Verbotene Kühl-
und Gefriergeräte

Fachwissen für Betreiber und den Anlagenbau

Sie stehen in unzähligen Shops, Märkten oder Gastrobetrieben: Kühlgeräte für Lebensmittel, Eis oder Getränke. Seit 1. Januar 2022 verbietet die F-Gase Verordnung einige davon. Für eine zukunftssichere Kältetechnik ist jetzt das Service- und Wartungspersonal gefragt.

„Das Inverkehrbringen gewerblicher Kühl- und Gefriergeräte (hermetisch geschlossene Einrichtungen) mit GWP ≥ 150 ist verboten“. So lautet sinngemäß der amtliche Wortlaut, den die EU-Kommission mit der F-Gase-Verordnung (EG) Nr. 517/2014 vor Jahren beschlossen hatte. Was aber bedeutet das für den Anlagenbau und vor allem für die Betreiber der Geräte?

Im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten viele Kühl- und Gefriergeräte mit hermetisch geschlossenen Kältekreisläufen rund um die Uhr. Das gilt sowohl im Verkaufsraum, als auch im Lager an den Kühlzellen. Weil der EU-Verordnungstext selbst Experten verunsicherte, welche Geräte genau betroffen sind, erbrachten erst Rückfragen mehr Klarheit. Es geht um Kühl- und Gefriertruhen, deren Kältekreislauf werksseitig dicht verschlossen ist, die gewerblich verwendet werden und die (in der Regel) einen Stecker besitzen. Dazu gehören neben den klassischen Truhen oder Schränken auch Tiefkühl­inseln, Eisvitrinen, oder Saladetten. Nicht gemeint sind dahingegen die Kühlaggregate an, oder auf einer Kühlzelle.

Aufklärung der Betreiber

Für die vorhandene Kältetechnik gilt der Bestandsschutz. Kühl- und Gefriergeräte, die in die verbotene Kategorie fallen, müssen daher nicht sofort ersetzt, können zunächst also weiter betrieben werden. Ob ratsam oder nicht: Viele davon werden ihren Dienst vermutlich noch einige Jahre tun. Das zeigen die Erfahrungen, die die Servicetechniker der Cool + Call GmbH (Fellbach) bei ihren regelmäßigen Wartungseinsätzen machen. Weil Kälteanlagen mit synthetischen Kältemitteln der Wartungspflicht unterliegen, prüfen sie diese in regelmäßigen Abständen und checken vor allem die vorgeschriebene Dichtheit auf Kältemittelverluste. Dabei werden die eingesetzten Nachfüllmengen akribisch dokumentiert. So ergibt sich im Laufe der Zeit ein guter Überblick, welche Kältemittel heute (noch) im Einsatz sind.

Augen auf den Bestand

Nach wie vor laufen ältere Kälteanlagen und Kühlmöbel mit inzwischen verbotenen Kältemitteln. Dazu zählt R22, vereinzelt sogar noch R12. Und welcher Betreiber hat schon jedes Detail seiner Kühltechnik im Blick? Hauptsache es wird kalt. Kommt es zu einem Eingriff in die Kältetechnik, müssen diese Systeme sofort außer Betrieb genommen werden.

Viele Bestandsgeräte gingen vor Jahren in Betrieb. Seither haben Gesetze und Verordnungen einiges verändert. So ersetzte R404A das Kältemittel R22 und wurde während der letzten beiden Jahrzehnte ein Standard für die Normal- und Tiefkühlung. Sein hohes Treibhauspotential (GWP-Wert 3922) führte zu dessen Ende, eingeleitet am 1. Januar 2020 mit dem Verwendungsverbot von neuem R404A in Neuanlagen und ebenso für den Service im Bestand.

