Vergütung im Vertrieb - Profi-Tipps für Handwerksbetriebe (Teil 3)

Alle Unternehmen mit mehr als einem Verkäufer im Außendienst brauchen eine gerechte und transparente Einkommensstruktur. Die Tendenz geht derzeit zu Strukturen, wie es in den Siebziger Jahren einmal war: Geringes Fixum und hohe Provisionsanteile. Ich nenne diesen Verkäufertyp mit Zukunft, den „Flat-rate-Verkäufer“ und empfehle, diesem Modell eine Chance zu geben. Aber auch bestehende Vergütungssysteme lassen sich effektiver gestalten.

Der „Flat-rate“-Verkäufer erhält einen Zielerreichungsvertrag von 40 - 150 %. Eine angenommene Umsatzerwartungshaltung von 500 000 € entspricht 100 % Einkommen. 40 % bekommt der Verkäufer abgesichert, den Rest muss er durch erfolgreiches Verkaufen erwirtschaften. Wenn er richtig gut ist, wird das Jahreseinkommen nicht nach oben begrenzt. Der entscheidende Charme des Systems liegt darin, dass die Unternehmen mit relativ geringen Fixkosten der Verkaufsmannschaft kalkulieren können, und deshalb auch das Risiko eingehen können deutlich mehr Verkäufer einzustellen. Unabhängig von solchen strategischen Überlegungen ist es aber genauso wichtig, bestehende Vergütungssysteme effektiver zu gestalten.

Nicht nur den Umsatz bewerten | Die Leistungen des Außendiensts ausschließlich nach Umsatzkennzahlen zu beurteilen, bringt viele Probleme mit sich. Denn mit wachsendem Gesamtumsatz eines Unternehmens sinkt in der Regel der Umsatzanteil des Außendienstes, was fälschlicherweise auf eine abnehmende Leistungsfähigkeit hinzuweisen scheint. Auch provoziert man mit einer reinen Umsatzbeurteilung „Hard Selling“ und damit eine langfristig abnehmende Kundenzufriedenheit, weil ohne Rücksicht auf die langfristige Kundenbeziehung verkauft wird. Deshalb sollten Außendienst-Beurteilungen grundsätzlich ausgewogen erfolgen, das heißt, neben den Umsätzen und der Rentabilität auch Kennzahlen wie die Reklamationsquote, die absolute Zahl an Kundenbesuchen etc. beinhalten.

Vorsicht bei Reduzierung des Außendiensts | In schwierigen Zeiten wird häufig überlegt, ob man die Außendienststärke nicht reduzieren könnte. Wahr ist: Es ist sehr kostenintensiv, Kunden persönlich besuchen zu lassen, eine Umstellung auf Call Center scheint da verlockend. Vor solchen Maßnahmen müssen jedoch die langfristigen Folgen berücksichtigt werden: Eine Verringerung der Besuchstätigkeiten und eine insgesamt weniger intensive Betreuung von Kunden können – zeitverzögert – zu einer Ergebnisverschlechterung führen. Ermitteln Sie mögliche Folgen, die in den nächsten zwei bis drei Jahren eintreten können. Wenn Sie den Außendienst reduzieren möchten, dann möglichst nicht mit einer Vergrößerung der Verkaufsgebiete oder „nur noch A-Kunden“, sondern intelligent mit einer sorgfältigen Analyse der zukünftigen Umsatzpotentiale.

Gerechte Verkaufsgebiete | Unternehmen, in denen der Außendienst traditionell eine starke Stellung hat, klagen oft „gerechte Verkaufsgebiete“ ein. Gemeint ist damit meist, dass jeder Außendienst-Mitarbeiter ähnlich große Verkaufsgebiete oder die gleiche Anzahl von Kunden betreuen sollte, um auch die gleichen Provisionschancen zu erhalten. Unberücksichtigt bleibt dabei der Betreuungsaufwand, der durch verkehrstechnische Umstände oder geografische Verhältnisse unterschiedlich ist. Deshalb sollten die Verkaufsgebiete auch einen erhöhten Betreuungsaufwand berücksichtigen. Hinzu kommt, dass die Größe von Verkaufsgebieten auch der Vertriebsstrategie folgen sollte: Sieht man in einem Verkaufsgebiet aufgrund der überragenden Stellung eines Wettbewerbers wenig Chancen, ist es legitim, dieses nur noch passiv auf Anfrage oder telefonisch betreuen zu lassen, während andere interessante Verkaufsgebiete doppelt besetzt sein können.

