Maßkonfektionierte Kälte für Spanferkel

Zweistufige Kälteanlage mit CO2-Kühlung

Kupferzell, Ortsteil Neu-Kupfer – hier, in einer der dünnbesiedelsten Regionen Deutschlands mit gerade einmal 107 Einwohnern pro Quadratkilometer, steht der weltweit größte und modernste Ferkelschlachtbetrieb der Welt.  Die Beck GmbH & Co. KG ist ein Musterbeispiel fürs „Ländle“. 1967 als handwerklicher Metzgereibetrieb gegründet, schlachtet und zerlegt der Marktführer mittlerweile wöchentlich 20 000 Spanferkel. Hier investierte das Familienunternehmen in den letzten zwei Jahren rund 10 Mio. Euro in die Produktionserweiterung und den Neubau eines vollautomatisierten Tiefkühl-Distributionslagers. Installiert wurde eine zweistufige Kälteanlage mit CO2-Kühlung im TK-Bereich und GEA-Küba-Verdampfern.

In der Vergangenheit hatte Beck (www.spanferkel-beck.de) Tiefkühlräume angemietet. Das war logistisch nicht immer ganz einfach. Als dann die Nachfrage nach Spanferkel-Spezialitäten vor allem aus dem ostasiatischen Raum mit den Boommärkten China und Indien spürbar anzog, entschied man sich 2008, nicht nur die Schlachthof-Kapazitäten zu verdoppeln, sondern auch ein eigenes Tiefkühlhochregallager bauen zu lassen – um die Arbeitsabläufe zu optimieren und den expansiven Markt verlässlich bedienen zu können. Eine Vorgabe an den Kälteanlagenbauer war dabei die größtmögliche Energieeffizienz; in der Ausschreibung vom Büro FSK festgelegt waren Küba-Verdampfer (www.kueba.de).

 

Gesamtkälteleistung von 1150 kW

„Da wir frühzeitig mit in die Planungen eingebunden waren, konnten wir hier ein optimales, auf die Bedürfnisse zugeschnittenes Kältekonzept umsetzen“, sagt Michael Thies vom Industriekältespezialisten Zimmermann GmbH, der die zweistufige Kälteanlage mit vollständiger Wärmerückgewinnung und einer Gesamtkälteleistung von 1150 kW projektiert hat. Die Abwärme heizt die Verwaltungsräume.

Um bei der fortdauernden Kältemitteldiskussion langfristig auf der sicheren Seite zu sein, plante FSK im TK-Bereich eine CO2-Kühlung. Die Investition ist anfangs zwar ein wenig höher (im Gegensatz zu Frigenanlagen), lohnt sich aber unterm Strich schon wegen der langfristigen Planungssicherheit. Hinzu kommt, dass Beck gegenüber seinen Kunden ein bekennendes Zeichen für den Umweltschutz setzen wollte. „Das ist nun mal nur mit einem natürlichen Kältemittel wie CO2 (R 744) möglich“.

Neben dem gut 730 m2 großen und 28 m hohen TK-Lager mit einer Kälteleistung von 350 kW umfasste die Kälte-Planung die vorgelagerte Produktion, einen Pökelraum, vier Frosterräume, einen TK-Versandraum sowie die verbindenden Verkehrsflächen dazwischen und eine Nachtbereitstellung. Dementsprechend unterschiedlich waren auch die Anforderungen an die installierten Verdampfer, die allesamt speziell für den Anwendungsfall hin maßkonfektioniert wurden. Insgesamt wurden 15 Sole beaufschlagte Verdampfer aus drei unterschiedlichen Baureihen mit automatischer Abtauung verbaut.

