Welche Nachfolgeoption
ist für mich die richtige?

Das Dilemma mit der Nachfolgeregelung (Teil 3)

Im letzten Teil der dreiteiligen Artikelserie wird aufgezeigt, welche Nachfolgeoptionen Eigentümer von Handwerksbetrieben haben und wie man die richtige für sich ausmachen kann.

Alles wäre so schön einfach, wenn ein Mitglied der eigenen Familie das Lebenswerk weiterführen wollte. Über Jahre hat man immer wieder versucht, den prädestinierten Nachfolger an den Betrieb heranzuführen – doch ohne Erfolg. Vor so einer oder einer ähnlichen Situation stehen sehr viele Handwerksunternehmer. Immer seltener gelingt die Nachfolge innerhalb der Familie. Soll das Unternehmen nicht schlussendlich komplett aufgegeben werden, muss früher oder später eine andere Lösung her – denn der derzeitige Inhaber wird nicht ewig das Steuer in der Hand halten können.

Fakt ist, dass jedes Unternehmen einzigartig und höchst individuell ist – genauso hält es sich auch mit der Regelung der Nachfolge. Eine allgemeingültige Lösung für jede Ausgangssituation lässt sich schwerlich treffen. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle. Um sich jedoch bestimmte Nachfolgeoptionen bewusst zu machen und für sich selbst zu prüfen, ob diese auch in der Praxis Sinn ergeben können, gibt es vier Kernpunkte im Unternehmen, die man genauer unter die Lupe nehmen kann.

 

1. Inhaberabhängigkeit

Über diesen Punkt haben wir bereits im zweiten Artikel dieser Serie gesprochen. Ist der Inhaber der Flaschenhals für alle Vorgänge und der alleinige Kompetenzträger im Unternehmen, stellt das für alle möglichen Nachfolgeoptionen ein Problem dar. Kann der Inhaber hingegen auch mehrmals im Jahr in den Urlaub fahren, ohne dass das Handy ständig läutet oder der Betrieb bei der Rückkehr „in Flammen“ steht, sind das sehr günstige Voraussetzungen für die Nachfolgeregelung.

 

2. Mitarbeiterstruktur

In Zeiten des Fachkräftemangels sind die Mitarbeiter bei der Unternehmensbetrachtung durch einen potentiellen Nachfolger essentiell. Je mehr qualifizierte Mitarbeiter bei geringer Fluktuation, desto besser. Bei Unternehmen ab 15 Mitarbeitern können auch schon andere Strukturen vorausgesetzt werden, die den Inhaber entlasten. Anders als im Fünf-Mann-Betrieb kann es dann bspw. schon eine zweite Führungsebene geben. Zudem steht bei größeren Unternehmen tendenziell mehr Zeit für Fortbildungen zur Verfügung.

 

3. Finanzielles Ergebnis

Die ganze Arbeit soll am Ende des Tages ja nicht umsonst sein. Steckt ein Betrieb jedoch in den roten Zahlen fest, ist das keine gute Grundlage für die Nachfolgeregelung. Ist das Unternehmensergebnis vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen über einen längeren Zeitraum jedoch sehr positiv, eröffnet das viele Chancen und Handlungsspielräume.

 

4. Zeit

Besteht aufgrund von Alter, Krankheit oder der verpassten Möglichkeit, die Nachfolgeregelung frühzeitig in Angriff zu nehmen, enormer Zeitdruck, ist eine geordnete Unternehmensübergabe schwer durchzuführen. Gut Ding will eben Weile haben. Und für eigentlich alle Nachfolgeoptionen bedarf es an genügend Vorlaufzeit, um die bestmögliche Lösung zu finden und durchzuführen.

 

Doch was ist denn nun die
beste Lösung?

Ist es der Verkauf? Oder kann auch eine externe Person den Betrieb im Sinne des Inhabers weiterführen? Und was ist mit einem Mitarbeiter? Mit den vier genannten Kernpunkten können wir immerhin eine Richtung vorgeben, welche Situation bei den erfolgversprechendsten Nachfolgeoptionen vorliegen sollte.

 

Unternehmensverkauf

Inhaberabhängigkeit: sehr niedrig

Mitarbeiterstruktur: ab 15 Mitarbeiter

Finanzielles Ergebnis: positiv über die letzten 5 Jahre

Zeit: 12 bis 24 Monate

Die finanziell attraktivste Option ist sicher der komplette Verkauf des Betriebs – dies ist aber auch die Option, bei der für ein optimales Ergebnis so gut wie alle Faktoren stimmen müssen. Unter anderem sollte der Betrieb bereits eine gewisse Größenordnung haben (ab 15 Mitarbeiter), ohne den Inhaber fortführbar sein und über die letzten fünf Jahre ein finanziell positives Ergebnis vorweisen.

Und bis der Inhaber am Ende sein Lebenswerk gegen eine feste Summe Geld übergibt, liegt noch ein herausfordernder Prozess vor den Beteiligten. Angefangen von der Verkaufsvorbereitung, über das Finden des richtigen Käufers bis hin zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen.

 

Asset Deal

Inhaberabhängigkeit: mittel

Mitarbeiterstruktur: ab 5 Mitarbeiter

Finanzielles Ergebnis: untergeordnete Rolle

Zeit: 3 bis 12 Monate

Der Asset Deal ist der kleine Bruder des Verkaufs des gesamten Unternehmens, bei dem nur bestimmte Teile des Unternehmens übernommen werden. Das können beispielsweise die Mitarbeiter, die Kundschaft mit dazugehörigen Wartungsverträgen oder auch Patente sein.