Provisionssysteme intelligent gestalten | Provisionssysteme zu verändern, ist häufig ein „heißes Eisen“, das von der Geschäftsführung nur ungern angefasst wird. Schließlich sind hiervon die Einkommen der Außendienst-Mitarbeiter direkt berührt, jede Änderung kann massiven Widerstand hervorrufen. Dennoch sollten Sie Provisionen nicht als historische Erbhöfe akzeptieren, sondern leistungsorientiert gestalten. Meist können Sie neue Provisionssysteme gut durchsetzen, wenn sie ein übergeordnetes Ziel entwickeln. Das kann zum Beispiel die Erreichung einer optimalen Betreuungsintensität sein.

Kundenspezifische Potentiale definieren | Lassen Sie die Mitarbeiter ein grundsätzliches Umsatz- und Ergebnispotential ihrer Kunden definieren. Sie vergüten die jeweils prozentuale Erreichung dieser Potentiale. Dies sollte nicht für ein Verkaufsgebiet, sondern pro Kunde gelten. Damit verhindern Sie, dass vorwiegend einfach zu betreuende Kunden, die schnell Umsatz bringen, besucht werden.

Motivierte und unmotivierte Mitarbeiter | Eine weitere Möglichkeit der Optimierung ist es, Provisionen erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe zu bezahlen. Damit wird verhindert, dass unmotivierte Außendienst-Mitarbeiter ähnlich viel verdienen wie motivierte. Studien zeigen nämlich immer wieder, dass sich der absolute Umsatz von motivierten und unmotivierten Außendienst-Mitarbeitern aufgrund von Basis- und Zufallsumsätzen nur um 10 bis 15 % unterscheidet.

Sinnvolle Übernachtungsregelung | Durch Regelungen, die Übernachtungen ausschließen sollen, entstehen nicht nur lange Heimwege, sondern es verringern sich auch die verkaufsaktiven Zeiten der Mitarbeiter. Die Vorgabe, außerhalb von Ballungszentren in möglichst preisgünstigen Pensionen zu übernachten, führt ebenfalls zu unnötigen Fahrten. Übernachtet der Mitarbeiter dagegen in Gebieten mit vielen Kundenstandorten, kann er ausgeruht und frisch ans Werk gehen und seine Kunden effizienter betreuen. Gewähren Sie deshalb sinnvolle Übernachtungen vor Ort. Zur Kostenreduzierung empfehlen sich Preisverhandlungen mit Hotelketten, die meist Sonderpreise einräumen.

Auswertungen sind wichtig | Werten Sie Statistiken, wie die Umsatzliste, Verteilung der Umsätze auf Produkte und einzelne Leistungsbereiche, Häufigkeit der Besuche und ähnliche Aufstellungen, aus. Werten Sie die Außendienst-Berichte konsequent aus und beziehen Sie die Ergebnisse in die Beurteilungsgespräche mit ein – das wirkt häufig disziplinierend. Prüfen Sie, ob die zentrale Kundendatenbank sorgfältig gepflegt wird.

Stichproben und Kontrollen | Suchen Sie für Stichproben Kunden aus, von denen Sie wissen, dass kürzlich Veränderungen in deren Unternehmen stattgefunden haben. Kontrollieren Sie den Zeitpunkt und die Qualität der Angaben. Führen Sie regelmäßig Reisebegleitungen durch. Prüfen Sie dabei die Auswahl der Tagestour, die Vorbereitung, den Umgang mit Verkaufshilfen (Prospekte, Muster) und die Qualität der Gesprächsführung. Dadurch gewinnen Sie auch einen guten Eindruck von der Motivation Ihrer Mitarbeiter und bewahren sich den Zugang zu deren täglichen Praxisproblemen. Gehen Sie der Frage nach, ob die Vertretung bei Krankheit und Urlaub wirklich funktioniert. In diesen Zeiträumen dürfen Umsätze nicht wesentlich abfallen. Ist dies dennoch der Fall, drängen Sie auf eine engagierte Vertretung von Kollegen bei Abwesenheit.

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