Optimale Dämmschichtdicken

Energieeffizienzsteigerung von klima- und kältetechnischen Anlagen (Teil 1)

Auch in der Klima- und Kältetechnik gewinnen Maßnahmen zur Steigerung der Energie­effizienz zunehmend an Bedeutung: In der neuen Energieeinsparverordnung, die im Oktober 2009 in Kraft getreten ist, wurden erstmals auch Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen von Raumlufttechnik- und Klimakältesystemen in die Dämmpflicht genommen. Dass diese Dämmvorschrift zwar ein wichtiger erster Schritt in Richtung Energieeinsparung ist, für eine effiziente Reduzierung der Energieverluste in den kommenden Jahren jedoch erheblich größere Dämmdicken vorgeschrieben werden sollten, zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie der Firma Armacell, die in einem zweiteiligen Beitrag vorgestellt werden.

Die Dämmung von kaltgehenden Leitungen dient heute vorrangig der Tauwasserverhinderung. Dieses Ziel ist in der Regel auch Grundlage der Berechungen zur Ermittlung der Dämmschichtdicken. So werden in der Praxis meist Mindestdämmschichtdicken von 6 bis 13 mm eingesetzt, die das Entstehen von Tauwasser verhindern, jedoch nicht optimal für eine Reduzierung der Energieverluste ausgelegt sind. Nach der EU-Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden müssen allerdings auch Kühlung und Lüftung zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes herangezogen werden. Wird die Richtlinie konsequent in nationales Recht umgesetzt, müssen auch Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen raumlufttechnischer Anlagen in die Dämmpflicht genommen und energetisch optimale Dämmschichtdicken vorgeschrieben werden. Nicht nur in der Klimatechnik, auch in der Kühltechnik lassen sich durch eine optimierte Dämmung der Rohrleitungen wesentliche Einsparpotentiale realisieren. In diesem Anwendungsbereich amortisieren sich die zusätzlichen Investitionskosten sogar schon nach wenigen Monaten.

Angesichts des rasant voranschreitenden Klimawandels, kontinuierlich steigender Energiepreise und des wachsenden Energiebedarfs in den expandierenden Ländern zählt die effiziente Nutzung der immer knapper werdenden Energieressourcen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Erkenntnis, dass Energieeffizienz die wichtigste „Energiequelle“ der Zukunft ist, gewinnt nicht nur in der Politik, sondern auch in der Industrie zunehmend an Bedeutung. Dass wir hier von einem riesigen Potential sprechen, mag die Einschätzung von Experten verdeutlichen, die davon ausgehen, dass von der Primärenergie bis zum Endverbrauch heute bis zu 80 % in der Energiewertschöpfungskette verloren gehen. Nur 20 % der Primärenergie werden also genutzt. Laut der Internationalen Energieagentur könnte die Energieeffizienz mit rund 60 % bis 2030 sogar den größten Anteil an der Verringerung des CO2‑Ausstoßes leisten.

