Universitätscampus Bielefeld: Zukunftsweisende Kühlung und Heizung


Auf dem Bielefelder Universitätscampus (www.campus-bielefeld.de) werden bald drei große Gebäudekomplexe in Teilen mit unterschiedlichen technischen Konzepten aus derselben Energiequelle wirtschaftlich und ressourcenschonend gekühlt und beheizt.
Dass für die Klimakälte- und Wärmeversorgung aller Komplexe auf unterschiedliche Weise Erdwärme mitgenutzt werden wird, hat nicht nur damit zu tun, dass man für zukunftsweisende Gebäude nach entsprechenden energetischen Lösungen gesucht hat. Selbstverständlich wurde der Einsatz der Geothermie auch daran gemessen, ob er sich wirtschaftlich trägt.
Einen tragfähigen Untergrund benötigt jedes Gebäude. Gegebenenfalls hilft man nach. Die neue Fachhochschule zum Beispiel steht auf rund 800 etwa 8 bis 20 m tiefen Bohrpfählen aus Beton. Beton ist ein ausgezeichneter Wärmeleiter. Als „Energiepfähle“ mit Wärmetauschrohren aus­ge­stat­tet, können solche Konstruktionen Wärme aus dem Boden aufnehmen und zur Kühlung Wärme aus dem Gebäude in den Boden abgeben. Die sonst üblichen Erdwärmesonden-Bohrungen kann man sich in einem solchen Fall sparen und die statisch notwendigen Bauteile kostensparend nutzen. Um die Grundlast der Fachhochschule decken zu können, wird eine Heizleistung von 260 kW benötigt, die die Erdwärme gekoppelt mit einer Wärmepumpe bereitstellen soll. Der entsprechende Klimakältebedarf war mit 365 kW ermittelt worden. Dieser sollte als „freie Kühlung“ direkt, also ohne Wärmepumpeneinsatz, dem Untergrund entnommen werden. Die Frage war nun, wie viele der „Pfähle“ in das Erdwärmesystem einbezogen werden mussten, um eine dauerhafte und reibungslose Versorgung des Gebäudes zu gewährleisten. Bedingt durch ihren Abstand war zu erwarten, dass sich die „Pfähle“ in ihrer Leistungsfähigkeit gegenseitig beeinflussen. Mithilfe eines Enhanced Geothermal Response Tests (EGRT) wurden die Wärmeleitfähigkeiten in einem Pilotpfahl auf dem Gelände ermittelt. Diese Werte bildeten dann die Ausgangsdaten für die weiteren Berechnungen. Es zeigte sich, dass von den insgesamt 800 Bohrpfählen lediglich 406 tatsächlich mit Wärmetauschrohren ausgestattet werden mussten.
Beim Forschungsbau war vorgesehen, die Geothermie im Winter als „freie Heizung“, also ohne Wärmepumpeneinsatz zur Vorwärmung der Zuluft zu nutzen. Im Sommer erfolgt die Nutzung durch „freie Kühlung“ des mit Betonkerntemperierung ausgestatteten Teils der 5300 m² Nutzfläche des Gebäudes.
Der EGRT spielte auch bei der Lösung der dritten Aufgabe eine Rolle. Für einen Teil der 28.000 m² Nutzfläche des Ersatzneubaus war eine Heizgrundlast von 390 kW durch Erdwärme plus Wärmepumpe abzudecken, über die freie Kühlung 300 kW. Auch dieses Gebäude verfügt in Teilen über eine effiziente Betonkerntemperierung. Das Sondenfeld sollte sich nordwestlich an den Neubau anschließen. Wie beim FBIIS und der FH wurde auch beim ENUS eine Pilotbohrung abgeteuft, getestet und ausgewertet. Ergebnis: Durch die Energiepfahlanlage der FH werden benachbarte Bereiche nur sehr geringfügig beeinflusst. Letzteres festzustellen war wichtig, um ggf. zukünftig auch Nachrüstungen innerhalb des vorhandenen Bestandes mit geothermischen Systemen ins Auge fassen zu können. Mensa, Seminar- und Vorlesungsräume des Ersatzneubaus werden jedenfalls zukünftig aus 81 je 85 m tiefen Erdwärmesonden zuverlässig mit Wärme und Klimakälte versorgt.

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