Energetische Sanierung im Hotel und Pflegezentrum Artos

eXergiemaschine reduziert den Energie- und Wasserverbrauch

Die Abwärme der Kälteanlagen im Zentrum Artos Interlaken (Schweiz) wurde bisher nur zum Teil genutzt. Ein Großteil der Abwärme wurde mit Wasser abgeführt, um Geräuschbelästigungen durch ein dachaufgestelltes Rückkühlwerk zu vermeiden. Dies führte jedoch zu einem hohen Wasserverbrauch. Dieser sollte bei einer Sanierung gesenkt und die Abwärme besser genutzt werden. Wie dies gelungen ist, zeigt der folgende Beitrag.

Das Zentrum Artos Interlaken (Schweiz) bietet Raum für Menschen – die bewährte Kombination von Hotel, Pflegezentrum und Wohnen lädt ein zum Verweilen. Die Anlage umfasst ein Pflegezentrum für 96 Personen, ein Hotel mit 110 Betten und Seminarräumen, 70 Mietwohnungen, ein Restaurant und einen Wellness- und Physio-Bereich. Über ein Dutzend Gebäude befinden sich auf dem Gelände, wobei das Hotel und das damit verbundene, vor 25 Jahren errichtete Haus Regenbogen die größten Objekte sind. Das viergeschossige Haus Regenbogen ist Zuhause für 48 Bewohnende und enthält auch ein Technikzentrum zur Versorgung aller Liegenschaften über ein eigenes Fernwärmenetz. Ein Teil davon wurde im Jahr 2021 saniert, um den Energie- und Wasserverbrauch zu senken.

Abwärmenutzung optimieren, ­Kühlwasserbedarf reduzieren

Bei der Sanierung stand die optimale Abwärmenutzung im Fokus. Die Kühl- und Tiefkühlanlagen der Großküche liefern bis zu 26 kW Abwärme (im Durchschnitt zirka 15 kW), deren Nutzung schon beim Bau von Haus Regenbogen angedacht war. Indem die Abwärme der Warmwasserbereitung für die Küche diente, wurde aber nur ein Bruchteil des Potenzials genutzt. Der größte Teil der Abwärme musste ungenutzt abgeführt werden. „Da wir ein dachauf­gestelltes ­Rückkühlwerk wegen der langen Leitungswege und der Geräuschbelästigung ausgeschlossen haben, erfolgte die Rückkühlung der Kälteanlagen mit Wasser“, berichtet Hans­peter Gafner, Leiter Technik im Zentrum Artos. „Also haben wir vor ein paar Jahren den Bedarf gemessen und haben nicht schlecht gestaunt: Für die Kühlung brauchten wir tausend Kubikmeter Trinkwasser im Jahr“, berichtet er. Das entspricht etwa der Menge von 15 Vollbädern – pro Tag wohlgemerkt.

Temperatur-Boost macht aus ­Abwärme Nutzwärme

Gafner sprach mit einigen Experten und erfuhr im Gespräch mit Res Leuenberger von BMS-Energietechnik (Wilderswil/Schweiz) von der eXergiemaschine. Die damals von BMS und ihrem Entwicklungspartner varmeco gerade erst auf den Markt gebrachte Maschine wurde dafür ausgelegt, Wärme von einem mittleren Temperaturniveau auf ein höheres, gut nutzbares Niveau zu bringen. „Das war genau, was wir brauchten, um die Abwärme von 35°C auf die richtige Temperatur zur Warmwasserbereitung zu heben“, sagt Gafner und ließ die Haustechnik modernisieren bzw. sanieren.

100.000 Schweizer Franken, die sich bezahlt machen

In Summe hat das Zentrum Artos etwa 100.000 Schweizer Franken investiert. Die Planung hat Gafner gemeinsam mit den planenden und ausführenden Unternehmen vorgenommen. Beteiligt waren neben der BMS Energietechnik das ortsansässige Unternehmen Fischer Haustechnik sowie Gebäudetechnikspezialisten aus Bern. Letztere haben die insgesamt vier Kälteanlagen des Objekts (eine für einen Schnellkühler sowie drei für Kühlung und Tiefkühlung) auf neue, klimafreundlichere Kältemittel umgerüstet. Es bot sich an, dies im Zuge des Umbaus mitzumachen, denn in der Schweiz wird die frühzeitige Umrüstung auf Kältemittel mit niedrigem Treibhauspotenzial gefördert.

Klimafreundlichere Kältemittel im Einsatz

In zwei Kälteanlagen kommt nun R449A statt R404A zum Einsatz, die beiden anderen sind nun statt mit R134a mit R513a befüllt. Die neuen Kältemittel bieten ähnliche bzw. bessere Eigenschaften als die ehemals genutzten und erforderten keine Umrüstung der Anlagen. Zudem wurden die Einspritzventile neu eingestellt, da nun höhere Heißgastemperaturen möglich sind.

Als Bindeglied zwischen den Kälteanlagen und der Wärmetechnik wurden zwei neue Dual-Plattenwärmeübertrager installiert. Als Dualsysteme bieten sie jeweils zwei Kältemittelkreise, die beide Abwärme auf einen Wasserkreis übertragen. Das früher zur Abwärmenutzung verwendete, speicher­interne Register wurde somit überflüssig. „Es hätte von den Leistungsdaten und von seiner Effizienz nicht zu unserem neuen Konzept gepasst“, erklärt Gafner. Zusätzlich dient ein Rohrbündelverflüssiger der Restwärmeabgabe.

