Software für Kühlcontainer

Funktionsweise, Potential, Auswirkungen

Seit etwa zwei Jahren kommt immer mehr Energieeinspar-Software beim Betrieb von Kühlcontainern zum Einsatz, auch wenn dies vielen Beteiligten (Spediteuren, Versicherungen, Sachverständigen u. a.) gar nicht bekannt ist. So setzt die Großreederei Maersk, die im Kühlcontainertransport einen Marktanteil von ca. 25 % hat, das System „Quest“ (Quality and Energy efficiency in Storage and transport of agro materials), inzwischen standardmäßig ein. Alle Kühlcontainerhersteller bieten entsprechende Systeme an, deren genaue Funktion in der Regel aber nicht offen gelegt wird.

Aufgrund der in den vergangenen Jahren hohen Ölpreise sowie der Diskussion über die CO2-Emissionen wird auch in der Schifffahrt nach Energieeinsparmöglichkeiten gesucht. Neben dem eigentlichen Schiffsantrieb spielt dabei der Energie-Verbrauch von Kühlcontainern eine große Rolle, der – je nach Schiff – einen wesentlichen Anteil am Hilfsenergieverbrauch ausmacht.
Neben konstruktiven Maßnahmen an den Kühlaggregaten wird von den Herstellern dabei zunehmend auf neue Regel-Algorithmen (Energieeinspar-Software) gesetzt.


Grundidee zum effizienteren Betrieb

Außer beim Herunterkühlen von warmer Ladung arbeitet das Kühlaggregat zumeist im Teillastbetrieb. Daher ist eine Anpassung der Kälteleistung an den tatsächlichen Kältebedarf erforderlich: Die An/Aus-Regelung wird bisher bei denn meisten Kühlcontainermodellen im Tiefkühlmodus verwendet (s. u.). Im Dauerbetrieb ist die Regelung der Kälteleistung aufwendiger. Hier finden u. a.

› die Rückführung von Heißgas auf die Saugseite (Hot gas bypass) (hoher Energieverbrauch),

› die Drosselung des Sauggasstromes,

› das Unterbrechen der Verdichtung in einem Scroll-Kompressor (Digital Scroll),

› die Drehzahlreglung bei Kolbenverdichtern (geringer Energieverbrauch)

Verwendung. Eine Verbesserung des Wirkungsgrades im Teillastbetrieb verspricht daher große Einsparmöglichkeiten, insbesondere da die Kühlcontainer für sehr hohe Außentemperaturen von ca. 50 °C konstruiert sind, die in der Regel aber nur sehr selten auftreten. Für eine Reduzierung des Energieverbrauchs stehen dabei zwei Aspekte im Vordergrund:

› Reduzierung der mittleren Luftumwälzrate im Container,

› Verbesserung des COP im Teillastbetrieb.


Dies wird beim Einsatz von Energieeinspar-Software durch den zyklischen Wechsel zwischen verschiedenen Betriebszuständen erreicht. Bei der bisherigen Temperaturreglung wurde zwischen dem Tiefkühl-Betrieb und dem Chilled-Betrieb unterschieden.


Betrieb im Tiefkühl-Modus

Im Tiefkühlbetrieb unterhalb ca. -10 °C spielen kleine Temperaturschwankungen keine Rolle. Daher wird in diesem Modus, um Energie zu sparen, der Kältekompressor zur Temperaturregelung bei fast allen Kühlcontainermodellen an-/ und ausgeschaltet. Die Umwälzlüfter werden in der kleinen Drehzahl betrieben, was ihre Leistungsaufnahme um den Faktor 8 senkt. Die Luftumwälzrate liegt bei ca. 40-fach/h. Die Regelung der Temperatur erfolgt anhand der Rücklufttemperatur, also der aus der Ladung kommenden Temperatur. Überschreitet diese Temperatur den Soll-Wert um z. B. 0,2 °C wird die Kühlung gestartet (Kompressor an), und bei Erreichen einer Temperatur von z. B. 0,2 °C unter dem Soll-Wert wieder ausgeschaltet.
Je nach Kühlaggregate-Modell, Alter des Containers u.a. liegt die elektrische Leistungsaufnahme bei hohen Außentemperaturen im Tiefkühl-Betrieb im Mittel bei ca. 2,0 bis 2,2 kW/TEU (bzw. ca. 4,0 bis 4,4 kW pro 40ft-Container).


