Wetterprognosen optimieren Regelung

Wettervorhersagesteuerung in der Kältetechnik
Das Wetter kann man nicht beeinflussen (wenn mal einmal von der durch die Menschen beeinflussten globalen Klimaerwärmung absieht). Aber es ist das mit Abstand häufigste Gesprächsthema. Dem kann sich auch die KKA nicht entziehen – allerdings geschieht dies hier fachbezogen. Das Wetter (bzw. Temperatur und Luftfeuchtigkeit) hat nämlich große Auswirkungen auf die Leistung einer Kälteanlage. Das exakte Wissen um diese Parameter hilft enorm, die Regelung einer Anlage zu optimieren, wie eine Kooperation der Firmen Wurm und Meteomedia zeigt. Die KKA sprach zu diesem Thema mit Gianluca di Lieto, Marketing- und Verkaufsleiter der Wurm GmbH in Remscheid, und Account Manager Michael Behm, Meteomedia GmbH in Bochum.

KKA: Bevor wir zu sehr in die Technik einsteigen – eine Frage zum Hintergrund: Wie stark beeinflusst das Wetter die Regelung einer Kälteanlage?

Gianluca di Lieto: Die Regelung einer Kälteanlage wird maßgeblich durch die Wetterbedingungen vor Ort beeinflusst. So wirken sich Temperatur und Luftfeuchtigkeit signifikant auf die Leistung der Anlage aus. Die Regeltechnik berücksichtigt diese Parameter und passt die Funktionsweise der Kälteanlage entsprechend an. So erfolgt beispielsweise eine Veränderung der Kondensationstemperaturen des Außenverflüssigers. Entsprechend der Raumfeuchtigkeit im Bereich der Verkaufsfläche kann überdies eine Taktung der Scheibenheizung der Kühlmöbel erfolgen.

KKA: Genügt es dann nicht, die aktuellen Wetterdaten vor Ort zu erfassen, und darauf zu reagieren? Was bringt der Blick in die Zukunft durch eine Wetterprognose?

Gianluca di Lieto: Grundsätzlich lässt sich feststellen: Je mehr Daten für die Steuerung einer Anlage zur Verfügung stehen, desto besser. Denn die Anzahl der zur Verfügung stehenden Eingangsgrößen wirkt sich in hohem Maße auf die Qualität der Anlagenregelung aus. Es ist demnach ein großer Mehrwert, schon heute zu wissen, was morgen passiert, um die von Meteomedia zur Verfügung gestellten Wetterdaten mittels „Meteolink“ in die Regelung der Anlage einfließen lassen zu können. So lassen sich eine Vielzahl an Datenmodellen und damit prädikativen Regelungsstrategien der Anlage berechnen, so dass die Anlagensteuerung schneller und genauer auf Veränderungen reagieren kann. In Zukunft sind darüber hinaus vielfältige Anwendungsmöglichkeiten denkbar, die weit über die derzeitigen kältetechnischen Prozesse hinaus gehen.

KKA: Was verbirgt sich nun im konkreten Fall hinter der Kooperation zwischen Wurm und Meteomedia? Welche kältetechnischen Prozesse werden wie geregelt?

Gianluca di Lieto: Die Regelungsstrategie „Meteolink“ bezieht Wetterprognosen in die Steuerung von Kälteanlagen im Lebensmitteleinzelhandel mit ein. Die Basis für diese Lösung ist das Model-Output-Statistics-Verfahren (MOS) von Meteomedia, mit dessen Daten für jeden Ort eine verlässliche Wettervorhersage erstellt werden kann. Meteomedia stellt diese Wetterdaten zur Verfügung, so dass sie als prädikative Steuersignale in die Modellierung der Automatisierungsprozesse einfließen und die Funktionsweise der Kälteanlage schon im Vorfeld an die Umgebungstemperaturen angepasst wird. So ist sichergestellt, dass die gelagerte Ware gleichmäßig temperiert bleibt und nur die tatsächlich benötigte Menge Energie verbraucht wird.

KKA: Gibt es schon Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel, die Sie von der Wetterprognosesteuerung überzeugen konnten?

Gianluca di Lieto: Seit 2011 haben wir bereits zahlreiche Kälteanlagen im Lebensmitteleinzelhandel mit „Meteolink“ ausgestattet. Erste Zahlen und Werte liegen uns daher schon vor. Eine ausführliche Auswertung der Daten wird allerdings erst in den nächsten Monaten erfolgen, da wir die Jahresfrist der Projekte abwarten möchten, um möglichst valide Ergebnisse zu bekommen. Bestandteil der umfassenden Analyse wird insbesondere sein, weitere Einsatzmöglichkeiten von „Meteolink“ im Bereich der Gebäudetechnik zu prüfen.

