Rückkühlsysteme im Vergleich

Wirtschaftlichkeit und CO2-Bilanz

Dem Markt stehen eine Reihe etablierter Systeme zur Rückkühlung zur Verfügung. Für eine gegebene Anwendung die richtige Wahl zu treffen, ist nicht einfach, aber von großer Bedeutung, da es sich in der Regel um langlebige Investitionsgüter handelt. Eine Vorauswahl kann anhand von Parametern wie geforderter Kaltwassertemperatur, verfügbarer Aufstellfläche etc. erfolgen. Kommen mehrere Systeme in Frage, ist die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit eine wichtige Entscheidungshilfe. Zukünftig wird dies durch eine Bewertung der CO2-Bilanz ergänzt werden müssen, um klimapolitische Forderungen umzusetzen. Aus dieser Motivation heraus ergab sich die Notwendigkeit ein Werkzeug zu entwickeln, welches unterschiedliche Rückkühlsysteme in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und CO2-Bilanz miteinander vergleicht.

Rückkühlsysteme

Ein Rückkühlsystem im Zusammenhang dieser Abhandlung ist: „Ein Apparat zur Abgabe von Wärme an die Umgebungsluft“. Die Wärmeabgabe wird durch konvektive Wärmeübertragung (Trockenkühler) oder konvektive Stoffübertragung (Nasskühler) an einen erzwungenen Luftstrom erreicht. Nicht betrachtet werden Systeme, die auf Basis freier Konvektion arbeiten (Naturzugkühlturme). Das Leistungsspektrum umfasst dabei 30 kW bis 30 MW.

 

Offener Nasskühlturm

Beim offenen Nasskühlturm wird Wasser auf der Oberfläche von Füllkörpern mit einem Luftstrom in Kontakt gebracht, ein Teil des Wassers verdunstet und die hierfür erforderliche Enthalpie wird praktisch ausschließlich dem Wasser entzogen. Das Wasser kühlt ab. Anstelle des dargestellten Systems mit Druckbelüftung und Radialventilator kommen insbesondere bei größeren Kühltürmen saugende Axialventilatoren zum Einsatz. Die erreichbaren Kaltwassertemperaturen liegen unterhalb von 27 °C.

 

Geschlossener Nasskühlturm

Beim geschlossenen Nasskühlturm ist anstelle der Füllkörper ein Bündel aus meist glatten Rohren eingebaut, durch welches das zu kühlende Medium strömt. Das Verdunstungswasser wird in einem Sekundärkreislauf umgepumpt, wodurch eine Systemtrennung ohne weiteren Wärme­übertrager erreicht wird.

 

Trockenkühler

Trockenkühler sind zwar sehr simpel aufgebaute Geräte, die zugleich preiswert in der Anschaffung und einfach in der Wartung sind, andererseits lassen sich mit ihnen ganzjährig nur Kaltwassertemperaturen von größer 40 °C realisieren, so dass ein direkter Vergleich mit Verdunstungskühlern nicht zulässig ist. Betrachtet man jedoch die Rückkühlung einer Kältemaschine, wird der Vergleich aussagekräftig, wenn berücksichtigt wird, dass der COP der Kältemaschine vom Temperaturniveau der Wärmesenke abhängt.

 

Trockenkühler mit Adiabatik

Trockenkühler mit Adiabatik sind vom Prinzip Trockenkühler, bei denen das Temperaturniveau der Zuluft durch Versprühen von Wasser in den Luftstrom einmalig abgesenkt wird. Damit sind Kaltwassertemperaturen von ganzjährig unter 30 °C möglich. Diese Geräteart ist allerdings nicht Gegenstand der hier vorgestellten Betrachtung der Wirtschaftlichkeit und der CO2-Bilanz.

 

Hybridkühler

Die sinnvolle Weiterentwicklung von Trockenkühlern mit Adiabatik ist der Hybridkühler. Hier werden die Lamellen befeuchtet, so dass das Wasser auf der Lamellenoberfläche verdunstet. Das System kann als mehrstufige Adiabatik verstanden werden, was die erforderliche Oberfläche und die erforderliche Luftmenge gegenüber dem Trockenkühler mit Adiabatik reduziert, wie aus der nachfolgenden Darstellung im T-x Diagramm klar wird. Mit Hybridkühlern können ganzjährig Kaltwassertemperaturen unter 27 °C erreicht werden.

