Operationssaal der Zukunft

Lüftungskreislauf als neuralgischer Punkt

Operationssäle unterliegen heute einem ständigen Wandel. Neu entwickelte medizinische Geräte und Instrumente, neuartige Operationsverfahren und sich ändernde Arbeitstechniken des OP-Personals stellen immer neue Anforderungen an die „Herzstücke“ jedes Klinikums. Gleichzeitig gehören Operations­säle zu den kostenintensivsten Räumen im Krankenhaus. Ein weltweit einmaliger Experimental-OP, der von einem Konsortium um das Tübinger Universitätsklinikum entwickelt wurde, soll neue Techniken und OP-Verfahren erproben, Kostensenkungspotentiale identifizieren und so entscheidende Erkenntnisse für die Planung und den Bau zukünftiger OP-Säle liefern. Dabei bietet gerade die Lüftung Ansatzpunkte, um Kosten zu sparen.

Wer einen Blick auf die Zukunft des Klinikalltages werfen will, muss sich an den Stadtrand von Tübingen begeben. Seit dem Frühjahr 2008 suchen hier auf rund 1000 m2 Labor- und 200 m2 Bürofläche sowie in einer eigenen Werkstatt Mediziner, Medizintech­niker, Architekten, Haustechnikplaner und Betriebswirte nach Möglichkeiten, innovativste Behandlungsmethoden und klinische Realität in einen harmonischen Einklang zu bringen.


Techniken erproben, Abläufe optimieren | Im Team speziell für die eingesetzte Raumtechnik und die Hygiene­maßnahmen verantwortlich ist Dipl.-Ing. Martin Scherrer. Welche Ausmaße diese „Hardware“ hinter dem ärztlichen Schaffen annimmt, macht er schnell deutlich. „In einem OP stecken nur ca. 12 % Medizintechnik, der Rest ist Haustechnik für Elektro-, Luft-, Gas-, Wasser- und Warmwasserversorgung sowie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.“

Die Praxis findet die besten Lösungen | Bei einem Rundgang auf dem Gelände macht er die Möglichkeiten des Projektes deutlich. „Wir verfügen hier beispielsweise über einen großen und einen kleinen Operationsraum, deren Zuschnitte flexibel veränderbar sind. Eines unserer ersten Forschungsfelder hat mit der optimalen Be- und Entlüftung der Räume zu tun“, so Martin Scherrer. OP sind reinraumähnliche Räume und müssen damit bestimmte Auflagen erfüllen. So soll z. B. ein kontrollierter, möglichst im Raum von oben nach unten laminarer, d. h. nicht turbulenter, Luftstrom herrschen. „In einem Standard-OP geschieht dies über eine Zuluftdecke direkt über dem OP-Tisch. Aufgrund der deckenmontierten OP-Leuchten und des operierenden Personals wird diese Luftströmung jedoch meist gestört, so dass keine laminare Strömung im Raum mehr möglich ist. Diese Ausgangslage haben wir in einem der beiden Räume nachgebaut. Im Nebenraum haben wir – um einen direkten Vergleich mit der Standardtechnik durchführen zu können – eine neuartige Lüftungstechnik realisiert. Diese ist dezentral über die gesamte Decke angeordnet und kann einzeln in Stärke und Temperatur variiert werden, so dass sich die Lüftung an die sich verändernden Begebenheiten im Raum anpassen kann.“

Mit guter Planung Geld sparen |
Nicht nur aufgrund der Reinraumvorschriften gebührt gerade den zur Luftaufbereitung eingesetzten Klimazentralen und den von ihnen ausgehenden Lüftungskanälen größtes Augenmerk. Auch unter Energie- und damit Kostengesichtspunkten ist das Team um Martin Scherrer gefordert. Von der Klimazentrale gelangt die aufbereitete Luft in den OP-Trakt, wo sie dann wiederum über kleiner verzweigte Kanäle in die entspre­chenden Räume verteilt wird. Über weitere Kanäle wird die „verbrauchte“ Luft wieder abgesaugt und dem Klimagerät erneut zugeführt, in dem die ab­gesaugte Wärme in einem Wärmetauscher zurückgewonnen wird und wie­der mit frischer Luft zurück in die Räume gelangt. „Für die Leistungsfähigkeit dieses Lüftungskreislaufes unter energetischen Aspekten ist die richtige Dämmung der Lüftungskanäle entscheidend. Die in der Zentrale aufbereitete Luft soll möglichst ohne Wärmeverluste und somit Energie sparend im Gebäude verteilt werden. Dies sind Anforderungen, wie sie eigentlich in jedem ge­werblich genutzten Gebäude gelten, aber wenn man Kostensenkungspoten­tiale im Klinikbetrieb sucht, ist dies ein neuralgischer Punkt, an dem man mit vergleichsweise wenig Aufwand und frühzeitiger Planung bereits viel Geld sparen kann“, weiß Martin Scherrer.


