Gut für die Luft, gut für die Augen

Lüftungsgeräte für die pharmazeutische Industrie

Bei Dr. Mann Pharma in Berlin ist Hygiene Pflicht, denn die Produktion von Augentropfen beispielsweise soll bei aseptischen Bedingungen ablaufen. Dazu gehört gute Luft. Daher legte der pharmazeutische Betrieb beim Ersatz von etwa 20 Jahre alten Zentrallüftungsgeräten besonderen Wert auf eine hochwertige, leicht zu reinigende Ausführung. Die neu installierten Geräte ähneln denen für den Krankenhauseinsatz.

Das Unternehmen Bausch & Lomb – Dr. Mann Pharma (www.bausch-lomb.de) fertigt vor allem Medikamente für Augen, etwa gegen Grünen Star, sowie Mittel für Allergiker. Bei der Herstellung herrschen hohe Anforderungen an die Hygiene, damit der Eintrag von Keimen oder Staub ausgeschlossen werden kann. Beispielsweise geschehen das Fertigen und Abfüllen von Salben und Augentropfen im Werk Berlin in Reinräumen der Klassen B bis D. Die Zuluft muss hier endständige Filter bis zur Klasse H14 passieren, bevor sie in die Hallen gelangt. Um die Luftzufuhr wirtschaftlich und technisch optimal zu gestalten, sollte das H14-Filter bereits mit möglichst sauberer Luft beschickt werden, sonst würde es zu früh verschmutzen. Die Folge wären häufigere, teure Filterwechsel. Daher wird bereits bei der Zuluftstrecke Wert auf hohe Luftreinheit gelegt. Als der Austausch der Lüftungsgeräte für die Produktionshalle Liquida anstand, investierte der pharmazeutische Betrieb mit Weitsicht und orderte Geräte, die hohe Hygieneanforderungen bedienen und besonders wartungsfreundlich aufgebaut sind. Außerdem wurde beim Sanieren der Technikzentrale zugleich die Luftleistung vergrößert.

Nur sechs Wochen für den Umbau | Der Wechsel der Zentrallüftungsgeräte sollte binnen sechs Wochen geschehen. Schon für dieses Zeitfenster musste die Belegschaft bei Dr. Mann Pharma über Monate hinweg in Zusatzschichten sowie Wochenendarbeit auf Vorrat produzieren. Die Sanierung der Technikzentrale war also eng terminiert und für die planende und ausführende Firma, die Klima-Service GmbH in Geesthacht, war Pünktlichkeit unerlässlich.

Eine gute Basis für ein perfektes Timing war die langfristige Planung. Werner Gesang, verantwortlich für die gesamte Technik bei Dr. Mann, und Norbert Burjack, Projektleiter der Klima-Service GmbH, hatten bereits im Sommer 2008, ein halbes Jahr vor Projektstart, die Feinplanung abgeschlossen. Dazu gehörte die Auswahl der Lüftungsgeräte. Es handelt sich um zwei Modelle der Serie „GEA CAIRplus“ der GEA Happel Klimatechnik GmbH, Herne. Jedes der Geräte verfügt über eine Sektion für die Zu- und Abluftstrecke (hintereinander liegend) und erlaubt den Mischluftbetrieb.

Technikgebäude auf dem Dach wurde vergrößert | Das größere Zentrallüftungsgerät fördert bis zu 60 000 m³/h Zu- bzw. Abluft, das kleinere liefert bis zu 45 000 m³/h. In beiden Geräten sind jeweils ein F7- (Synthetikfilter) und ein F9-Filter (Mikroglasfaser­vlies) eingebaut. Ihre Gesamtfilterflächen betragen bei der größeren Maschine je rund 100 m², bei der kleineren etwa 70 m², um die Druckverluste in Grenzen zu halten.

Auf eine klassische Wärme- bzw. Kälterückgewinnung wurde bei beiden Geräten verzichtet. Burjack nennt den Grund: „Die Produktion benötigt überwiegend Kühlung, um die inneren Wärmelasten abzuführen. Die Zufuhr von Außenluft spielt hier eine untergeordnete Rolle, daher genügt bereits eine Außenluftrate von maximal einem Fünftel. Der Rest der benötigten Zuluft wird der Raumabluft als Umluft entnommen.“ Die zugeführte Frischluftmenge liege bei dieser Außenluftrate bereits über den Richtlinienwerten, in denen der Luftwechsel abhängig von der Mitarbeiterzahl festgelegt ist, sagt er.

Technikleiter Gesang entschied sich, in einen effektiveren Lufttransport zu investieren, soweit es Statik und Gebäude erlaubten. Zur Energieeffizienz trägt neben dem Ventilator (ein freilaufendes Rad, bei dem also kein Keilriemenabrieb entstehen kann) vor allem ein möglichst großzügiger Gehäusequerschnitt bei. „Um die Lüftungsgeräte großzügiger auslegen zu können, waren auch bauliche Maßnahmen erforderlich“, berichtet Burjack. Die Technikzentrale auf dem Hallendach musste um etwa 5 m verlängert werden, die Deckenhöhe um 0,6 m wachsen. Auch diese Umbauten mussten das Team der Klima-Service GmbH und die von ihr beauftragten Handwerker aus Berlin binnen der anderthalb Monate vornehmen.

