Individuelle Erfassung des Luftverbrauchs

Luftenergiezähler ermöglicht genaue Abrechnung

Ein Mieterwechsel in einem Mainzer Einkaufszentrum erforderte auch eine Änderung der Klimatisierung. Dabei war dem Eigentümer eine gerechte, verbrauchsabhängige Abrechnung für jeden Mieter wichtig. Möglich wird dies durch Luftenergiezähler des Unternehmens Luftmeister. Die Geräte arbeiten mit einer speziellen Durchfluss- und Enthalpiesensorik und liefern genaue Daten zum Luftverbrauch und zum Monitoring der Luftlieferung.

Seit Jahren suchen Immobilienverantwortliche nach einer Lösung für Klimaluft: Während alle relevanten Gebäudemedien wie Strom, Wasser etc. über Verbrauchszähler erfasst und abgerechnet werden, fehlte es bei den Klimaanlagen an einem Verbrauchszähler. So blieb in von verschiedenen Parteien genutzten Gebäuden nur eine Abrechnung über den „Flächenschlüssel“ – gleiche Kosten für gleiche Flächen, also eine „Flat Rate“. Der große Nachteil: Es gibt keinerlei Einsparanreiz (weder beim Betreiber noch beim „Luftnutzer“), zudem ist die Luft-Medienversorgung der einzelnen Mieter unklar mit Blick auf Quantität und Qualität – und nicht selten gibt es hierzu Meinungsverschiedenheiten. Darüber hinaus erbringt der Flächenschlüssel bei Leerständen, zeitlich versetzten Luftbezügen und unterschiedlichen Luftbedarfen (z. B. Süd-/ Nordseite) eine nicht den Tatsachen entsprechende Kostenverteilung.  

Vor allem bei Handelsimmobilien ergibt sich meist ein zusätzliches, wichtiges Thema, da hier häufiger ein Mieterwechsel stattfindet. Einzelhandel und Mieter in Fachmärkten sowie Shopping-Centern reduzieren ihre Flächen, ziehen in andere Lagen um, zollen vielfach ihren Tribut an den wachsenden Online-Handel und den Covid-bedingten Rückgang des Präsenz-Einkaufs. Zugleich gilt es, neue Mieter (wie bspw. Co-Working-Flächen oder Fitnessstudios) für die freiwerdenden Flächen zu gewinnen. Das erfordert eine höhere Flächenflexibilität der Immobilien, gerade bei der Nachvermietung. Wie kann hier eine zukunftsfähige Klimaluft-Versorgung sichergestellt werden, die bei Neubau, Sanierung und der Flächen-Nachvermietung die erforderliche Flexibilität bietet und zugleich Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt?

Entscheidung für zukunftsweisende Klimaluft-Versorgung

Das Einkaufszentrum „Am Brand“ in Mainz ist hierfür ein gutes Beispiel. Eigentümer ist die Immobiliengesellschaft Aachener Grundvermögen. Am Markt ist das Kölner Unternehmen bekannt für seine konservative sowie auf Langfristigkeit ausgerichtete Anlagestrategie. Zudem berücksichtigt die Gesellschaft bei allen Investitionsentscheidungen ethisch-langfristige Kriterien, sog. ESG-Kriterien.

Im genannten Einkaufszentrum mietete lange Zeit ein großer Fachmarkt drei komplette Stockwerke der Immobilie. Für die Belüftung dieser Flächen wurde eine gemeinsame, große RLT-Anlage eingesetzt, die mit rund 48.000 m3/h Luftleistung ungefähr zu je einem Drittel die drei Stockwerke versorgte. Im vergangenen Jahr entschied sich der Fachmarkt nun, die Untergeschoss-Fläche freizugeben.

Die Aachener Grundvermögen als Eigentümer stand damit vor der Aufgabe, für die große freiwerdende Fläche einen oder mehrere attraktive Mieter zu finden. Mit Blick auf die Klimatisierung gab es für das Unternehmen drei Alternativen:

Alle Geschosse werden weiterhin durch die bestehende RLT-Anlage versorgt und über Flächenschlüssel mit den Klimaluft-Kosten belastet. Diese Lösung hätte Nachhaltigkeits-Ziele ignoriert.

Das freiwerdende Untergeschoss erhält eine eigene RLT-Zentralanlage. Diese Lösung hätte bezüglich der Aufstellfläche und Luftkanalführung erhebliche Schwierigkeiten bereitet und sehr hohe Kosten erzeugt.

Die aktuelle RLT-Anlage wird weitergenutzt und es werden in jedes der drei Geschosse Luftenergiezähler eingebaut. Dadurch wird sowohl der bestehende Fachmarkt-Mieter als auch der/die neue(n) Mieter verbrauchsgerecht mit den Klimaluft-Kosten belastet.