 

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und CO2 Bilanz

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung

Die Gesamtkosten eines Rückkühlsystems setzen sich zusammen aus den Kapitalkosten und den Betriebskosten, wobei die jährlichen Kapitalkosten aus der Abschreibung auf den Invest und die Zinsen auf den Kapitaleinsatz folgen.

Die berücksichtigten Betriebskosten anderseits sind die Kosten für Strom und Wasser (nicht beim Trockenkühler). Beim Strom wird neben dem Energiebedarf der Lüfter auch der Energiebedarf zum Pumpen von Flüssigkeiten durch den Kühlturm oder zum Versprühen von Wasser berücksichtigt. Die Energiebedarfe für den Luftstrom und die Überwindung flüssigkeitsseitiger Druckverluste liegen dabei durchaus in der gleichen Größenordnung, so dass die Betrachtung nicht auf die Leistungsaufnahme der Ventilatoren alleine abgestellt werden darf. Die Kosten für Wasser berücksichtigen wiederum separate Preise für Frischwasser, Wasseraufbereitung und Abwasser.

 

CO2-Bilanz

Bereitstellung von Strom und Frischwasser, die Wasseraufbereitung und die Entsorgung von Abwasser verursachen jeweils Emissionen von klimawirksamen Gasen, die als CO2-Äquivalente ausgewiesen werden. Hinterlegte Werte basieren insbesondere auf dem deutschen Strommix. Noch nicht berücksichtigt sind Herstellung und Transport, erscheinen aber nach derzeitigem Kenntnisstand von weit untergeordneter  Bedeutung.

 

Standort

Als einer der wesentlichsten Parameter bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit und der CO2-Bilanz erweist sich der Standort, bzw. dessen klimatische Bedingungen. Die DIN 4710 unterscheidet für Deutschland 15 Klimazonen, wobei der Referenzort Mannheim die wärmste und der Referenzort Fichtelberg die kälteste Zone repräsentiert. Den Berechnungen liegen die in der Norm genannten monatsweise aufgelösten 10-tel Stundenwerte für Temperatur und Wasserdampfgehalt zugrunde. Exemplarisch verdeutlicht Bild 6a den Einfluss des Standortes auf die Anzahl der Nassbetriebsstunden eines Hybridkühlers in Abhängigkeit der Umschalttemperatur.

Während am Standort Fichtelberg eine Umschalttemperatur von 10 °C zu einem Nassbetriebsanteil von ca. 20 % (bezogen auf alle Stunden eines Jahres) führt, wird dieser Wert für den Vergleichsort Mannheim erst bei Umschalttemperaturen oberhalb von 17 °C erreicht. Umgekehrt bedeutet eine Umschalttemperatur von 10 °C ein Nassbetriebsanteil von praktisch 50 % für Mannheim. Die aus den verschiedenen Nassbetriebsanteilen folgenden Wasserverbräuche wirken sich natürlich unmittelbar auf die Betriebskosten und die CO2-Bilanz aus.

Aber selbst für den Standort Fichtelberg führt die niedrige Umschalttemperatur nicht zur wirtschaftlichsten Lösung, wie aus Bild 6b ersichtlich. Vielmehr findet sich für das Beispiel ein Minimum zwischen 18 und 19 °C, welches aus Wassereinsparungen bei höherer Umschalttemperatur einerseits, aber auch damit wachsenden Investitionskosten resultiert. Die genaue Lage des wirtschaftlichen Optimums hängt von einer Vielzahl von Parametern ab und muss für den Einfall ermittelt werden.

Vereinfachend kann jedoch gesagt werden, dass das Minimum der Kosten mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit bei einer Umschalttemperatur zwischen 15 und 20 °C zu suchen ist, als bei einer Umschalttemperatur unterhalb von 15 °C.

