Kältetechnik in der Batterieproduktion

Prozesssicherheit und Energieeffizienz durch freie Kühlung und Kompressionskälte

Im Zeitalter der Digitalisierung geht nichts ohne „Elektrifizierung“. Die Entwicklung und Produktion leistungsstarker Batterien ist deshalb die Keimzelle der Zukunft. Wo Energiespeicher gefertigt werden, ist Energieeffizienz ein beherrschendes Thema – bis ins letzte Detail. Zum Beispiel bei der Bereitstellung von Kälte für die Produktion. In der Batteriefertigung ist aber die Prozesssicherheit ebenso wichtig wie der effiziente Energieeinsatz. Dieses Spannungsfeld treibt die Entwicklung von intelligenten Lösungen in der Kälteproduktion an, wie das Beispiel des Batteriewerks der Deutsche Accumotive GmbH & Co. KG in Kamenz zeigt.

Die im Jahr 2009 gegründete Deutsche Accumotive GmbH & Co. KG ist eine hundertprozentige Tochter der Daimler AG. Das Unternehmen entwickelt und produziert hochkomplexe Batterien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie für Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz und smart. Die Accumotive GmbH hat ihren Sitz in Nabern im Großraum Stuttgart, wo Forschung und Entwicklung angesiedelt sind. Die Fertigung erfolgt im sächsischen Kamenz. Die Daimler-Tochter beschäftigt insgesamt über 500 Mitarbeiter.

Accumotive verbindet außerdem eine enge Zusammenarbeit mit dem Schwesterunternehmen Mercedes-Benz Energy GmbH, das am Standort Kamenz für die Entwicklung und den weltweiten Vertrieb der Mercedes-Benz-Energiespeicher für private und industrielle Anwendungen zuständig ist. Durch die Skalierbarkeit der Systeme können die Lithium-Ionen-Batterien sowohl in der Großindustrie zur Netzstabilisierung und Glättung von Lastspitzen (Peakshaving), etwa bei Energieerzeugern, als auch in Haushalten, zum Beispiel in Verbindung mit Photovoltaik-Anlagen, eingesetzt werden.

Konstante Prozesskälte wichtige Voraussetzung

Seit Beginn der Serienfertigung im Jahr 2012 wurden mehr als 100.000 Lithium-Ionen-Batterien ausgeliefert. Bei der engen Taktung in der Automobilproduktion ist die Prozesssicherheit der Batteriefertigung unverzichtbar. Hierbei ist die konstante Temperaturhaltung der Gebäude und Maschinen, unabhängig von Außentemperaturen und Auslastung, eine entscheidende Größe. Für das Werk der Accumotive im sächsischen Kamenz hat die Isotech Gebäudetechnik e.K. aus Plauen gemeinsam mit der Systemair GmbH aus Boxberg-Windischbuch als Spezialist für Kältemaschinen ein Konzept maßgeschneidert, das Prozesssicherheit und Energieeffizienz intelligent miteinander vereinbart. Es ist aufgeschaltet auf eine Gebäudeleittechnik (GLT), die von der Siemens Building Technologies GmbH & Co. OHG aus Dresden installiert wurde.

Die erforderliche Kälteleistung beträgt 1430  kW. Um die geforderte hohe Anlageneffizienz zu erzielen, wurden Kompressionskälte und freie Kühlung kombiniert. Eine bedarfsgerechte Regelung über die GLT stellt abhängig vom Außen- und Innenklima bzw. den Leistungsanforderungen den jeweils effizientesten Betrieb sicher. Isotech installierte zwei Kaltwassermaschinen (Model „SyScroll 660 Air CO“ mit je 595 kW) und ein freistehendes, unabhängiges Freikühlmodul (Model „SysFreeCool“ in der Variante Stand-Alone mit 230 kW) von Systemair. Die Systeme arbeiten mit Kaltwasser und beschicken einen Pufferspeicher mit 2000 l Volumen. Daran angeschlossen sind drei Verbrauchersysteme, die Leistungen zur Prozesskühlung entnehmen. Die Wärmeübertrager werden auf der Primärseite mit einer Vorlauf-/Rücklauftemperatur (VL/RL) von 16/24 °C gefahren, auf der Sekundärseite mit 18/28 °C. Unabhängig der Jahreszeiten werden von der Anlage 230 kW Kälteleistung gefordert mit VL/RL- Temperaturen von bis zu 16/24 °C. Kommt es aufgrund geringer Wärmelasten zu einer Überströmung im Kühlkreislauf, ist vorgesehen, dass sich der Rücklauf auf die 18 °C der Vorlauftemperatur abkühlen kann. Dazu besteht zwischen Kälteerzeugung und -abnahme eine Systemtrennung: Auf der Sekundärseite wird je nach Abnahme der Volumenstrom geregelt. Der Mindestvolumenstrom beträgt hierbei 4,3 m³/h. Die Regelung der Vorlauftemperatur auf der Sekundärseite erfolgt über eine Einspritzschaltung auf der Primärseite. Somit kann auf unterschiedliche Puffertemperaturen reagiert werden.

