Einsatz von brennbaren Dämmstoffen auf Luftkanälen

Anforderungen an Bauprodukte hinsichtlich Brandschutz

Luftkanäle klimatechnischer Anlagen müssen vor Energieverlusten und bei Taupunktunterschreitungen vor Tauwasser geschützt werden. Gleichzeitig reduziert die Dämmung die Schallabstrahlung aus Anlageteilen. Um ein gesundes Raumklima zu gewährleisten, sollte der Dämmstoff vor dem Ansiedeln von Staub und Bakterien geschützt und leicht zu reinigen sein. Die eingesetzten Materialien müssen sich auch unter schwierigen Baustellenbedingungen einfach und sicher verarbeitet lassen.

Die Klimatechnik boomt: Öffentliche und gewerbliche Gebäude, wie Krankenhäuser, Schulen, Hotels, Einkaufszentren und zunehmend auch Büro- und Wohngebäude werden heute mit Anlagen zur Raumklimatisierung ausgerüstet. Steigende Temperaturen im Sommer haben in den vergangenen Jahren auch in Nordeuropa zu einer hohen Nachfrage nach Klimaanlagen von Privathaushalten geführt.

Raumlufttechnische Anlagen bestehen in der Regel aus einer oder mehrerer Lüftungszentralen, Lüftungsleitungen (Luftkanälen) zum Transport der Luft und aus Kanalöffnungen, durch welche die Gebäuderäume be- und entlüftet werden. In den Luftkanälen sind in gewissen Abständen Ventilatoren zur Förderung der Luft eingebaut.

Luftkanäle werden nach ihrer Funktion unterschieden in:

Außenluftkanäle (AUL): Frischluft, die von außen in das Gebäude geführt wird,

Zuluftkanäle (ZUL): Luft, die dem Raum zugeführt und ggf. gewärmt, gekühlt und befeuchtet wird,

Abluftkanäle (ABL): „verbrauchte“ Luft, die aus dem Raum hinausgeführt wird und

Fortluftkanäle (FOL): „verbrauchte“ Luft, die aus dem Gebäude hinausgeführt wird

Warum müssen Luftkanäle
gedämmt werden?

Die entsprechend aufbereitete Luft soll mit möglichst geringem Wärme- bzw. Kälteverlust energiesparend im Gebäude verteilt werden. Bei Taupunktunterschreitungen müssen Luftaufbereitungsanlagen, insbesondere Außen- / Fortluftleitungen, zudem vor Tauwasserbildung geschützt werden. Das Entstehen von Tauwasser auf der Dämmung kann erhebliche Kosten nach sich ziehen, denn neben dem Beheben des Schadens können Folgekosten beispielsweise aus durchfeuchteten Decken entstehen. Zudem sollte die Schallabstrahlung aus Anlageteilen reduziert und für eine akustische Entkopplung der Kanäle gesorgt werden.

Die Frage, mit welchen Dämmstoffen Luftkanäle zu dämmen sind, hängt sowohl von der Funktion des Kanals (Außen-, Zu-, Ab- oder Fortluftkanal) und seiner Lage im bzw. außerhalb des Gebäudes als auch vom Temperaturunterschied zwischen der Luft im Kanal und der Luft in direkter Umgebung des Luftkanals ab. Generell sollen Außen-, Zu- und Abluftkanäle auf der ganzen Länge und Oberfläche thermisch gedämmt werden. Fortluftkanäle sollten innerhalb von Gebäuden aus akustischen Gründen und außerhalb von Gebäuden zum Schutz vor Tauwasserbildung isoliert werden.

Luftkanäle werden üblicherweise aus Stahlblech gefertigt und setzen sich aus relativ kurzen Abschnitten zusammen, die an den Kanalflanschen verbunden werden. An diesen Flanschen werden die Leitungen mit einem bestimmten Abstand an die Gebäudestruktur befestigt. Daher ist es wichtig, bei der Auswahl des Dämmstoffs auch die Fähigkeit des Materials zur effektiven Verarbeitung auf den Kanalflanschen und zur Gewährleistung der akustischen Entkopplung von der Gebäudestruktur an den Befestigungspunkten zu berücksichtigen.

Geeignete Dämmstoffe für die
Luftkanaldämmung

Die Auswahl an Dämmstoffen, die sich für die Isolierung von Luftkanälen eignen, ist begrenzt. Da die längeren Einzelstücke der Luftkanäle an ihrer Oberfläche zwecks längenbezogener Versteifung des Kanalsegmentes üblicherweise geformt werden, kommen für die Kanaldämmung nur Produkte in Frage, die auf der Oberfläche der Segmente und auch auf Bögen und anderen Anlageteilen mit Abrundungen angepasst werden können. Das heißt, dass der Dämmstoff entweder weich oder flexibel sein muss. Diese Anforderung beschränkt die Auswahl möglicher Dämmstoffe auf Mineralwolle (MW) und flexible Elastomerschäume (FEF).

