Kälteversorgung für die BHW Hameln

Optimierungspotential bei Sanierung genutzt

Bei größeren Gebäuden erfordert die zentrale Kälteversorgung komplexe Anlagen­technik. Entsprechend groß ist das Optimierungspotential bei Sanierungsmaßnahmen. Ein Beispiel ist die Erneuerung der Kältezentrale der BHW Bausparkasse in Hameln, die mit Pumpentechnik von Grundfos realisiert wurde.

Behagliche Temperaturen am Arbeitsplatz sind eine wichtige Voraussetzung für angenehmes, produktives Arbeiten. Vor allem bei größeren Büro- und Verwaltungsgebäuden ist dafür eine Kühlung über lufttechnische Anlagen mit zentraler Kälteerzeu­gung sinnvoll. Sie ermöglicht ein umfassendes Konzept zur Senkung von Energiebedarf, Betriebskosten und Umweltbelastung sowie einen geringeren Wartungsaufwand.

Ein typisches Beispiel für die zentrale Kälteversorgung eines größeren Gebäudekomplexes ist die Kältezentrale der BHW Bau­sparkasse AG in Hameln. Die Liegenschaft besteht aus zwei Hauptgebäuden mit rund 104.000 m2 Geschossfläche. Neben dem Hauptsitz der BHW ist hier u.a. die Postbank Finanz­beratung AG beheimatet, die auch zur DB Privat- und Firmenkundenbank AG gehört. Insgesamt arbeiten in dem Gebäudekomplex rund 2.500 Beschäftigte.

Frühzeitig neu geplant

Die rund 20 Jahre alte Bestandsanlage für die Kälteversorgung basierte auf zwei dampfbetriebenen Absorptionskältemaschinen mit einer Nennleistung von jeweils 3.500 kW und einer zusätzlichen elektrisch betriebenen Kältemaschine mit 800 kW Kälteleistung. Da die rechnerische Nutzungsdauer überschritten und mit steigendem Ausfallrisiko sowie erhöhten Kosten für Wartung, Inspektion und Instandsetzung zu rechnen war, beauftragte die BHW Bausparkasse das Planungsunternehmen M & P aus Braunschweig, das bereits die Bestandsanlage geplant hatte, mit der Erstellung eines Sanierungskonzepts für die Kälte­erzeugung mit folgenden Eckpunkten:

Erhöhung der Anzahl der Kälteerzeuger bei gleicher Leistungsaufteilung, um die Anlagenredundanz bei einem potentiellen Aggregatausfall von 4.300 kW (ca. 55 % der Nenn­leis­tung) auf 6.000 kW (ca. 75 % der Nennleistung) zu erhöhen;

Erweiterung der Flexibilität des Energieeinsatzes durch die Kombination eines elektrischen Kälteerzeugers mit 2.000 kW und drei Absorptionskältemaschinen gleicher Leistung, Definition der relevanten wirtschaftlichen Kriterien für den Schwach-, Normal- und Spitzenlastbetrieb und Simulation der zu erwarten­den Energiekosten für die unterschiedlichen Betriebsvarianten;

Ausnutzung erhöhter Leistungszahlen für die Kälteerzeuger durch den Technologiefortschritt bei gleichzeitiger Reduzierung des Energiebedarfes der Umwälzpumpen zur weiteren Reduzierung der Energiekosten um etwa 40.000 bis 60.000 € netto pro Jahr;

vorläufige Beibehaltung der bestehenden Kunststoff-Kühltürme und peripheren Anlagen der Rückkühlung sowie Entwicklung eines langfristigen Projektplans für die Rückkühlung in einem 2. Sanierungsabschnitt.

