Bekämpfung des Kältemittel-Schwarzmarkts

Interview mit Asercom-Präsident Wolfgang Zaremski

Aktuell sieht sich die Kälte-/Klima-Branche mit der illegalen Einfuhr von Kältemitteln konfrontiert. Damit werden Kälte- und Klimaanlagen in ihrem Betriebsablauf nicht nur gefährdet – illegal importierte Kältemittel bergen auch die Gefahr, im größeren Ausmaß Schäden zu verursachen. Wolfgang Zaremski, Experte des Komitees Coolektiv und Präsident von Asercom, dem Verband der Europäischen Komponenten-Hersteller, berichtet im KKA-Interview über eine illegale Flasche, die von Coolektiv beschafft und deren Inhalt dann analysiert wurde.

KKA: Herr Zaremski, bitte beschreiben Sie Ihre Intentionen bezüglich der illegalen Flasche. Warum hat Coolektiv diese erworben und analysieren lassen?

Zaremski: Das Expertenkomitee Coolektiv hat diese Untersuchung initiiert. Unsere Partner aus der Politik und alle relevanten Marktteilnehmer machen sich für eine Umsetzung der europäischen F-Gas-Verordnung stark. Die aktuelle F-Gas-Verordnung muss ohne Wenn und Aber erfolgreich umgesetzt werden! Die Bekämpfung der illegalen Einfuhr von Kältemitteln ist dabei ein zentrales Thema. Mit unserem Aufdecken und Analysieren dieser illegalen Flasche verfolgen wir das Ziel, auf die Problematik und das Gefahrenpotenzial von rechtswidrig eingeführten Kältemitteln aufmerksam zu machen. Hier gilt es, Schwachstellen im Bestellprozess, in der Lieferkette und bei behördlichen Kontrollen aufzudecken. Weiter möchten wir identifizieren, welche rechtlichen Grenzen überschritten werden. Nur durch eine genaue Situationsanalyse sind wir in der Lage, gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung des Kältemittel-Schwarzmarktes zu fordern und einzuleiten.

KKA: Wie lief der Bestellprozess der illegalen Flasche ab?

Zaremski: Nachdem wir Hinweise auf den Internethandel mit illegalen Kältemitteln erhalten hatten, galt es für uns, den Prozess von der Bestellung bis zur Anlieferung zu durchleuchten – mit einer anschließenden chemischen Analyse des Kältemittels. Dazu haben wir das Produkt R404A im ersten Schritt über den Online-Vertriebsweg bestellt. Hier stellte sich heraus, dass das Kältemittel ohne weitere Prüfung oder Anforderung der notwendigen Zertifikate von jedermann bestellbar war! Eine Privatperson hat dann ein Mehrweggebinde R404A bestellt – nicht ganz überraschend wurde ein Einweggebinde geliefert. Zur Krönung erhielten wir das illegale Kältemittel in einer neutralen Karton-Verpackung über den regulären Paketversand. Da stellt sich für uns die Frage: Warum werden besondere Anforderungen an die Belüftung der Montagefahrzeuge gestellt, mit denen unsere Kälte-/Klima-Fachbetriebe Kältemittel transportieren? Das latente Gefahrenpotenzial eines solchen, nicht deklarierten Kältemittel-Transports durch einen Paketversand darf nicht unterschätzt werden.

KKA: Herr Zaremski, Sie haben es schon angesprochen: Bei der Bestellung konnten wesentliche Schwachstellen des illegalen Bestellprozesses aufgedeckt werden. Bitte beschreiben Sie, inwiefern bei der Bestellung die Rechtsgrenzen überschritten wurden.

Zaremski: Einerseits entspricht die Abwicklung bei diesem Online-Vertriebsweg nicht dem geltenden Recht, denn der von uns geprüfte Anbieter kontrolliert in keiner Weise die notwendigen Zertifikate des Bestellers. Andererseits wird das gelieferte Kältemittel R404A nicht im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften verkauft: Anstatt eines wiederbefüllbaren Mehrweggebindes erhielten wir ein Einweggebinde. Dieses ist jedoch seit dem 4. Juli 2007 in Europa strikt verboten. Außerdem wurden beim Transportweg die rechtlichen Vorschriften nicht eingehalten. Die notwendigen Sicherheitsbestimmungen wurden ignoriert: Da das Produkt in einer Umverpackung ausgeliefert wurde, hätte die Kennzeichnung „Umverpackung“ mit der entsprechenden UN-Nummer auf dem Karton stehen müssen. Auch wurde das Produkt nicht als Gefahrgut gekennzeichnet. In diesem Zusammenhang stellt sich dann für uns die Frage, ob das Kältemittel-Transportfahrzeug ausreichend belüftet wurde. Konnte der Fahrer die Vorschriften beachten? Hier ergeben sich nicht nur Gefahren für den Betreiber im Betriebsprozess – das Produkt kann schon im Prozess des Transportes Personen gefährden. Die einfache Frage nach dem Vorhandensein eines vorgeschriebenen Feuerlöschers im Transportfahrzeug mit mindestens zwei Kilogramm Inhalt wage ich gar nicht zu stellen.

