Magnetventile für Kälteanlagen

Tipps für den Monteur (Teil 10)

Heute werfen wir einen Blick auf ein weiteres Standardbauteil gewerblicher Kälteanlagen – das Magnetventil. Magnetventile sind – ab einer gewissen Leistungsgröße – in fast jeder Trockenexpansionskälteanlage hauptsächlich in der Flüssigkeitsleitung vorzufinden. Aus diesem Grund werden wir das Thema in dieser Ausgabe der „Tipps für den Monteur“ genauer beleuchten.

Aufbau | Wie ist ein solches Magnetventil aufgebaut? Allgemein setzt sich ein Magnetventil aus einer Spule und aus einem Ventilgehäuse zusammen. Die Spule ist auf einem Ankerrohr montiert. Bei kleineren, direktgesteuerten Ventilen öffnet und schließt der bewegliche Anker das Ventil, indem er direkt den Ventilsitz freigibt oder schließt. Um bessere interne Dichtigkeit zu erreichen, ist der Teil des Ankers, der auf den Ventilsitz trifft, mit einem Teflondichtplättchen versehen. Beispiele für solche direktgesteuerten Magnetventile sind die Danfoss-Typen „EVR 2“ und „3“. Bei servogesteuerten Magnetventilen erfolgt die Ankerbewegung in gleicher Weise. Allerdings wird nun anstelle des gesamten Ventilsitzes eine Servobohrung geschlossen oder geöffnet. Bei Servoventilen mit Membrane führt dies zu einer Bewegung der Membrane über die am Ventil anstehenden Differenzdrücke, die dann dem Öffnungs- bzw. Schließvorgang des Ventils entspricht. Bei Servomagnetventilen mit Kolben und ohne Membrane ist das Prinzip gleich. Auch hier wird das Ventil über die Servobohrung geöffnet und geschlossen – allerdings mittels Kolbenmechanismus und nicht mit Membrane. Eine grobe Clusterung nach Leistungsgrößen ist durchaus sinnvoll. So sind die Magnetventile kleinster Leistungsgröße, wie beispielsweise „EVR 2“ und „3“, direktgesteuert. Bei den größeren Anlagen schließen sich dann die Baugrößen „EVR 6“ bis „EVR 22“ an, die allesamt mit Membrane ausgestattet und servogesteuert sind. Schließlich findet man bei ganz großen Leistungen mit Trockenexpansion die Magnetventile „EVR 25“ bis „40“. Dieses sind dann servogesteuerte Kolbenventile. Sollten diese Größen auch nicht mehr ausreichen, so werden Hauptventile (z.B. Danfoss „ICS“- oder „PM-Ventile“) einfach mittels Magnetventilaufsatz (EVM) zu einem Magnetventil gemacht. Diese Kombinationen lassen dann hinsichtlich der Größe der Anlage kaum mehr Wünsche offen.
Ein praktischer Tipp: Öffnet man ein Magnetventil und findet darin weder eine Membrane noch einen Kolben, dann handelt es sich in aller Regel um ein direktgesteuertes Ventil. Dies wird dann auch kleinere Anschlüsse haben, wie 6, 8 oder 10 mm.
 

