Mit Propan-Unterkühlern zu mehr Effizienz in Kälteanlagen
Feldversuch der Hauser GmbH und der TU Graz
Die Kältetechnik steht vor der Herausforderung, energieeffiziente und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Der Einsatz von CO2 (R744) als Kältemittel für Kälteanlagen hat sich als umweltfreundliche Alternative bewährt, zeigt jedoch bei hohen Umgebungstemperaturen Effizienzverluste. Ein innovativer Ansatz zur Effizienzsteigerung ist die mechanische Unterkühlung mittels Propankältekreis mit einer Füllmenge < 150 g. In einem Feldversuch hat der Kühlmöbel- und Kältetechnikspezialist Hauser in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Graz eine bestehende R744-Kälteanlage mit einem modularen R290-Unterkühler nachgerüstet.
In dem Feldversuch wurde eine bestehende R744-Anlage mit einem modularen Propan-Unterkühler nachgerüstet, um die Auswirkungen auf Leistung und Effizienz zu untersuchen. Ziel war es, die Effekte auf Leistung und Effizienz unter realen Betriebsbedingungen zu evaluieren. Der Feldversuch wurde im Rahmen des durch das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) geförderten Projekts „SEPCOO“ (Simulationsbasierte Entwicklung füllmengenminimierter Propan-Module zur Performanceverbesserung von CO2-Kälteanlagen) durchgeführt. Detaillierte Ergebnisse sind im DKV-Tagungsbeitrag (2024) „R744-Kälteanlage mit modularem R290-Unterkühler“ dargestellt.
Herausforderungen
Die R744-Kälteanlage punktet durch ihre Umweltfreundlichkeit, hohe Effizienz und langfristige Zukunftssicherheit vor allem stabile Preise und Verfügbarkeit des Kältemittels R744. Sie ist nicht von der F-Gas-Verordnung und PFAS-Regulierungen betroffen. Typische Probleme von R744-Kälteanlagen treten insbesondere bei hohen Umgebungstemperaturen auf. Ein wesentliches Problem dabei ist die überdurchschnittliche Entstehung von Flash-Gas bei der Drosselung, das zu Effizienzverlusten führt. Dies erfordert häufig eine Überdimensionierung der Kälteerzeugung, um die gewünschte Nutzkälteleistung sicherzustellen. Infolgedessen steigen auch die Infrastrukturkosten, da größere Komponenten und leistungsfähigere Systeme erforderlich werden.
Die Effizienzverluste äußern sich vor allem durch einen erhöhten Energieverbrauch, reduzierte Nutzkälteleistung, höhere Belastung der Komponenten und höhere Betriebskosten. Die Unterkühlung bewirkt eine erhebliche Reduktion des Flashgasanteils bei hoher Effizienz des Unterkühlers per se, weil dieser mit hohen Verdampfungstemperaturen >10 °C betrieben werden kann. Weitere aktuelle Lösungsansätze, um Effizienzverluste der R744-Kälteanlage zu kompensieren und die Leistung der Anlage zu optimieren sind u. a. Ejektoren und/oder zusätzliche Zwischenkühler.
Beschreibung des Feldversuchs
Der Feldversuch wurde in einem Supermarkt mit 680 m2 Verkaufsfläche und einer R744-Kälteanlage durchgeführt, die 20 Normalkühlstellen (NK) und fünf Tiefkühlstellen (TK) versorgt. Der Versuch wurde im Normalbetrieb des Supermarktes über einen Zeitraum von zwei Monaten durchgeführt. Die Nachrüstung mit dem modularen R290-Unterkühler wurde für eine Füllmenge von 150 g entwickelt, um Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Die Hauptfunktion des Unterkühlers besteht darin, die Flashgasbildung zu reduzieren und die Effizienz der Kälteanlage zu verbessern, insbesondere bei Umgebungstemperaturen über 27 °C (vgl. Abb. 1).
Der Unterkühler wurde unmittelbar nach dem Gaskühler in Serie in den Kältekreislauf integriert. Für die kältetechnische Einbindung war eine kurzzeitige Abschaltung der Kälteanlage erforderlich. Bei entsprechender Vorbereitung – wie der fixen Positionierung des Unterkühlers, dem Einbau der Druckaufnehmer sowie der Vorinstallation der Leitungsführung – war das Risiko einer Übertemperatur der gekühlten Waren aufgrund der kurzen Eingriffszeit als gering einzustufen. Die zur Überwachung erforderlichen Temperaturfühler und Leistungsmesssysteme können ohne Eingriff in den Kältekreislauf nachgerüstet werden, wodurch deren Implementierung weniger kritisch ist.