Nachdem Ausführungsplanung und Vergabe der Fachlose bereits angelaufen waren, entschieden sich die Verantwortlichen aufgrund mikrobieller Untersuchungen am Umlaufwasser, die Sanierung um zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität im offenen Kühlwasserkreis zu ergänzen. Dabei sollten weder der Zeitplan durch den Bau neuer Rückkühlungsanlagen gefährdet noch größere Abstriche bei der Effizienz der Kälteversorgung gemacht werden (etwa durch den Einsatz von Trockenkühlern). Die auf Basis dieser Vorgaben von M & P mitentwickelte Lösung basiert im Wesentlichen auf zwei Punkten:

Systemtrennung der hygienisch relevanten Sprühwasserkreisläufe vom Kühlwassersystem der Kälteerzeuger durch Nachrüstung geeigneter Platten-Wärmeübertrager und

Einrichtung eines eigenen Messfeldes für jeden offenen Sprühwasserkreislauf zur Überwachung der relevanten Wasserpara­meter und zur individuellen Biozidimpfung.

Ambitionierter Zeitplan

Nach Zustimmung des Auftraggebers legte M & P die ergänzte, ausführungsreife Planung mit neuer Rückkühlung, Inte­gration der zusätzlichen Umbauten und angepasstem Regelungskonzept vor. Die Ausführung wurde an die ortsansässigen Unternehmen AME-Technik (Anlagenbau) und INGA (Prozessautomation) vergeben.

„Wir hatten das Ziel, den ursprünglichen Zeitplan trotz der zusätzlichen Maßnahmen einzuhalten, die Anlage also über den Winter 2017/2018 komplett zu sanieren und rechtzeitig zum Frühjahr in Betrieb zu nehmen“, erklärt Radoslaw Lobada, der verantwortliche Projektleiter Betriebstechnik BHW. „Durch die gute Zusammenarbeit aller ist das am Ende auch gelungen.“

Dabei war von Vorteil, dass sowohl M & P als Planer als auch AME-Technik als Anlagenbauer bereits die Bestandsanlage rea­lisiert hatten und mit der BHW-Kältezentrale sehr gut vertraut sind. „Ich hatte 1997 als Auszu­bil­den­der bei AME-Technik angefangen und war schon beim Einbau der Bestandsanlage dabei“, erklärt Lars Steding, heute Geschäftsführer bei AME-Technik. „Umso mehr freut es mich, dass wir auch den Zuschlag für die neue Anlage bekommen haben.“ Auch er lobt ausdrücklich die Zusammenarbeit mit den anderen Beteiligten. „M & P hat bei der Planung in kürzester Zeit eine hervorragende Arbeit geleistet. Das hat den ausführen­den Unternehmen sehr geholfen, den engen Zeitplan einzuhalten.“

Im Januar 2018 wurden die alten Kälteerzeuger demontiert, kurz darauf die neuen mit einem Einzelgewicht von bis zu 20 t in die Kältezentrale im Untergeschoss eingebracht. Danach wurden die komplette Medienversorgung und Prozessautomation neu aufgebaut. Ab April konnte die neue Kälteerzeugung und Rückkühlung termingerecht schrittweise in Betrieb genommen werden.

Eingesetzte Pumpentechnik

Wie schon bei der Bestandsanlage wurde auch die neue Kälte­zentrale mit Pumpentechnik von Grundfos realisiert. Installiert sind vor allem Hocheffizienzpumpen mit integriertem Frequenz­um­rich­ter. Im Kaltwasserkreis kommen Inline-Pumpen der Baureihe „TP/TPE“ mit Hocheffizienzmotoren zum Einsatz. Die Pumpen dieser Baureihe haben gegenüberliegende Saug- und Druckstutzen und sind so konstruiert, dass der Pumpenkopf für Wartungsarbeiten einfach abgenommen werden kann, während das Pumpengehäuse in der Verrohrung verbleibt. Die E-Modelle sind zudem werkseitig bereits mit einem integrierten Frequenz­um­rich­ter ausgestattet.

