Zahnarztpraxis mit bestem Klima

BHKW und Adsorptionskältemaschine kombiniert

Unabhängig von den Außentemperaturen heizen sich Zahnarztpraxen durch den Betrieb technischer Geräte sowie durch die anwesenden Personen auf. Zusätzlich wird die Luft durch Staub sowie durch die Gerüche bestimmter Dentalmaterialien und Medikamente belastet. Ein Frischluftsystem verbunden mit einer Klimaanlage kann hier Abhilfe schaffen. Eine technisch wie ökologisch wegweisende Lösung dieser Herausforderungen hat eine Gemeinschaftspraxis von vier Zahnärzten im fränkischen Oberkotzau, nahe Hof,gefunden.
In der Zahnarzt-Praxis ist seit November 2009 ein modernes und energieeffizientes Klimasystem installiert: Ein Frischluftsystem verteilt auf 600 m2 Praxisfläche pro Stunde etwa 4200 m³ Luft, die je nach Bedarf erwärmt oder gekühlt ihr Ziel erreicht. Die Anlage kombiniert zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer Adsorptionskältemaschine von InvenSor (www.invensor.com). Das Besondere: Die Kältemaschine nutzt die Abwärme der BHKW als Antriebsenergie und spart dabei bis zu 70 % Strom ein.

 

Ein innovationsfreudiger Zahnarzt

„Zunächst hatten wir Anfang 2008 nur den Austausch unseres Heiz- und Frischluftsystems geplant“, erinnert sich Zahnarzt Dr. Friedrich Blatter. Nach 30 Jahren Betrieb war die vorhandene Anlage trotz regelmäßiger Wartung und Modernisierung technisch veraltet. „Wir suchten deshalb nach einer modernen Anlage, die den Frischluft-, Wärme- und auch unseren Strombedarf decken sollte.“ Dr. Blatter entschied sich für eine energieeffiziente Lösung der Hofer Planerfirma Schimmel. Diese installierte im Winter 2008 zwei BHKW mit je 5,5 kW elektrischer und 14,1 kW thermischer Leistung. Als Reserve dienten ein Warmwasserpufferspeicher mit 750 l sowie ein „SE-Plus“-Spitzenlast-Brennwert-Gerät mit 20 kW Leistung. Gleichzeitig wurde das Frischluftsystem in allen Räumen der Praxis komplett erneuert.

 

Kälte aus Wärme

Im Frühjahr 2009 stand dann der Austausch der betagten strombetriebenen Klimaanlage ins Haus. Die Herausforderungen waren komplex: Im Sommer mussten neun Behandlungszimmer, drei Chefbüros, zwei Wartezimmer, das Labor, der Röntgenraum und Empfangsbereich der Zahnarztpraxis jeweils individuell auf 22 °C gekühlt werden, unabhängig von der Raumgröße und -nutzung.

Bei der Suche nach einem geeigneten Ersatz ließ sich Dr. Blatter erneut von der Firma Schimmel beraten. Konkret interessierte sich der Zahnarzt für eine energieeffiziente Kältemaschine, die mit der Wärme der vorhandenen BHKW angetrieben werden könnte. „Wir haben Herrn Dr. Blatter eine Adsorptionskältemaschine der Berliner InvenSor GmbH mit 9 kW Leistung empfohlen“, erklärt Jörg Meister, Heizungsbaumeister der Firma Schimmel. „Dank ihrer niedrigen Antriebs­temperaturen von 65 °C kann die Kältemaschine die Abwärme von BHKW ideal zur Kälteerzeugung nutzen“, so der Heizungsexperte. „Das Komplettsystem arbeitet nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und erzielt damit einen noch höheren Wirkungsgrad als Kraft-Wärme-Kopplung für sich genommen“, betont er.

 

Ein umweltfreundliches System für alle Jahreszeiten

Im Sommer, wenn der größte Bedarf an Kühlung herrscht, steht die Abwärme der BHKW im vollen Umfang als Antriebsenergie der Adsorptionskältemaschine zu Verfügung. Im Herbst, Winter und Frühling wiederum, wenn keine Kühlung benötigt wird, kann die Abwärme der BHKW zum Heizen der Praxisräume eingesetzt werden. Die Investitionskosten für Kältemaschine und BHKW amortisieren sich über eingesparte Stromkosten, Einspeisevergütung für den erzeugten Strom und staatliche Förderung bereits binnen weniger Jahre. „Neben der hohen Wirtschaftlichkeit der InvenSor-Kältemaschine hat mich auch die Umweltfreundlichkeit des Geräts überzeugt.“ Einer Berechnung der Firma Schimmel zur Folge spart die Zahnarztpraxis durch die Kühlung mit Adsorptionstechnik innerhalb der kommenden 20 Jahre ca. 2000 t CO2 ein. „Das entspricht einer Reduktion gegenüber unseren alten CO2-Emissionen um 72 %“, rechnet Dr. Blatter vor.