Der R290-Unterkühler ist in modularer Bauweise ausgeführt und besteht aus zwei R290-Modulen (Modul A und Modul B) sowie einem sogenannten „Blind-Wärmeübertrager“ (vgl. Abb. 2, 3 und 4). Letzterer ist konstruktiv identisch mit dem Verdampfer der R290-Module, wird jedoch ausschließlich von CO2 durchströmt. Der Einsatz des Blind-Wärmeübertragers ist erforderlich, da bei Verwendung von nur zwei aktiven Wärmeübertragern der Druckverlust über die Module zu hoch wäre. Um einen möglichst gleichmäßigen Massenstrom durch die beiden Module und den Blind-Wärmeübertrager zu erreichen, wurden diese im Tichelmann-Prinzip hydraulisch verschaltet.
Die beiden Module (Abb. 3) wurden in ihrer Ausführung gleich aufgebaut mit dem Unterschied, dass Modul A mit einem elektronischen Expansionsventil (EEV) ausgestattet wurde, welches für die ausgewerteten Betriebspunkte als Fixdrossel mit 95 % Öffnungsgrad eingesetzt wurde. Dieser Öffnungsgrad zeigte bei Laborversuchen ein ähnliches Verhalten wie das eingesetzte Kapillarrohr in Modul B.
Skalierbare Betriebsstrategie
Die einzelnen, klein dimensionierten Unterkühlerkreise können unabhängig voneinander ein- bzw. ausgeschaltet werden. Ein einzelner Unterkühlerkreis liefert eine Kälteleistung von knapp 6 kW bei einer Umgebungstemperatur von 40 °C. Durch die modulare Ausführung des R290-Unterkühlers ist es möglich, trotz der Auslegung der einzelnen R290-Module mit starrem Verdichter und Kapillarrohr, eine standort- und leistungsangepasste Konfiguration für die jeweilige R744-Anlage zu realisieren. Die Betriebsstrategie ist somit skalierbar und kann mit minimalem Anpassungsaufwand an die gewählte Modulanzahl und Systemauslegung angepasst und implementiert werden. Die erforderliche Anzahl aktiver Unterkühlerkreise richtet sich primär nach dem R744-Massenstrom sowie dem angestrebten Grad der Unterkühlung [K]. Die Regelungen zum Zu- und Abschalten der einzelnen Module des R290-Unterkühlers werden im Folgenden als Betriebsstrategie bezeichnet. Diese Strategie muss so ausgelegt sein, dass einerseits die Funktion und Stabilität der R744-Kälteanlage nicht negativ beeinflusst werden und andererseits der Nutzen der mechanischen Unterkühlung bestmöglich ausgeschöpft wird.
Sobald die Gaskühleraustrittstemperatur (T04) die Maximaltemperatur (T04max = 26 °C) überschreitet (T04 > T04max), wird ein Modul aktiviert und bleibt für mindestens 5 Minuten eingeschaltet. Währenddessen wird überprüft, ob ein Modul aktiv ist. Falls ja, wird mindestens 4 Minuten gewartet, um sicherzustellen, dass die Anlage einen stabilen Betriebspunkt erreicht. Wenn die R744-Austrittstemperatur aus dem R290-Unterkühler (T05) größer als der Zuschaltschwellwert (T05max = 26 °C) ist, wird ein weiteres Modul aktiviert und für mindestens 5 Minuten eingeschaltet. Durch Wiederholung der Schritte 2 und 3 könnte – sofern vorhanden – ein weiteres Modul aktiviert werden.
Falls die Temperatur (T05) kleiner als der Abschaltschwellenwert (T05min < 6 °C) ist, wird ein Modul für mindestens 5 Minuten deaktiviert. Wenn die Gaskühleraustrittstemperatur (T04) die maximal zulässige Temperatur (T04max) unterschreitet (T04 < T04max) & Modul B deaktiviert ist, wird Modul A deaktiviert und bleibt für mindestens 5 Minuten deaktiviert, bis es wieder aktiviert werden kann. Dabei wurden die Parameter für die Zeit und Temperatur so gewählt, dass die vom Verdichterhersteller vorgegebenen Lauf- und Abschaltzeiten eingehalten werden.
Ergebnisse und Effizienzsteigerung
Durch Messungen im Feldbetrieb konnten die Effekte der R290-Module quantifiziert werden. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Reduktion des Flashgasanteils, was zu einer verbesserten Systemeffizienz führt. Der rechnerische Vergleich ergab eine relative Steigerung des COP (Coefficient of Performance) von bis zu 17 % bei hohen Umgebungstemperaturen (35 °C). Daraus ergibt sich bei gleicher Kälteleistung ein um 14 % reduzierter Energieverbrauch. Dies zeigt das Potenzial der mechanischen Unterkühlung mit R290 als wirksame Maßnahme zur Leistungssteigerung bestehender R744-Kälteanlagen.
Hinsichtlich der Jahresarbeitszahl (JAZ) ist eine Verbesserung von etwa 7-9 % zu erwarten (bei einer Aufstellung in Österreich und abhängig von der lokalen Positionierung des Gaskühlers). Diese Effizienzsteigerung ist darauf zurückzuführen, dass bereits ab einer Umgebungstemperatur von 23 °C – bei R744 subkritischer Betrieb – durch die Unterkühlung eine Erhöhung des COP um 5 % erzielt werden kann. In wärmeren Klimaregionen ist mit einer noch höheren JAZ-Steigerung zu rechnen. Die Ergebnisse beziehen sich dabei nicht nur auf die Energieeinsparung der Kälteerzeugung, sondern umfassen auch Kälteverbraucher wie Kühlmöbel und Kühlräume.