Im Vorlauf des Kaltwasserkreises fördern jeweils zwei „TP“-Inlinepumpen im Parallelbetrieb das Kaltwasser vom Hauptverteiler zu den Unterverteilungen in den beiden BHW-Gebäuden. Die Kälteversorgung der Gebäude erfordert Volumenströme bis zu 530 bzw. 460 m³/h, entsprechend wurden die Typen „TP 200-290“ und „TP 200-240“ ausgelegt. Den Kaltwasser-Rücklauf verteilen vier „TPE 150-170“ mit einer Nennförderhöhe von 170 m vom Hauptsammler zu den vier Kältemaschinen.

Komplexer ist das Rückkühlsystem, bei dem die hygienisch relevanten Sprühwasserkreisläufe mit Wärmetauschern vom Kühlwasserkreis der Kälteerzeuger getrennt sind. Die Volumenströme im Kühlwasser-Vorlauf mit 26 °C sind für die drei Absorber-Kältemaschinen auf 360 m³/h und für die Kompressions-Kältemaschine auf 230 m³/h ausgelegt. Installiert wurden dafür die Typen „TPE 200/190“ und „TPE 150-170“ mit integriertem Frequenzumrichter.

Hygienisch einwandfreie Rückkühlung

Im Rücklauf der Kühlung kommen Norm- und Blockpumpen von Grundfos zum Einsatz. Die Spiralgehäusepumpen der Baureihen „NK/NKE“ und „NB/NBE“ zeichnen sich durch eine besonders robuste, servicefreundliche Konstruktion aus und sind für ihre hohe Zuverlässigkeit auch in anspruchsvollen Anwendungen bekannt. Drei Blockpumpen vom Typ „NKE 125-200“ sind im Rücklauf zwischen Hauptsammler und den Wärmetauschern der Rückkühlkreise 1 bis 3 installiert. Im Kreis des größeren Rückkühlers 4, der für einen Volumenstrom von 280 bis 480 m³/h ausgelegt ist, kommt der größere Typ „NK 150-250“ mit externem Frequenzumrichter zum Einsatz.

Die Pumpen in den Sprühwasserkreisen zwischen Rückkühlern und Wärmetauschern sind entsprechend den hygienischen Anforderungen in Edelstahl ausgeführt. Hier findet sich auch die größte Pumpe der Kältezentrale, eine anlagenspezifisch konfigurierte, maßgefertigte Blockpumpe vom Typ „NKG 300-250-400“ mit 544,5 m³/h Nennvolumenstrom. Kleiner dimensioniert sind die ebenfalls in Edelstahl ausgeführten Vorlaufpumpen vom Typ „NBE 125-250“ in den drei anderen Sprühwasserkreisen.

Die vier Rückkühler sind darüber hinaus mit Mess- und Spülkreisläufen ausgestattet. Sie dienen dazu, die Leitungen außerhalb der Betriebsphasen zu spülen und einem Mess- sowie Impffeld zuzuführen, in dem hygienerelevante Parameter erhoben werden und das Sprühwasser mit Biozid geimpft werden kann. In diesen Kreisen kommen kleiner dimensionierte, ebenfalls in Edelstahl ausgeführte Blockpumpen vom Typ „NB 32-160.1“ zum Einsatz.

„Wir machen seit vielen Jahren gute Erfahrungen mit Pumpen von Grundfos und auch in der Bestandsanlage hat sich die Zuverlässigkeit der Pumpen bestens bewährt“, urteilt Lars Steding von AME-Technik. „Bei dem neuen Projekt nutzen wir des Weiteren die „GO“-Garantie von Grundfos. Das heißt, wir haben die Pumpen bei Inbetriebnahme per App registrieren lassen und können ab diesem Stichtag volle fünf Jahre Garantiezeit in Anspruch nehmen. Das ist gerade bei größeren Anlagen ein wichtiger Vorteil.“