Regelungstechnik unterstützt Effizienz

Ein Siemens-Managementsystem steuert und regelt diese verschiedenen Leistungsansprüche zwischen mechanischer Kälteerzeugung und/oder Freikühlmodul stetig und fortlaufend. So sichert die Regelung energiesparend die erforderliche konstante Temperaturhaltung bei den Verbrauchern. Die Freigabe für den Freikühler erfolgt ab einer Außentemperatur von 10 °C und einer Wasser-Rücklauftemperatur größer 13 °C. Lastabhängig wird die erste Kältemaschine zugeschaltet, bei höherem Kühlbedarf nach zehn Minuten auch die zweite.

Die Freigabe der ersten bzw. zweiten Kältemaschine erfolgt rotierend. Mittels Betriebsstundenumschaltung werden die Betriebsrückmeldungen der einzelnen Kältekreise gezählt und eine Ausgleichsfreigabeverwaltung realisiert. Diese gleichmäßige Verteilung der Lastanforderungen trägt ebenso zur Prozesssicherheit bei wie die exakte Pumpensteuerung: Bevor die Kompressoren der Kältemaschinen angeschaltet werden, laufen die Pumpen an. Der Pumpenvorlauf und -nachlauf beträgt für jede Kältemaschine jeweils drei Minuten. Das schützt die Anlagentechnik, indem beispielsweise restliche Kälteleistung im Wärmeübertrager der Kaltwassermaschine abgeführt wird, und trägt außerdem zur Temperaturkonstanz bei.

Mit Hilfe drehzahlgeregelter Pumpen wird der Wasservolumenstrom der tatsächlich erzeugten Kälteleistung permanent angepasst. Die Pumpenansteuerung erfolgt über ein 0-10V-Signal, beginnend mit der ersten Verdichterstufe (17 m³/h). Über einen Modbus werden die Verdichterstufen ausgelesen und die Pumpenleistung entsprechend angepasst.

Das Modbus-Protokoll berücksichtigt hierfür spezielle Variablen. Sobald eine Maschine freigegeben ist, muss immer eine Pumpe in Funktion sein. Ändert sich der Wert der Adressen, muss die zweite Pumpe unverzögert hinzugeschaltet werden. Ändern sich diese Adressewerte wieder auf Null, darf eine Pumpe mit einer Abschaltverzögerung von 30 Sekunden abgeworfen werden.

Erfolgsfaktor Fertigungskompetenz

Aktuell entsteht in Kamenz mit einer Investition von rund 500 Millionen Euro bereits die zweite Fabrik für Lithium-Ionen-Batterien der Accumotive. Insgesamt investiert Daimler rund eine Milliarde Euro in einen globalen Batterie-Produktionsverbund. „Mit der zweiten Batteriefabrik in Kamenz geben wir die Initialzündung für den Aufbau der ersten Premium eBattery-Factory“, so Markus Schäfer, Mitglied des Bereichsvorstands Mercedes-Benz Cars, Produktion und Supply Chain. „Die lokale Fertigung von Batterien ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in unserer Elektrooffensive und der entscheidende Baustein, um die weltweite Nachfrage nach Elektrofahrzeugen flexibel und effizient zu bedienen. Damit sind wir in unserem Produktionsnetzwerk für die Mobilität der Zukunft sehr gut aufgestellt.“

Warum Freikühlmodule die Energieeffizienz von Kühlanlagen deutlich steigern

Bei einer Außentemperatur <2 K gegenüber der Rücklauftemperatur des Kaltwassers schaltet ein Dreiwege-Ventil den Kühlkreislauf über das Freikühlmodul „SysFreeCool“. Hier wird das Trägermedium aus Wasser und Glykol auf die gewünschte Vorlauftemperatur heruntergekühlt, unterstützt durch Ventilatoren. Die Drehzahl wird dabei kühllastabhängig über einen Temperaturfühler im Wasserkreislauf stufenlos gesteuert. Bei Kühllastanforderung im Leistungsbereich des Freikühlmoduls bleiben die Kaltwassersätze ausgeschaltet. Da die Stromaufnahme der Ventilatoren deutlich geringer ist als die der Kompressoren in den Kältemaschinen, wird so Energie gespart.

 
Liegt die Außentemperatur unter der Rücklauftemperatur, aber über der Vorlauftemperatur, wird das Wasser-Glykolgemisch im Freikühl­modul vorgekühlt und im Kaltwassersatz auf die gewünschte Vorlauftemperatur gebracht. Die so reduzierte Temperaturspreizung senkt die Energieaufnahme des Kaltwassersatzes.

 
Liegt die Außentemperatur über Vor- und Rücklauftemperatur, ist kein Freikühleffekt mehr möglich. Somit führt das Dreiwege-Ventil den Kühlkreis vollständig zum Kaltwassersatz. Der Freikühler nimmt dann keinen Strom mehr auf, was wiederum die Energieeffizienz verbessert.

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Ausgabe 04/2010

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