Klimatisierung in Datencentern und der Industrie

Im Gespräch mit Steffen Wagner, Leiter Produktmanagement Klimatisierung bei Rittal

Für eine präzise Bearbeitung von Metall müssen Werkzeugmaschinen über eine exakte Temperaturregelung ihres Kühlmediums verfügen. Gleichzeitig soll die Kühlung energieeffizient arbeiten, flexibel einsetzbar und zuverlässig sein sowie eine einfache Wartung ermöglichen. Diese Anforderungen hat Rittal bei der Entwicklung einer neuen Chiller-Generation umgesetzt. Die KKA-Redaktion führte hierzu ein Interview mit Steffen Wagner, Leiter Produktmanagement Klimatisierung bei Rittal.

KKA: Sie sind mit ihren vor eineinhalb Jahren eingeführten „Blue-e+“-Kühlgeräten für  die Schaltschrankkühlung erfolgreich gestartet. Nun bieten sie Kaltwassererzeuger an, die eine gradgenaue Temperierung von Maschinen ermöglichen. Welche Vorteile bieten Sie ihren Kunden dadurch konkret?
Steffen Wagner: Bis zu 15 % des gesamten Energieverbrauchs einer Werkzeugmaschine entfällt auf die Kühlung. Grund für den hohen Energieverbrauch: Die Temperatur des Kühlmediums muss in vielen Applikationen sehr präzise geregelt werden. Dabei darf die Hysterese teilweise nur maximal 0,5 K betragen. Größere Temperaturschwankungen würden aufgrund der Wärmeausdehnung der Komponenten zu Ungenauigkeiten am bearbeiteten Werkstück führen.
Um diese Temperaturgenauigkeit zu erzielen und dabei die Anforderungen nach hoher Energieeffizienz zu erfüllen, bringt Rittal mit der neuen Serie „Blue e+“ eine Chiller-Generation auf den Markt, die einen enormen Sprung bei der Energieeffizienz ermöglicht.
 
KKA: Der Vorteil Ihres Systems liegt in der Effizienz der Kälteerzeugung. Wie sieht das technisch konkret aus?

Steffen Wagner: Das Maß für die Energieeffizienz bei der Kälteerzeugung ist die so genannte Energy Efficiency Ratio (EER), die aus dem Verhältnis von Kühlleistung zur eingesetzten elektrischen Leistung gebildet wird. Herkömmliche Chiller mit Heißgas-Bypass-Regelung haben ein EER von 1, mit den neuen „Blue e+“-Chillern ist ein EER von 4 möglich. Grundlage für die hohe Energieeffizienz ist ein drehzahlgeregelter Kompressor. Statt wie bei der Heißgas-Bypass-Regelung den Kältekompressor unter Volllast zu betreiben und einen großen Teil der Kälteleistung zu vernichten, kann der Inverter geregelte DC-Kältekompressor genau so viel Kälteleistung bereitstellen, wie aktuell benötigt wird. Damit kann die Hysterese extrem klein gehalten werden, ohne dass unnötig Kälteleistung verschwendet werden müsste.

KKA: In welchen Leistungsklassen bieten Sie die Chiller an?

Steffen Wagner: Die Chiller sind mit Kälteleistungen von 2,5, 4 und 6 kW (regelbar zwischen 20 bis 100 %) erhältlich. Sie können dabei sehr flexibel bei Umgebungstemperaturen von -5 °C bis 50 °C eingesetzt werden. Dabei sind verschiedene vorkonfektionierte Optionspakete erhältlich, wie z.B. mit verstärkter Pumpe, Inverter-Pumpe, in Außenaufstellung (bis -20 °C), mit Kühlung von Öl, mit integriertem Free-Cooler (Hybrid-Betrieb) oder mit inte­grierter Heizung zur Medienvortemperierung.

KKA: Welche Beratungsleistungen bieten Sie Kälteanlagenbauern, die sich intensiver mit dem Thema der Maschinenkühlung beschäftigen wollen?

Steffen Wagner: Bei der Auswahl eines Chillers für die Maschinenkühlung kommt es vor allem darauf an, die richtige Kälteleistung in Kombination mit der geforderten Durchflussmenge und Temperaturgenauigkeit bereitstellen zu können. Dies ist so wichtig, da ein falsch dimensionierter Chiller eine sehr schlechte Energieeffizienz aufweist und im Extremfall die geforderte Präzision nicht liefern kann. Um die Auswahl zu erleichtern, hat Rittal daher einen Chiller-Konfigurator (Web- und App-Anwendung) geschaffen, der den Anwender gezielt auf alle wichtigen Fragestellungen hinweist und bei der Auswahl und Dimensionierung des Chillers interaktiv behilflich ist.

KKA: Das Thema Wartung und vorbeugende Instandhaltung spielt eine immer wichtigere Rolle in Industrie und auch in der Gebäudetechnik. Inwiefern kann dies bei Chillern Vorteile bringen?

Steffen Wagner: Eine hohe Verfügbarkeit zum Beispiel der Werkzeugmaschine hängt in entscheidendem Maße auch von der zuverlässigen Kaltwasserbereitstellung des Chillers ab. Daher ist eine fachgerechte Wartung und vorbeugende Instandhaltung des Chillers von großer Bedeutung. Um dies zu vereinfachen, haben die neuen Chiller nicht nur eine ausgeklügelte Regelungstechnik, sondern können auch – mit der bereits für die „Blue e+“-Kühlgeräte geschaffenen Diagnose-Software „RiDiag III“ – analysiert werden. Darüber hinaus wird es noch ein „ComModul“ als Zubehör geben, mit dem man die Geräte-Zustandsdaten per Ferndiagnose abfragen kann. Hierbei sind die gängigen Protokolle (u.a. OPC-UA, Profinet, SNMP, Modbus und CAN Open) nutzbar.

KKA: Könnte dann langfristig auch das Thema Kälte-Contracting eine Rolle spielen, bei der ein Kunde die Kälte als Dienstleistung einkauft und nur noch einen Aufstell­ort für die Chiller bereitstellt, ansonsten aber keine weiteren Arbeiten mit der Kältetechnik hat?

Steffen Wagner: Auch das ist eine Überlegung wert. Der Kunde kauft bei uns dann nicht mehr das einzelne Kühlgerät oder den Chiller sondern die Kälte als Dienstleistung („Cooling as a Service“) auf Basis der ausgewerteten, erbrachten Kühlleistungen. D.h. der Kunde braucht sich um nichts mehr zu kümmern und zahlt nur noch für die tatsächlich genutzte Leistung. Allerdings ist dies noch Zukunftsmusik für uns.

KKA: Spielt in diesem Fall der Kälteanlagenbauer noch eine Rolle?

Steffen Wagner: Auch in diesem Fall ist der Kälteanlagenbauer noch gefordert, da er in der Regel dafür sorgen muss, dass die Anlage in einem ordentlichen Zustand ist, damit eine hohe Verfügbarkeit gewährleistet werden kann. Das wäre ein Geschäftsmodell, das auch dem Kälteanlagenbauer die Zukunft sichern könnte.

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