Leichte Reinigung nach VDI 6022 möglich | Für Wirt­schaft­lichkeit und Sauberkeit sorgt die Ausführung der Geräte, die sich an den Hygienestandards im Medizinbereich orientiert. „Die Geräte sind zwar nicht exakt nach VDI 1946 Teil 4 ausgelegt, entsprechen aber in vielerlei Hinsicht denen für Krankenhäuser“, erläutert Dirck Kneifel von der GEA Happel Klimatechnik (www.gea-happel.de). Der Außendienstmitarbeiter nennt als Beispiel die Innenwände aus Edelstahl V2A (1.4301). Glatte Innenflächen und Scharniere außerhalb des Luftstroms seien ohnehin Standard bei der Geräteserie „GEA CAIRplus“, ebenso weitere konstruktive Details, die dem Ansammeln von Schmutz entgegenwirken.

„Diese Ausstattung erleichtert die Hygienereinigung enorm“, versichert Burjack, dessen Arbeitgeber die umfangreicheren Servicearbeiten – auch die Reinigung – durchführt. Auch die vom Wärmetauscher getrennt ausziehbaren Tropfenabscheider sind ein Merkmal, das die gründliche Reinigung vereinfacht. Dazu kommen weitere konstruktive Merkmale gemäß VDI 6022, etwa der großzügigere Lamellenabstand der Wärmetauscher für Kühlen und Heizen (Kupfer/Aluminium, Lamellenabstand 2,5 mm beim Kühlregister) zugunsten einer besseren Säuberung.

Abnahme der Geräte in Werk Wurzen | Da die alten Lüftungsgeräte nicht über eine Hygieneausstattung verfügten, empfahl sich für Burjack und Gesang eine Abnahme der Geräte im GEA-Werk in Wurzen. Dort konnten die beiden Techniker die Gerätesektionen vor dem Versand begutachten und sich unter anderem von der viel besseren Qualität der Oberflächen überzeugen. Im demontierten Zustand sind auch Details wie die durchdachten Verbindungsstöße, die innen im Rahmen liegenden Verbindungselemente und die 50 mm dicke Gehäusewand der georderten „SX“-Geräteversion deutlicher zu erkennen als im zusammengebauten Zustand.

Weitere konstruktive Merkmale der hygienischen Bauweise sind die thermische Entkopplung des Gehäuses im Taupunktbereich. Wichtig ist außerdem die zuverlässige Kondensatabfuhr am Kühlregister bzw. Tropfenabscheider, denn wenn bei Dr. Mann Pharma bis zu 36 °C warme Luft in der enormen Menge auf rund 14 °C heruntergekühlt werden soll, fallen beispielsweise bei dem größeren Lüftungsgerät maximal fast 400 l Kondensat pro Stunde an.

Anlieferung just in time | Nach der Geräteabnahme bereitete das GEA-Team alles für den Tag X vor: Auf die Stunde genau mussten die Geräte vom Werk Wurzen nach Berlin geliefert werden, denn „dort wartete an einem Samstag im November ein 100-t-Kran, um die Sektionen auf das Dach zu heben“, erinnert sich Burjack. Die Logistik vorzubereiten, ist für die Mitarbeiter im Werk Wurzen Alltag. Viele Geräte, die das Haus verlassen, müssen mit einem genehmigten Überbreiten-Transport zur Baustelle befördert und dort mit einem Mietkran an ihren endgültigen Platz gehoben werden. Damit die Handwerker vor Ort es einfacher haben, werden die Geräteteile in der Reihenfolge beladen und geliefert, in der Aufstellung und Montage erfolgen sollen.

Wegen der hohen Mietkosten des Krans (etwa 1500 €/h) wurde bei Dr. Mann neben den beiden beschriebenen Zentrallüftungsgeräten zeitgleich ein kleineres für das Mikrobiologie-Labor geliefert, das bei Redaktionsschluss gerade aufgebaut wurde, außerdem einige Kaltwassererzeuger.

Die beiden neuen „Hygiene-Lüftungsgeräte“ arbeiten bereits seit einem halben Jahr und stellen nun kühle und reine Luft in der Produktionshalle sicher. Die Geräte arbeiten messbar energiesparender als die zwei Jahrzehnte alten Vorgänger. Das verspricht Wirtschaftlichkeit. Dazu kommt ein nicht zu verachtender Aspekt: „Die Gerätereinigung wird jetzt leichter von der Hand gehen“, erklärt Burjack. Dazu trägt neben der Konstruktion und Materialbeschaffenheit auch bei, dass die Technikzentrale mehr als genug Platz zum Öffnen der Türen und zum Ausziehen von Wärmetauschern oder Tropfenabscheidern bietet. Das alles ist angesichts der hohen Kundenforderungen an Sauberkeit und Hygiene ein großer Vorteil und spart über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte gesehen erhebliche Wartungskosten ein.

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