Der Feldtest hat gezeigt, dass die Einbindung des R290-Unterkühlers in eine Bestandsanlage technisch möglich ist. Dabei ermöglicht die modulare Bauweise des R290-Unterkühlers die Anpassung an verschiedene R744-Anlagenkonfigurationen. Die Nutzkälteleistung kann mit einer Unsicherheit von unter 2 %, der direkt ermittelte COP mit einer Unsicherheit von unter 3 % messtechnisch ermittelt werden und der rechnerisch ermittelte „Vergleichs-COP“ mit einer Unsicherheit von unter 6 %. Der „Vergleichs-COP“ wurde bilanziell unter der Annahme ermittelt, die Drosselung wäre im gleichen Betriebspunkt vor dem Unterkühler erfolgt. Bei der Aufstellung ist jedenfalls auf die Luftführung zu achten (Abb. 5). Die Betriebsstrategie (Ein/Aus) lässt sich relativ einfach umsetzen.
Modulare Bauweise und wirtschaftlicher Nutzen
Der Einsatz eines R290-Unterkühlers bietet eine Vielzahl an Vorteilen für gewerbliche und industrielle R744-Kälteanlagen. Neben den Kostenvorteilen ermöglicht der Unterkühler eine Redimensionierung wichtiger Anlagenkomponenten. Gleichzeitig sinken die CO2-Emissionen, wodurch Unternehmen nicht nur ihre Betriebskosten senken, sondern auch ihre Umweltbilanz verbessern. Diese Kombination steigert die Wettbewerbsfähigkeit und unterstützt die Kunden bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele. Die geringe Füllmenge von < 150 g je Kältekreis reduziert die mit dem Kältemittel R290 verbunden Risiken enorm.
Ein entscheidender Vorteil des R290-Unterkühlers ist seine modulare Bauweise. Diese erlaubt eine flexible Anpassung an verschiedene Anlagenkonfigurationen und Betriebsanforderungen. Durch eine kompaktere Bauweise neuer R744-Kälteanlagen in Kombination mit einer Effizienzsteigerung lassen sich Investitions- und Betriebskosten reduzieren. Zudem kann die Nachrüstung bestehender Anlagen eine wirtschaftliche Alternative zur Erweiterung oder zum Austausch von Kälteanlagen
darstellen.
Erweiterung des Einsatzgebiets
von R744
Durch die Integration eines R290-Unterkühlers können transkritische R744-Kälteanlagen in Klimazonen mit Außentemperaturen von bis zu 45 °C effizient betrieben werden. Damit wird das Einsatzgebiet deutlich erweitert und bietet Kunden eine zukunftssichere Lösung auch für hohe Umgebungstemperaturen. Dieser Aspekt gewinnt in Hinblick auf den Klimawandel und steigende Temperaturen zunehmend an Bedeutung. Als Nachteil der Lösung ist ein zusätzliches Außengerät (evtl. Platzproblem) anzusehen, das jedoch sehr kompakt (ca. 1,5 m x 0,8 m x 0,8 m) bemessen ist.
Fazit
Der Feldversuch hat die praktische Umsetzbarkeit der mechanischen Unterkühlung bestätigt und neue Möglichkeiten zur Weiterentwicklung aufgezeigt. Eine weitere Effizienzsteigerung könnte durch den Einsatz von ölreduzierten Verdichtern erreicht werden, die größere und effizientere Wärmeübertrager bei gleicher R290-Füllmenge (< 150 g) ermöglichen. Die R290-Nachrüstung könnte beispielsweise genutzt werden, wenn in Folge steigender Umgebungstemperatur oder steigendem Spitzenbedarf an heißen Tagen die Kälteleistung einer R744- Bestandsanlage nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann.
Darüber hinaus hat der Versuch gezeigt, dass die mechanische Unterkühlung mittels der R290 Kältekreise mit weniger als 150 g Füllmenge eine vielversprechende Lösung zur Effizienzsteigerung von R744-Kälteanlagen darstellt. Insbesondere bei hohen Umgebungstemperaturen kann die Leistungszahl COP signifikant verbessert werden. Die modulare Bauweise und eine skalierbare Betriebsstrategie bieten zudem große Flexibilität und wirtschaftliche Vorteile. Mit zukünftigen Entwicklungen könnten die Optimierung der R290-Module sowie die Implementierung ölreduzierter Verdichter weiter vorangetrieben werden.
Literatur
G. Pertiller, R. Rieberer, L. Schöffl und A. Kotenko, „R744-Kälteanlage mit modularem R290-Unterkühler“. DKV-Tagung 2024