Latentwärmespeicher für Kälteanwendungen

Einsatz von Phasenwechselmaterialien

Latentwärmespeicher sind für Kälteanwendungen von Interesse, da oftmals nur geringe Temperaturdifferenzen zum Laden und Entladen eines Speichers zur Verfügung stehen und die Speicherkapazität von PCM im Temperaturbereich des Phasenwechsels signifikant höher ist als die eines vergleichbaren sensiblen Speichers. In diesem Beitrag werden drei verschiedene Kälteanwendungen von Latentwärmespeichern anhand aktueller Forschungsprojekte des ZAE Bayern aufgezeigt.

Hintergrund und Motivation

Gebäude in Leichtbauweise mit hohem Fensterflächenanteil neigen durch ihre geringere thermische Masse im Sommer zur Überhitzung. Die Installation von Klimaanlagen kann zwar ein weitgehend von Klima- und Nutzereinflüssen unabhängiges Raumklima schaffen, doch geschieht dies unter erheblichem Energieaufwand, was zu hohen Spitzenlasten bei der Stromversorgung führt. Solche Lastspitzen werden seitens der Energieversorger primär durch Strom aus CO2-emmisionsreichen Kohlekraftwerken gedeckt. Um entsprechende Gebäude vor Überhitzung zu schützen, ohne dabei große Mengen elektrisch erzeugter Kühlenergie zu verbrauchen, wurden in den vergangenen Jahren Komponenten und Systeme mit Phasenwechselmaterialien (PCM) untersucht.

PCM vollziehen einen Phasenwechsel in einem für die technische Nutzung geeigneten Temperaturbereich. Relevant ist primär der Phasenwechsel fest-flüssig, bei welchem nur geringe Volumenänderungen auftreten. Beim Phasenwechsel speichern diese Materialien große Mengen an Wärmeenergie. Dies geschieht ohne Erhöhung ihrer Temperatur, die aufgenommene Energie wird als latente Wärme gespeichert. Dieser Vorgang ist reversibel: Die beim Schmelzen aufgenommene Energie wird beim Erstarren wieder abgegeben. Durch die konstante Temperatur während des Phasenwechsels erreichen Latentwärmespeicher auf der Basis von PCM hohe Speicherkapazitäten in kleinen Temperaturintervallen. Deshalb sind PCM besonders für Kälteanwendungen eine energetisch sinnvolle Alternative zu herkömmlichen sensiblen Speichern, da in der Regel nur geringe Temperaturdifferenzen zum Laden und Entladen des Speichers zur Verfügung stehen.

Im Folgenden werden drei verschiedene Kälteanwendungen von Latentwärmespeichern anhand aktueller Forschungsprojekte des ZAE Bayern aufgezeigt.


Zentraler Latentwärmespeicher zur Gebäudekühlung

Momentan werden zur Kältespeicherung in erster Linie Kaltwasser- oder Eisspeicher verwendet. Während Kaltwasser als sensibles Speichermedium nur eine geringe Speicherdichte besitzt, ist die Beladung eines Eisspeichers, welcher zwar aufgrund der gespeicherten latenten Wärme deutlich höhere Kapazitäten besitzt, wegen der benötigten tiefen Temperaturen (<0 °C) wenig effizient. Im Bereich der Gebäudekühlung genügen bei gängigen Systemen bereits Temperaturen von 10 °C, bei Flächenkühlung schon 16-20 °C. Daher sind PCM gerade für den Einsatz in zentralen Kältespeichern prädestiniert. Derzeit sind jedoch keine geeigneten, preiswerten PCM mit passender Schmelztemperatur bekannt. Ideal wäre ein PCM mit einer Schmelztemperatur von etwa 15 °C, welches zur Absenkung der Vorlauftemperaturen des Wärmeträgerfluids eingesetzt wird, dessen Temperatur jedoch nicht so weit senkt, dass sich an den Flächenkühlsystemen Kondenswasser bildet. Ein solcher PCM-Speicher würde die Energiedichte eines Kaltwasserspeichers deutlich übertreffen und im Vergleich zu einem Eisspeicher durch die effizientere und nach Möglichkeit regenerativ erfolgende Beladung zu deutlichen Energieeinsparungen führen.