Betrieb im Chilled-Modus

Im Chilled-Modus oberhalb von -10 °C kommt es auf eine genaue Temperaturregelung an. Dies betrifft insbesondere den Transport von „Chilled Meat“ bei -1,4 °C und den Fruchttransport. Hierbei laufen die Umwälzlüfter in der hohen Drehzahl, um eine bessere Temperaturverteilung in der Ladung zu erreichen. Die Luftumwälzrate liegt bei ca. 80-fach/h. Im Gegensatz zum Tiefkühlbetrieb wird im Chilled-Betrieb die Zuluft-Temperatur geregelt. Der Kältekompressor läuft ständig, und die Kälteleistung wird durch geeignete Maßnahmen (siehe oben) geregelt.
Im Fall des in Bild 1 gezeigten Kältekreislaufes von Carrier Transicold wird eine Saugdruckdrosselung verwendet. Solange die Zulufttemperatur oberhalb des Sollwertes liegt, sind beide Ventile ganz geöffnet. Bei Erreichen des Soll-Wertes schließt das Magnetventil (Suction Solenoid Valve), und die Fein-Regelung wird über das Regel-Ventil (Suction Modulation Valve) vorgenommen, bis sich die Kälteleistung im Gleichgewicht mit der abzuführenden Wärme befindet. Je nach Kühlaggregate-Modell, Alter des Containers, Stellung der Frischluftklappe u.a. liegt die elektrische Leistungsaufnahme bei hohen Außentemperaturen im Chilled-Betrieb im Mittel bei ca. 3,0 – 3,5 kW/TEU (bzw. ca. 6,0 – 7,0 kW pro 40ft-Container).


Zukünftige Temperaturregelung (Energie-Einsparsoftware)

Durch den Einsatz anderer Regel-Algorithmen (Energieeinspar-Software) lässt sich der Energieverbrauch im Teillastfall reduzieren. Entsprechende Systeme werden inzwischen von allen Kühlaggregatherstellern angeboten, wobei die genaue Funktionsweise leider nicht immer vollständig dokumentiert ist. Im Folgenden wird daher versucht, die Funktionsweise dieser Systeme zu erläutern.


Betrieb im Tiefkühl-Modus

Für den Tiefkühl-Betrieb bieten alle Hersteller ähnliche Systeme an. Nach Erreichen des unteren Sollwerts werden der Kältemittelkompressor und die Umwälzlüfter ausgeschaltet. Der Container steht also, als ob er ausgeschaltet wäre.
Nach einiger Zeit (ca. 5 bis 60 min je nach Hersteller) werden die Umwälzlüfter gestartet (teilweise in der großen, teilweise in der kleinen Drehzahl) und die Temperatur wird nach einer Wartezeit gemessen. Falls die Rücklufttemperatur zu hoch ist, wird der Kompressor gestartet, sonst werden die Lüfter wieder ausgeschaltet.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass die mittlere umgewälzte Luftmenge abnimmt, und somit weniger Lüfterwärme in den Container eingebracht wird. Da die Lüfter allerdings auch im normalen TK-Betrieb in der kleinen Drehzahl laufen (Leistungsaufnahme ca. 200 bis 500 W), ist der Einspareffekt nur gering. Eine Steigerung des COP der Kälteerzeugung wird nicht erreicht, da auch im herkömmlichen Tiefkühl-Betrieb der Kältekompressor immer mit voller Leistung betrieben wird.


