Sonnenschutzfaktor zum Anziehen

Arbeitskleidung mit UV-Schutz

Wer bei praller Sonne im Freien arbeitet, riskiert schnell einen Sonnenbrand. Damit dieser nicht zur Gewohnheit und damit zum Gesundheitsrisiko wird, gibt es Arbeitskleidung mit Lichtschutzfaktor.

Sobald es Sommer ist, fallen auf den Baustellen die Hüllen. Dann wird oben ohne geschippt und gebaggert, geteert und gemauert. Doch auch wenn die wärmenden Sonnenstrahlen noch so angenehm sein mögen, haben sie auch ihre Schattenseiten: Ein Teil des Sonnenlichts – genauer gesagt die Ultravioletten Strahlen (UV-A und UV-B) – ist hautschädigend. Mit zunehmender Strahlungsintensität – diese ist von April bis September zwischen 11 und 16 Uhr besonders hoch – und längerer Einwirkdauer löst das kurzwellige UV-Licht einen Sonnenbrand aus, der mit Schmerz und Blasenbildung verbunden sein kann. Über viele Jahre kann sich ein Zuviel an Sonnenlicht dann sogar bis zu Hautkrebs aufsummieren. Und tatsächlich hat sich der durch natürliche UV-Strahlung verursachte weiße Hautkrebs zu der am häufigsten angezeigten Berufskrankheit in der Bauwirtschaft und im Bereich der baunahen Dienstleistungen entwickelt. Mit mehr als 2.700 neuen Fällen im Jahr 2020 entfielen rund 18 % aller Meldungen auf dieses Krankheitsbild. Das ist fast jede fünfte gemeldete Berufskrankheit, verkündete die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU, Berlin) anlässlich einer Pressekonferenz im April 2021. Besonders betroffen, so die Auswertungen der Organisation, sind Beschäftigte aus dem Hoch-, Tief- und Straßenbau sowie dem Dachdecker- und Zimmererhandwerk. Das ist wenig verwunderlich: In den Monaten, in denen die UV-Belastungen besonders hoch sind, arbeiten sie unter freiem Himmel. Die BG Bau fordert daher für betroffene Gruppen präventive Maßnahmen, um den negativen Auswirkungen des Sonnenlichts frühzeitig vorzubeugen.

TOP-UV-Schutz

Die BG Bau empfiehlt, im Rahmen einer Gefährdungsanalyse die sonnenbedingten Risiken zu bestimmen und UV-Schutzmaßnahmen nach dem klassischen TOP-Prinzip abzuleiten. Dabei stehen technische (T) und organisatorische (O) Lösungen zunächst vor den persönlichen (P) Schutzmaßnahmen. Zu den technischen Lösungen zählen beispielsweise der Aufbau von Schutzzelten, Sonnenschirmen oder Sonnensegeln für die Überschattung von Arbeitsplätzen im Freien. Organisatorisch kann die UV-Belastung durch Verschieben der Arbeitszeiten in wenig sonnenexponierte Phasen vermindert werden. So gut diese Ideen auch sein mögen, so wenig praktikabel dürften sie in vielen Bereichen sein. Im Straßen- und Autobahnbau müssen Schattenspender die Größe eines Festzelts haben. Auf Großbaustellen könnten sie die Sicht der Kranführer behindern und Privatkunden dürften wenig erfreut sein, wenn sie frühmorgens durch einsetzende Dachreparaturen aus dem Schlaf gerissen werden. Wenn also T und O nicht greifen, müssen persönliche Maßnahmen für die Minimierung der Gesundheitsrisiken ergriffen werden. Eine Methode ist das Tragen von Schutz- und Arbeitskleidung, in die ein UV-Schutzfaktor quasi eingebaut ist. Eine entsprechende Kleidung erkennt man am Label „UV Standard 801“, einer Zertifizierung nach DIN EN 13758 (Textilien-Schutzeigenschaften gegen ultraviolette Sonnenstrahlung) sowie nach dem aus Australien stammenden Standard AS/NZS 4399.

Sonnenschutzfaktor zum Anziehen

Wer nun meint, dass vor allem schwere, dunkelfarbige Klamotten einen wirksamen Schutz gegen UV-Strahlen bieten, kann aufatmen. Seitdem es gelungen ist, Textilien dauerhaft mit einem funktionellen, nicht spürbaren UV-Schutz auszurüsten, gibt es leichte und komfortable Kleidung für die Arbeit im Freien. Angeboten werden insbesondere Shirts, aber auch Jacken und Hosen mit eingebautem Lichtschutzfaktor (UPF) zwischen 20+ und 80+. Die Höhe der Zahl gibt an, wie viel länger sich die Träger einer entsprechenden Kleidung im Bereich von UV-A- und UV-B-Strahlen aufhalten können, ohne Hautschäden davonzutragen. Eine Person, die beispielsweise ein Langarm-Shirt mit UPF 50+ trägt, kann ihre Verweildauer in der Sonne also um das Fünfzigfache verlängern. Allerdings muss nicht jeder Beschäftigte einen maximal hohen Lichtschutzfaktor wählen: Der für jeden Einzelnen notwendige UV-Schutz richtet sich nach dem individuellen Hauttyp und der sich daraus ergebenden maximalen Aufenthaltsdauer in der Sonne (siehe Tabelle). Die von der Kleidung unbedeckte Haut sollte nach Empfehlung der BG Bau übrigens regelmäßig mit Sonnenmilch eingecremt werden; die Augen sind mit geeigneten Sonnenbrillen zu schützen.

