Energieeinsparung und Umweltschutz

Umweltauswirkungen von technischen Dämmstoffen

Bei der Herstellung von Produkten werden Rohstoffe und energetische Brennstoffe verbraucht und die Umwelt wird mit Emissionen von nicht neutralen und manchmal schädlichen Substanzen in Luft, Wasser und Boden belastet. Umweltbewusste Hersteller stellen sich die Frage, in welchem Maß die Umwelt durch Herstellung und Transport ihrer Produkte belastet wird und ob es wirtschaftlich-technisch möglich ist, diese Belastung zu verringern – eine Frage und eine Herausforderung, der sich der Dämmstoffhersteller Armacell gestellt hat. In diesem Artikel wird u.a. beleuchtet, welche Umwelteinflüsse Dämmstoffe während ihrer kompletten Lebensdauer besitzen.


Dabei geht es nicht nur um den guten Ruf des Herstellers, sondern vorrangig um das Ausloten von Möglichkeiten, die Produkte mit einer geringeren Umweltbelastung herzustellen und zu liefern. Denn die Fähigkeit einer umweltfreundlichen Herstellung von Produkten kann schon in naher Zukunft neben dem Preis und den Eigenschaften des Produktes eines der zentralen Auswahlkriterien werden. Dies gilt insbesondere für technische Produkte wie beispielsweise Baustoffe. Bereits heute werden Baustoffe zunehmend auch nach ökologischen Kriterien beurteilt. Als Beispiele seien hier nationale Programme wie das DGNB-Zertifikat (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen), „Minergie“ in der Schweiz oder die inzwischen auch international renommierten Zertifizierungssysteme LEED (Leadership in Energy & Environmental Design) und BREEAM (BRE Environmental Assessment Method) genannt. Um die Umweltbelastung eines Baustoffs beurteilen zu können, muss er zunächst nach einer allgemein akzeptierten Methode untersucht werden. Ein schon seit einigen Jahren definiertes und in der Industrie zunehmend angewandtes Verfahren ist die sogenannte LCA, die im deutschen Sprachgebrauch auch als Ökobilanz bezeichnet wird.

 

Was ist LCA?

LCA steht für Life Cycle Assessment, was wörtlich mit „Bewertung des Lebenszyklus“ übersetzt werden könnte. LCA ist eine standardisierte Methode und sie wird in den folgenden internationalen Grundnormen geregelt:

› ISO 14 040:2006 – Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen,

› ISO 14 044:2006 – Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen.

Die ersten Ausgaben dieser Normen wurden in 1997 veröffentlicht. Die Ökobilanz ist zwar eine relativ neue Bewertungsmethode, es liegen aber bereits Erfahrungen in ihrer Anwendung vor.


Die LCA gibt Auskunft darüber, inwieweit Produkte und Verfahren während ihrer Lebensdauer die Umwelt belasten. Mit dieser Methode kann die Umweltwirkung von Produkten beurteilt und mit den Umwelteinflüssen anderer Erzeugnisse verglichen werden. Die einzelnen Kriterien sind in den Grundnormen nicht genannt, sie können jedoch in den Technischen Berichten (TR), in anderen produktspezifischen Normen und in der Fachliteratur gefunden werden. Als wesentliche Kriterien gelten:

› Treibhauseffekt: Ausstoß von Gasen wie CO2, NH3, NOx,

› Abbau der Ozonschicht (Ozonloch),

› Versauerung des Bodens / Wassers,

› Eutrophierung (Überdüngung) des Wassers,

› Bedarf nicht erneuerbarer Ressourcen,

› Bildung von Ozon in der Troposphäre, photochemische Oxidanten und

› Toxizität für Menschen und Umwelt.

 

Anfänge einer Ökobilanz bei Armacell

Bei Armacell (www.armacell.de), dem weltweit führenden Hersteller flexibler technischer Dämmstoffe für die Haustechnik und betriebstechnischen Anlagen in der Industrie, wurde im Jahr 2000 damit begonnen, erste Ansätze für eine umfassende Ökobilanz zu entwickeln. Dem Dämmstoffhersteller diente die LCA zunächst als internes Vergleichswerkzeug, um die damals 20 Werke hinsichtlich ihrer Umwelteinflüsse gegenüberstellen zu können. Ziel des Unterfangens war es, umweltbewusste Entscheidungen für das Produktionsverfahren und bei der Auswahl von Rohstoffen treffen zu können.   