Betrieb im Chilled-Modus

Anders verhält es sich dagegen im Chilled-Betrieb. Hier stellen die Umwälzlüfter mit ca. 1,5 kW Leistungsaufnahme einen signifikanten Stromverbraucher und eine signifikante Wärmequelle dar. Auch führt die Teillastregelung der Kühlaggregate zumeist zu einem schlechteren COP als im Volllastbetrieb. Daher liegt hier das große Einsparpotential der Energieeinspar-Software. Im Folgenden werden die Systeme „Quest“ (Carrier Transicold, Maersk) sowie „DTMS2“ (Daikin) kurz erläutert:
„Quest“ steht für „Quality and Energy efficiency in Storage and transport of agro materials“ und wird inzwischen von der Großreederei Maersk standardmäßig eingesetzt. Das Prinzip ist in Bild 4 dargestellt. Das System aktiviert sich, sobald die Rücklufttemperatur einen gewissen Grenzwert unterschritten hat. Bis dahin erfolgt die Temperaturreglung wie gehabt, d. h. die Zulufttemperatur wird geregelt.
Nachdem „Quest“ aktiviert wurde, kühlt das Kühlaggregat mit voller Leistung, bis ein unterer Zuluftgrenzwert erreicht wird. Hier erfolgt ggf. wieder eine Leistungsregelung des Kältekreislaufes mit den herkömmlichen Mitteln. Sobald die Rücklufttemperatur einen unteren Grenzwert erreicht hat, schaltet sich der Kältekompressor komplett aus, und die Umwälzlüfter werden in der kleinen Drehzahl betrieben. Mit dem Erreichen eines oberen Grenzwertes für die Rücklufttemperatur werden die Lüfter wieder in die hohe Drehzahl geschaltet, und der Kältemittekompressor wieder mit voller Leistung gestartet. Beim Erreichen des unteren Zuluftgrenzwertes erfolgt ggf. wieder eine Begrenzung.
Im Ergebnis handelt es sich also bei „Quest“ um eine Rücklufttemperaturregelung mit Begrenzung der Zulufttemperatur in Verbindung mit einer Reduzierung der mittleren Luftumwälzung. Durch geschickte Wahl der Grenzwerte, die je nach Temperatureinstellung (und damit Ladungsart) unterschiedlich sein können, lässt sich das Verhalten der Software weiter optimieren.
Bei „DTMS2“ (Daikin Temperature Management Software 2) wird dagegen die Zulufttemperatur geregelt. Wie auch bei „Quest“ werden die Umwälzlüfter nur in der hohen Drehzahl betrieben, wenn der Kältekompressor in Betrieb ist. Bei ausgeschaltetem Kompressor laufen sie in der kleinen Drehzahl. Zunächst wird die Zulufttemperatur wie gehabt auf den Sollwert geregelt. Nach Ablauf eines Timers wird das Kühlsystem jedoch mit voller Leistung betrieben, bis die Zulufttemperatur 0,5 °C unter dem Sollwert liegt. Anschließend wird der Kompressor ausgeschaltet. Sobald die Zulufttemperatur wieder auf 0,5 °C über den Sollwert gestiegen ist, wird der Kompressor wieder gestartet. Solange der Mindest-Laufzeit-Timer (zwei Minuten) noch nicht abgelaufen ist, wird die Zulufttemperatur wieder auf den Sollwert geregelt. Anschließend wird wieder stärker heruntergekühlt und der Kompressor anschließend ausgeschaltet.
Im Ergebnis handelt es sich hierbei also um eine An/Aus-Regelung der Zulufttemperatur mit Vorgabe von Mindestlaufzeiten des Kompressors und einer Zulufttemperaturbegrenzung während der Mindestlaufzeit. Da die Zulufttemperatur wesentlich schneller auf das An-/ und Ausschalten des Kältekompressors reagiert als die Rücklufttemperatur, taktet „DTMS2“ wesentlich häufiger als „Quest“, d. h. die Zyklen sind deutlich kürzer.

Für die Zukunft sind Entwicklungen zu erwarten, bei denen auch im Chilled-Betrieb die Lüfter ganz ausgeschaltet werden.