Aus Alt mach Neu: Speicher wurden umgenutzt

Die beiden vorhandenen Trinkwarmwasserspeicher (zusammen 7000 l) wurden umgenutzt zu Heizwasser-Speichern, wobei einer die Abwärme der Kälteanlagen aufnimmt (er wurde zum Niedertemperaturspeicher, NT) und einer der Bereitstellung von Heizwasser bei mehr als 60°C dient (Hochtemperaturspeicher, HT). Zudem wurden neue Anschlüsse für die eXergiemaschine vorgesehen, damit diese auf den idealen Temperaturniveaus einspeisen kann. So wird der Hochtemperaturspeicher (HT) von der eXergiemaschine oben an der heißesten Stelle geladen. Sollte die so bereitgestellte Wärme nicht reichen, deckt Fernwärme restliche Wärmeleistung.

Für den zum Laden des HT-Speichers nötigen „Temperatur-Boost“ entnimmt die eXergiemaschine dem HT-Speicher im unteren Bereich Wasser und erhitzt es, bevor es mit rund 65°C oben wieder eingespeist wird. Da die eXergiemaschine wie eine Wärmepumpe funktioniert, hat sie auch eine „kalte“ Seite. Diese wird genutzt, um das etwa 40°C warme Wasser im oberen Teil des NT-Speichers abzukühlen und ganz unten wieder in den Speicher zu führen. So entsteht eine optimale Temperaturschichtung in dem Zwei-Speicher-System: Im HT-Speicher steht oben Wärme auf hohem Niveau zur Warmwasserbereitung bereit, der untere Bereich des NT-Speichers ermöglicht einen kühlen Rücklauf zur Quelle, also den Kälteanlagen. „Diese benötigen aufgrund der guten Kühlung für dieselbe Kälteleistung weniger Strom, da sich tiefere Kondensationstemperaturen einstellen“, berichtet Simon Amacher von der Fischer Haustechnik. „Früher wurde die Abwärme über ein speicherinternes Register bereitgestellt, das weniger wirkungsvoll arbeitete als die neuen Plattenwärmeübertrager und daher höhere Rücklauftemperaturen verursachte.“

Höhere Kälteleistung und weniger Kältemittel

Im Vergleich zur Wärmeabfuhr über Luft-Rückkühler, wie sie oft eingesetzt werden, arbeitet die Kältetechnik bei Abwärmenutzung ohnehin um einiges besser, da die kühlende Wirkung kaum saisonalen Schwankungen unterworfen ist. Beim Projekt Zentrum Artos zum Beispiel kann mit Verflüssigertemperaturen von etwa 30 Grad gearbeitet werden, also zirka 10 K weniger als bei Luftkühlern, was der Kälteleistung zugutekommt. Hier bietet die Abwärmenutzung einen weiteren Vorteil gegenüber dachaufgestellten Kühlern: Es wird viel weniger Kältemittel benötigt, weil die Abwärme direkt in der Kältezentrale im Keller ausgekoppelt werden kann.

Hygiene und vollständige ­Abwärmenutzung

Da das Trinkwarmwasser nicht mehr in Speichern bereitgestellt werden sollte, ließ Artos zwei Frischwassererwärmer installieren. Diese Geräte erhitzen kühles Trinkwasser bedarfsgerecht mithilfe des HT-Heizwassers im Durchlaufprinzip. Dabei sind Heiz- und Trinkwasser strikt getrennt. Durch den Verzicht auf Trink-Warmwasserspeicher wird die Verweilzeit des Warmwassers drastisch reduziert und das Legionellenrisiko minimiert.

„Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme der eXergiemaschine im Herbst 2021 haben wir den Betrieb erst einmal beobachtet“, sagt Gafner. „Dabei haben wir zusammen mit BMS festgestellt, dass die eXergiemaschinen-Steuerung noch effizienter regeln würde, wenn die angeschlossenen Temperaturfühler anders am Wärmespeicher platziert werden.“ Das Umsetzen der Fühler wirkte sich vor allem positiv auf den kühlen Rücklauf zu den Kälteanlagen aus, sodass diese seitdem noch effizienter arbeiten.

Return on Investment in weniger als sieben Jahren

„Heute können wir die Abwärme der Kälteanlagen zu fast 100 Prozent nutzen“, freut sich Gafner. Das spart nicht nur eine ­Million Liter kühlendes Trinkwasser jährlich (ca. 6.000 CHF/a), sondern senkt auch den Bedarf an Fernwärme und Strom (ca. 8.000 CHF/a), was einer Reduktion des CO2-Fußabdrucks um 39 t/a entspricht. Aber nicht nur die Umwelt profitiert von der Sanierung, berichtet Gafner: „Als wir die Kalkulation aufgesetzt haben, ergab sich eine Amortisationszeit von sieben Jahren. Aber aufgrund der steigenden Energiekosten wird der ROI sicherlich deutlich früher eintreten.“

So funktioniert die ­Abwärmenutzung mit der eXergiemaschine

Die eXergiemaschine, die varmeco und BMS-Energietechnik gemeinsam entwickelt haben, stellt eine optimierte Temperaturschichtung im Wärmespeichersystem her. Dazu arbeitet im Inneren des Geräts eine einstufige Wasser-Wasser-Wärmepumpe, die für eine große Temperaturspreizung bis etwa 50 K im Pufferspeicher ausgelegt ist und auch bei Quelltemperaturen von 55°C und mehr arbeitet. Während des Betriebs entnimmt die eXergiemaschine Wasser auf mittlerem Temperaturniveau aus dem Speichersystem. Ein Teil davon fließt am Kondensator der Maschine vorbei, wo es erhitzt wird, bevor es in den heißen Teil des Speichers gelangt. Der andere Teil führt über den Verdampfer und leitet das dort heruntergekühlte Wasser danach in den kühlsten Bereich des Speichersystems. So macht die eXergiemaschine die Abwärme, die auf geringem Temperaturniveau vorliegt, auf hohem Temperaturniveau nutzbar.

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