Verwendung schwerentflammbarer Dämmstoffe

Nach der Musterbauverordnung (MBO) müssen Lüftungsleitungen, ihre Bekleidungen und Dämmstoffe aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Verwendung brennbarer Baustoffe ist jedoch zulässig, wenn ein Beitrag der Lüftungsleitung zur Brandentstehung und Brandweiterleitung nicht zu befürchten ist. Die Anforderungen sind in der der Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (M-LüAR 2020) spezifiziert. Gemäß M-LüAR, Absatz 3.2 ist die Verwendung schwerentflammbarer Baustoffe zulässig für:

Lüftungsleitungen, die nicht durch Bauteile hindurchgeführt werden, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist,

Lüftungsleitungen mit Brandschutzklappen am Durchtritt durch Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist,

Lüftungsleitungen, die mindestens feuerhemmend sind (schwerentflammbare Baustoffe jedoch nur für die innere Schale) und

Lüftungsleitungen, die in einem mindestens feuerhemmenden Schacht verlegt sind.

Anmerkung: Die M-LüAR gilt in Gebäuden mit > 2 Nutzungseinheiten, Gebäuden mit Nutzungseinheiten von insgesamt > 400 m² und Gebäuden mit einer Höhe (Oberkante Fußboden oberster Aufenthaltsraum) von mehr als 7 m sowie allen Sonderbauten.

Die Mindestanforderungen an die Schwerentflammbarkeit von Dämmstoffen haben sich mit der Einführung der MVV TB 2019/1 verschärft. Ein schwerentflammbares Bauprodukt muss demnach neben der Mindestanforderung „C/CL“ jetzt mindestens die Rauchentwicklungsklasse „s2“ (begrenzte Rauchentwicklung) erreichen (und nicht wie bislang „s3“). Bauprodukte mit Klassifizierungen wie „A2-s3,d0“ , B-s3,d0 oder C-s3,d2 gelten in Deutschland somit in den meisten Bundesländern nicht mehr als schwerentflammbar.

Die Verwendung schwerentflammbarer Dämmstoffe in Lüftungszentralen ist zulässig, wenn

die Lüftungszentrale im obersten Geschoss liegt,

die Lüftungszentrale im Dach eine selbsttätig öffnende, durch Rauchmelder in der Lüftungszentrale auslösende Rauchabzugseinrichtung hat, deren freier Querschnitt mindestens das 2,5-fache des lichten Querschnitts der größten in die Lüftungszentrale eingeführten Abluftleitung haben muss,

die Lüftungsleitungen durch das Dach der Lüftungszentrale ins Freie geführt werden und

in der Lüftungszentrale Bauteile von Lüftungsleitungen aus brennbaren Baustoffen gegenüber entsprechenden Bauteilen anderer Lüftungsleitungen gegen Entflammen geschützt sind.

Größtmögliche Planungsfreiheit bei Einsatz von Brandschutzklappen

Werden am Ein- und Austritt einer Lüftungszentrale Brandschutzklappen mit Rauchauslöseeinrichtung in der Feuerwiderstandsdauer der Bauteile angeordnet, besteht in der Zentrale die größtmögliche Freiheit bei der Materialauswahl (z.B. brennbare Dämmstoffe ohne zusätzliche brandschutztechnische Kapselung). Diese Ausführung kann auch in Lüftungszentralen erfolgen, wenn sie sich nicht im obersten Geschoss eines Gebäudes befinden.

Brennbare Dämmstoffe, die nach MVV TB als „schwerentflammbar“ klassifiziert sind, sind für die Dämmung von Außenluftkanälen zulässig, wenn im Bereich der Bauteile mit Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit entsprechende Brandschutzklappen eingebaut werden. Dadurch wird eine Brandweiterleitung in andere Nutzungseinheiten verhindert (siehe dazu auch den Kommentar zur M-LüAR, Teil B-I, Seite 145).

Geschlossenzellige Elastomerschäume tropfen aufgrund ihrer dreidimensionalen Molekülstruktur auch unter praktischen Brandverhältnissen nicht ab; eine Brandausbreitung kann daher ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist das Material selbstverlöschend und leitet den Brand weder in horizontaler noch in vertikaler Richtung weiter. Auch die Möglichkeit einer Eigenentflammbarkeit besteht nicht. FEF-Produkte wie AF/ArmaFlex Evo (B/BL-s2,d0) oder Arma­Flex Ultima (B-s2,d0 bzw. BL-s1,d0) erfüllen die neuen Mindestanforderungen der MVV TB an die Schwerentflammbarkeit.