Wird heute ein Kältekreislauf undicht, bedeutet es häufig das abrupte Betriebsende der R404A Kälteanlage oder des Kühlmöbels – zum Schrecken vieler Betreiber. Denn nachgefüllt werden dürfen nur noch Restbestände oder Recyclingware. Beides ist aber im freien Handel in Europa nur noch schwer zu bekommen und inzwischen sehr teuer. Steht für Kälte- oder Klimatechnik also Investitionen an, ist vor der Ausführung eine gute Planung sehr wichtig. Häufig werden diese Systeme noch unabhängig voneinander eingebaut. Aber für Kälte, Klima und auch für die Beheizung braucht man keine drei verschiedenen Systeme mehr. Der Markt bietet Anlagen, die alles in einem erledigen.

Strengere Verordnungen zu
erwarten

Die F-Gase Verordnung hat jetzt die Zukunft der Kühlmöbel geregelt. Das Kältemittel Propan ist dabei die heute am meisten eingesetzte Lösung. Und je stärker das Treibhauspotential für Kälteanlagen eingeschränkt wird, umso häufiger wird es auch für andere Kälteanlagen verwendet. Dazu kommen Alternativen wie Kohlendioxid (CO2), Ammoniak (NH3) und sogar Wasser wird für die Klimatisierung als Kältemittel verwendet.

Dazu kommt, dass im europäischen Verordnungsprozess ständig Bewegung ist. Das gilt für die F-Gase Verordnung, die sich derzeit in einer Überarbeitungsphase befindet. Alle geltenden Einschränkungen werden zwar erst bis 2024 angepackt, mit weiteren Verschärfungen ist aber zu rechnen. Daneben gibt es die Chemikalienverordnung REACH. Durch diese drohen F-Gasen von anderer Seite schärfere Einschränkungen und Verbote. Darunter fallen verschiedene Kältemittel, die derzeit als Alternativen mit geringem Treibhauspotential gehandelt werden. Alles in allem gibt es einige Fragezeichen bei synthetischen Kältemitteln. So macht es auch aus diesen Gründen Sinn, vor jedem Eingriff in eine Kälteanlage und vor allem bei Neuanlagen die fachkundige Expertise des Wartungs- und Servicepersonals einzubeziehen.

Staatliche Förderung

Wer gewerbliche Kühl- und Gefriergeräte der jüngeren Generation verbaut und betreibt, dürfte trotz der jüngsten Verordnungsänderung auf der sicheren Seite sein. Diese hermetischen Möbel werden in aller Regel mit natürlichen Kältemitteln betrieben, die nicht reguliert sind und auch künftig keinen Verboten unterliegen. Dazu kommt, dass Kälte-, Klimaanlagen und auch Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln vom Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium (BMUV) finanziell bezuschusst werden. Das schließt steckerfertige Kühlmöbel mit bis zu 10 laufenden Metern pro Standort ein. So können im Lebensmittelhandel bis zu 50 Prozent der Investitionskosten eingespart werden. Alles in allem verfügt der Markt heute für jede gewerbliche Kühlung über zukunftssichere Kältesysteme mit natürlichen Kältemitteln.

Energieklassen für Kühlmöbel

Am 1. März 2021 traten in Europa zwei neue Direktiven für Kühlmöbel in Kraft. Die EU-Verordnung 2019/2024 legt die Ökodesign-Anforderungen für „Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion“ fest. Deren Energieverbrauchskennzeichnung regelt die Delegierte Verordnung 2019/2018. Beide zusammen sollen dazu beitragen, dass die EU ihrem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, näherkommt. Heute sorgen Energieeffizienzklassen von A bis G für Transparenz und Vergleichbarkeit. Die bisherigen Klassen A+ bis A+++ sind damit entfallen. Außerdem erhalten Betreiber von Kühlgeräten mit Direktverkaufsfunktion bei Kaufentscheidungen Orientierung hinsichtlich künftiger Betriebskosten. Hersteller dieser Kühlmöbel werden durch den einzuhaltenden Energieeffizienzindex aufgefordert, ihre Produkte effizienter zu gestalten. Experten erwarten, dass damit steckerfertige Kühlmöbel ohne Abdeckung oder Türen nach und nach in Europa vom Markt verschwinden werden.

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