 

Leistungsprofile

Von gleicher Wichtigkeit wie der Standort sind Leistungsprofile. Ausgehend von dem Ansatz, dass Warmwasser- und Kaltwassertemperatur ganzjährig konstant gehalten werden, kann die geforderte Kälteleistung ebenfalls ganzjährig konstant sein, sich monatsweise ändern (saisonaler Betrieb) oder mit der Umgebungstemperatur gekoppelt sein (Klimatisierung). Den Profilen lässt sich eine Anzahl an Jahresbetriebsstunden überlagern, die berücksichtigt, dass etwa ein zu klimatisierendes Kaufhaus zwar einen mit der Umgebungstemperatur gekoppelten Kältebedarf hat, andererseits aber nur während der Betriebsstunden und angrenzenden Zeiten gekühlt wird, wodurch die Betriebsdauer der Rückkühlanlage beispielhaft nur 4000 von 8760 Stunden im Jahr beträgt.

 

Kältemaschine

Um auch Trockenkühler in den Vergleich einbeziehen zu können, kann eine Kältemaschine in die Betrachtung einbezogen werden. Zurzeit sind drei Qualitätsstufen von Kältemaschinen mit entsprechend unterschiedlichen COP’s jeweils in Abhängigkeit der Warmwassertemperatur implementiert. Da der Trockenkühler auf einem höheren Temperaturniveau arbeiteten muss als ein Verdunstungskühler, ergeben sich für die mit dem Trockenkühler gekoppelte Kältemaschine schlechtere COP’s mit entsprechend höherem Jahresenergiebedarf.

 

(weitere) Parameter

Insgesamt werden als primäre Parameter berücksichtigt:

› Auslegungswert der Kälteleistung für Verbraucher

› Jahresbetriebsstunden

› Qualität der Kältemaschine

› Standort

› Leistungsprofil

› Warmwassertemperatur

› Kaltwassertemperatur

› Auslegungslufttemperatur

› Auslegungsfeuchtkugeltemperatur

› Umschalttemperatur für Hybridkühler

› Anteil an Ethylenglykol für Hybridkühler, geschlossenen Kühlturm und Trockenkühler

› Abschreibungsdauer

› Kapitalzinsen

› Eindickzahl für offenen und geschlossenen Nasskühlturm

› Preise für Frischwasser

› Preise für Wasseraufbereitung, unterschieden nach offenem Nasskühlturm, Hybridkühler (evtl. Umkehrosmose) und geschlossenem Nasskühler

› Preise für Abwasser

› Strompreis

› Pumpenwirkungsgrade

 

Aus diesen Parametern werden die folgenden, überschreibbaren Vorschlagswerte abgeschätzt:

› Anschaffungskosten

› Anschlusswert des Ventilators

› Druckverluste für Hybridkühler, geschlossener Nasskühler und Trockenkühler

› Düsenvordrücke

› COP der Kältemaschine

 

Damit kann einerseits ohne Vorliegen von konkreten Angeboten schnell abgeschätzt werden, wie die verschiedenen Rückkühlsysteme zueinander liegen, andererseits können Angebote herstellerübergreifend verglichen werden.

Schon aus der Vielzahl der Parameter wird klar, dass immer eine Einzelfallbetrachtung erforderlich ist, und das andererseits nicht alle Parameter in diesem Rahmen diskutiert werden können. Nachfolgend werden daher beispielhafte Ergebnisse gezeigt.

 

Beispiele

Den hier dargestellten Beispielen sind einige Parameter gemeinsam:

Saisonale Kühlung

In diesem Beispiel wird eine Kühlaufgabe betrachtet, bei welcher von April bis September konstant 1000 kW angefordert werden. Weitere Parameter sind:

 

Für den Standort Mannheim ergibt (vgl. Bild 7) sich, dass sowohl in Bezug auf die Jahreskosten, als auch in Bezug auf die CO2-Bilanz der offene Kühlturm die günstigste Wahl ist.

Fällt die Kühlaufgabe, bei sonst gleichen Bedingungen, am Standort Fichtelberg an, zeigt Bild 8 nunmehr ein anderes Ergebnis; der Hybridkühler hat hier knapp die Nase vorn, weil der Wasserverbrauch auf Grund der klimatischen Gegebenheiten stark zurückgeht. Der Trockenkühler bleibt unberücksichtigt, weil die geforderte Kaltwassertemperatur unter 40 °C liegt.