Leicht zu verarbeitende „Energie­kostenbremse“ | Für das Kanalnetz setzte der Bauherr auf eine nichtbrennbare Dämmung aus Steinwolle, die einseitig mit einer gitternetzverstärkten Aluminiumfolie kaschiert ist („Klimarock“ von Rockwool). Die Dämmmatten haben einen Rechenwert der Wärmeleitfähigkeit gemäß EnEV von λR = 0,040 W/(mK) und wurden in einer Dicke von 20 bis 30 mm verlegt. Insgesamt wurden 1340 m2 Lüftungskanäle isoliert. Harald Heermann, verantwortlicher Produkt­manager beim Steinwollespezialisten Rockwool Technical Insulation (RTI), verweist neben den Dämmeigenschaften vor allem auf die gute Verarbeitbarkeit der alukaschierten Matten. „Durch ein spezielles Herstellungsverfahren verfügt die ,Klimarock’ über eine überwiegend senkrecht zur Mattenebene gerichtete Steinwollestruktur. Dadurch bleibt sie hochflexibel, ist gleichzeitig aber äußerst druckfest. Außerdem weisen die Matten keine Querfugen auf und können somit an den Flächen der Klima- und Lüftungsleitungen wie eine Platte verarbeitet werden. Dank seiner Flexibilität passt sich der Dämmstoff auch in Kantenbereichen optimal an und kann auch komplexe Kanalverläufe zuverlässig schützen.“
Gleichzeitig leistet die Dämmung einen wichtigen Beitrag in Sachen Schall­schutz: Damit der Nutzungskomfort des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird, müssen insbesondere die in den Klima- und Lüftungsleitungen durch Luft­ströme bzw. Luftverwirbelungen verursachten Geräusche absorbiert werden. 
Befestigt wurden die „Klimarock“-Matten im Tübinger Experimental-OP mitSchweißstiften an den Kantenoberflächen und an der Kanalunterseite sowie mit Sicherungsscheiben. Längs-, Quer- und Rundstöße sowie die Durchdringung der Stifte wurden mit selbstklebenden Aluminium-Klebebändern dicht verschlossen.


Zuverlässige Abschottungen erstellen | Die Nichtbrennbarkeit des Materials Steinwolle machte man sich auch bei den erforderlichen Abschottungen der Heizungsleitungen sowie der Warmwasserleitungen in den Wänden des Experimental-OP zu­nutze. Die Edelstahlrohre der Heizungsleitungen beispielsweise wurden mit der „Conlit 150 U“-Brandschutzschale abgeschottet. Als weiterführende Dämmung wurde die Rohrschale „Rockwool 800“ verwendet. Einseitig aufgeschlitzt und auf der Innenwand eingesägt, konnten die Schalen einfach aufgeklappt und auf der Rohrleitung montiert, Decken- und Wanddurchführungen damit in R90 realisiert werden.
Der brandsicheren Abschottung speziell der Kälteleitungen wurde ebenfalls besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Da die Kälteleitungen mit einem brennbaren Kautschukdämmstoff isoliert wurden, musste im Durchführungs­bereich der Wand die intumeszierende Matte „Conlit Pyrostat Uni“ eingesetzt werden. Diese wird einfach um die Rohrisolierung gewickelt, bläht im Brandfall auf und verschließt die durch die wegbrennende Kautschuk­dämmung entstehende Öffnung, so dass die Brandklasse R90 erreicht werden kann.
Zur Abschottung von Kabelbündeln griff der Verarbeiter auf ein jüngst geprüftes und zugelassenes System (AbZ Nr. Z.19.15-1877 sowie Z.19.15-1904) zurück. Dessen Kernstück ist die „Conlit Bandage“ von Rockwool, eine vollflächige Kabelumhüllung für den Innenbereich. Sie besteht aus einem Trägerge­webe, das werkseitig auf beiden Seiten mit einem unter Hitzeeinwirkung aufschäumenden Material beschichtet ist. Die Bandage ist etwa 1 mm dick und flexibel, so dass sich auch enge und schwer zugängliche Bereiche wirkungsvoll, trocken und staubfrei abschotten lassen. Ideal: Sämtliche R30- bis R90-„Conlit“-Rohrabschottungen können in einer Gruppenan­ordnung im 0-Abstand mit den „Conlit“-Kabelschottungen kombiniert werden. Die Gruppenanordnung ist sowohl in massiven Wänden und Decken (F30 bis F90) sowie in leichten Trennwänden (F30 bis F90) möglich. Dabei bleibt es dem ausführenden Fachbetrieb überlassen, ob der Restverschluss der Bauteilöffnung mit Mörtel/Beton, Gips oder dem von Rockwool (www.rockwool.de) angebotenen „Conlit Kit“ erfolgen soll.
„Der Experimental-OP bietet einzigartige, interdisziplinäre Voraussetzungen für die Kooperation zwischen vielen Forschungseinrichtungen und Industrie­partnern“, ist sich Martin Scherrer über den Erfolg des Projektes sicher. 

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