Die LCA-Kalkulationen wurden mit den stets aktuellen Versionen der marktführenden Ökobilanz-Software „SimaPro 7“ durchgeführt. Dabei wurden folgende Inputs (Eingabedaten) der unterschiedlichen Herstellungswerke berücksichtigt:   


Verbrauch von:

› elektrischer Energie in den Werken und Büros,

› Heizöl und Heizgas,

› Propan/Butan-Gas für Antrieb von Gabelstaplern,

› Wasser;

Transport von:

› Rohstoffen und Komponenten,

› hergestellten Produkten;

Dienstreisen der Mitarbeiter:

› mit Pkw,

› mit Flugzeug.             

 

Rechnet man den gesamten Energieverbrauch (Summe aller Energieträger) auf die weltweit bzw. europaweit produzierte Menge Armaflex um, so ergibt sich ein durchschnittlicher Energiebedarf pro 1 Meter Armaflex-Schlauch (mit einer durchschnittlichen Dämmschichtdicke). Auf dieser Basis lässt sich auch ein durchschnittlicher CO2-Ausstoß ermitteln (s. Tabelle 1).

Ein geringerer CO2-Ausstoß bei höherem Energieverbrauch für die Armacell-Werke weltweit im Vergleich zu den Ergebnissen für die europäischen Werke ist nur scheinbar ein Paradox. Es erklärt sich dadurch, dass in den europäischen Werken die elektrische Energie einen höheren Anteil am Gesamtenergiebedarf besitzt als weltweit. Das gilt nicht nur für die Armacell-Standorte, sondern auch für die Werke, in denen Armacell-Rohstoffe hergestellt werden.  

Die Armacell-Werke befinden sich auf fünf verschiedenen Kontinenten und sind hinsichtlich der Details der Produktionsverfahren, eingesetzter Rohstoffe, Energie- und Brennstoffzufuhr, Wasserverbrauch etc. recht unterschiedlich. Hinzu kommt die Tatsache, dass von diesen Fertigungsstätten ganz unterschiedlich große Märkte beliefert werden, was zu erheblichen Unterschieden bei den Transportentfernungen führt.

 

Ökobilanz von Dämmstoffen

Dämmstoffe zählen zu den wenigen industriell gefertigten Er­zeugnissen, die im Laufe ihres Produktlebens Energie einsparen. Daher ist es bei der Betrachtung von Dämmstoffen interessant, die LCA-Analyse über den Moment des Einbaus der Baustoffe hinauszuführen. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Maß Dämmstoffe bei korrekter Anwendung die Energie, die bei ihrer Herstellung und Lieferung benötigt wurde, wieder einsparen. Oder anders formuliert: Welche Umwelteinflüsse besitzen Dämmstoffe während ihrer kompletten Lebensdauer („von der Wiege bis zur Bahre“)?

Erst eine solche Analyse erlaubt eine ganzheitliche Betrachtung der Umwelteinflüsse von Dämmstoffen. Ein Produkt mag vielleicht mit einem geringeren Ausstoß an Treibhausgasen bei der Herstellung und dem Transport als andere Produkte aufwarten können, aufgrund einer höheren (und somit schlechteren) Wärmeleitfähigkeit jedoch im Laufe seines Produktlebens weniger Energie einsparen als andere Produkte. Umgekehrt kann ein Dämmstoff vielleicht bei der Herstellung einen höheren Energiebedarf benötigen, aber aufgrund besserer technischer Eigenschaften (geringere Wärmeleitfähigkeit) insgesamt umweltfreundlicher sein. Erst ein Vergleich der Umweltauswirkungen von Dämmstoffen während eines angenommenen Lebenszyklus, von z.B. 20 Jahren, erlaubt eine realistische Beurteilung darüber, welches Produkt im Endeffekt besser für die Umwelt ist.          

 

Armacell-LCA-Studie: ganzheitliche Produktlebenszyklusanalyse

Um eine umfassende Bilanz über die Umweltauswirkungen seiner Dämmstoffe zu erhalten, hat Armacell eine ganzheitliche Produktlebenszyklusanalyse erarbeitet. Im Fokus stand dabei das Hauptprodukt:

Armaflex, ein Dämmstoff auf Basis synthetischen Kautschuks, den das Unternehmen seit nunmehr 50 Jahren vertreibt und inzwischen auf fünf Kontinenten in verschiedenen Typen fertigt. Um die Komplexität der Berechnungen in einem praktikablen Rahmen zu halten, wurden alle Armaflex-Produkte aufgrund ihrer typischen Anwendung in zwei große Anwendungsbereiche gegliedert (s. Tabelle 2).

Für diese beiden Hauptanwendungsbereiche wurden insgesamt 18 typische Gebäude- und Installationsmodelle erarbeitet, die typische Anwendungen der Dämmstoffe repräsentieren (s. Tabelle 3).