Im Forschungsprojekt „PC-Cools_S“ wird am ZAE Bayern ein PCM mit einer Phasenwechseltemperatur von ca. 15 °C entwickelt. Des Weiteren wird in Zusammenarbeit mit der Vaillant GmbH ein zentraler Latentwärmespeicher konzipiert und getestet. Dieser soll die bei der Warmwassererzeugung im Sommer anfallende Kälte einer Wärmepumpe speichern und zur Gebäudekühlung, z.B. über eine Fußbodenheizung, wieder abgeben (Bild 1).

Als PCM besitzen Salzhydrate hohe volumenbezogene Speicherdichten und sind vergleichsweise kostengünstig. Salzhydrate mit für die Gebäudekühlung geeignetem Schmelzpunkt sind jedoch rar und oftmals wegen der Tendenz zu Separation, starker Unterkühlung oder schlechter Keimbildung nicht von sich aus praxistauglich. Man spricht von Unterkühlung, wenn das PCM beim Abkühlen auch beim Unterschreiten der Schmelztemperatur zunächst im flüssigen Zustand verbleibt. Die Temperatur, ab welcher die Kristallisation einsetzt (Nukleationstemperatur), kann deutlich unterhalb der Schmelztemperatur liegen. Durch die Unterkühlung kann eine Regeneration innerhalb der technischen Anwendung unmöglich werden, sollte die Nukleationstemperatur nicht erreicht werden. Im Fall zentraler Speicher können systemtechnische Verfahren verwendet werden, um die Unterkühlung des gesamten Speichers zu verhindern. Um die für das jeweilige Salzhydrat maximale Schmelzenthalpie ausnützen zu können, ist zu gewährleisten, dass die korrekte Zusammensetzung auch im Anwendungsmaßstab und -zeitraum eingehalten wird. Bei einer Abweichung von dieser Zusammensetzung – etwa ein erhöhter Wassergehalt des PCM aufgrund eines stark hygroskopischen Salzhydrats – verringert sich die Schmelzenthalpie bei einer gleichzeitigen Verbreiterung des Temperaturbereichs, in dem sich der Phasenübergang vollzieht.

Eine mögliche Vorgehensweise zur Entwicklung neuer PCM auf Salzhydratbasis ist die Mischung zweier oder mehrerer Salzhydrate. In der Praxis weisen diese Mischungen jedoch oft ein nicht reversibles Schmelzverhalten und eine dadurch bedingte Phasenentmischung auf. Tritt Phasenentmischung auf, so verändert dies die Schmelztemperatur des PCM und dessen Speicherdichte kann reduziert werden. An das im Projekt „PC-Cools_S“ neu zu entwickelnde PCM auf Salzhydratbasis werden folgende Anforderungen gestellt: hohe thermische Zyklenstabilität, geringe Unterkühlung sowie schmaler Schmelzbereich um 15 °C bei möglichst hoher Schmelzenthalpie. Um ein geeignetes PCM zu identifizieren, wurden eine Literaturrecherche durchgeführt sowie Erfahrungen aus anderen Projekten verwendet. Für eingehendere Untersuchungen wurden die beiden Mischungen Zn(NO3)2·6H2O + NH4NO3 (75/25 Gew.-%) und CaCl2·6H2O + CaBr2·6H2O ausgewählt.

