Wärmepumpen als Schlüssel zur Modernisierung deutscher Krankenhäuser

Effiziente Kühlung und Heizung: Zukunftssichere Energielösungen für Kliniken

Deutschland hat in der zweiten Augustwoche eine Hitzewelle mit Temperaturen weit über 30 °C erlebt – und das über mehrere Tage hinweg. Schon in den Sommern 2023 und 2024 führten solche Extremwetterlagen zu jeweils rund 3.000 hitzebedingten Todesfällen. Gleichzeitig stoßen viele Krankenhäuser ohne Klimatisierung an ihre Grenzen: überhitzte Patientenzimmer, hoher Energiebedarf und steigende Belastungen für Personal und Infrastruktur. Moderne Wärmepumpen bieten hier eine doppelte Lösung – sie können den Heizenergieverbrauch um bis zu 75 % senken und im Sommer hocheffizient kühlen, um Patienten und Personal zu schützen.

Der Krankenhaussektor in Deutschland gibt derzeit rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für Energie aus – Tendenz steigend. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft werden bis zu 80 % der Häuser für 2024 ein negatives Jahresergebnis ausweisen (www.t1p.de/KKA5-25DKG). Etwa 60 % des gesamten Energiebedarfs entfallen auf Heizung und Kühlung (BDEW Branchenfokus Krankenhäuser 2017, S. 7). Viele dieser Anlagen sind veraltet, ineffizient und nicht auf die Energie- und Klimaherausforderungen der kommenden Jahre vorbereitet.

Energie-Fußabdruck von ­Krankenhäusern

Krankenhäuser zählen in Deutschland zu den größten Energieverbrauchern im öffentlichen Gebäudebestand. Nach Angaben des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags liegt ihr durchschnittlicher Energieverbrauch bei etwa 270 kWh/m² pro Jahr – rund doppelt so hoch wie der von Verwaltungsgebäuden. Ein 500-Betten-Krankenhaus kann jährlich bis zu 20 Millionen kWh verbrauchen, wovon etwa 70 % auf Heizung, Warmwasser und Klimatisierung entfallen (www.t1p.de/KKA5-25DB).

Ein zukunftsweisendes Modell liefert das Sygehus Sønderjylland im Süden Dänemarks. In einem Gemeinschaftsprojekt mit Danfoss, dem lokalen Fernwärmeversorger, der regionalen Krankenhausorganisation und der Gemeinde wurden veraltete Heiz- und Kühlsysteme durch zwei hocheffiziente indus­trielle Wärmepumpen und eine integrierte Wärmerückgewinnung ersetzt.

Das Ergebnis: Das Krankenhaus profitiert von einer effizienteren Energienutzung und reduziert seinen jährlichen Wärmebedarf um 13.857 MWh – das entspricht dem Heizenergiebedarf von 770 dänischen Haus­halten.

Diese Einsparung wurde möglich, indem Abwärme aus den Kühlsystemen des Krankenhauses zurückgewonnen, mit einer Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gebracht und anschließend für die Heizung genutzt wird. Zusätzlich kann das Krankenhaus jährlich 12.500 MWh überschüssige Wärme in das lokale Fernwärmenetz einspeisen – genug, um weitere 740 Haushalte zu versorgen. So wird die Abwärme nicht nur zur eigenen Energieversorgung genutzt, sondern auch zu einer zusätzlichen Einnahmequelle. Mit einer Amortisationszeit von unter drei Jahren ist das Projekt zudem wirtschaftlich attraktiv.

Krankenhäuser haben eine große Chance, ihren Energieverbrauch zu senken, Betriebskosten zu reduzieren und Emissionen aus Heizung und Kühlung zu vermeiden. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, muss jedoch die Elektrifizierung der Energiesysteme beschleunigt werden, indem Strom erschwinglicher wird. Die Elektrifizierung und Dekarbonisierung der Heizung wird durch bezahlbaren Strom ermöglicht. Diese Erschwinglichkeit ist jedoch derzeit nicht in allen Ländern und Regionen gleich. Die Politik sollte Maßnahmen ergreifen, um die Strompreise zu senken und Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen, damit sich die Amortisationszeit für industrielle Wärmepumpen verkürzt und die Dekarbonisierung zu einer soliden Investition für den Gesundheitssektor
wird.

Skalierungspotenzial für ­Deutschland

Mit rund 2.000 Krankenhäusern bundesweit besteht enormes Potenzial für Wärmepumpen, Abwärmenutzung und intelligente Kühlung – besonders in OP-Bereichen und technischen Zonen mit hohen Wärmelasten. Angesichts zunehmender Hitzebelastung in Patientenzimmern wird eine klimagerechte Kühlung immer wichtiger. Durch die Nutzung der bei Kühlprozessen entstehenden Wärme können Krankenhäuser ihre Effizienz deutlich steigern, Betriebskosten senken und CO2-Emissionen reduzieren. Wärmepumpen bieten einen skalierbaren und finanziell tragfähigen Weg zur Modernisierung der deutschen Krankenhausinfrastruktur.

Indem Krankenhäuser Abwärme aus ihren Kühlsystemen auffangen, den eigenen Bedarf decken und den Überschuss ins lokale Fernwärmenetz einspeisen, werden sie quasi selbst zu Energieerzeugern. Was in Dänemark bereits Realität ist, lässt sich auch in Deutschland umsetzen – und zeigt eindrucksvoll, wie Gemeinden nachhaltige, widerstandsfähige und vernetzte Energiesysteme aufbauen können.

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