Beispielhafte Lösung

Die neue Kältezentrale ist seit Sommer 2018 in Betrieb und sorgt auch an heißen Tagen für kühle Köpfe bei den mehr als 2.500 Beschäftigten in den BHW-Gebäuden in Hameln. „Es ist gelungen, die Kälteversorgung flexibler, ausfallsicherer und deutlich wirtschaftlicher zu machen“, erklärt Joachim Gandsel, der als Leiter Key Account bei M & P die Planung der Anlage verantwortet hat. „Außerdem haben wir das Risiko einer Verkeimung im System auf ein Minimum reduziert. In diesem Sinne ist die Maßnahme beispielhaft für vergleichbare Bestandsanlagen.“

Projektbeteiligte

Baumaßnahme: Sanierung Kältezentrale BHW Hameln
Bauherr: BHW Bausparkasse AG, Hameln
Planung: M&P, Braunschweig
Anlagenbau: AME-Technik, Hameln
Prozessautomation: INGA, Hameln
Pumpentechnik: Grundfos, Erkrath
Fertigstellung: 2018

Kennwerte zur Sanierung der Kältezentrale BHW Hameln

Kälteleistung: 8.000 kW
Rückkühlleistung: 12.000 kW
Dampfversorgung: 10 bar/200 °C
elektrische Anschlussleistung: 950 kW
vier Automationsschwerpunkte mit 650 physikalischen und 200 Bus-Datenpunkten
Systemtrennung: Rückkühlung über Wärmeübertrager mit 12.000 kW
Aufbau der Sprühkreisläufe komplett in V4A-Qualität

Der Anlagenbauer

AME-Technik (www.ame-technik.de) ist ein überregional tätiges mittelständisches Fachunternehmen mit über 125 Jahren Erfahrung in der Technischen Gebäudeausrüstung. Das Leistungsspektrum reicht von der industriellen Wärme- und Dampftechnik über Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kältetechnik, Rohrleitungs- und Anlagenbau bis zu MSR-, Gebäudeleit- und Elektrotechnik. 
Mit rund 50 Beschäftigten betreut der Ausbildungsbetrieb Bauvorhaben vom Einfamilienhaus bis zum industriellen Großprojekt. Zu den Referenzen zählen bekannte Unternehmen und Marken wie Deutsche Messe, Vorwerk, Helios-Kliniken, Preussen Elektra oder Sennheiser, aber auch regionale Gewerbebetriebe, Banken und Kommunen.

Der Planer

Die M & P-Gruppe, mit Hauptsitz in Braunschweig, zählt zu den führenden technischen Unternehmensberatungen für IT, Facility Management und Ingenieurleistungen im deutschsprachigen Raum. Die Gruppe realisiert überregional an 18 Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Projekte aller wirtschaftlichen Größenordnungen – von kleinen Optimierungen bis zu Großprojekten. In der Sparte Engineering zählt M & P in Deutschland zu den fünf größten Ingenieurbüros für Technische Gebäudeausrüstung. Mit rund 100 Fachingenieuren bewertet, plant und optimiert das Unternehmen technische Anlagen der Kostengruppe 400. Die Referenzen in dieser Sparte reichen von der Deutsche Bahn AG Berlin über die Elbphilharmonie, Ergo und WAZ Mediengruppe bis zur HSV Arena in Hamburg. 

Der Bauherr

Die BHW Bausparkasse AG gehört mit über 3 Mio. Kunden und mehr als 3,7 Mio. Bausparverträgen zu den führenden privaten Bausparkassen in Deutschland. Unter der Marke BHW bietet das Unternehmen Lösungen rund um Bausparen und Baufinanzierung an. Die BHW Bausparkasse AG – mit Sitz in Hameln – gehört zur DB Privat- und Firmenkundenbank AG und fusionierte im Mai 2019 mit der Deutsche Bank Bauspar AG. An den Standorten Hameln und Frankfurt am Main sind rund 620 Mitarbeiter beschäftigt. 

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