Die Entscheidungsfindung wurde durch das Mainzer Ingenieurbüro dp-mainz begleitet. Geschäftsführer Dirk Drews blickt seit Jahren über den Tellerrand der technischen Gewerke hinaus und zielt – wo immer möglich – auf zukunftsweisende Gesamtlösungen ab. Mit seiner Beratung entschied sich der Projektverantwortliche der Aachener Grundvermögen, der Bau- und Projektmanager Oliver Gritzmann, für die Luftenergiezähler.

Klimakosten werden nach Verbrauch abgerechnet

Zum einen waren damit die Gesamtkosten im Vergleich zu einer zusätzlichen RLT-Anlage geringer, ganz ungeachtet dessen, dass dies erhebliche Platzprobleme und Baustellenbelastungen erbracht hätte. Zum anderen entstand durch den Einsatz der Luftenergiezähler gerade in Abgrenzung zum herkömmlichen „Flächenschlüssel“ ein mehrfacher Nutzen. So werden die Klimaluft-Kosten für alle Mieter nach dem Verbrauch abgerechnet. Das ist fair, rechtssicher und motiviert die Nutzer zur Verbrauchssenkung. Darüber hinaus werden die zukünftigen Erfassungspflichten (z. B. aus GEG §6) schon heute erfüllt. Außerdem kann der Mieter kontinuierlich und digital über seinen Luftbezug informiert werden – über die Volumenströme, Temperaturen und Feuchtewerte, mit denen er versorgt wurde. Auf Basis dieses „Luftliefer-Monitorings“ kann er im Konsens mit dem Betreiber Einsparungen definieren, die dann anlagenseitig umgesetzt werden.

Ein interessanter Aspekt ist ebenfalls, dass sich nunmehr Leerstandkosten erstmals fair aufteilen. Während ein leerstehendes Geschoss im hier beschriebenen Gebäude nach Flächenschlüssel den Eigentümer zu einem Drittel belastete, zeichnet er nun – verbrauchsbasiert – nur noch für etwa 10% der Klimaluftkosten verantwortlich. Denn dies entspricht den stark abgesenkten Volumenströmen im leerstehenden Geschoss, die nur noch dem Bautenschutz dienen.

Verbrauchserfassung von Klimaluft ist schwierig

In Mainz wurden pro Stockwerk drei Luft­energiezähler eingebaut. Damit ist das „Luftliefer-Monitoring“ feingranular – es ist auch für Teilflächen ersichtlich, welche Luftquantität und -qualität dort geliefert wird. Vor allem aber hat der Eigentümer den Vorteil, bereits für zukünftige Mietflächen-Aufteilungen vorbereitet zu sein.

Es kommt gelegentlich die Frage auf, weshalb es nicht schon seit langem auch für die Klimaluft Verbrauchszähler gibt, wie sie für Wasser, Strom, Gas und Wärme mitsamt entsprechender Eichpflichten seit Jahrzehnten genutzt werden. Die Entwicklung eines Verbrauchszählers für Klimaluft ist jedoch technologisch deutlich aufwändiger. Zum einen ist es in den „kurvenreichen“ Luftleitungen (Krümmer, T-Stücke, Reduzierungen allenthalben) alles andere als trivial, einen präzisen Durchfluss zu messen. Zum anderen musste auch erst eine passende Eichgröße geschaffen werden, um dann die für die Abrechnung erforderliche amtliche Eichzulassung für ein entsprechendes Gerät erhalten zu können.

Die Luftmeister GmbH aus Kirchzarten bei Freiburg, ein nach sechs Jahren gut am Markt etabliertes Startup-Unternehmen, hat diese Aufgaben erfolgreich gelöst und einen Luftenergiezähler entwickelt. Mit der seit 2019 gültigen DIN 94701 wurde eine Produktnorm aufgestellt, die Mindestanforderungen an Genauigkeit, Vorstörungsprüfungen und Einbau der Luftenergiezähler definiert. Erfüllt wurden diese hohen mess­technischen Hürden dank einer patentgeschützten Sensorik. Zu guter Letzt wurde dem Luftenergiezähler Anfang 2020 seitens der PTB (Physikalisch-technische Bundesanstalt) die Eichzulassung erteilt. Die Abrechnung erfolgt dabei normgerecht nach der VDI 2077-4. In dieser Anwendungsnorm wurde der Luftenergiezähler zum Stand der Technik erhoben; dort findet sich auch die anzuwendende Abrechnungsformel für die Nebenkostenabrechnung.

