Rechtstreit um Milchkühlanlage - Fragen an den Sachverständigen

Wieder einmal beantwortet der Sachverständige Hort-Rüdiger Krä aus Straubing eine Frage, die ihm im Rahmen seiner Sachverständigentätigkeit von einem Kälteanlagenbauer gestellt wurde. In diesem Fall geht es um einen Tipp für die Vorgehensweise in einem Rechtsstreit wegen einer falsch dimensionierten Milchkühlanlage.

Frage | Wir haben ein Gerichtsverfahren anhängig, das in eine ganz andere Richtung läuft, als wir es haben möchten. Was können wir tun?


Der Fall | Ende letzten Jahres haben wir einen Kältesatz für einen landwirtschaftlichen Milchkühltank geliefert. Die Leistung des Kältesatzes wurde von uns nicht berechnet. Die Angaben der erforderlichen Leistung haben wir über einen landwirtschaftlichen Mechanikerbetrieb erhalten, der wiederum diese Daten mit einem technischen Blatt des Herstellers erhielt. Die uns übermittelten Daten stimmen nicht, wie man jetzt feststellen konnte. Die Leistung des Kältesatzes ist somit zu gering angesetzt. Trotz Dauerlauf wird im Sommer die notwendige Temperatur knapp nicht erreicht. Fakt ist, dass der Mechaniker unsere Rechnung nicht bezahlt. Die Angelegenheit ist vor Gericht und der vorsitzende Richter hat einen landwirtschaftlichen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Kläger ist ein Landwirt, Beklagter der Mechanikerbetrieb.

Das Problem ist aber, dass die Hauptmängel mechanischer Art sind. Der Sachverständige (Mechanikerhandwerk, Fachrichtung landwirtschaftliche Mechanik) will in einigen Wochen einen Ortstermin durchführen und hat durchblicken lassen, dass er von Kältetechnik nichts versteht, aber das „bisschen“ Kälte schon in den Griff bringen wird. Kälte wäre schließlich auch im Mechanikerhandwerk daheim gewesen. Wir haben nun Angst, durch diesen Prozess tatsächlich kein Geld zu bekommen. Was können wir tun?

 

Der Sachverständige antwortet |
Das Problem ist in der Tat nicht einfach zu lösen. Sie sollten als erstes einmal einen Ihnen genehmen Rechtsanwalt aufsuchen. Rechtsberatung ist dem öffentlich bestellten und vereidigten (öbuv) Sachverständigen untersagt.

Trotzdem kann ich insofern weiterhelfen, als ich Ihnen einen gangbaren Weg aufzeichne. Ein  beauftragter Rechtsanwalt sollte prüfen, ob der angebliche Mangel an der Kälteanlage tatsächlich im Beweisbeschluss berücksichtigt ist. Ist er berücksichtigt, sollte Ihr Anwalt sofort den Sachverständigen in diesem Punkt ablehnen und einen Sachverständigen für Kältetechnik (Mechanikerhandwerk Fachrichtung Kältetechnik oder Kälteanlagenbauerhandwerk) vorschlagen. Ist der Mangel an der Kälteanlage nicht im Beweisbeschluss berücksichtigt, sollte Ihr Anwalt eine Änderung des Beweisbeschlusses erwirken.

Das ist aber nicht so einfach, wie es im ersten Augenblick scheint. Unter Umständen müssten Sie dem Rechtsstreit durch Streitverkündung beitreten. Vorsicht ist aber angebracht, denn man könnte Ihnen ein Versäumnis Ihrer Hinweispflicht unterstellen. Ihr Rechtsanwalt muss die Vertragsgestaltung überprüfen und dann tätig werden. Auch ist zu untersuchen, ob das Werk übergeben wurde und eine Abnahme erfolgt ist. Vielleicht haben Sie die Mangelfreiheit Ihres Werkes durch den Mechanikerbetrieb bestätigt erhalten? Dieser Betrieb war offensichtlich Ihr Auftraggeber. Dann erscheint die Angelegenheit wieder in einem anderen Licht. Sie müssten unter Umständen ein neues Verfahren unter Einhaltung des kaufmännischen Mahnweges einleiten. Hier wäre zudem auch die Beweislast zu prüfen. Davon wäre auch der beim Gericht einzuzahlende Vorschuss abhängig.

Ich gehe davon aus, dass der von Ihnen gelieferte Kältesatz tatsächlich nicht mangelbehaftet ist, sondern lediglich falsch berechnet, oder falsche Daten aus der technischen Dokumentation entnommen wurden. Das würde Ihre eigene Schuld, sofern überhaupt vorhanden, in Frage stellen.

Sie sehen die Fragwürdigkeit des Einstiegs in ein Verfahren. Aus meiner langjährigen Erfahrung würde ich Ihnen eher zu einer gütlichen außergerichtlichen Erledigung raten. Die Einschaltung eines Sachverständigen in einem außergerichtlichen Verfahren ist möglich, aber auch mit Kosten verbunden. Wie man im Volksmund so schön sagt, sollte die Sauce nicht teurer als der Braten werden. Dadurch spreche ich natürlich gegen Aufträge meines Berufsstands, aber, um wieder im Volksmund zu sprechen: Man sollte auch die Kirche im Dorf lassen!


Mein Tipp | Wenn Sie Mitglied in einem Kälte-, Berufs-, Unternehmer- oder Wirtschaftsverband (z.B. Innung, VDKF oder ZVKKW) sind, können Sie ja auch die erste Rechtsberatung kostenlos von dort erhalten.


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