UV-Prävention, die gefördert wird

Um die Risiken von Sonnenstrahlen in Bauberufen zu mindern, hat die zuständige Berufsgenossenschaft auf ihrer Homepage umfassende Informationen zusammengestellt. Gleichzeitig fördert sie Maßnahmen zum individuellen Sonnen- und Hitzeschutz. Arbeitsschutzprämien werden beispielsweise für langärmelige Funktions- und Warnshirts mit UV-Schutz gewährt. Sie bewahren Oberkörper und Arme vor zu viel Sonnenlicht und erleichtern die Wärmeabgabe des Körpers bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten.

Die Funktionsshirts sind häufig aus synthetischen Fasern hergestellt – und das aus guten Gründen. Einerseits trocknen sie deutlich schneller als Baumwolle, andererseits bietet Polyester von sich aus einen besseren UV-Schutz als die Naturfaser. Vor allem aber kann eine zuverlässige, von der ISO 20471 geforderte Warnwirkung nur auf synthetischen Oberflächen erreicht werden. Dennoch sind Mischungen mit Baumwolle möglich: Durch eine spezielle Konstruktion wird die Naturfaser nach innen und die fluoreszierende Polyester-Seite nach außen gelegt. Ein solches Material wird als Double Face bezeichnet.

Beim Mietservice ist Schluss mit den Prämien

In Bezug auf die Materialien hat die BG Bau in der Vergangenheit dazugelernt. Während in offiziellen Pressedokumenten noch immer das Tragen luftiger Kleidung aus Baumwolle empfohlen wird, weist der im Juni 2021 überarbeitete Prämienförderungskatalog „Mit Sicherheit sparen – mit den Arbeitsschutzprämien 2021“ explizit Funktions­shirts aus. Deren Anschaffung wird von der BG Bau mit 50 % der Kosten, maximal jedoch mit 30 Euro pro UV-Funktions- bzw. -Warnschutzshirt bezuschusst. Voraussetzung ist, dass es sich um ein langärmeliges Shirt handelt, das wenigstens einen nachgewiesenen UPF 30+ hat; Warnshirts müssen außerdem der Schutzklasse 2 oder 3 entsprechen.

Zu den förderfähigen Produkten gehören außerdem Sonnenbrillen (mit höchstens 20 Euro bezuschusst), Kühlwesten (maximal 100 Euro Zuwendung), Kopfschutz sowie UV-Schutz-Zusatzausstattungen für Schutzhelme (Weitere Infos: https://bit.ly/3y318Yi).

Die Unterstützungswilligkeit der BG Bau hat aber Grenzen. Denn obwohl auch manche Mietservice-Unternehmen Oberteile und Hosen mit integriertem UV-Schutz anbieten, ist hierfür keine Förderung vorgesehen. Das ist unbegreiflich, denn einerseits setzen textile Dienstleister die von der Europäischen Kommission geforderte nachhaltige Kreislaufwirtschaft um. Andererseits stellen sie durch Kontrollen und notwendige Reparaturen die Funktionstüchtigkeit der Kleidung sicher – und verhindern dadurch, dass UV-Strahlen durch Risse oder Löcher an die Haut dringen. Es bleibt zu wünschen, dass die Förderfähigkeit demnächst erweitert wird.

Kollektionsauswahl

In dem 4-Seiter „Anforderungen und Hinweise für Arbeitsschutzprämien – Individueller Sonnen- und Hitzeschutz“ hat die BG Bau eine Herstellerübersicht förderfähiger Warnshirts zusammengestellt. Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ebenso wenig wie die hier präsentierten, exemplarischen Produkte.

Standards

Der „UV Standard 801“ misst den UV-Schutz der Materialien in nassem, gedehntem und gewaschenem Zustand und bewertet die charakteristischen Gebrauchsbeanspruchung eines Bekleidungsteils. BP aus Köln berichtet, dass dieser Standard von Experten deutlich höher bewertet als die EN 13758, weil er die Bedingungen im Arbeitsalltag realistisch nachempfindet.
Bei der europäischen Norm EN 13758 ist lediglich eine Prüfung der Kleidung im neuen, trockenen und ungedehnten Zustand vorgesehen. Geprüft wird anhand des Sonnenspektrums von Albuquerque (USA), das ungefähr der Sonneneinstrahlung in Südeuropa entspricht. Auf Basis des AS/NZS 4399 wird der UV-Schutzfaktor im Neuzustand ohne Gebrauchsbeanspruchung bestimmt. Die Bewertung des UV-Schutzes von Textilien erfolgt unter Berücksichtigung der spektralen Zusammensetzung des Sonnenlichtes von Melbourne, Australien.

Tipp

Die „lichtabweisende“ Wirkung eines Stoffs hängt von verschiedensten Faktoren ab. Sie wird durch die Faserart, Materialdicke, Oberfläche, Struktur und Farbe des Textils beeinflusst. So schützen helle Farben in der Regel weniger gut als dunkle, Polyester oftmals besser als Baumwolle, dichte Gewebe sind lichtundurchlässiger als offenporige.

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