Wie begegnet das Handwerk dem Fachkräftemangel?

Ein Statement von Jörg Peters, Bundesfachschule Maintal

In der allgemeinen Presse und den Veröffentlichungsorganen der Handwerkskammern war in den letzten Wochen immer wieder zu lesen, dass das Handwerk weiterhin stärkster Ausbilder der mittelständischen Wirtschaft sei. Mit einer Ausbildungsquote von über acht Prozent – auf 100 Mitarbeiter kommen also acht Lehrlinge – bilde das Handwerk nach wie vor stärker aus als jeder andere Wirtschaftsbereich.

Genauso stellt sich die Situation im Kälteanlagenbauerhandwerk dar, zumindest aus der Sicht der Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg (www. landesinnung-kaelte-klima.de). In unserem Innungsbezirk sind rund 800 Betriebe mit dem Kälteanlagenbauer-Handwerk bei den Handwerkskammern eingetragen, über 300 davon sind Mitglieder unserer Innung. Diese Betriebe zeigen im Schnitt großen Einsatz bei der Ausbildung von Nachwuchskräften.

Fast 500 Betriebe aus unserem Innungsbezirk sind aktiv in der Ausbildung tätig und entgegen des allgemeinen Trends konnten die Kälteanlagenbauer die Zahl der Auszubildenden im Jahr 2016 nochmals steigern. Durch die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit der Betriebe, unterstützt durch die Innung, gelang es, in diesem Jahr etwa 350 neue Auszubildende zu gewinnen. Also dürften sich unsere Betriebe keine Sorgen um Nachwuchskräfte machen müssen. Insgesamt betreuen wir in unserem Innungsbezirk, bezogen auf die vier Lehrjahre, derzeit über 1000 Auszubildende. Das ist statistisch mehr als ein Auszubildender bzw. eine Auszubildende pro Betrieb.

Was bedeutet das für den einzelnen Handwerksbetrieb?

Die vorwiegend handwerklich geführten Firmen haben im Schnitt fünf bis 15 Mitarbeiter im Bereich der Kältetechnik. Der Anteil der Auszubildenden beträgt dabei oft ein Drittel oder mehr. Um Auszubildende zu gewinnen, müssen die Firmen in der heutigen Zeit viel Werbung machen, Schulen besuchen, an Bildungsmessen teilnehmen und andere öffentlichkeits­wirksame Aktionen durchführen.

Mit Beginn der Ausbildung übernimmt der Ausbilder auch eine große Verantwortung. Die jungen Leute müssen neben der rein fachlichen Unterweisung motiviert und in ihrer persönlichen Entwicklung unterstützt werden. Neben organisatorischen Maßnahmen, wie beispielsweise der Anmeldung bei der Berufsschule, müssen die Berichtshefte, die der oder die Auszubildende regelmäßig zu verfassen hat, geprüft und abgezeichnet werden.

Begleitend besuchen die Auszubildenden ca. eine Woche monatlich die Berufsschule im Blockunterricht und sind nicht im Betrieb anwesend. Auch diese Phase muss nicht selten durch Nachhilfe im Betrieb unterstützt werden.

In den Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen (ÜLU), die während der gesamten Ausbildungszeit sieben Wochen in Anspruch nehmen, werden die Auszubildenden zusätzlich fachpraktisch unterrichtet. Diese Maßnahmen werden von Bund oder Land bezuschusst. Die restlichen Kosten sowie den Aufwand für Fahrt und Unterbringung trägt der Ausbildungsbetrieb.

Im Idealfall entwickelt sich der oder die Auszubildende nach und nach zu einem Mitarbeiter, der immer mehr Aufgaben erfüllen kann, immer selbständiger wird und am Ende der Lehrzeit erfolgreich die Gesellenprüfung ablegt.

Und was dann? Die meisten frischgebackenen Gesellen und Gesellinnen werden gerne von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen, denn dafür hat der Betrieb viel investiert. Die leistungsstärkeren Gesellen streben meist nach ein paar Jahren eine Weiterbildung zum Meister oder Staatlich geprüften Techniker an.

Wie viele der im Handwerk ausgebildeten Gesellen und der Meister und Techniker im handwerklichen Bereich bleiben und wie viele zu industriellen Unternehmen abwandern, lässt sich schwer beziffern. Bei den oben genannten Ausbildungszahlen müsste man davon ausgehen, dass die Handwerksbetriebe ihren Personalbedarf alleine durch die Ausbildung abdecken können. Da das nicht der Fall ist, muss man zu dem Schluss kommen, dass viele Mitarbeiter in Bereiche abwandern, in denen im Gegensatz zum Kälteanlagenbauerhandwerk nicht genug oder gar nicht ausgebildet wird.

Die Kälte-Klima-Fachbetriebe aufgrund des dort herrschenden Fachkräftemangels als „Flaschenhals“ bei der Auftragsabwicklung zu bezeichnen, erscheint uns vor diesem Hintergrund alles andere als angemessen.

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