„Das 1x1 der Kältetechnik“ - Teil 1

Der Kühlraum (I)

„Das 1x1 der Kältetechnik“ – Teil 1

Zum Start der neuen Serie „Das 1x1 der Kältetechnik“ wenden wir uns gleich einer Hauptanwendung der Gewerbekälte zu, dem Kühlraum. Zusätzlich zu kühlraumspezifischem Wissen wird auch das „Wie“ und „Warum“ intensiv beleuchtet. Diese Serie basiert auf den kostenfreien eLearning-Modulen von Danfoss, die für das interaktive Selbststudium mittels PC konzipiert sind. Die eLearning-Module bieten jeder Zielgruppe, vom Anfänger bis zum Kälteexperten, ein adäquates Angebot (www.learning.danfoss.de).


Zweck eines Kühlraums

„Ein Kühlraum ist ein gekühlter Raum zur Lagerung verderblicher Lebensmittel, der verhindert, dass die Lebensmittel beschädigt werden.“ Hauptfokus und Zweck eines Kühlraums ist die Kühlung frischer, vorgekühlter und tiefgekühlter Lebensmittel. Beispiele für Produkte, die in einem Kühlraum gelagert werden, sind Fleisch, Eier, Milchprodukte, Tiefkühlprodukte, Fisch, Gemüse, Obst und Getränke. Bei der Lagerung dieser Produkte sind unterschiedliche Punkte zu beachten. Fleisch z.B. ist ein „totes“ Produkt. Die Prozesse, die ein Produkt verderben, setzen unmittelbar nach dem Schlachten des Tieres ein. Obst und Gemüse dagegen sind „lebende“ Produkte. Der Stoffwechsel ist mit der Ernte nicht beendet. Folglich müssen die richtige Feuchtigkeit und Temperatur beibehalten werden, um eine Qualitätsminderung zu verhindern. Auch beim Fleisch ist die Feuchtigkeit zu beachten. Eine Austrocknung von Fleisch ist allerdings am Produkt weniger sichtbar und führt eher zu finanziellen Einbußen, wenn das Fleisch nach Gewicht verkauft wird, als die Verkaufbarkeit des Produktes zu schmälern. Manche Milchprodukte und Getränke müssen unter einer bestimmten Temperatur gehalten werden, um chemische Reaktionen und mikrobiologische Prozesse zu verhindern, die deren Qualität beeinträchtigen würden.

Lebensmittelqualität

Damit befinden wir uns schon mitten im Thema „Lebensmittelqualität“. Mit diesem Begriff  werden sowohl physikalische Eigenschaften als auch Faktoren der persönlichen Sinneswahrnehmung beschrieben. Zu den Faktoren der persönlichen Sinneswahrnehmung zählen der Geschmack, die Farbe, der Geruch, die Konsistenz usw. Zu den physikalischen Eigenschaften zählen die Arten und Stufen von bakteriellen Verunreinigungen und chemischen Prozessen sowie die Arten und Mengen der Konservierungsstoffe.

Es gibt verschiedene Methoden die Lebensmittelqualität sicherzustellen. So können Lebensmittel mithilfe von Konservierungsmethoden haltbar gemacht und gelagert werden. Diese Methoden sind Kühlung, Trocknung, Pökeln, Konservierung in Zucker, Räuchern, Abfüllung in Dosen, Bestrahlung und vor Licht schützen.

Naturgemäß beschäftigt sich dieser Aufsatz mit der Kühlung von Lebensmitteln zur Aufrechterhaltung ihrer Qualität. Bei genauer Betrachtung sind es diverse Einzelfaktoren, die die Qualität der Lebensmittel im Kühlraum beeinflussen. Dies sind z.B. mikrobiologische Prozesse im gelagerten Produkt. Zu diesen mikrobiologischen Prozessen zählt das Wachstum von Mikroorganismen auf und im Produkt. Ein typischer mikrobiologischer Prozess ist das Wachstum von Bakterien an der Oberfläche des Produkts. Aber auch chemische Prozesse wie Oxidation oder Hydrolyse können das Produkt beeinflussen. Bei vielen dieser Prozesse wirken Enzyme  im Produkt als Katalysatoren und bewirken einen schnelleren Ablauf dieser Reaktionen. Der Abbau des Bindegewebes in Rindfleisch ist z.B. ein chemischer Prozess. Dazu kommen mechanische Prozesse. Zu diesen mechanischen Prozessen zählen das Verpacken und die Handhabung. Transport und Umladen des Produkts sind typische mechanische Prozesse, die sich auf die Lebensmittelqualität auswirken. Ein weiterer Punkt ist die Feuchtigkeit in einem Kühlraum. So wird in einem Kühlraum in der Regel eine hohe Luftfeuchtigkeit angestrebt, um die Austrocknung des Kühlgutes zu verhindern. Dabei spielt auch die Luftgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Bei der Luftgeschwindigkeit muss ein guter Mittelwert zwischen nicht zu großer Geschwindigkeit zur Vermeidung von Austrocknung und guter Luftverteilung zur Kühlung gefunden werden.