Einsparpotential

Das Einsparpotential der Energiespar-Software setzt sich aus der Reduzierung der mittleren Lüfterdrehzahl sowie die Verbesserung des Teillast-COP zusammen. Von letzterem profitieren von allem Kühlaggregate, deren Teillastregelung nicht sehr energieeffizient ist. Bild 6 zeigt schematisch den Teillast-COP verschiedener Regelungsarten:

› Beim Heißgas-Bypass bleibt die elektrische Leistungsaufnahme am Kompressor nahezu konstant, so dass der COP linear mit der Last fällt.

› Bei einer Sauggasdrosselung nimmt die elektrische Leistungsaufnahme mit zunehmender Drosselung zwar ab, jedoch ergibt sich aus dem verringerten Saugdruck eine Abnahme des COP.

› Bei einer Drehzahlregelung kann es ggf. dazu kommen, dass im Teillastbetrieb eine Erhöhung des COP auftritt, wenn nämlich die Strömungsverluste in den Rohrleitungen und Komponenten gegenüber dem Volllastfall abnehmen. Hierbei müssen jedoch auch die elektrischen Verluste im Frequenzumrichter berücksichtigt werden (ca. 5 %).


Berechnungen des Autors haben gezeigt, dass sich das Einsparpotential gegenüber einer herkömmlichen Regelung je nach Containertemperatur, Außentemperatur, Frischluftklappenstellung und Atmungsaktivität der Ladung wie folgt ergibt:

› Durch Absenkung der mittleren Lüfterdrehzahl kann eine Einsparung von ca. 5 bis 30 % gegenüber normaler Kühlung erreicht werden.

› Durch das Takten des Kompressors und die damit verbundene Verbesserung des Teillast-COP können ebenfalls bis zu 35 % gegenüber normaler Kühlung gespart werden.


Insgesamt können Einsparungen bis zu ca. 70 % erreicht werden, wenn auch nur für den Fall, dass die Außentemperatur nahe der Innentemperatur ist, und die Teillastregelung des Kältekreislaufes schlecht ist. Hieran zeigt sich das große Einsparpotential, dass sich zudem ohne größere Umrüstungen an den Containern erzielen lässt (nur Softwareänderungen, keine Hardwareänderung).


Auswirkungen auf die Ladung

Durch die Absenkung der mittleren umgewälzten Luftmenge nimmt die Temperaturspreizung zwischen Zu- und Rücklufttemperatur zu (bei „Quest“ um ca. 0,3 bis 0,5 K). Dies gilt gleichermaßen für die Temperaturverteilung im Container. Da die Absenkung der Lüfterdrehzahl allerdings hauptsächlich bei niedrigen Außentemperaturen erfolgt, wenn ohnehin weniger Wärme abzuführen ist, ist diese Zunahme tolerabel, da sie immer noch nicht über die Temperaturdifferenz bei hoher Umgebungstemperatur ansteigt.
Während des Unterkühlens der Zuluft unter den Sollwert besteht die Gefahr von Kühlschäden bei empfindlicher Ware, die sich nahe des Lufteintritts befindet. Hier ist „DTMS2“ aufgrund des schnelleren Taktens wohl unproblematischer.
Ansonsten reagiert die Ware im Container aufgrund ihrer großen Trägheit nur sehr wenig auf den Einsatz von Energiespar-Software.


Fazit

Alles in allem birgt der Einsatz von Energieeinspar-Software ein großes Potential zur Reduzierung des Strombedarfs von Kühlcontainern (bis zu 70 % weniger Energie-Verbrauch je nach Betriebsbedingungen!). Dabei scheint es realistisch zu sein, dass der Flottenverbrauch im Mittel um ca. 25 bis 30 % gesenkt werden kann. Daher wird bei einigen Reedereien Energieeinspar-Software schon standardmäßig eingesetzt.
Leider wird die Funktionsweise der einzelnen Systeme nicht detailliert dokumentiert, so dass die Beurteilung von Temperaturaufzeichnungen im Schadensfall zunehmend schwerer werden dürfte. Viele verschiedene Software-Hersteller mit (zukünftig) vielen Revisions düften für zusätzliche Verwirrung sorgen.

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