Dimensionierung | Warum ist es für den Praktiker überhaupt wichtig zu wissen, ob er es mit einem direkt- oder servogesteuerten Magnetventil zu tun hat? Tatsächlich ist dieser Punkt für die Dimensionierung der Ventile von entscheidender Bedeutung. Direktgesteuerte Magnetventile benötigen keinen Mindestdruckabfall für den Betrieb. Aus diesem Grund haben diese Ventile eine extrem gute Teillastfähigkeit, die es ermöglicht, einen moderaten Druckabfall für den Volllastfall zu projektieren (Ventile „EVR 2“ und „EVR 3“). Bei zwangsservogesteuerten Ventilen (z.B. Typen wie „EVRAT“ oder „EVRST“ – der Buchstabe „T“ steht hier für die Zwangsservosteuerung) gelten die gleichen Auslegungskriterien wie für die direktgesteuerten. Auch hier gibt es keinen Mindestdruckabfall, dem Rechnung getragen werden muss. Bei servogesteuertenVentilen („EVR 6“, „10“, „15“, „20“, „22“, „25“, „32“ und „40“) hingegen muss neben dem maximalen Druckabfall auch der minimale Teillastfall betrachtet werden. So darf bei minimaler Teillast die minimale Druckdifferenz, die das Ventil braucht, um stabil arbeiten zu können, nicht unterschritten werden. Diese Mindestdruckdifferenz des Ventils ist aus den entsprechenden technischen Datenblättern ersichtlich. Beispiel: Ein „EVR 10“ hat einen benötigten Mindestdruckabfall von 0,05 bar. Bei 20 kW Kälteleistung, R134a und -10 °C Verdampfung, also Normalkühlung, und einem Einbau in der Flüssigkeitsleitung wäre das „EVR 10“ zunächst keine schlechte Wahl, denn 0,06 bar Druckabfall in der Volllast liegt über 0,05 bar und ist somit in Ordnung. Sollten jetzt jedoch z.B. zwei gleich große 10 kW-Verdichter im Verbund geschaltet auf diesen Kältekreis drücken, dann wird der Mindestdruckabfall bei Betrieb von nur einem Verdichter unterschritten. Rechnerisch wäre dann nur noch 0,02 bar Druckabfall gegeben. Somit sollte in diesem Fallbeispiel dem „EVR 6“ der Vorzug gegeben werden. Bei „EVR 6“ ist der Mindestdruckabfall des Ventils auch 0,05 bar. Der Volllastdruckabfall ist 0,36 bar und der Teillastdruckabfall 0,09 bar. Beide Werte sind größer als 0,05 bar. Somit arbeitet das Ventil in jedem anzunehmenden Betriebszustand stabil. Sollten einmal trotz intensiver Anstrengungen für Volllastkälteleistungen, bei denen üblicherweise Magnetventile ab der Größe „EVR 6“ einzusetzen wären, aufgrund einer zu niedrigen Teillast keine passenden Ventile zu finden sein, so kann technisch auf ein entsprechendes Hauptventil ausgewichen werden.
Praxistipp: Kleine Hauptventile der Baureihe „PM“ oder „ICS“ mit Pilotventil „EVM“ sind sehr gut teillastfähig und oft auch dann noch einsetzbar, wenn mit den Standard-Magnetventilen „EVR“ die entsprechenden Teillasten nicht mehr gefahren werden können. Nachteil dieser Ventilkombinationen ist der höhere Preis im Vergleich zum Standard „EVR“. Eine weitere Lösung für solche Teillastfälle können zwangsservogesteuerte Ventile (Mindestdruckabfall 0 bar) sein. Diese Ventile wie „EVRAT“ und „EVRST“ wurden ursprünglich für Ammoniak konzipiert, sind aber auch für die „Kupferkälte“ einsetzbar.     
 

Anordnung | Der Haupteinsatzbereich von Magnetventilen ist die Flüssigkeitsleitung. Geschätzte 95 % aller Magnetventile in der Kältetechnik werden dort verbaut. Dabei ist eine Platzierung des Magnetventils nahe am Expansionsventil ratsam, aber nicht zwingend erforderlich. Man minimiert so die Gefahr des Auftretens beschleunigter Flüssigkeiten. Da aber dieser Effekt (er macht sich bemerkbar durch schwingende Rohrleitungen und Schlaggeräusche beim Öffnen des Magnetventils) in gewerblichen Kälteanlagen eher selten ist, kann das Magnetventil beliebig angeordnet werden, wenn dies die baulichen Gegebenheiten nahelegen. Die Frage, ob ein Magnetventil zwingend vor oder hinter der Trockner-Schauglas-Gruppe montiert werden sollte, ist eher eine „Glaubensfrage“. Setzt man das Magnetventil in Flussrichtung vor dem Schauglas, so kann man den Absaugvorgang beobachten, falls die Anlage in „Pump down“ oder „Pump out“ geschaltet ist. Diese Anordnung ist aber nicht zwingend so vorgeschrieben.
 