Bei manchen Obstsorten, wie Äpfel und Birnen, wird sogar die Atmosphäre im Kühlraum verändert, um die Produktqualität hoch zu halten. Dies geschieht durch die Anhebung des CO2-Gehalts in der Raumluft. Dadurch werden Respirations- und Zerfallsprozesse verlangsamt und die Lagerzeit wird verlängert. Für Obstproduzenten ist jeder Tag, den das Produkt länger eingelagert sein kann, bares Geld wert. Ein für Kältefachleute klarer Beeinflussungsfaktor des Kühlraums ist der Kühlprozess. Die Kälteanlage muss die Temperatur auf dem Wunsch-Niveau halten. In der Regel lässt sich die Lagerdauer durch Anpassung der Temperatur im Kühlraum verlängern.

Einfluss der Temperatur

Die Temperatur hat erheblichen Einfluss auf die mikrobiologischen und chemischen Prozesse, die in Lebensmittelprodukten stattfinden. Tiefe Temperaturen verlangsamen das Wachstum von Mikroorganismen. In der Regel verhält sich die Wachstumsrate exponentiell zur Temperatur, was bedeutet, dass sich eine Änderung um wenige Grad bereits in einer deutlichen Steigerung der Wachstumsrate niederschlägt. Viele Mikroorganismen benötigen Temperaturen von mehr als 0 °C, um optimale Wachstumsbedingungen vorzufinden. Andere Organismen wachsen sogar bei tiefen Temperaturen von bis -12 °C. Durch Tiefkühlung eines Produkts werden für gewöhnlich nur 10 bis 90 % der Mikroorganismen abgetötet, d.h. durch Tiefkühlung (Einfrieren) lässt sich ein Produkt nicht sterilisieren. Parasiten gehören zu den Mikroorganismen, die mitunter durch Tiefkühlung abgetötet werden können. Zu diesem Zweck reicht es in der Regel aus, ein Produkt mehrere Tage (bzw. eine Woche) bei -20 °C zu lagern. Die Temperatur beeinflusst auch die chemischen Prozesse. Je tiefer die Temperatur, desto geringer die Reaktionsgeschwindigkeit. Das Absenken der Temperatur kann die meisten chemischen Prozesse nicht aufhalten. Diese Prozesse werden weiterlaufen, bis die Temperatur den absoluten Nullpunkt von -273,15 °C (= 0 K) erreicht. In manchen Fällen soll ein Gewebeabbau stattfinden (z. B. bei Rindfleisch). Bei der Kühlung frischer Lebensmittel wie Fleisch darf die Temperatur nicht zu schnell abgesenkt werden, denn sonst könnte das Produkt beschädigt werden. In Obst und Gemüse beeinflusst die Temperatur den Stoffwechsel und somit auch die abgegebene Respirationswärme.

Feuchte und Luftgeschwindigkeit

Auch die Luftfeuchtigkeit hat einen Einfluss auf die Lebensmittelqualität. Das Wachstum der Mikroorganismen wird auch von dem Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsluft beeinflusst. Der Feuchtegehalt der Lebensmittelprodukte fördert das Wachstum von Mikroorganismen. Bei geringer Luftfeuchtigkeit wird dem Lebensmittelprodukt Feuchtigkeit entzogen, wodurch das Produkt an Gewicht und Qualität verliert. Deshalb muss ein bestimmter Feuchtigkeitsgehalt in der Umgebungsluft gewährleistet werden, um Lebensmittelprodukte frisch zu halten und die Haltbarkeit zu verlängern. Um ständig für den richtigen Feuchtigkeitsgehalt zu sorgen, muss die Temperatur konstant gehalten werden.

Zusätzlich zur Feuchte ist die Luftgeschwindigkeit wichtig für die Lebensmittelqualität. Die Luftaustauschrate (= neues /anfängliches Luftvolumen) sorgt für eine gute Luftqualität im Kühlraum. Die Luftgeschwindigkeit wirkt sich auf die Kühlung und Entfeuchtung des Produkts aus. Durch eine höhere Luftstromgeschwindigkeit werden die Wärmeübertragung aus dem Produkt und auch die Entfeuchtungsrate verstärkt. Eine gesteigerte Entfeuchtungsrate bedeutet den Entzug von Wasser und somit einen geringeren Feuchtegehalt im Produkt. Deshalb muss für die richtige Luftstromgeschwindigkeit in der Kälteanlage gesorgt werden. Der Produktfaktor (PF) ist von der Luftstromgeschwindigkeit und der Art des Lebensmittelprodukts abhängig. Im Allgemeinen gilt, dass höhere Geschwindigkeiten den Produktfaktor erhöhen, wodurch dann auch die Entfeuchtungsrate steigt. Manche Produkte besitzen eine Oberfläche, die die Entfeuchtung begünstigt (Kopfsalat, Pilze), andere Produkte wie Äpfel sind dagegen weniger anfällig für eine Entfeuchtung.

Fazit

Damit schließen wir den ersten Teil der Anwendungsbetrachtung Kühlraum, bei dem wir uns mit dem Kühlgut beschäftigt haben. Wir sind nun in der Lage, uns im nächsten Teil der Serie dem Aufbau eines Kühlraums zu widmen. Dabei stehen die praktischen Herausforderungen und Notwendigkeiten beim Bau eines Kühlraums im Mittelpunkt.

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