Die Mischung  Zn(NO3)2·6H2O + NH4NO3 (75/25 Gew.-%) (ZNH/NN) mit einer Schmelztemperatur von 12,4 °C wurde am ZAE Bayern im Rahmen des Projektes „EnFoVerM“ entwickelt und charakterisiert [1]. Neben einer hohen volumetrischen Schmelzenthalpie von 237 kJ·l-1 weist die Mischung eine geringe Unterkühlung von ca. 4 °C in kalorimetrischen Messungen auf. Eine mögliche Zulassung dieser Mischung ist zu prüfen, da Zn(NO3)2·6H2O als wassergefährdend eingestuft ist und sowohl Zn(NO3)2·6H2O als auch NH4NO3 Nitrate enthalten und somit beide Stoffe als brandfördernd gekennzeichnet sind. Die Brandgefahr dürfte sich aber aufgrund des hohen Wassergehalts in Grenzen halten. ZNH/NN wurde in einer am ZAE Bayern entwickelten Zyklierapparatur über einen Zeitraum von 850 Zyklen thermisch zykliert und kann gemäß der RAL-Kriterien der Gütegemeinschaft PCM e.V. [2] als thermisch stabil betrachtet werden. Die zweite Salzhydratmischung, CaCl2·6H2O + CaBr2·6H2O (CCH/CBH), besitzt einen minimalen Schmelzpunkt von etwa 15 °C. An diesem Punkt weist die Mischung ein Minimum der Schmelztemperatur sowie ein theoretisch reversibles Schmelzen auf. Die Literaturangaben zur Zusammensetzung dieses Punkts sind jedoch widersprüchlich. Übereinstimmend finden die Autoren trotz theoretisch reversiblem Schmelzverhalten eine Separation der Mischung. Es müssen also sowohl das genaue Mischungsverhältnis bestimmt als auch Wege gefunden werden, um der Separation entgegen zu wirken. Die Zusammensetzung CCH/CBH mit minimaler Schmelztemperatur wurde mittels verschiedener kalorimetrischer Messungen  bestimmt. Der Punkt minimaler Schmelztemperatur liegt zwischen 40 und 50 Gew.-% CaCl2·6H2O. Für keine der in diesem Bereich untersuchten Zusammensetzungen wurde jedoch ein reversibles Schmelzverhalten beobachtet.

Um zu entscheiden, welche der beiden Mischungen, ZNH/NN oder CCH/CBH, als 15-grädiges PCM für den im Projekt „PC-Cools_S“ zu entwickelnden zentralen Speicher eingesetzt wird, werden derzeit Untersuchungen im größeren Maßstab durchgeführt. Zum Testen von PCM, Wärmetauschern und Speicher-Einbauten ist am ZAE Bayern ein Testspeicher (Funktionsmuster) mit zugehörigem Zyklierteststand vorhanden. Zwischen 0 und 95 °C kann ein definiertes Temperaturprogramm am Wärmetauscher des Speichers vorgegeben werden.

Der Wärmetauscher besteht aus einer Vielzahl in einem Raster angeordneter dünner Kapillarrohre (vgl. Bild 2). Der Speicher ist mit einer am ZAE Bayern entwickelten Ladezustandsanzeige und einer Antiseparationseinrichtung ausgerüstet, die es ermöglicht, auch zur Separation neigende PCM zu untersuchen.


Phase Change Slurry als Kälteträger

Der Transport von Wärme und Kälte im Gebäude wird heutzutage in erster Linie durch das Medium Wasser realisiert, welches eine hohe spezifische Wärmekapazität besitzt und zudem günstig und nicht toxisch ist. Die Kälteverteilung bei zentralen Systemen wird jedoch vor allem in Hochhäusern und bei langen Übertragungswegen durch benötigte hohe Pumpleistungen und aufgrund der Erwärmung des Wassers problematisch. Mittlerweile kommen in einigen Bereichen bereits sogenannte Eis-Slurries zum Einsatz. Beim Abkühlen eines Gemisches aus Wasser und einem gefrierpunktsenkenden Stoff entstehen in der Flüssigkeit etwa 0,1 - 0,5 mm große Eiskristalle. Das Gemisch bleibt dabei weiterhin pumpfähig. Üblicherweise beträgt der Feststoffanteil bei Eis-Slurries max. 30 %. Bei einem Eis-Slurry lässt sich gegenüber einem einphasigen Kälteträger zusätzlich die im Phasenübergang Wasser/Eis gespeicherte latente Wärme nutzen. Gegenüber reinem Wasser werden vielfach höhere Energiedichten bei gleichem ΔT des Mediums erzielt. Durch die hohe Energiedichte lassen sich die Rohrdimensionen im Kühlungsnetzwerk verringern und/oder der benötigte Massenstrom und damit die Pumpleistung signifikant verringern. Energetisch sinnvoll ist der Einsatz von Wasser-Eis-Slurries jedoch meist nur dann, wenn entsprechend kalte Lufttemperaturen (z.B. zur Entfeuchtung) wirklich benötigt werden. Dies ist der Grund, warum die Forschung an sogenannten Phase-Change-Slurries (PCS) intensiviert wird, welche einen Phasenwechsel bei für die Gebäudekühlung geeigneteren Temperaturen vollziehen. Bei bisherigen Umsetzungen kam dabei hauptsächlich mikroverkapseltes Paraffin oder Paraffin/Wasser-Emulsionen zum Einsatz. Preiswerte Salzhydrate böten jedoch aufgrund ihrer höheren volumenspezifischen Schmelzenthalpie größeres Potential. Eine zum Paraffin analoge Realisierung stellt sich bei Salzhydraten aufgrund der Schwierigkeiten bei deren Mikroverkapselung zwar als problematisch dar, ist unter Umständen aber gar nicht erforderlich.