Der Teilverkauf macht häufig dann Sinn, wenn eine Komplettübernahme und Weiterführung des Betriebes durch den Käufer nicht wirtschaftlich sind. Nach der Integration der Unternehmensteile in den Betrieb des Käufers wird der Inhaber vielleicht noch namentlich im neuen Unternehmenskon­strukt erwähnt – schlussendlich wird dann aber der ursprüngliche Betrieb geschlossen.

 

Geschäftsführer einstellen

Inhaberabhängigkeit: niedrig / mittel

Mitarbeiterstruktur: ab 10 Mitarbeiter

Finanzielles Ergebnis: positiv

Zeit: 12 bis 36 Monate

 

Eine häufig unterschätzte Option ist es, einen externen Fachmann als Nachfolger für das eigene Unternehmen aufzubauen. In der Regel wird diese Person vorerst neben dem jetzigen Eigentümer als Geschäftsführer installiert und wächst in das Unternehmen hinein. Eine der größten Herausforderungen bei dieser Option ist es, jemand vorerst Unbekannten das Vertrauen zu geben, das Unternehmen ab sofort (mit) zu führen und gegebenenfalls später zu übernehmen. Hier ist es wichtig, dass sich der neue Geschäftsführer und der Inhaber möglichst schnell auf Augenhöhe bewegen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen.

 

Mitarbeiter

Inhaberabhängigkeit: niedrig / mittel

Mitarbeiterstruktur: bis 15 Mitarbeiter

Finanzielles Ergebnis: positiv

Zeit: 12 bis 24 Monate

Gerne übergibt man das eigene Unternehmen an einen alten Weggefährten, von dessen fachlichen und persönlichen Kompetenzen man sich über die Jahre bereits überzeugen konnte.

Leider hat dieser Weggefährte meistens seine Kernkompetenzen draußen auf der Baustelle und nicht im kaufmännischen Bereich sowie im Auftritt vor den Kunden. Gerade deswegen wird zu häufig von dieser Möglichkeit abgesehen. Wenn aber die Einstellung und der Wille des Mitarbeiters da sind, lassen sich kaufmännische oder vertriebliche Themen noch aneignen oder man holt sich dafür einfach weitere Unterstützung. Die Bereitschaft des Inhabers, einen Mitarbeiter zum Chef zu machen, vorausgesetzt und mit etwas Zeit sowie Ausdauer kann sich daraus eine tolle Erfolgsgeschichte entwickeln.

 

Wer kauft ein
Handwerksunternehmen?

Potentielle Käufer eines gut funktionierenden Handwerksbetriebs sind in der Regel andere Unternehmungen. Das können regionale bzw. überregionale Marktbegleiter sein, die schneller wachsen und die eigene Kompetenz auf dem Markt ausbauen möchten. Auch können branchenfremde Spieler unter den Kaufinteressenten sein, die ihr eigene Wertschöpfung vertiefen wollen oder den Betrieb als langfristige Investition ansehen. Grundsätzlich gibt es dabei zwei Dinge zu beachten:

1. Dass eine private Person als direkter Käufer auftritt, ist ab einer bestimmten Größenordnung des Unternehmens eher unwahrscheinlich, da die Finanzierung der Übernahme nicht gestemmt werden kann.

2. Dass der vertraute Steuerberater oder Anwalt die bestmöglichen Kaufinteressenten mit an den Verhandlungstisch bringt, ist in der Regel nicht der Fall.

 

Im Besitz des Betriebs bleiben

Ist ein (Teil-)Verkauf des Betriebs nicht gewünscht oder umsetzbar, kommen die beschriebenen Möglichkeiten, den Betrieb an einen Mitarbeiter zu übergeben oder einen Geschäftsführer einzustellen, ins Spiel. Bei beiden Vorgehensweisen bleibt der Inhaber (vorerst) im Besitz des Unternehmens – und das hat sicher auch seine Reize.

Zum einen hat der Inhaber einen besseren Einfluss darauf, dass das Unternehmen in seinem Sinne fortgeführt wird. Zum anderen ist die Attraktivität dieser Optionen in der Möglichkeit begründet, dass der Inhaber weiterhin am Erfolg des Unternehmens partizipieren kann. Dies kann in Form einer erfolgsabhängigen Apanage erfolgen, die monatlich ausgezahlt wird.

Und wenn dann doch die letzte Verantwortung abgegeben werden soll, eröffnen sich zwei interessante Möglichkeiten. Mit der monatlich ausgezahlten Erfolgsbeteiligung kann entweder die Übertragung des Unternehmens an den Mitarbeiter bzw. den Geschäftsführer abgebildet werden, oder man versucht doch noch das Unternehmen zu verkaufen. Denn durch einen etablierten Leiter des Unternehmens, der nicht der Inhaber ist, erhöht das die Chancen für einen von Erfolg gekrönten Verkauf signifikant.

 

Zur Tat schreiten

Egal für welche Option man sich entscheidet – auf die konsequente Umsetzung kommt es am Ende des Tages an. Und das am besten frühzeitig. Je nach dem, wann der persönliche Austritt aus dem Betrieb geplant ist, empfiehlt es sich spätestens drei bis fünf Jahre vorher die ersten grundsätzlichen Maßnahmen für die Nachfolgeregelung in die Wege zu leiten sowie den Prozess mit Leben zu füllen. Denn unter Zeitdruck kann eine optimale Lösung für die Regelung der Nachfolge nicht gefunden und mit Ausdauer verfolgt werden – egal wie passend und attraktiv eine Nachfolgeoption auch ist.

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