Optimale Dämmung steigert

Energieeffizienz

Egal ob im Gebäude- oder im industriellen Bereich, zentrale Stellschraube zur Steigerung der Energieeffizienz ist die Dämmung von Anlagenteilen. Denn durch eine optimale Dämmung wärme- und kältetechnischer Anlagen können Energieverluste wesentlich vermindert werden. Wie Armacell-Studien gezeigt haben, ist das Energieeinsparpotential, das durch eine optimale Rohrleitungsdämmung der Heizungs- und Warmwasseranlagen neuer und insbesondere bestehender Gebäuden immens. Gerade im Altbaubereich können durch die nachträgliche Dämmung zugänglicher Rohrleitungsabschnitte enorme Einsparungen realisiert werden. Vor einigen Jahren hat Armacell (www.armacell.de) sich erstmals auch den Einsparmöglichkeiten im Kälte-Klimabereich gewidmet. Eine Pilotstudie zeigte, dass durch eine optimierte Dämmung der Kühlwasserleitun­gen einer typischen Klimaanlage wesentliche Einsparungen möglich sind. Die zusätzlichen Investitionen amortisieren sich bereits nach wenigen Jahren. Jetzt möchte Armacell diese Ergebnisse differenzieren und auf eine breitere Basis stellen. Kälteanlagen verlangen einen tieferen Einblick. Anders als für Heizungsanlagen gibt es in nur wenigen europäischen Ländern Anforderungen an die Dämmschichtdicke von kaltgehenden Rohrleitungen. In Deutschland wurden mit der Einführung der Energieeinsparverordnung 2009 zwar erstmalig auch Kälteverteilungsleitungen raumlufttechnischer Anlagen in die Dämmpflicht einbezogen. Die geforderte Dämmdicke von 6 mm ist aber sowohl zur Verminderung von Energieverlusten als auch zur Vermeidung von Tauwasser (abhängig von Einflussgrößen wie relativer Luftfeuchte, Umgebungs- und Mediumtemperatur etc.) als deutlich zu gering zu bewerten. Die mit der EnEV 2009 eingeführte Anforderung an die Dämmdicke von Kälteverteilungs- und Kaltwasserleitungen von Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen kann daher allenfalls als erster zukunftsweisender Schritt in Richtung Energieeinsparung betrachtet werden.
Zur Bestimmung der Dämmschichtdicken von kaltgehenden Leitungen werden heute in der Regel Berechnungen herangezogen, die ausschließlich der Vermeidung von Tauwasser dienen. So werden in der Praxis meist Mindestdämmdicken von 6 bis 13 mm eingesetzt, die in der Regel das Entstehen von Tauwasser verhindern, die allerdings nicht optimal für eine Reduzierung der Energieverluste ausgelegt sind. Wie Armacell bereits 2007 in seiner Studie zeigen konnte, ist die Dämmschichtdicke, die zur Tauwasserver­hinde­rung von Kühlwasserleitungen notwendig ist, nicht die optimale Lö­sung im Hinblick auf Energieeinsparungen. Zusätzliche Einspareffekte sind mit größeren Dämmschichtdicken möglich. Als unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimale Dämmung erbrachte die Untersuchung eine Dämmdicke von 15,5 bis 25,0 mm, ein Dämmniveau, das etwa „AF‑4“ des „AF/Armaflex“-Sortiments entspricht.


Untersuchungsgegenstand

Im zweiten Teil dieser Studie sollen nun konkrete Anwendungsbeispiele untersucht werden. Berücksichtigt wurden Klimaanlagen in einem kleinen und großen Bürogebäude mit unterschiedlichem Kühlbedarf sowie Kühlanlagen unterschiedlicher Temperatur und Leistung. Zentrale Fragestellung der Untersuchung war die Ermittlung optimaler Dämmschichtdicken für Rohrleitun­gen von Kühl- und Klimaanlagen. Dazu wurden die energetischen und finanziellen Einsparungen ermittelt, die durch Dämmniveaus erreicht werden können, die über die Mindestdämmung zur Verhinderung von Tauwasser hinausgehen. Die zusätzlichen Investitionskosten für dickere Dämmschichtdicken wurden den Kos­teneinsparungen gegenübergestellt und so eine unter energetischen und ökonomischen Aspekten optimale Dämmschicht­dicke ermittelt. Darüber hinaus wurde auch das Potential der unterschiedlichen Dämmaßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen berechnet. Um repräsentative Ergebnisse für unterschiedliche Gebäudetypen und -größen sowie für unterschiedliche Kälteleistungen und Temperaturen der Kühlanlagen zu erhalten, wurden insgesamt neun unterschiedliche Szenarien entwickelt.

Zu diesem Zweck wurden sowohl für die Klima- als auch für die Kühltechnik typische Anlagen ausgewählt, die in allen europäischen Ländern zu finden sind.