 

Passgenaue Luftkühler-Lösungen

„In der Produktion ist ein Deckenluftkühler mit drehzahlregulierten Ventilatoren in einer leisen Ausführung installiert, um die Zugerscheinung zu minimieren und die Arbeitsbedingungen bei einer Umgebungstemperatur von vier Grad so angenehm wie möglich zu gestalten. Gewählt wurde hierfür ein zweiseitig ausblasender „DZK-56-G82“-Deckenluftkühler mit zwei Ventilatoren und imposanten Ausmaßen von 1,9 m Breite und 3,7 m Länge der „Küba Blue line“. Das gleiche Modell hängt auch im Versandraum der TK-Ware, von wo aus die Spanferkel zum Abtransport in die Tiefkühl-Lkw verladen werden. „Entscheidend war hier neben den technischen Spezifikationen die geringe Bauhöhe, die eine optimale Raumausnutzung ermöglicht“, sagt Thies. Vom Zerlegetisch wandern die Spanferkel Richtung Frosterkammer. Auf dem Weg dorthin sorgt ebenfalls ein „DZK“-Deckenluftkühler für die nötige Kälte. Die beiden Schockräume sind jeweils in zwei Frosterkammern unterteilt, in denen die Spanferkel-Spezialitäten nach dem Schlachten schockgefrostet werden. Um das Fleisch möglichst schnell abzukühlen und ein Austrocknen zu verhindern, sind hier hohe Luftgeschwindigkeiten notwendig, für die in jeder Kammer ein Hochleistungsluftkühler vom Typ „SG commercial“ mit patentiertem Luftgleitrichter sorgt.

 

Tiefkühl-Distributionslager mit -26 °C

Herzstück  des Erweiterungsbaus ist das vollautomatisierte Tiefkühl-Distributionslager mit der CO2-Kühlung. Nachdem das Fleisch auf -18 °C heruntergekühlt ist, übergeben die Arbeiter die tiefgekühlte Ware an der TK-Bereitstellung des TK-Lagers einer vollautomatisierten Lagerbestückung. Dabei handelt es sich um eine sogenannte „Chaotische  Hochregalanlage“. Das System lagert die Ware da ein, wo gerade Platz ist. Die hinterlegte Lagerverwaltungssoftware merkt sich automatisch, wo was liegt: Schweinehälfte neben Schinken neben Rücken, anstatt fein sortiert nach Warengruppen.

Zwei „SG“-Hochleistungsluftkühler – installiert auf Wartungsbühnen direkt unter der Decke, blasen die Kälte dank enormer Wurfweiten von 50 m über das Hochregal hinweg und halten das 736 m2 große Lager konstant bei -26 °C. Auch in der TK-Bereitstellung sorgt ein „SG-Commercial“ für verlässliche Eiseskälte. Um energetisch ein optimales Ergebnis zu erreichen, wurden die Verdampfer mit der Küba-eigenen Abtaukombination „Shut-up“ sowie „Abtauhaube“ ausgestattet.

Dieses System gewährleistet die effektive Abtauung speziell bei Tiefkühlanwendungen. Bei dem „Shut-up“ legt sich ein Luftsack bei abgeschalteten Lüftern vor den Luftaustrittschacht und verschließt diesen. Die Küba-Abtauhaube verhindert an der Rückseite des Luftkühlers, dass die Wärme unkontrolliert entweicht. Dadurch entsteht während des Abtauprozesses eine positive Stauwärme, die im Kühler gehalten wird. So reduziert sich die Abtauzeit um ca. 50 % und ermöglicht eine niedrige Abtauendtemperatur. Dies führt zu einer erheblichen Energieeinsparung.

Die Zimmermann GmbH mit Hauptsitz in Seevetal ist Spezialist für Industriekälte, hier vor allem im Lebensmittelsegment bundesweit gefragt und eines der wenigen Unternehmen, die CO2-Anlagen realisieren. Die Schwierigkeit bei CO2 sind die hohen Drücke, die in der herkömmlichen Kältetechnik so nicht gefahren werden, und das doch etwas „andere“ Regelverhalten des Kältemittels CO2. Das Familienunternehmen beschäftigt 40 Mitarbeiter und setzt den konzeptionellen Schwerpunkt bei der Anlagenplanung auf die Energieeffizienz. Die Experten sind Vorreiter bei der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung – sogenannte KWKK-Anlagen; ein Zukunftsmarkt, den Zimmermann seit Jahren als Pionier erfolgreich  bedient.

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