Doppelt umweltfreundlich gekühlt

Steffen Klein, Geschäftsführer des Apparate- und Anlagenbauers Combitherm ist in der Branche für seine innovativen und nachhaltigen Lösungen bekannt. Als eine neue Kühlung für das Bürogebäude am Firmenstandort in Fellbach bei Stuttgart benötigt wird, war klar, dass eine standardisierte Lösung basierend auf HFKW-Kältemitteln nicht in Frage kommt. Motiviert wurde diese Entscheidung vor allem durch die EU-F-Gase-Verordnung, die zum Schutz des Klimas vorsieht, dass die Emissionen fluorierter Treibhausgase bis zum Jahr 2030 um nahezu 80 % gesenkt werden. Erreicht werden sollen diese ambitionierten Ziele durch eine schrittweise Limitierung der am Markt erhältlichen Mengen an F-Gasen, den Erlass von Verwendungs- und Inverkehrbringungsverboten gewisser Kältemittel und eine Beibehaltung und Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zu Dichtheitsprüfungen, Zertifizierung, Entsorgung und Kennzeichnung. Diese Maßnahmen resultieren unweigerlich in Einschränkungen für Betreiber von Kälteanlagen, die sich bereits jetzt in Form von Preissteigerungen und Engpässen von Kältemitteln sowie Limitierungen bei der Auswahl von Neuanlagen äußern.

Zur Umsetzung einer zukunftssicheren und absolut nachhaltigen Büroraumkühlung, die von der F-Gase-Verordnung unberührt bleibt, holte sich Combitherm die Efficient Energy GmbH als Projektpartner mit an Bord. Mit ihrer „eChiller“-Modellreihe bietet die Efficient Energy GmbH eine echte Alternative. In den energieeffizienten Kaltwassersätzen kommt gewöhnliches Leitungswasser als Kältemittel, also R718, zum Einsatz, was ihnen auch gegenüber der Verwendung anderer natürlicher Kältemittel wie CO₂, Ammoniak oder Propan einen eindeutigen Vorteil verschafft, da es unmittelbar und langfristig keinerlei Gefährdungspotenzial mit sich bringt. Die „eChiller“ eignen sich mit einer Kälteleistung ab 20 bis über 300 kW unter anderem auch ideal zur Kühlung von Gebäuden mittels Kühldecken oder Kühlsegeln. Sie werden auch zahlreich z.B. zur Kühlung von Rechenzentren und anderen industriellen Prozessen eingesetzt.

Die Ausgangslage

Die zu kühlende Bürofläche von 350 m² im 2. OG befindet sich direkt unter dem Flachdach des Verwaltungsgebäudes der Combitherm GmbH und heizt sich durch die fünf Außenflächen bei Sonneneinstrahlung sehr stark auf. Eine mechanische, zentrale Lüftungstechnik kam wegen der geringen Deckenhöhe nicht in Frage.

Umsetzung

Das Flachdach mit ausreichend freier Fläche bot sich ideal für die Eigenstromerzeugung über eine PV-Anlage an. Mit Hilfe der Solar­anlage lässt sich nicht nur die Kälteanlage stromautark betreiben, sondern es wird als positiver Nebeneffekt auch eine Beschattung des Flachdachs erreicht. Um Schwankungen in der Stromerzeugung auszugleichen, wurde ein Stromspeicher mit 30 kWh installiert, der einen kompletten Tagesgang im Sommer abdecken kann. Wasser als Kältemittel hat abgesehen davon, dass die F-Gase-Verordnung nicht greift, auch den Vorteil, dass kein separater Maschinenraum für die Aufstellung erforderlich ist. Dadurch konnte der Kaltwassersatz in einem Nebenraum des Treppenhauses aufgestellt werden, ohne dass dieser eine Gefährdung für Personen oder die Umwelt noch eine Schallbelastung darstellt.  

Durch die Kombination von elektrischem und thermischem Speicher (Kaltwasserhydraulik) in Verbindung mit dem teillasteffizienten Turboverdichter wird die Kühlung über den Tagesgang inkl. Vor- und Nachkühlung der Gebäudestruktur abgedeckt. Der „eChiller“ regelt selbstständig und energieoptimiert seine Betriebszustände und darüber hinaus auch die Peripherie, also Rückkühler, Kühl- und Kaltwasserpumpe sowie ein Frostschutzventil. Bei günstigen Außentemperaturen kann nachts sogar auch im Sommer eine teilweise oder vollständige freie Kühlung gefahren werden. Durch die Auswahl der Deckenkassetten gelang es, dass eine Kaltwasservorlauftemperatur von 16 °C zur Kühlung ausreichend ist. Darüber hinaus kann die Vorlauftemperatur nach den Nutzungsbedingungen im Tages- / Nachtverlauf gleitend bis 22 °C angepasst werden. Diese intelligente übergeordnete Regelung ist durch die gute Partnerschaft zwischen Combitherm und Efficient Energy entstanden und ermöglicht eine gemittelte Arbeitszahl während der Kühlsaison von über 12. Der Anlaufstrom des „eChillers“ liegt bei unter 1 A. Dies ist eine gute Voraussetzung in der Sektorkopplung mit solarer Strombereitstellung und -speicherung. Das Starten und Anlaufen des Turboverdichters ist im Netz somit nicht messbar. Dies verringert die Querschnitte der Stromversorgungsleitung und weitere Probleme, die bei mehrmaligen, täglichen Stromspitzen am Netzwerk auftreten können.

Ergebnis

Mit der Auswahl dieser Komponenten wurde nicht nur eine energetisch autarke und völlig CO₂-neutrale Kälteversorgung, sondern auch eine Kühlung ohne Temperatur- und Stromspitzen realisiert. Eine direkte Reduktion des CO₂-Äquivalents wurde durch die Vermeidung von F-Gasen erreicht.

Die Räume konnten problemlos auf die Solltemperaturen gekühlt werden, ohne dass dem Versorgungsnetz hierzu Energie entnommen werden musste. Durch die Eigenstromerzeugung, Speicherung und Nutzung wird außerdem eine Einspeisung in das öffentliche Netz zu Zeiten der Überbelastung vermieden. Seit der Inbetriebnahme ist die Anlage ein erfolgreiches Referenzprojekt und überzeugte bereits zahlreiche Besucher mit seiner Umweltverträglichkeit, Leistungsfähigkeit und Betriebssicherheit. Die bisherigen Betriebserfahrungen sind sehr gut und auch Auswertungen an Tagen mit hohen Außentemperaturen übertreffen jegliche Erwartungen.