Luftenergiezähler unterscheidet Wärme- und Kältelieferung

In enger Zusammenarbeit mit Luftmeister plante der Projektleiter des Planungsbüros dp-mainz Christopher Nikoley den Umbau der Luftleitungen. Diese mussten teils angepasst werden, da die Luftenergiezähler in eine gerade Leitung mit insgesamt vier Durchmesser-Längen einzubauen sind. Im Werk des Herstellers wurden die neun Messstrecken ebenso wie die neun Luftenergiezähler gefertigt. Anschließend wurden die Messstrecken gemeinsam mit dem jeweiligen Luftenergiezähler kalibriert. Dabei kann das Kalibrierlabor des Unternehmens die ganze Bandbreite von kleinen bis hin zu sehr großen Zählern abdecken.

Der Luftenergiezähler wurde somit in der jeweiligen Zuluftleitung der neun Zonen installiert. Um den Mieter in seinem Verkaufsgeschäft nur minimal zu beeinträchtigen, erfolgte dieser Einbau in mehreren Nachtschichten.

Dank einer speziellen Durchflusssensorik wird der Volumenstrom im Bereich von 0,7 bis über 10 m/s präzise erfasst. Dies gilt auch bei kurzen Einlaufstrecken von nur dreifachem Durchmesser hinter beliebigen Vorstörungen. Zudem werden in Außenluft und Zuluft jeweils „Enthalpiefühler“ installiert, die für jeden Zeitpunkt ermitteln, welchen Wärmeinhalt die „kostenlose“ Außenluft und die teuer aufbereitete Zuluft aufweisen. Die thermische Leistung wird dann aus der Multiplikation von Massenstrom und Enthalpiedifferenz gebildet. Der besondere Kniff: Der Luftenergiezähler ist in der Lage, Wärme- und Kältelieferung zu unterscheiden und in getrennten Zählerregistern zu erfassen (Einheit: kWh thermisch). Als dritter Verbrauchszähler dient die Summe des Volumenstroms, der sogenannte Luftzähler (Einheit: Kubikmeter Luftlieferung).

Die Zählerwerte, aber auch die kontinuierlichen Volumenstrom-, Temperatur- und Feuchtewerte werden über M-Bus ausgelesen und zu einem M-Bus-Master übertragen. Dieser leitet die Werte automatisiert an die Luftmeister-Cloud weiter, sodass der Eigentümer Aachener Grundvermögen ganz bequem die erforderlichen Abrechnungs-Parameter über eine monatliche E-Mail erhält.

„Schön, dass es ein solches Zähler-System endlich am Markt gibt“, erklärt der Projektleiter Oliver Gritzmann. „In zukünftigen Projekten lassen sich somit zusätzliche RLT-Anlagen mit ihrem aufwändigen Umbau im Bestand einsparen. Außerdem bieten wir unseren Mietern damit Transparenz bei Luftverbrauch sowie Luftlieferung und leisten schlussendlich einen Beitrag zum Klimaschutz.“

Kurzinterview: Die KKA fragt nach bei Jens Amberg, Geschäftsführer Luftmeister GmbH

KKA: Warum ist die Berechnung der Lüftungskosten generell so schwierig?

Amberg: Zum einen ist die Durchfluss-Erfassung sehr anspruchsvoll – oft hat man mit geringen Strömungen zu tun, auch unterhalb von 1 m/s, und der Luftleitungsverlauf erlaubt meist nur kurze Messstrecken. Zum anderen reicht es nicht, die Luftmenge zu betrachten, sondern es müssen auch die Wärme- und Kältemengen betrachtet werden, die der einzelne Mietbereich verbraucht. Mit dem Luftenergiezähler von Luftmeister ist dies möglich – rechtssicher durch Eichzulassung und Konformität zu DIN 94701 sowie VDI 2077-4.

KKA: Im beschriebenen Objekt wurden die Luftenergiezähler nachträglich, d.h. im Bestand installiert. Ist dies generell möglich, oder müssen dafür bestimmte Bedingungen vorliegen?

Amberg: Ja, die Luftenergiezähler können im Bestand eingebaut werden, wie dieses Projekt aufzeigt. Manchmal muss dafür der Luftleitungsverlauf leicht angepasst werden, wenn sich noch keine vier geraden Durchmesserlängen finden. Und natürlich ist die Verkabelung im Bestand ein wenig aufwändiger als beim Neubau – das sind aber überwindbare Hindernisse.

KKA: Gibt es Reaktionen bzw. ein Feedback seitens der Mieter zu der Lösung?

Amberg: Ja, die Mieter sind zum einen froh, dass die ihnen zuvor zu 100% zugeordnete RLT-Anlage dank unserer Zähler auch durch die zusätzlichen Neumieter genutzt werden kann – das senkt die Kosten. Zudem wird die Verbrauchsbasierung begrüßt, die alle Zukunftsstreitigkeiten ausschließen wird. Zu guter Letzt ist der Mieter sehr interessiert an den Luftliefer-Monitoring-Werten, also den kontinuierlichen Volumenstrom-, Temperatur- und Feuchtewerten, die seine Luftversorgung widerspiegeln. Diese Daten sind wichtig für das Energiemonitoring des Mieters.

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