Verschärfter Phase-down

Seit Januar 2021 greift die nächste Phase-down-Stufe der F-Gase-Verordnung mit einer Reduzierung der verfügbaren Kältemittelmenge (umgerechnet in CO2-Äquivalente) von 63 % auf nur noch 45 % der ursprünglichen Menge. Hört man sich in der Branche um, so sehen viele Akteure diesem Schritt mit Gelassenheit entgegen. Man könnte meinen, dass bei dieser Gemütsruhe §4 des Rheinischen Grundgesetzes Anwendung findet: „Et hätt noch immer joot jejange“. Ob es aber wirklich gut gehen wird? 

Jeder wird sich an die dramatische Preisentwicklung und die Lieferengpässe bei Kältemitteln erinnern, als Anfang 2018 die Quote von 93 auf 63 % gesenkt wurde. Da machte sich schon so etwas wie Panik breit. Seitdem hat sich der Markt wieder beruhigt, die Verfügbarkeit von Kältemitteln scheint gesichert und die Preise haben sich auf einem, wenn auch höheren Niveau als früher eingependelt. §4 scheint sich also bewahrheitet zu haben. Woran liegt das? Zum einen haben viele Planer, Anlagenbauer und Betreiber tatsächlich die Zeichen der Zeit erkannt und verstärkt Kältemittel mit einem niedrigen Treibhauseffekt sowie aufbereitetes Kältemittel oder Recyclingware eingesetzt. Nicht zu unterschätzen sind aber auch die Auswirkungen des illegalen Kältemittelhandels, der die Preise gedrückt hat.

Zwei Aspekte sollte man bei der nun greifenden Quotenreduzierung (um 29 % im Vergleich zum Jahr 2020) aber im Hinterkopf behalten:

1. Der Kampf gegen den Kältemittel-Schwarzmarkt wird mit härteren Bandagen geführt als zuvor. Es gibt in der ganzen EU entsprechende Bemühungen: schärfere Zollkontrollen und eine vollständige Digitalisierung der Zollabfertigungsprozesse, eine bessere Durchsetzung der EU-Binnenmarktregeln, Aufklärungsarbeit verschiedenster Verbände usw.

2. Die Big Player im Kältemittelhandel, die schon vor 2015 im Markt aktiv waren, werden stärker beschnitten als der Gesamtmarkt, um Neueinsteigern Quotenanteile zukommen zu lassen – und zwar auf nur noch 28 % ihrer ursprünglichen Liefermenge von 2015. Bereits 2018 waren sie von der Phase-down-Stufe stärker betroffen und mussten sich mit nur noch 48 % (Gesamtmarkt 63 %) begnügen. Nun geht es für sie noch einmal drastisch nach unten mit 42 % weniger als in 2020. Die bewährten und verlässlichen Lieferketten werden also geschwächt. Ob die Quoten der Neueinsteiger dann tatsächlich ihren Weg in den Markt finden, ist dabei nicht gesichert.

Es könnte also gut sein, dass Ende 2021 § 5 des Rheinischen Grundgesetzes greifen wird: „Wat fott es, es fott“ (Was weg ist, ist weg.). Tappen Sie also nicht in die gleiche Falle wie 2017/2018 und tragen Sie weiter alles dazu bei, die Kältemittelmengen bzw. die entsprechenden CO2-Äquivalente zu reduzieren – Käufe auf dem Kältemittelschwarzmarkt natürlich ausgenommen. 

 

Ihr KKA-Chefredakteur

Christoph Brauneis

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