Schutz vor Tauwasserbildung

Der große Vorteil flexiblen Elastomerdämmstoffen besteht darin, dass sie aus einem geschlossenzelligen, homogenen und hochflexiblen Material mit glatter Oberfläche bestehen. Der Wasserdampfdiffusionswiderstand wird bei diesen Produkten Zelle für Zelle über die komplette Materialstärke aufgebaut und gewährleistet einen hohen Widerstand gegenüber Feuchtigkeitsaufnahme aus der umgebenden Luft. Bei hoher Luftfeuchte führt bereits ein geringer Unterschied zwischen den Temperaturen zur Kondensatbildung. Bei einer Luftfeuchte von 90 % fällt schon bei einem Temperaturunterschied von 2K Tauwasser auf der Kanaloberfläche eines ungedämmten Luftkanals aus. Daher ist es wichtig, bei der Ermittlung der Dämmschichtdicke keine mittlere, sondern die höchstmögliche relative Luftfeuchte der umgebenden Luft zu berücksichtigen, auch dann, wenn diese sehr hohe Luftfeuchte nur an wenigen Tagen im Jahr vorkommt. Tauwasser kann sich nicht nur auf der Außenoberfläche, sondern auch im Inneren des Luftkanals bilden, wenn in den Kanälen feuchte und warme Luft durch Räume mit niedrigeren Temperaturen transportiert wird. Bei der Auswahl des Dämmstoffs und der Berechnung der Dämmschichtdicke muss das Ziel sein, eine dauerhaft zuverlässige und sichere Dämmung zu schaffen.

Gesundes Raumklima

Die homogene und dreidimensional vernetzte Struktur sichert eine dauerhafte Einhaltung der Dämmschichtdicke und verhindert die Kontamination der Luft mit Dämmstoffpartikeln, Fasern, Staub, Mikroben und sonstigen Elementen, die zu einer Beeinträchtigung des Raumklimas führen können. Die hohe Flexibilität des Materials erlaubt selbst auf komplexen Anlageteilen und unter schwierigen Baustellenbedingungen eine saubere Verarbeitung. Die glatte Oberfläche lässt sich staubfrei und sauber halten und bildet ein ungleich lebensunfreundlicheres Umfeld für Mikroben als offenzellige und faserige Mineralwolle. Arma­Flex Ultima erfüllt die strengen hygienischen Anforderungen der VDI 6022, Teil 1. AF/ArmaFlex Evo ist mit einem antimikrobiellen Microban-Schutz ausgerüstet, der einen zusätzlichen Schutz vor schädlichen Bakterien und Schimmelpilzbefall bietet. Elastomere Dämmstoffe können im Innenbereich ohne zusätzliche Beschichtung oder Ummantelung auf Luftkanälen installiert werden.

Für den Außenbereich, also z.B. für die Dämmung von Außen- und Fortluftkanälen auf Gebäudedächern, müssen UV-beständige Materialien eingesetzt werden. Hier bietet sich die Anwendung werkseitig vorbeschichteter Produkte wie beispielsweise Arma-Chek Silver an.

Höhere energetische Einsparungen durch größere Dämmstärken

Generell sind alle Luftkanäle in Gebäuden und auch außerhalb von Gebäuden thermisch zu dämmen. Bei der Ermittlung der Dämmschichtdicken sollte nicht die zur Vermeidung von Tauwasser notwendige Mindestdämmschichtdicke, sondern eine unter energetischen Aspekten optimale Wandstärke gewählt werden. Die Erzeugung von Kälte erfordert in der Regel einen deutlich höheren Energieaufwand als von Wärme. Mit größeren Dämmschichtdicken lässt sich die Energieeffizienz kälte- und klimatechnischer Anlagen erheblich steigern, ein Energieeinsparpotential, das bislang nur selten genutzt wird. Durch größere Dämmschichtdicken kann das Einsparpotential erheblich gesteigert werden. Größere Dämmstärken führen dazu, dass sich die gekühlte Luft in den Kanälen nur sehr langsam erwärmt, was wiederum dazu führt, dass die Kühlanlage seltener betrieben wird. Vor dem Hintergrund der aktuell rasant steigenden Energiepreise ist eine Investition in größere Dämmschichtdicken eine nachhaltige Zukunftsanlage.

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