Bei jedem dieser Modelle handelt es sich um Anlagetypen mit definierten Rohrleitungen bzw. Rohrleitungssystemen. Um unnötige Energieverluste zu vermeiden und Energie zu sparen, wurden die Modellinstallationen in den Berechnungen optimal gedämmt. Die Energieeinsparungen wurden dabei als Differenz zweier Energieverbrauchsgrößen berechnet.

Dabei wurde die „minimale Dämmschicht­dicke“ der Rohrleitungen unterschiedlich definiert: Im Heizungsbereich wurde sie als Null angenommen, im Kältebereich als die Mindestdämmdicke, die in definierten Umgebungsbedingungen eine Tauwasserbildung auf der Rohrleitung verhindert. Die „optimalen Dämmschichtdicken“ auf den Rohrleitungen mit unterschiedlichen Durchmessern wurden in der Regel so festgelegt, dass die finanziellen Einsparungen (abzüglich der Investitionskosten) im Laufe des Lebenszyklus am höchsten sind. Bei der Festlegung der optimalen Dämmschichtdicke wurden darüber hinaus auch die üblichen Dämmdicken von korrekt geplanten Anlagen aus Erfahrung der technischen Serviceabteilungen der Firma Armacell sowie die in manchen Länder diesbezüglich geltenden Vorschriften und Richtlinien berücksichtigt.

Die auf diese Art und Weise ermittelten Energieeinsparungen können dann auf 1 Meter Dämmschlauch, 1 Kubikmeter Dämmstoff bzw. auf 1 kg Dämmstoff umgerechnet und dargestellt werden. Den Fokus seiner LCA-Studie hat Armacell auf die Energieeinsparung und somit auf die Reduktion des CO2-Ausstoßes gelegt.

Die Minderung der CO2-Emissionen wurde mithilfe des sogenannten CO2-Emissionsfaktors nach der Norm EN 15 603:2008 („Energieeffizienz von Gebäuden – Gesamt­energieverbrauch und Festlegung der Energiekennwerte“) wie folgt berechnet:

 

Berechnungsszenarien:

unterschiedliche Gebäude- und Installationsmodelle

Die Gebäude- und Installationsmodelle wurden auf der Basis der langjährigen Erfahrung der Firma Armacell entworfen. Der Dämmstoffhersteller hat in den Jahren 2005 bis 2008 eine sogenannte CO2-Studie für Heizungsanlagen erarbeitet. In diesen Untersuchungen ermittelte das Unternehmen das Energie- und CO2-Einsparpotential, das durch eine korrekte Dämmung der Verteilungsleitungen der Raumheizung und Warmwasserversorgung realisiert werden kann. Sehr hilfreich war dabei die Kenntnis der technischen Manager, die sie durch ihre Mitarbeit im CEN-Normungsausschuss CEN/TC 228 und den dazugehörigen Arbeitsgruppen erworben haben. In den Jahren 2004 bis 2006 waren verschiedene Armacell-Mitarbeiter aktiv bei der Erarbeitung der sogenannten EPBD-Normen beteiligt, die zur Berechnung der Energieeffizienz von Gebäuden von der Europäischen Kommission beauftragt wurden. Insbesondere die Normen EN 15 316-1, EN 15 316-2-3 und EN 15 316-3-2 liefern die standardisierten Berechnungsmethoden zur Berechnung der Wärmeverluste von Verteilungsleitungen der Raumheizung und Warmwasserversorgung. Eine ähnliche CO2-Studie, diesmal jedoch für Kälteanlagen, wurde in den Jahren 2008 bis 2009 erarbeitet. Für den Kältebereich stehen zwar keine detaillierten EPBD-Normen wie für den Heizungsbereich zur Verfügung, die Berechnungen konnten jedoch aufgrund der allgemein akzeptierten Regeln, wie z.B. nach ISO 12 241, durchgeführt werden. Die Ergebnisse der beiden CO2-Studien wurden detailliert in der Fachöffentlichkeit vorgestellt.    

 

Armaflex-Energie- und Klimabilanz

Anders als allgemein vermutet, besitzt die thermische Dämmung von Rohrleitungen und dabei insbesondere die Dämmschichtdicke eine große Bedeutung für die gesamte Energie- und CO2-Bilanz von Gebäuden. Besonders bei Heizungsanlagen sind die Einsparpotentiale erheblich. Wie die Armacell-CO2-Studie zeigt, kann in einem durchschnittlichen Wohngebäude in Europa der Energiebedarf für Beheizung und Warmwasserversorgung allein durch eine optimale Dämmung der Rohrleitungen um bis zu 25 % reduziert werden.