Typische Klimaanwendungen:

› ein Supermarkt mit klassischer Klimaanlage auf Basis von Kühlwasser mit einem Kühlbedarf von 75 W/m²

› ein kleines, fünfgeschossiges Bürogebäude mit klassischer Klimaanlage und einem Kühlbedarf von 75 bzw. 100 W/m²

› ein großes, zehngeschossiges Bürogebäude, ebenfalls mit klassischer Klimaanlage ausgerüstet und mit einem Kühlbedarf von 75 bzw. 100 W/m²

Typische Kühlanwendungen:

› Kühlanlagen mit einer unterschiedlichen Anzahl an Kühlvitrinen zur Lagerung und zum Verkauf von Nahrungsmitteln, wie sie in Supermärkten eingesetzt werden (Kühlbedarf von 50 bzw. 100 kW)

› Kühlanlagen mit einer unterschiedlichen Anzahl an Tiefkühlzellen zur Lagerung von Nahrungsmitteln, die ebenfalls in Supermärkten eingesetzt werden (Kühlbedarf von 25 bzw. 50 kW).

 
Das Prinzip der Berechnungen

Kühl- oder Klimaanlagen „produzieren“ Kälte, indem sie der Umgebung Wärme entziehen und sie in einen anderen Raum abtransportieren. Sie verwenden dabei elektrische Energie, überwiegend für den Antrieb von Verdichtern und bei größeren Anlagen auch für den Betrieb der Hilfsgeräte wie Ventilatoren und Pumpen. Die abzutransportierende Wärme besteht zum größten Teil aus der Wärme, die den zu kühlenden Räumen entzogen werden muss, um eine gewünschte Raumtemperatur zu halten. Hinzu kommt jedoch auch der Wärmeeintrag, der durch die Temperaturdifferenz zwischen Raumumgebung und Kühlwasser- bzw. Kältemittelleitungen entsteht. Dieser Wärmegewinn durch Rohrleitungen (er kann auch Kälteverlust genannt werden) geht in die gesamte Wärmebilanz ein und muss durch Mehrarbeit der Kältegeräte – überwiegend Verdichter – kompensiert werden. Das resultiert selbstverständlich in einem höheren Energiebedarf. Diese Ausführungen dürften bereits verdeutlicht haben, dass dieser zusätzliche Wärmeeintrag und damit zusätzliche Energiebedarf von der Dämmschichtdicke der Rohrleitungen abhängt. Dieser Energiebedarf kann mittels des Wirkungsgrades (EER = Energy Efficiency Ratio) des Kältegerätes berechnet werden. Der Wirkungsgrad liegt typischerweise zwischen 1,5 und 3,0.

Um den störungsfreien Betrieb kältetechnischer Anlagen zu gewährleisten, müssen Kühlwasser- und Kältemittelleitungen vor dem Entstehen von Tauwasser geschützt werden. Durch eine sogenannte Tauwasserdämmung wird der Taupunkt nach außen verlagert und die Anlagenteile sind vor dem Entstehen von Feuchtigkeit geschützt. Die Dämmschichtdicke zur Verhinderung von Tauwasser ist u.a. von der Mediumtemperatur und den Umgebungsbedingungen (Umgebungstemperatur, relative Luftfeuchte) abhängig. Da eine Mindestdämmung der kältetechnischen Anlagenteile aus technischer Sicht also unvermeidbar ist, wurde das Energieeinsparpotential der unterschiedlichen Dämmniveaus in der Studie nicht mit einer Null-Dämmung, sondern immer mit der zur Tauwasservermeidung notwendigen Mindestdämmung verglichen. Die so ermittelten Energieeinsparungen für die unterschiedlichen Dämmschichtdicken bilden die Basis für weitergehende Berechnungen. So wurden beispielsweise die finanziellen Einsparungen für gewisse Zeitperioden (z.B. für 5, 10, 15 und 20 Jahren) kalkuliert. Um die zukünftigen Ersparnisse korrekt zu ermitteln, wurden eine realistische Erhöhung der Energiepreise von 5 % jährlich und ein Zinssatz von 4 % zugrunde gelegt und nach dem Prinzip des „present value“ umgerechnet.