Montage | Magnetventile für die „Kupferkälte“ sind entweder mit Bördelanschlüssen oder mit Lötanschlüssen ausgestattet. Die Rohranschlüsse der Bördelanschlüsse können klassisch mittels Bördelglocke am Montagerohr oder unter Verwendung von Bördeladaptern angeschlossen werden. Bördeladapter bieten den Vorteil, dass diese Schraubverbindung dann nicht mehr als Bördelverbindung gilt und somit gewisse Einschränkungen, die in der Norm EN 378 aufgeführt sind, nicht mehr greifen. Außerdem ist im Servicefall ein Austausch ohne Löt­vorgang möglich. Ein Nachteil ist, dass dann trotzdem noch an beiden Anschlussenden Lötungen ausgeführt werden müssen. Bei Lötanschlüssen wird klassisch direkt am Ventil hartgelötet. Dazu ist ein Zerlegen des Magnetventils in der Regel nicht notwendig. Die Verwendung eines kühlenden nassen Lappens reicht normalerweise aus.
Magnetventile „EVR“ sollten in einen horizontalen Rohrabschnitt vorzugsweise mit der Spule (Ankerrohr) nach oben eingebaut werden. Unter schwierigen Montageverhältnissen darf das Ankerrohr auch bis zur Horizontalen gedreht werden. (Rohrleitungsanschlusse waagerecht und Richtung Ankerrohr, das zur Seite wegschaut). Zwischenstellungen zwischen diesen beiden Extremstellungen sind auch denkbar.
 

Anwendung | „EVR“-Magnetventile für Kältemittel können aber nicht nur in der Flüssigkeitsleitung eingesetzt werden. Auch  die Anwendung in der Heißgas-, Kondensat-, Saug- und Heißgasbypassleitung ist möglich. Im Heißgas-, Heißgasbypassleitungsbetrieb und in Heißgasspeiseventilen für Heißgasabtauung sollte besonders auf die maximal zulässigen Medientemperaturen der Magnetventile geachtet werden. Beim „EVR“ sind dies 105 °C. Bei Magnetventilen für die Saugleitung ist der interessantere Wert die minimale Medientemperatur. Diese ist bei „EVR“ -40 °C. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier selbst Verdampfungstemperaturen von -45 °C kein Problem sind, da das Kältemittel in der Saugleitung bereits überhitzt ist. Das heißt, zu der Verdampfungstemperatur von -45 °C sind mindestens 7 K zu addieren. Mit diesen rechnerischen -38 °C liegt man wieder voll im Anwendungsbereich. Falls ein Heißgasbypassmagnetventil zusätzlich zu einem Heißgasbypassregler eingebaut werden soll, kann getrost ein „EVR“ ausgewählt werden. Soll dieses Magnetventil jedoch auch Regelaufgaben übernehmen und minütlich getaktet werden, dann sollte ein spezielles Magnetventil Typ „EVRP“ für hohe Taktraten eingesetzt werden.


„MOPD“ | Ein interessanter Punkt bei Magnetventilen ist der „MOPD“. „MOPD“ heißt „maximum opening pressure differential“ und steht für den maximalen Öffnungsdifferenzdruck, der von der betreffenden Ventil-Spulenkombination gehalten werden kann. Dieser „MOPD“ hängt maßgeblich von dem Magnetventiltyp, aber auch von der verwendeten Spule ab. So kann beispielsweise ein „EVR 3“ mit einer 10 W-Wechselstromspule 21 bar und mit einer 12 W-Wechselstromspule schon 25 bar halten. Dieser Punkt ist beim Einsatz in der Flüssigkeitsleitung und im normalen Kühlbetrieb kein Problem. Wird dann aber z.B. durch Schließen des Magnetventils abgesaugt und über den Niederdruckschalter die Anlage abgeschaltet, muss vom Magnetventil der volle Differenzdruck zwischen Hoch- und Niederdruckseite gehalten werden. Ein Beispiel hierfür wäre bei Normalkühlung R134a -10 °C Verdampfungstemperatur = 1 bar Manometerdruck (Überdruck) und 45 °C Verflüssigungstemperatur = 10,5 bar. Damit muss das Magnetventil (10,5 – 1 =) 9,5 bar halten können. Das ist meist problemlos möglich. Bei R404A oder R507 sind diese Druckwerte meist höher. In diesen Fällen sollte man die „MOPD“-Thematik im Hinterkopf behalten.
Als Praxistipp kann gelten, im Zweifelsfall eine 10 W-Standardspule durch die „stärkere“ 12 W-Spule zu ersetzen. Dies ist kein großer Aufwand, hat nie negative Auswirkungen und hilft eventuell in einem Grenzfall.