KKA: Eine komplexere Steuerungstechnik bedeutet natürlich auch höhere Kosten für den Betreiber. Mit welchen Ausgaben muss z.B. ein Supermarkt rechnen, wenn die Wetterprognosesteuerung eingesetzt wird – sowohl bei der Erstinvestition und auch in Bezug auf laufende Kosten? Und wie schnell amortisiert sich das Ganze?

Gianluca di Lieto: Gerade im Verhältnis zur Gesamtinvestition einer Supermarkt-Kälteanlage verursacht die Regelungstechnik nur relativ geringe Kosten. Die zusätzliche Erweiterung um „Meteolink“ fällt kostentechnisch ebenfalls kaum ins Gewicht. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass sich der Einsatz der Lösung im Falle extremer Wetterbedingungen positiv auf die Anlagenfunktion auswirkt. So kann beispielsweise ein Totalausfall der Anlagentechnik, der hohe Umsatzausfälle für den Betreiber bedeuten kann, vermieden werden. Die Kenntnis zukünftiger Wetterbedingungen ermöglicht ferner einen effizienteren Energieeinsatz. Damit erhöht „Meteolink“ das Potential im Bereich der Energieeinsparung

KKA: Was verbirgt sich hinter Meteomedia?

Michael Behm: Meteomedia ist 1990 von Jörg Kachelmann gegründet worden und ist heute einer der führenden Wetterdienstleister in Europa. Mit rund 100 Mitarbeitern betreibt Meteomedia Niederlassungen in Deutschland, der Schweiz, Hongkong, den Phi­lippinen und den USA. Neben Herrn Kachelmann besitzt eine Investorengruppe aus Asien eine Aktienminderheit an dem Unternehmen Meteomedia. Herzstück des Unternehmens ist das engmaschige private Wetterstations-Messnetz. Mit rund 830 Stationen ist es das wohl größte private Messnetz Europas. Die Kombination aus führender Prognosequalität, langjähriger Erfahrung und erstklassigem Kundenservice führen dazu, dass Meteomedia zahlreiche Kunden aus allen wetterabhängigen Branchen vertrauen. Der Leitsatz von Herrn Kachelmann lautet: „Nur wer lokal misst, kann auch lokal vorhersagen!“

Deshalb stehen im Mittelpunkt der Arbeit präzise Wetter- und Unwetterwarnungen. Zu diesem Zweck betreibt Meteomedia einen erheblichen Infrastrukturaufwand. Rund um die Uhr treffen in den Wetterzentralen in Gais (Schweiz) und Bochum (Deutschland) Beobachtungsdaten, Computermodelle, Satelliten- und Radarbilder aus der ganzen Welt ein. Zusammen mit dem Messnetz stehen den Meteorologen die Daten von mittlerweile weltweit 16 000 Stationen zur Verfügung. Damit besitzt Meteomedia eine der größten Wetterdatenbanken Europas.

Meteomedia betreibt aber auch Grundlagen- sowie produktorientierte Forschung und entwickelt spezielle Produkte nach besonderen Kundenbedürfnissen, z.B. Serviceportale.

 

KKA: Gibt es noch andere Einsatzgebiete für die Wetterprognosesteuerung in der Technischen Gebäudeausrüstung?

Michael Behm: Angefangen vom Dach bis zum Keller kann das Wetter den Energieverbrauch eines Gebäudes beeinflussen, das macht die Thematik nicht einfach. Von der Solarleis­tungsprognose für die Solar- bzw. Photovoltaikanlage, über Prognosedaten zur Optimierung der Klimatisierung, über die Verbesserung der Lüftungssysteme, oder die Verknüpfung Erneuerbarer Energien, um den Verbrauch noch effizienter zu gestalten, bietet Meteomedia eine ganze Bandbreite an speziellen Produkten an. Aber auch Unwetterwarnungen können in die Gebäudeausrüstung integriert werden, z.B. bei einer akuten Gewitterwarnung könnten die Markisen in ihre Ausgangsposition gebracht werden, bevor sie zu Schaden kommen.

Unsere Vorstellung ist, dass Wetterdaten zukünftig die Gebäudeenergiebilanz durch vernetzte Gebäudeautomationssysteme verbessern und eine zusätzlich Schutzfunktion übernehmen.

KKA: Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es kaum einen besseren Gesprächsstoff gibt als das Wetter. Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen.

Michael Behm: Ja, das stimmt, das Wetter bietet immer reichlich Gesprächsstoff. Über 80 % aller Unternehmen weltweit sind vom Wetter direkt oder indirekt abhängig. Vielen Dank für die Möglichkeit, dass Meteomedia und Wurm an dieser Stelle präsentieren durften, welche Mittel und Wege es gibt, im Bereich der Gebäudetechnik durch Wetterprognosen von Meteomedia den Einfluss des Wetters planbar zu machen und somit am Ende Kosten zu sparen.

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