KKA: Damit wir gemeinsam die F-Gas-Verordnung der EU meistern können, sind weitere rechtliche Schritte zur Unterbindung der illegalen Einfuhren notwendig. Was muss Ihrer Meinung nach getan werden, um das illegale Inverkehrbringen von Kältemitteln zu unterbinden? Was sind die wesentlichen rechtlichen Maßnahmen, die eingeleitet werden müssen?

Zaremski: Um das illegale Inverkehrbringen von Kältemitteln langfristig zu unterbinden, sind gezielte Kontrollen auf europäischer Ebene vonnöten. Diese sind aktuell unzureichend und müssen akut verschärft werden. Es darf nicht sein, dass eine zentrale EU-Meldestelle für die F-Gas-Einfuhren erst in einigen Jahren die Tätigkeit aufnehmen wird. Außerdem sind eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen der Industrie, der Politik und den Markt-Aufsichtsbehörden entscheidend, um die illegalen Einfuhren schnellstens stoppen zu können. Ganz entscheidend ist aber auch, gegen die Betreiber des Kältemittel-Schwarzmarktes rechtliche Konsequenzen einzuleiten. Nach deutschem Strafrecht ist auf das illegale Inverkehrbringen von Kältemitteln eine Strafe von bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro möglich.

KKA: Warum ist es so wichtig, nur legal eingeführte Kältemittel einzusetzen?

Zaremski: Entsprechen Kältemittel nicht den geltenden Produktstandards, wenn sie zum Beispiel in ihrer Zusammensetzung verunreinigt sind, können sie Langzeitschäden an Kälte-/Klima-Anlagen und damit erhebliche wirtschaftliche Schäden beim Betreiber verursachen. Schlimmstenfalls kommt es zu Personenschäden. In unserem beschriebenen konkreten Fall brachte die Analyse zwar keine negativen Erkenntnisse und das Produkt hat die Grenzwerte nicht überschritten. Aber das hätte auch anders ausgehen können. Man kann sich halt nicht sicher sein, was eine illegal übers Internet bestellte Kältemittelflasche tatsächlich enthält.

Für ein wirtschaftliches und verantwortungsvolles Handeln ist der Einsatz legal eingeführter, qualitätsgeprüfter Kältemittel also essenziell. Diese garantieren im Gegensatz zu illegal importierten Produkten dem Verwender, dass sie alle Anforderungen an die Anlagen-Energieeffizienz, ihre chemische Stabilität und damit an die Zuverlässigkeit erfüllen. Mit der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, wie der REACH- und der F-Gas-Verordnung, dienen sie der allgemeinen Sicherheit und insbesondere dem Umweltschutz.

KKA: Unsere letzte Frage an Sie: Was kann jeder Einzelne tun, wenn er bemerkt, dass illegale Kältemittel angeboten werden? Welche zentralen Anlaufstellen gibt es?

Zaremski: Sobald Hinweise auf das illegale Inverkehrbringen vorliegen, sollten umgehend Schritte zu dessen Bekämpfung eingeleitet werden. Im Übrigen wird dadurch das Fach-Handwerk gegen Wettbewerbsverzerrungen geschützt. Ein illegaler Vertriebsweg kann zum Beispiel daran erkannt werden, dass ein Kältemittel deutlich unter dem marktüblichen Preis angeboten wird. Sobald Sie vermuten, dass ein Marktteilnehmer illegale Kältemittel anbietet, wenden Sie sich an die zentrale Anlaufstelle des deutschen Kälte-/Klima-Handwerks, den Zentralverband Kälte Klima Wärmepumpen e. V. (ZVKKW). Natürlich ist auch Coolektiv eine geeignete Anlaufstelle. Auf europäischer Ebene empfehle ich die EFCTC Action Line der Kältemittel-Produzenten.

Kontakte

ZVKKW
Kaiser-Friedrich-Straße 7, 53113 Bonn,
Tel.: 0228 24 33 88-29, info@zvkkw.de,
www.zvkkw.de
 
Coolektiv
Industrieweg 43, 48155 Münster,
Tel.: 0251 695-934, www.coolektiv.de,
coolektiv@westfalen.com
 
European Fluorocarbons Technical
Committee (EFCTC)
efctc.integrityline.org

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