Spule | Ein wichtiger Teilaspekt bei Magnetventilen ist die Spule. Die Montage der Spule in der aktuellen „Clip on“-Ausführung ist denkbar einfach. Spule einfach auf das Ankerrohr des Magnetventilunterteils aufstecken und einmal nachdrücken, bis es einrastet – fertig. Die Spule ist aus einem Stück und oben geschlossen. Wichtig ist dabei zu kontrollieren, ob der O-Ring am unteren Ende des Ankerrohrs (am Übergang vom Ankerrohr zum Gehäuse) montiert und unversehrt ist. Dieser O-Ring dient zur Abdichtung der Spule gegen Feuchtigkeit (auch Luftfeuchtigkeit). Von außen ist der Spulenkörper diffusionsdicht, nur von innen (vom Ankerrohr her) kann Feuchtigkeit eindringen. Diese Feuchtigkeit von innen ist der Hauptfeind von Magnetventilspulen. Sollte man ältere Ausführungen dieser Spulen vor sich haben, dann ist auch die Abdichtung am oberen Ende des Ankerrohrs zu prüfen. Diese Ausführungen (Bezeichnung „18Z“ = ältere Version, im Gegensatz zu „18F“ = Clip on) sind zunächst oben und unten offen und werden mit entsprechendem Montagematerial befestigt (verschraubt) und abgedichtet.
Praxistipp: Findet man eine geplatzte Spule vor, bei der sich außen bereits „Kunststoffnasen“ gebildet haben, so ist der Grund hierfür meist Feuchtigkeit, die von der Innenseite in die Spule eingedrungen ist. Kann man an der Innenseite der Spule braune Rostflecken erkennen, dann ist von einer ungenügenden Abdichtung der Spule auszugehen. Bei der Instandsetzung sollte dann besonders diesem Punkt Rechnung getragen werden (eine neue Spule montieren und diese mit dem O-Ring abdichten).


NC / NO | Magnetventile gibt es in NC- („normally closed“ = stromlos geschlossen) und in NO-Ausführung („normally open“ = stromlos offen). Die üblichen Magnetventile in der Flüssigkeitsleitung sind als NC-Ventile ausgeführt. Das hat den Vorteil, dass bei Stillstand der Anlage und bei spannungsloser Magnetventilspule das Ventil geschlossen ist, was Vorteile hinsichtlich der Vermeidung von Kältemittelverlagerungen bietet. Auch ein Stromausfall des Energieversorgers führt aus diesem Grund zu keinerlei Problemen an der Kälteanlage. Der Einsatz von NO-Ventilen hingegen kann besonders ratsam sein, wenn das Ventil immer nur kurze Zeit geschlossen sein soll. Auch wenn Spulen nicht zu den Hauptstromfressern einer Kälteanlage gehören, kann so über Jahre gesehen doch einiges an Energiekosten eingespart werden. Bei „EVR“-Magnetventilen sind alle Leistungsgrößen („EVR 2 - 40“) in Version NC erhältlich, jedoch nur „EVR 6 - 22“ in NO.
Praxistipp: Wie erkennt man, ob es sich um ein NO- oder NC-Ventil handelt, falls auf dem Ventil keine Typenbezeichnung mehr erkennbar sein sollte? Am oberen Ende des Ankerrohrs befindet sich bei jedem Magnetventil („EVR“) eine umlaufende Nut, die zur Befestigung der Spule dient. Das ist bei NC und NO gleich. Findet man allerdings noch eine weitere umlaufende Nut am unteren Ende (in der Nähe des restlichen Magnetventilgehäuses) vor, dann handelt es sich um ein NO-Ventil. NC-Ventile haben nur eine Nut im Ankerrohr.


Ausblick | Damit schließen wir den Themenbereich Magnetventile ab.
Verpassen Sie nicht die nächste Ausgabe der „Tipps für den Monteur“ an gleicher Stelle mit dem Schwerpunkt Filtertrockner und Schaugläser.

Info
Sollten auch Sie an einem bestimmten Thema interessiert sein, das zumindest im weitesten Sinne mit Danfoss-Produkten und deren Anwendung zu tun hat, so können Sie jederzeit die Homepage www.danfoss.com besuchen und dort Ihr Wunschthema vorschlagen. Zu diesem Zweck wurde dort eine spezielle Rubrik eingerichtet.

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