Zur Entwicklung von PCS auf Salzhydratbasis wird am ZAE Bayern ein neuartiger Ansatz verfolgt, welcher auf dem Einsatz von Salzhydraten mit sehr niedriger Kristallisationsgeschwindigkeit beruht, z.B. Di-Kaliumhydrogenphosphat Hexahydrat (K2HPO4·6H2O, Schmelzpunkt ca. 14 °C). Im vom ZAE Bayern entwickelten Verfahren wird die Kristallisation des K2HPO4·6H2O beeinflusst, indem die sich bildenden Kristalle, die nur bis zu einer Größe von ca. 1 mm anwachsen, immer wieder z.B. durch Ultraschall oder durch eine entsprechend ausgeführte Pumpe mechanisch zerkleinert werden und dann ihrerseits als neue Kristallisationskeime fungieren (Bild 3a).

Dadurch erhöht sich der Anteil der festen Phase des Salzhydrats, es bilden sich jedoch keine makroskopischen Kristallblöcke. Durch Beenden der mechanischen Einwirkung endet praktisch auch das Kristallwachstum, wodurch der Anteil des auskristallisierten Salzhydrats gesteuert werden kann. Dies macht solche langsam kristallisierenden Salzhydrate zum idealen Material für PCS, da keine Agglomeration auftritt. Somit wird auch eine Verkapselung oder ein Emulgator überflüssig. Weitere Vorteile der Verwendung von K2HPO4·6H2O sind, dass es nicht gesundheitsgefährdend und für ein Salzhydrat vergleichsweise gering korrosiv ist.

Es ist bekannt, dass Eis-Slurries mit einem Scraped Surface Slurry-Generator hergestellt werden können. Daher wurde im Projekt untersucht, ob mit dieser Methode auch K2HPO4·6H2O-Slurry erzeugt werden kann. Beim Scraped Surface Slurry-Generator werden Kristalle an einer gekühlten Fläche erzeugt und kontinuierlich von dieser abgekratzt (Bild 3b). Es zeigte sich, dass dieses Verfahren auch im Fall von K2HPO4·6H2O zuverlässig funktioniert. Für die Slurryerzeugung sollte K2HPO4·6H2O nur leicht unterkühlt werden, da es bei starker Unterkühlung zu schnellem Kristallwachstum kommen kann und die Gefahr des Verstopfens von Rohrleitungen und Anlagenkomponenten besteht.

Mittels kalorimetrischer Messungen wurden der Temperaturbereich und die Enthalpie­differenz des Phasenübergangs von festem zu flüssigem K2HPO4·6H2O bestimmt. Die gemessene Schmelztemperatur liegt bei etwa 14,5 °C. Im Intervall zwischen 13 und 16 °C beträgt die Enthalpieänderung 155 kJ/kg. Die erzielte Speicherkapazität hängt dann vom tatsächlichen Feststoffgehalt des Slurries ab: Für einen Feststoffgehalt von 30 Gew.-% ist zwischen 13 und 16 °C eine Speicherkapazität von 0,3·155 kJ/kg + 0,7·2,1 kJ/(kg·K)·3 K ≈ 51 kJ/kg zu erwarten. Zusätzlich zu den 30 Gew.-% K2HPO4·6H2O, die den Phasenwechsel vollziehen, nehmen die verbleibenden 70 Gew.-% K2HPO4·6H2O Wärme in sensibler Form auf. Die spezifische Wärmekapazität von K2HPO4·6H2O beträgt 2,1 kJ/(kg·K). Im Vergleich dazu ist die mit Wasser im gleichen Temperaturintervall erzielbare Speicherkapazität etwa 4,2 kJ/(kg·K)·3 K ≈ 13 kJ/kg, etwa ein Viertel des für K2HPO4·6H2O-Slurry mit 30 Gew.-% Feststoffgehalt zu erwartenden Werts.