Ganz zentral war auch die Frage der ökologischen Bedeutung der Einsparmöglichkeiten. Daher wurde das Energieeinsparpotential der unterschiedlichen Dämmniveaus in CO2-Emissionen umgerechnet, die durch die Einsparung verhindert werden. Dies lässt sich mithilfe des sogenannten CO2-Emissionsfaktors berechnen. Der CO2-Emissionsfaktor hängt vom Strommix ab, der den Verbrauch ver­schiedener Brennstoffe (Gas, Öl, Kohle, Kernbrennstoff) in Kraftwerken widerspiegelt und damit auch die Freisetzung von CO2 bei der Produktion elektrischer Energie. In der Untersuchung wurde der europäische CO2-Emissionsfaktor berücksichtigt, der in der Norm EN 15 603:2008 („Energieeffizienz von Gebäuden – Gesamtenergieverbrauch und Festlegung der Energiekennwerte“) mit 0,617 kg CO2/kWh festgelegt wurde (Strommix UCPTE = Union for the Coordination of Production and Transmission of Electricity).

Die Reduzierung der CO2-Emissionen wurde wie folgt berechnet:

Energiesparpotentiale von Kühlwassersystemen in Klimaanlagen

Für die Berechnungen wurden typische Gebäude mit klassischen Klimaanlagen und unterschiedlich großen Kühlwasserinstallationen zugrunde gelegt. Die Kühlwasserleitungen führen Wasser mit einer Nennvorlauftemperatur von +7 °C zu den Gebläsekonvektoren in den Gebäuden. Solche Installationen bestehen aus vielen Rohrleitungen mit unterschiedlichen Rohrdurchmessern und einer Vielzahl von Abzweigen. Die Anzahl der Konvektoren und die Kühlwassermenge sind abhängig von der Gebäudegröße und dem Kühlbedarf. Um zu gewährleisten, dass die Durchlaufgeschwindigkeit des Kühlwassers in etwa gleich bleibt, werden entsprechend große Rohrdurchmesser eingesetzt. Der Kühlbedarf ist nicht nur von der Sonneneinstrahlung, sondern auch von der Art der Nutzung des Gebäudes, wie z.B. der Menge Wärme abgebender Bürogeräte, abhängig. In der Regel liegt der Kühlbedarf von Gebäuden zwischen 70 und 100 W/m2 (Tabelle 2).

Um möglichst unterschiedliche Klimatisierungsszenarien widerzuspiegeln, wurden in der Untersuchung drei Gebäudetypen mit unterschiedlichem Kühlbedarf berücksichtigt. Betrachtet wurden ein Supermarkt mit einem Kühlbedarf von 70 W/m2 und zwei unterschiedlich große Bürogebäude. Für jedes Bürogebäude wurde der Kühlbedarf mit jeweils 75 und 100 W/m2 angenommen. So soll eine unterschiedliche Ausstattung mit Bürogeräten widergespiegelt werden. Insgesamt wurden also fünf unterschiedliche Klimatisierungsszenarien untersucht. Weiter wurde angenommen, dass 75 % des Kühlbedarfs durch die Klimaanlage und der Rest durch eine separate Lüftungsanlage abgedeckt wird. Die Kühlperiode beträgt ein halbes Jahr (Sommersaison). Dabei wurden unterschiedliche Bedarfsfaktoren angenommen: 100 % in Juli und August, 85 % in Juni und September und 70 % in Mai und Oktober.

In Tabelle 4 werden die verschiedenen Kühlwasserinstallationen detailliert dargestellt. Dieser Übersicht können die jeweiligen Rohrleitungsabschnitte mit unterschiedlichen Durchmessern entnommen werden.

Der Beitrag wird in KKA 4/2011 fortgesetzt.

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