Echte Berliner Gesellen

Mitgliederversammlung und Freisprechungsfeier der Innung Berlin/Brandenburg

2011 hatten sich die Verantwortlichen der Innung Berlin/Brandenburg entschieden, die Ausbildung künftiger Gesellen nicht mehr in Reichenbach, sondern in der Berliner Max-Taut-Schule durchzuführen. Am 29. April 2016 konnten nun im Rahmen der Freisprechungsfeier in Berlin Steglitz die ersten „echten“ Berliner Lehrlinge ihren Gesellenbrief in Empfang nehmen.

Bis 2012 konnten Azubis aus Berlin und Brandenburg nur in der 200 km entfernten Schule im sächsischen Reichenbach unterrichtet werden. Sie wurden im Blockunterricht geschult und mussten dort auch übernachten, was sicher viele Interessierte aus Berlin davon abgehalten hat, eine Lehre in der Kältetechnik zu beginnen. Die Max-Taut-Schule liegt nun in Berlin-Lichtenberg, was die Beschulung der Azubis deutlich einfacher macht. In der Max-Taut-Schule waren zwar u.a. schon Azubis aus dem SHK- und Elektrohandwerk geschult worden, aber kältetechnisches Know-how war 2012 nur teilweise vorhanden. Daher musste das Fachwissen und auch das technische Equipment erst Stück für Stück geschaffen werden. Die Verantwortlichen der Max-Taut-Schule begriffen es aber als Bereicherung für die Schule, dass die Kälte dort mit ihren qualifizierten Azubis Einzug hält und investierten viel Zeit und Geld, um eine ausgereifte und praxisnahe Ausbildung für Kältemechatroniker auf die Beine zu stellen. Obermeister Wolfgang Leo sprach daher der Lehrerschaft der Schule, der Handwerkskammer Berlin für ihre Unterstützung und auch Innungsvorstandsmitglied Björn Kleinschmidt, der sich in herausragender Weise um das Schulprojekt gekümmert hat, seinen von Herzen kommenden Dank aus. Björn Kleinschmidt gab das Lob für sich bescheiden an die Schule weiter: „Ich habe nur die Perle Max-Taut-Schule gefunden – die wahre Leistung ist dort vollbracht worden.“

We will rock you

Wolfgang Leo, Björn Kleinschmidt und die Verantwortlichen der Max-Taut-Schule konnten am 29. April 2016 mit einer gebührenden Portion Stolz die Früchte dieser Arbeit ernten, bzw. die ersten „echten“ Berliner Gesellen freisprechen. Schauplatz der Feierlichkeiten war das Hotel Steglitz International und 29 Gesellen – darunter auch eine Frau – konnten ihre Gesellenbriefe in Empfang nehmen (Vorbei die Zeiten, in denen in der KKA der Bericht über eine Berliner Freisprechung mit „Solo für drei“ betitelt werden musste). Ausgelassen feierten die Gesellen mit ihren Partnern und Familien bis spät in die Nacht und die eigens für den Anlass erstellten T-Shirts mit dem Aufdruck „Keep calm – I’m a refrigeration engineer“ wurden zu Recht mit Stolz getragen und die mit viel Lärm vorgetragene Performance zum Queen-Hit „We will rock you“ zeigte, mit welchem Engagement die Gesellen ihren künftigen Berufsweg angehen wollen. „Die heutige Freisprechungsfeier ist der Höhepunkt Ihrer Ausbildung. Wenn Sie nicht silberne Löffel stehlen, sollte es Ihnen schwer fallen, in der Kälte arbeitslos zu werden“, munterte Wolfgang Leo die Gesellen weiter auf. Auch Björn Kleinschmidt lobte die Gesellen: „Ihr wart der Jahrgang Null – quasi unsere Versuchskaninchen. Aber Ihr habt Eure Ausbildung mit Bravour gemeistert.“