Latentwärmespeicher als elektrische verschiebbare Last

Zurzeit werden elektrochemische Speicher entwickelt und im Markt eingeführt, um die fluktuierende Einspeisung aus erneuerbaren Energien besser in das bestehende Stromnetz zu integrieren. Neben elektrochemischen Speichern, welche die direkte Speicherung von Strom ermöglichen, können auch thermische Energiespeicher überall dort eingesetzt werden, wo aus Strom Wärme oder Kälte erzeugt wird, wie z.B. bei Kühlanwendungen. Die Vorteile thermischer Speicher sind ihre im Vergleich zu elektrischen Speichern geringen Kosten sowie der bei Kühlanwendungen im Vergleich zur Elektromobilität bereits vorhandene Anschluss ans elektrische Netz. Haushaltskühlschränke bieten ein großes Potential als verschiebbare elektrische Last. Die BRD verfügt über rund 40 Mio. Haushalte, von denen nahezu alle einen Kühlschrank besitzen. Zur groben Abschätzung des Potentials wird angenommen, dass jeder dieser Haushalte über einen Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A++ mit Gefrierfach und 120 l Kühlrauminhalt verfügt. Soll der halbe elektrische Tagesbedarf als verschiebbare Last zur Verfügung stehen, und stehen 50 % aller Kühlschränke in den Haushalten für die Pufferung zur Verfügung, könnte eine elektrische Last von ca. 1 GW generiert werden. Bei einer vollen Beladung der mit einem Speicher ausgerüsteten Kühlschränke könnten somit über die Ladezeit von 4 h ca. 4 GWh elektrisch gepuffert werden.

Ziel des Projektes „DiTES4Grid“ ist die Entwicklung eines Latentwärmespeichers zur Integration in eine Kühl-/Gefrierkombination des Industriepartners BSH Hausgeräte GmbH, um diese als elektrische verschiebbare Last verwenden zu können. Geeignete PCM auf Basis von Salzlösungen werden im Hinblick auf Phasenwechseltemperatur, Korrosion, Zyklenstabilität, Volumenänderung beim Phasenwechsel und Preis untersucht und bewertet. Eine zusätzliche Anforderung an das PCM ist, dass es Aluminium und Kupfer nicht korrodiert bzw. geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Korrosion getroffen werden. Kommerzielle PCM verschiedener Hersteller sowie selbst hergestellte Mischungen mit Schmelztemperaturen zwischen -26 °C und -23 °C wurden zunächst im Labormaßstab kalorimetrisch charakterisiert. Der Vergleich der Messungen ergab, dass die meisten der untersuchten Salz-Wasser-Lösungen über den Phasenwechsel Enthalpieänderungen von mehr als 200 J/g aufweisen, was für ein PCM in der vorgesehenen Anwendung ein ausreichender Wert ist. Entscheidender als der absolute Wert der Enthalpieänderung beim Phasenwechsel ist jedoch die Frage, welche der untersuchten Materialien thermisch zyklenstabil ist und somit über die angestrebte Auslegungsdauer der Anwendung von 14 Jahren funktionstüchtig bleibt. Zur Beurteilung der Stabilität wurden Proben der PCM-Kandidaten von etwa 60 ml in der am ZAE Bayern entwickelten Zyklierapparatur einer thermischen Zyklierung unterzogen. Anfängliche Untersuchungen zeigten auch im Fall der kommerziellen PCM-Kandidaten eine schnell einsetzende Phasenentmischung. Bild 4 zeigt eine Aufnahme der Phasenentmischung eines kommerziellen PCM nach 56 Zyklen. Das PCM befand sich zum Zeitpunkt der abgebildeten Aufnahmen etwa bei -10 °C und damit im „flüssigen“ Zustand. Es ist zu erkennen, dass sich das zyklierte PCM in mindestens zwei räumlich deutlich voneinander getrennte Phasen getrennt hat. Derzeit werden Möglichkeiten zur Unterdrückung der Phasenentmischung untersucht.