 

Industrielle Kühlung

Dieses Beispiel ist gekennzeichnet durch einen über das ganze Jahr verteilten Betrieb mit wiederum konstanter Leistung.

Die Variation der Betriebstunden (Bilder 9 bis 12) zeigt deutlich die Auswirkungen der hohen Investitionskosten eines Hybridkühlturms. Während dieser bei einem „rund um die Uhr“-Betrieb wirtschaftlich und in der CO2-Bilanz gut vorne liegt, ergibt sich bei 4000 Betriebsstunden ein wirtschaftliches Patt zum offenen Kühlturm, aber bei nur noch 2000 Betriebsstunden bewirken die Investitionskosten, dass der Hybridkühler in etwa die doppelten Jahreskosten eines offenen Kühlturms aufweist. Da in der CO2-Bilanz Herstellung und Transport noch nicht berücksichtigt sind, wirken sich die Betriebsstunden auf die Rangfolge der Kühltürme nicht aus.

 

Kaufhaus im Innenstadtbereich

Ein Kaufhaus für Bekleidungsartikel verfügt über immense innere Wärmelasten aufgrund einer Vielzahl von Beleuchtungseinrichtungen. Dies macht eine Klimatisierung während der Öffnungs- und angrenzenden Zeiten ganzjährig notwendig. Dabei sei der Kältebedarf proportional zur Umgebungstemperatur in einem Bereich von -15 °C bis 35 °C. Der Einsatz eines Trockenkühlers ist möglich. Die diesem zugeordnete Kältemaschine hat einen entsprechend ungünstigeren COP.

Bild 13 zeigt, dass bei einer Betrachtung zusammen mit der Kältemaschine die wirtschaftlichste Variante der offene Nasskühlturm ist, und der geschlossene Nasskühlturm den günstigsten Carbon-Footprint aufweist.

Hier wird deutlich, dass bei der gemeinsamen Betrachtung einer Kompressionskältemaschine und eines Rückkühlsystems die Kältemaschine die Betriebskosten und insbesondere die CO2-Bilanz dominiert, was jeweils der Energiequelle Strom geschuldet ist.

 

Wasserkühlung Rechenzentrum

Server in Rechenzentren werden heute indirekt über die Kaltluft im Aufstellungsraum gekühlt. Fortschrittlichere Entwicklungen sehen die direkte Wasserkühlung der Boards über in die Platinen eingearbeitete Kapillare vor. Damit werden hohe Temperaturen des Kühlmediums möglich und die Kältemaschine entfällt.

Diese einfache Kühlaufgabe führt zu dem in Bild 14 dargestellten Ergebnis, bei welchem der Trockenkühler in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und CO2-Bilanz am besten abschneidet.

 

Zusammenfassung

Kommen nach einer Vorauswahl verschiedene Rückkühlsysteme in Frage, hilft eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei der Entscheidungsfindung umso mehr, wenn sie neben den Jahreskosten die CO2-Bilanz des Rückkühlsystems mit einbezieht.

Bei Berücksichtigung von über 20 Parametern und Randbedingungen werden für jeden Fall über 500 Datenpunkte für den Umgebungsluftzustand herangezogen, um Kosten und CO2-Bilanz zu ermitteln.

Aus den hier aufgeführten Beispielen folgt dabei, dass jedes der Rückkühlsysteme seine Berechtigung hat; es eben von der konkreten Anwendung abhängt.

 

Ausblick

Weist die geforderte Rückkühlleistung einen nicht an die Umgebungstemperatur gekoppelten Tagesgang auf, so sind gleichermaßen Tagesgänge von Lufttemperatur und -feuchte erforderlich, wobei über Jahre gemittelte Werte nicht brauchbar sind, da die Auswirkungen auf den Luftbedarf eines Trockenkühlers zum Beispiel stark nicht linear sind. Tagesgänge können damit nur unter Verwendung der Originalmesswerte in einer Simulation über mehrere „virtuelle“ Jahre abgebildet werden. Zumindest bei der Klimatisierung muss zukünftig noch die Möglichkeit der freien Kühlung mit abweichenden Warm- und Kaltwassertemperaturen implementiert werden.

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