BGN

Studie zu Corona-Fällen in der Fleischwirtschaft

Seit Anfang Mai 2020 kam es trotz diverser Schutzmaßnahmen in Betrieben der Fleischindustrie zu größeren Ausbrüchen von SARS-CoV-2. Dabei rückten die Temperatur und Lüftungsbedingungen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Deshalb führte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) im Zeitraum Juni bis September 2020 eine Befragung von Unternehmen der Fleischwirtschaft durch, um den Zusammenhang der Arbeitsbedingungen mit dem Ausbruchsgeschehen zu untersuchen.

Je niedriger die Temperatur in gekühlten Arbeitsbereichen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. So zeigte sich mit jeder Abnahme der Temperatur um ein Grad, eine 3 % höhere Wahrscheinlichkeit sich zu infizieren. Das ist eine Erkenntnis der BGN-Studie.

Die zweite Erkenntnis: Die Qualität der Luft wirkt sich ähnlich auf Infektionen aus. Beschäftigte, die in Arbeitsbereichen arbeiten, die mit einer raumlufttechnischen Anlage ausgestattet sind, haben eine um 24 % geringere Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren als Beschäftigte in Arbeitsbereichen ohne Belüftungssystem. In einer gesonderten Stichprobe wurde außerdem untersucht, wie sich die Menge der zugeführten Frischluft auf das Infektionsrisiko auswirkt. Dabei wurde berechnet, dass pro 100 m³ zusätzlich zugeführter Frischluft pro Stunde und pro Person die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, um 34 % sinkt. Werden pro Person nur 10 m³ zusätzliche Frischluft pro Stunde zugeführt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, um 4 %.

Erkenntnis Nummer drei: Beschäftigte, die in Arbeitsbereichen arbeiten, in denen der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann, haben ein 87 % höhere Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren als Beschäftigte in Arbeitsbereichen, in denen der Mindestabstand eingehalten werden kann.

Die Studie basiert auf einer Befragung von 22 Betrieben mit fast 20.000 Beschäftigten. Die Betriebe mit Infektionsgeschehen wurden unterteilt in sieben Hotspot-Betriebe (mehr als zehn Infizierte) und in fünf Unternehmen mit wenig Infizierten. In diesen beiden Betriebsgruppen wurden mindestens 880 Beschäftigte positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Zehn befragte Betriebe wiesen kein Infektionsgeschehen auf.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle untersuchten Faktoren einen Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben. Jedoch lassen sich nicht alle diese Faktoren in den Betrieben der Fleischwirtschaft im Sinne des Infektionsschutzes vor SARS-CoV-2 verändern, wie z.B. die Temperatur in den gekühlten Arbeitsbereichen. Umso wichtiger ist es, dass die Betriebe die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards, die sie beeinflussen können, wie gut schützende Mund-Nase-Bedeckungen oder eine ausreichende Versorgung mit Frischluft, zum Schutze ihrer Beschäftigten auch tatsächlich umsetzen.

Originaltitel der Veröffentlichung: Investigation of superspreading COVID-19 outbreaks events in meat and poultry processing plants in Germany: A cross-sectional study, https://arxiv.org/abs/2011.11153

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