältemittelfüllmengen reduziert bzw. Kerndurchmesser verringert werden. Außerdem sind dann noch höhere Betriebsdrücke realisierbar.“

 

Die Variante ist der Standard

Um als Mittelständler heute erfolgreich zu bestehen, braucht es also eine ausgewogene Strategie. Ein vorwärts gerichtetes Management, eine vernünftige Mischung aus globalem Denken und lokalem Handeln, ständiger Innovationswille und vor allem Ideenreichtum. Was das für Roller bedeutet, erläutert zum Abschluss nochmals Ingo Raisch. „Die aktuelle Wärmetauscherentwicklung geht in der Gewerbekühlung hin zu höchst kompakten Luftkühlern mit versetzten Rohrreihen unter materialoptimiertem Einsatz. Geringere Tauscheroberflächen brauchen aber tiefere Verdampfungstemperaturen. Denn weniger Material heißt kürzere Verweilzeiten der Luft am Rohr, was wiederum durch einen erhöhten Luftdurchsatz kompensiert wird, um die gleiche Kälteleistung zu erreichen. So wiegen sich im ungünstigsten Falle reduzierte Material- durch höhere Energiekosten auf – zum Nachteil für den Betreiber. Weniger Material heißt aber auch weniger Robustheit, weniger Langlebigkeit, höheres Leckagerisiko – weniger „Made in Germany“.  Und enge Rohrabstände führen in der Gewerbekälte zu früherem Reifansatz sowie häufigeren Abtauzyklen. Darüber hinaus erschwert die Kompaktbauweise die optimale Platzierung der Heizstäbe und auch die Reinigung eines Luftkühlers. Darum bleiben wir dort, wo Vereisungsgefahr droht, bei Roller-typischen Rohrgeometrien sowie innen gerippten Rohren und verzichten bewusst auf versetzte Rohrreihen oder minimale Abstände, um das Bereifen bzw. Vereisen länger hinauszuzögern. Damit nehmen wir zwar einen höheren Materialeinsatz in Kauf, was aber gleichzeitig die Ventilatorpressung durch den Luftkühler verkleinert, die Ventilatorleistung minimiert und vor allem auch Abtauzyklen so klein wie möglich hält.“

Wie Raisch weiter erläutert, kommen bei der Abtauung außerdem längere (als marktüblich) Aluminium ummantelte Heizstäbe zum Einsatz, die eine besondere Rohrandordnung im Gehäuse haben. Damit ist eine schnelle Enteisung möglich und wird im Tiefkühlraum keine Schwadenbildung durch abtropfendes Tauwasser erzeugt. Schwaden führen nämlich zu unerwünschter Kristall- oder Schneeflockenbildung. Vor allem aber gibt es keine Eisnester an den Einspritzventilen oder anderen Stellen. Der Kälteanlagenbauer kennt diese unerwünschten Phänomene aus seiner täglichen Praxis und die damit verbundenen Probleme.

 

Flexibel am Markt

Vor allem aber die nicht alltägliche Flexibilität ist es, die Roller ausmacht. Denn wenn preisgünstige Serienwärmetauscher in Kühlmöbeln nach wenigen Jahren durchkorrodieren, kann Ersatz in Kleinserie sofort nachgebaut werden. Warum dann also nicht gleich ein Qualitätsprodukt verwenden, was beim Trend zum Kältemittel Propan in der Lebensmittelkühlung übrigens höchst anzuraten ist? Und wenn Sonderlösungen für die „offshore“-Windstromerzeugung benötigt werden, schiebt man in Gerlingen kurzer Hand zusätzliche Schichten. Und wenn Röntgengeräte oder U-Boote Wärmetauscher benötigen, gibt es dafür Sonderbaureihen. Gleiches gilt auch in der Lüftungstechnik für große RLT-Geräte im Projektgeschäft. „Natürlich bieten wir der Gewerbekühlung Serienprodukte zwischen 500 W und 25 kW Kälteleistung. Daneben ist es aber auch unsere große Variantenvielfalt, egal in welcher Größe, für welche Anwendung, ob für Direktverdampfung, für Wasser oder für Sole, ob in der Kälte-, Klima- oder Lüftungstechnik, die von Kunden geschätzt wird“, fasst Wolfgang Krenn zusammen. „Das macht Roller aus, gestern, heute und auch in Zukunft.“ 

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