Innungsversammlung mit Fachvortrag über CO2

Vor der Freisprechungsfeier fand am gleichen Tag auch die Mitgliederversammlung der Innung Berlin/Brandenburg statt. Diese war wie die Abendveranstaltung gut besucht, was sicher auch damit zusammenhing, dass es einen sehr informativen Vortrag gab, der das Publikum angelockt hatte. Steffen Schreiber, Teko, informierte über Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln, von denen er sich überzeugt zeigte, dass ihnen zumindest im Bereich der Supermarkt- und Gewerbekälte die Zukunft gehöre. Teko ist für dieses Segment gut aufgestellt und hat mit den Produktlinien „Roxsta“, „Ransta“ und „Monsta“ Anlagen für CO2, Propan und Ammoniak im Programm. In seinem Vortrag erläuterte er die sicherheitstechnischen Besonderheiten bei der Verwendung natürlicher Kältemittel und ging vor allem beim Thema CO2 auf wichtige technische Zusammenhänge des trans- und subkritischen Betriebs im Detail ein. Dass man beim Umgang mit natürlichen Kältemitteln Sorgfalt walten lassen sollte, zeigte seine Beschreibung eines Vorfalls bei einer Ammoniak/CO2-Kaskade, in der es nach einer Beschädigung der Wärmetauscher zu einer Vermischung der Kältekreisläufe kam. Chemiker ahnen, was passiert ist: Ammoniak und CO2 haben in der Anlage zu Hirschhornsalz reagiert. Damit hatte der Betreiber der Anlage – passender Weise ein Bäcker – ungewollt große Mengen an Backpulver hergestellt, was im Inneren einer Kälteanlage dann doch zu größeren Problemen geführt hat.

Schneller zum Abschluss?

Das Thema Ausbildung wurde auf der Versammlung nicht nur im Zusammenhang mit der Max-Taut-Schule diskutiert. Es kam der Vorschlag auf, ob man nicht die Ausbildung zum Kältemechatroniker dadurch reizvoller machen könne, wenn man die Ausbildungszeit auf drei Jahre reduzieren würde. Hier widersprach der anwesende Bundesinnungsmeister Heribert Baumeister vehement: „Wir sind heilfroh, dass wir es damals durchsetzen konnten, dreieinhalb Jahre Ausbildungszeit zu haben. Bei dem hochkomplexen Stoff, den es zu vermitteln gilt, wüsste ich auch nicht, wie das in drei Jahren bewältigt werden sollte.“ Für besonders leistungsfähige Azubis gebe es ja auch jetzt schon die Möglichkeit als Frühauslerner schneller zum Abschluss zu kommen. Mehr Anreiz als eine Verkürzung der Ausbildungszeit würde sicher eine höhere Ausbildungsvergütung bieten. Hierbei hinkt man in der Kältebranche manch anderen Ausbildungsberufen hinterher und wenn man als guter Schulabgänger von zahlreichen Branchen umworben wird, spielt das Geld sicher auch eine Rolle bei der Berufswahl. Hier könne aber jeder Betrieb individuell nachbessern, evtl. mit Bonuszahlungen bei guten schulischen Leistungen, war ein Vorschlag aus den Reihen der Versammlung.

Auch die Meisterausbildung bot Gesprächsstoff. Der Hintergrund: Immer mehr Gesellen streben gleich nach ihrer Gesellenprüfung ihre Meisterprüfung an. Doch selbst wenn sie die Meisterprüfung erfolgreich bestehen sollten, fehlt ihnen doch die nötige Berufs- und Lebenserfahrung, um den Weg in die Selbständigkeit erfolgreich zu bestreiten. Daher haben die innungseigenen Schulen und die Obermeister entschieden, dass man nur noch solche Kandidaten zur Meisterprüfung zulassen will, bei denen zwischen Gesellen- und Meisterprüfung drei Jahre Zeit liegen.

Die Meisterprüfungen und die Vorbereitungskurse der Berlin-Brandenburger Innung finden übrigens nicht in Berlin statt – Pläne, dies zu ändern, gebe es derzeit auch nicht. Hier kooperiert die Innung mit der Innung Niedersachsen. Es gibt einen gemeinsamen Meisterprüfungsausschuss und man unterstützt die Niedersachsen auch personell bei den praktischen Prüfungen.


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