Die Einsparungen in Kälte- und Klimaanwendungen sind zwar aufgrund der geringeren Temperaturdifferenz und der Annahme von Mindestdämmdicken („Tauwasserdämmung“) geringer als bei Heizungssystemen, doch auch diese Einsparungen spielen eine wichtige Rolle bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Gebäuden. Da die traditionelle Kälte- und Klimatechnik fast ausschließlich auf dem Einsatz elektrischer Energie mit einem hohen CO2-Emissionsfaktor basiert, müssen angesichts des weltweit wachsenden Kälte- und Klimatisierungsbedarfs und steigender Energiepreise auch diese Einsparpotentiale stärker berücksichtigt werden.

Die Lebensdauer von Armaflex wurde mit 20 Jahren für den Kältebereich und 30 Jahren für den Heizungsbereich (nach EN 15 459) angenommen. In der Tabelle 5 sind die durchschnittlichen Einsparungen für die beiden Anwendungsbereiche pro Kubikmeter Armaflex-Dämmung dargestellt.

 

Die für die Herstellung von Armaflex benötigte Energie und emittierte CO2-Menge amortisiert sich sehr schnell (Tabelle 6).

 

Die Ergebnisse der Ökobilanz belegen erneut das große Energieeinsparpotential von Armaflex-Dämmstoffen. Der während der Herstellung und des Transports von Arma­flex (inklusive Rohstoffen und Komponenten) in die Luft emittierte CO2-Ausstoß und die dazu verbrauchte Energie haben sich schon in den ersten 50 Tagen der Anwendung amortisiert.      

Während der angenommenen Lebensdauer von 20 bzw. 30 Jahren ist die durch die Armaflex-Anwendung verursachte Minderung des CO2-Ausstoßes und die Energieeinsparung 160- bis 180-mal größer als der durch Herstellung und Transport verursachte CO2-Ausstoß und die dazu benötigte Energie.

In einem 150 m2 großen Einfamilienhaus lassen sich durch die gezielte Anwendung von Armaflex-Dämmungen mit korrekter Dämmdicke im Laufe von 30 Jahren 13 000 Liter Öl bzw. Kubikmeter Gas einsparen und der CO2-Ausstoß lässt sich um 40 000 kg reduzieren.

 

Optimale Dämmung ist der Schlüssel zur Energieeffizienz

Das Baugewerbe ist eine der rohstoff- und energieintensivsten Industrien. Der Gebäudesek­tor ist die größte Einzelquelle des weltweiten Rohstoffeinsatzes und größter Verursacher von Treibhausgasemissionen. Rund 30 % aller Rohstoffe werden für die Errichtung und Instandhaltung von Gebäuden eingesetzt. 30 bis 40 % der Treibhausgase resultieren aus dem Bau, der Nutzung oder der Entsorgung von Gebäuden. In den Industrieländern fließt viel Energie in das Verkehrswesen und die Industrie, doch der größte Teil  – rund 40 % des eu­ropäischen Energieverbrauchs! – entfällt auf die Gebäude. Der Großteil der Energie dient der Beheizung und Kühlung der Gebäude. In Europa entfallen derzeit rund 70 % auf die Behei­zung, wobei die Klimatisierung auf dem Vormarsch ist. Es wird prognostiziert, dass sich der Einsatz der Klimatechnik bis 2030 verdreifacht.

Energieeffizienz ist die wichtigste Energiequelle, um in Zukunft den wachsenden Energiebe­darf zu decken und das Klima zu schützen. Der Schlüssel zur Energieeffizienz ist die Däm­mung. Optimale technische Dämmungen sind eine der einfachsten, kostengünstigsten und am schnellsten umzusetzenden Maßnahmen, die Energieeffizienz zu steigern.

 

Literatur

Laudenbach, J. and Koch, Th. (2003). CO2-Einsparpotential durch Rohrleitungsdämmung,  Zentrum für Umwelbewusstes Bauen e.V., Kassel, Deutschland

Jarema Chmielarski: Energieeinsparpotenziale durch optimale Rohrleitungsdämmung. Ein europäischer Vergleich. In: Isoliertechnik 2/2007, Seite 8 – 19.

Jarema Chmielarski: Energieeinsparpotenziale durch Optimierung der Rohrleitungsdämmung von Heizungsanlagen in Bestandsgebäuden.

In: Isoliertechnik 4/2008; Seite 6 – 15.

Jarema Chmielarski: Optimierte Dämmung. Kühlwasserleitungen von Klimaanlagen. In: Kälte Klima Aktuell 6/2007, Seite 42 – 48.

Jarema Chmielarski: Optimale Dämmschichtdicken. Energieeffizienzsteigerung von klima- und kältetechnischen Anlagen. In:

Kälte Klima Aktuell 3/2011, Seite 56 – 60 (Teil 1) und Kälte Klima Aktuell 4/2011, Seite 50 – 53 (Teil 2).

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