Schlussfolgerungen und Zusammenfassung

Latentwärmespeicher sind für Kälteanwendungen von Interesse, da oftmals nur geringe Temperaturdifferenzen zum Laden und Entladen eines Speichers zur Verfügung stehen und die Speicherkapazität von PCM im Temperaturbereich des Phasenwechsels signifikant höher als die eines vergleichbaren sensiblen Speichers ist.

Ein zentraler Latentwärmespeicher auf der Basis eines PCM mit 15 °C Schmelztemperatur zur Gebäudekühlung ist deutlich effizienter als Eisspeicher oder Kaltwasserspeicher zu betreiben. Gerade PCM auf der Basis von Salzhydraten bzw. Salzhydratmischungen sind aufgrund der relativ hohen erzielbaren Speicherdichten von großem Interesse. Jedoch besteht im betrachteten Temperaturbereich noch Bedarf ein entsprechendes PCM zu entwickeln, das sich auch über den anvisierten Anwendungszeitraum als stabil erweist. Ob ein PCM für die Anwendung in einem zentralen Speicher zur Gebäudekühlung geeignet ist, hängt neben der thermischen Zyklenstabilität von deren Verträglichkeit mit anderen Speicherkomponenten, von etwaigen Zulassungsanforderungen bzw. für den Dauerbetrieb zu treffende Sicherheitsmaßnahmen und vom Preis der Materialien ab.

Die gegenüber einphasigen Kälteträgern erhöhte Speicherkapazität eines Phase Change Slurries birgt in Verbindung mit Kühldecken den Vorteil, dass sich das PCS über die Kühldecke betrachtet weniger erwärmt und daher im Mittel ein größeres ΔT zwischen Kälteträger und Raum vorliegt. Wird durch die Verwendung eines PCS beispielsweise das zur Kühlung verfügbare effektive, mittlere ΔT von 4 auf 5 °C erhöht, so entspricht dies einer Leistungssteigerung von 25 % und damit einer möglichen Verkleinerung der zu installierenden Kühldeckenfläche um 25 %. Durch die höhere Transportkapazität lassen sich darüber hinaus die Rohrdimensionen im Kühlungsnetzwerk und/oder die Pumpleistung signifikant verringern. Zur Entwicklung von PCS auf Salzhydratbasis wurde am ZAE Bayern ein neuartiger Ansatz entwickelt, welcher auf dem Einsatz von Salzhydraten mit sehr niedriger Kristallisationsgeschwindigkeit beruht.

Wird eine Kühlanwendung, z.B. eine haushaltsübliche Kühl-Gefrierkombination, mit einem thermischen Speicher ausgerüstet, kann damit eine zeitlich verschiebbare elektrische Last erzeugt werden. Es werden Vorteile gegenüber elektrischen Speichern bei den Kosten erwartet. Die im Projekt „DiTES4Grid“ untersuchten Salz-Wasser-Lösungen mit Schmelztemperaturen zwischen -26 °C und -23 °C verfügen über ausreichend hohe Schmelzenthalpien, jedoch erwies sich die Zyklenstabilität als problematisch. An einer Lösung zur Unterdrückung der Phasenentmischung wird derzeit gearbeitet.

Literatur

[1] Schmit, H., Rathgeber, C., Hennemann, P., Hiebler, S., Three-step-method to determine the eutectic composition of binary and ternary mixtures, J. Therm. Anal. Calorim. 117 (2014), 595-602

[2] Gütegemeinschaft PCM e. V.,www.pcm-ral.de


Danksagung

Die Verantwortung für den Inhalt liegt bei den Autoren. Die Projekte „PC-Cools_S“ und „DiTES4Grid“ werden im Rahmen der Förderinitiative Energiespeicher vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter den Förderkennzeichen 03ESP138D und 03ESP330A gefördert.

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