Kälte nur für Abiturienten?

„Die Ausbildung im Kältehandwerk ist so komplex geworden – das schaffen doch nur noch Abi­turienten.“ Diese Aussage eines Verbandsvertreters unserer Branche hatte ich bereits im Startwort des Januar-Newsletters der KKA zitiert – verbunden mit der Frage an die Newsletter-Abonnenten, ob er mit dieser Auffassung alleine dastehe. Offensichtlich habe ich damit bei vielen den richtigen Nerv getroffen, denn es erreichten mich eine Reihe von Mails mit Stellungnahmen, in denen die Ausbildungssituation in unserer Branche und die Qualifika­tio­nen von Azubis kommentiert wurden.

Ein klares Meinungsbild ist den Stellungnahmen jedoch nicht zu entnehmen. Die Frage, ob man in der Ausbildung eventuell zweigleisig fahren und für planende sowie installierende Mechatroniker unterschiedliche Ausbildungsinhalte und dementsprechend verschiedene Abschlüsse anbieten müsse, fand zwar Befürworter. In den meisten Leserbriefen gab es für diesen Vorschlag jedoch eine klare Absage. Die bekannte Ausbildung solle weiter als gute Basis angesehen werden, auf deren Grundlage sich jeder nach seiner Fasson weiterentwickeln könne. Die Chancengleichheit für Absolventen aller Schulformen müsse gegeben sein. Schließlich gebe es genügend Beispiele für Azubis mit schlechten Schulzeugnissen, die sich in ihrem Wahlberuf dann zum Überflieger entwickelt hätten. Ein Leser sah sogar eine Gefahr darin, eine „Schrauber-Lehre“ anzubieten, weil man damit dem Ruf des gesamten Handwerks schaden würde. „Sonst sind wir irgendwann nur noch die Erfüllungsgehilfen der Industrie ohne eigene Planungskompetenz“, war die geäußerte Sorge.

Nahezu einig waren sich alle, dass die heutigen Azubis anders auftreten würden, aber eben auch anders zu behandeln seien als früher. Die sogenannte Work-Life-Balance hat nun mal an Bedeutung zugenommen, Wochenendarbeiten und Überstunden werden nur widerwillig akzeptiert, die Frage nach Dienst-Handy und Gleitzeit wird schon im ersten Bewerbungsgespräch gestellt. Äußerungen wie „fauler als früher“, „keine Ahnung von naturwissenschaftlichen Zusammenhängen“ oder „handwerklich ungeschickt“ waren in den Leserbriefen zwar auch zu lesen. Man müsse sich aber auf andere Fähigkeiten und eine veränderte Arbeitsmoral der Azubis einstellen und sie akzeptieren, statt nur zu jammern, gab ein anderer Leser zu bedenken. Sonst bekäme man überhaupt keinen Nachwuchs für die Branche mehr. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die heutige Jugend den Altvorderen in Bezug auf Aspekte wie Umgang mit den neuen Medien, Digitalisierung, Fremdsprachenkenntnisse u.v.m. überlegen sei oder zumindest offener damit umgehe.

Sicher ist jedoch, dass das Rennen um die besten Nachwuchskräfte im vollen Gang ist, sowohl innerhalb unserer Branche als auch im Wettbewerb mit anderen Berufen. Wer als Fachbetrieb nicht selbst aktiv wird und sich nicht als attraktiver Arbeitgeber präsentiert, wird auf Dauer Probleme bekommen.

„Grundsätzlich glaube ich an die Jugend!“ Diesem Schlusssatz aus einem Leserbrief kann ich mich jedenfalls nur anschließen.

 
Ihr Christoph Brauneis

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