 

Einfache Inbetriebnahme

Installation und Inbetriebnahme der neuen Kältetechnik verliefen schnell und unkompliziert. Noch während des Winters 2009 wurde die vorhandene Klimaanlage durch die neue Adsorptionskältemaschine, einen 2000 l fassenden Kaltwasserpufferspeicher sowie einen Rückkühler mit EC-Ventilator ersetzt. Von der Anlieferung der Geräte bis zur optimalen Einstellung vergingen lediglich acht Wochen, bei laufendem Praxisbetrieb. Im Mai 2010 nahm das runderneuerte Kältesystem schließlich seinen Betrieb auf.

„Wir fangen ab etwa 24 °C Außentemperatur an zu kühlen“, erklärt Dr. Blatter. „Der Sommer 2010 war ungewöhnlich heiß, mit oftmals Außentemperaturen über 30 °C während eines Zeitraums von mehreren Wochen“, erinnert sich der Zahnarzt. Dank der leistungsfähigen neuen Klimatechnik herrschte in der Praxis jedoch stets ein angenehmes Raumklima, so Dr. Blatter.

 

Technischer Hintergrund

Die Berliner InvenSor GmbH hat Kältemaschinen entwickelt, die die Abwärme von BHKW, industriellen Prozessen oder Solarthermie als Antriebsenergie nutzen. Im Vergleich zu herkömmlicher Kältetechnik sparen sie damit bis zu 70 % Strom ein. Die Geräte arbeiten sehr effizient. Bereits bei 65 °C Antriebstemperatur erreichen sie fast 100 % ihrer Leistung. Anstatt des üblichen Silicagels kommen Zeolithe zum Einsatz. Wasser dient als umweltfreundliches Kältemittel, was den Wartungsaufwand minimiert. Alle InvenSor-Kältemaschinen sind auf den Anschluss an das Internet vorbereitet, so dass Unterstützung bei der Inbetriebnahme auch aus der Ferne möglich ist. Über die Online-Schnittstelle können darüber hinaus kundenspezifische Wünsche und Anpassungen per Software-Update schnell und unkompliziert vorgenommen werden, z.B. eine Änderung der Kaltwasser-Solltemperatur oder einer bestimmten Regelungsstrategie.




Technische Fakten Zahnarztpraxis Oberkotzau

Kühlsystem: InvenSor-Adsorptionskältemaschine „LTC“ mit 9 kW Nennleistung, Kaltwasserpuffer mit 2000 l, geschlossene trockene Rückkühlung

Antriebswärme: zwei SenerTec-BHKW, mit je 5,5 kW elektrischer und 14,1 kW thermischer Leistung (inkl. integrierte Kondenser), Warmwasserpufferspeicher mit 750 l

Kühlanwendung: Frischluftsystem der Firma Wolf, Wärmetauscher für Heizung mit 29,4 kW und Wärmetauscher für Kaltwasser mit 18,5 kW

Installiert seit: November 2009

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 03/2018

Kunststoffhersteller setzt auf KWKK

Kühlen und Heizen mit maßgeschneidertem Energiecontainer

Das Unternehmen aus Niedersachsen verwendete bisher eine Kompressionskältemaschine (KKM), welche einen zu hohen Stromverbrauch aufwies. Daher entschloss Schmidt sich zu einer Rundumerneuerung und...

mehr
Ausgabe 05/2016

Anspruchsvolle Industriekühlung mit finanziellem Vorteil

Adsorptionskälteanlage nutzt Abwärme aus Druckluft-Kompressoren

Der hohe Grad der Automatisierung in der Produktion ist Grund dafür, dass viel Wärme entsteht. Damit die Maschinen nicht ausfallen, müssen sie auf einer bestimmten Temperatur gehalten werden. „Mit...

mehr
Ausgabe 04/2015

Hohes Energie-Einsparpotenzial mit KWKK-Anlage

BHKW versorgt Stadtverwaltung mit Wärme, Strom und Kühlung

Moderne Blockheizkraftwerke (BHKW), die auf Basis der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) z. B. aus Erdgas Wärme und Strom produzieren, finden sich in immer mehr alten und neuen Gebäuden. Die Branche bietet...

mehr
Ausgabe Großkälte/2014

Abwärme für Heizung und Kälte

Prozesskühlung und Stromerzeugung für Spritzgussmaschinen

Seit Mai 2013 profitiert die Firma TRANSpofix an ihrem Hauptsitz zwischen Nürnberg und Regensburg von ihrer Anlage zur Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK). Das Unternehmen produziert eigenen Strom...

mehr
Ausgabe 02/2014

Adsorptionskälte und BHKW kombiniert

Senkung der Betriebskosten im Möbelhaus

Anlagen zur Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) werden durch die Verfügbarkeit passender Adsorptionstechnik immer attraktiver. Dass diese Kombination nicht nur sehr energieeffizient, sondern auch...

mehr