Digitale Lösungen für HACCP-konforme Kühltechnik
Experten-Talk 2025 mit Nico Kuhn und Michael Knöpfle
Die Anforderungen an die Kältebranche steigen. Ob Gastronomie, Bäckerei oder Apotheke – überall dort, wo Lebensmittel oder sensible Produkte gekühlt werden müssen, gilt es, strenge HACCP-Richtlinien zuverlässig einzuhalten. Durch die jüngste Novellierung der europäischen F-Gase-Verordnung, die schrittweise Verbote und Beschränkungen bestimmter Kältemittel vorsieht, wächst zudem die Bedeutung einer sicheren Gaswarnung. Doch wie bewältigen Unternehmen diese Anforderungen in der Praxis? Wie helfen digitale Technologien, Kühlanlagen sicherer und einfacher zu überwachen?
In unserem Expertengespräch diskutieren Michael Knöpfle, Geschäftsführer des IoT-Spezialisten PSsystec, und Nico Kuhn, Geschäftsführer von Kältetechnik Knoll, der seit über neun Jahren Betriebe bei der Umsetzung moderner Kühltechnik begleitet. Beide Experten sprechen über aktuelle Herausforderungen, praktische Lösungsansätze und geben und einen Einblick, welche Rolle moderne IoT-Technologien bei der effizienten und sicheren Umsetzung von HACCP-Anforderungen spielen können.
KKA: Herr Kuhn, Sie sind seit über neun Jahren Geschäftsführer bei Kältetechnik Knoll. Was sind aktuell Ihre größten Herausforderungen in der täglichen Arbeit?
Kuhn: In unserem Alltag haben wir vor allem mit der Einhaltung strenger HACCP-Richtlinien zu tun. Viele Betriebe unterschätzen oft noch, wie viel Aufwand die regelmäßige Überwachung der Kühlanlagen bedeutet. Vor allem, wenn noch analoge Methoden wie manuelle Temperaturmessungen eingesetzt werden. Früher mussten Kunden oft mehrere Male am Tag handschriftlich Temperaturen protokollieren – ein enormer zeitlicher Aufwand, der leider auch sehr fehleranfällig war. Auch die Erfassung auf einem USB-Stick, der dann jedes Mal manuell ausgelesen werden muss, ist keine echte Verbesserung.
KKA: Wie wurde diese Herausforderung bei Ihren Kunden bislang gemeistert?
Kuhn: In vielen Betrieben, die wir betreuen, etwa bei einer lokalen Bäckerei oder verschiedenen Apotheken, waren manuelle Messungen lange Standard. Die Mitarbeiter mussten oft bis zu vier Mal täglich Temperaturwerte dokumentieren. Das hat wertvolle Arbeitszeit gekostet und Fehler waren fast unvermeidbar – denn wer garantiert schon, dass der Messwert exakt zur richtigen Zeit aufgenommen wird? Außerdem wurden die Messungen oft auf Papier notiert, was dann wiederum archiviert werden musste. Für den Nachweis bei Kontrollen war das mühsam und unpraktisch.
KKA: Herr Knöpfle, Sie beschäftigen sich mit digitalen Lösungen unter anderem für HACCP-Anforderungen. Warum wird Digitalisierung für die Branche immer wichtiger?
Knöpfle: Die gesetzlichen Vorgaben steigen stetig – insbesondere im Lebensmittelbereich, aber auch darüber hinaus. Einerseits gibt es die Pflicht zur HACCP-konformen Temperaturüberwachung, die vor allem bei Lebensmitteln und Arzneimitteln eine große Rolle spielt. Andererseits bringt die neue F-Gase-Verordnung strengere Umweltanforderungen mit sich – sie betrifft alle Bereiche, in denen Kühltechnik zum Einsatz kommt, also auch Bürogebäude oder Produktionsstätten. Der schrittweise Ausstieg aus bestimmten Kältemitteln und der Umstieg auf alternative, teilweise brennbare Gase erhöhen die Anforderungen an Sicherheit und Monitoring enorm. Digitale Systeme helfen dabei doppelt. Sie machen Überwachung nicht nur komfortabler, sondern sorgen für weniger Fehler und eine lückenlose Dokumentation.
Kuhn: Ja, das kann ich nur bestätigen. Die Digitalisierung spart unseren Kunden enorm viel Zeit und erhöht die Sicherheit im Betrieb deutlich. Bei Problemen – beispielsweise, wenn eine Kühlanlage ausfällt oder eine Tür nicht richtig geschlossen ist – erhalten sie direkt eine Meldung per SMS oder E-Mail. Das heißt, sie können sofort reagieren, statt erst bei einer Kontrollmessung am Abend oder nächsten Morgen einen Schaden zu bemerken. Das IoT-System von PSsystec ermöglicht dabei nicht nur die Temperaturerfassung, sondern auch die Erkennung von Zustandsänderungen – etwa über Digitaleingänge für Türkontakte oder Alarme aus anderen Systemen.
KKA: Welche Vorteile haben digitale Lösungen gegenüber den klassischen analogen Methoden konkret?
Kuhn: Vor allem die Einfachheit in der Installation und Bedienung überzeugt unsere Kunden. Die digitalen HACCP-Lösungen, die wir heute einsetzen, erfordern keinerlei Eingriffe in die bestehende IT-Infrastruktur. Das ist ein riesiger Vorteil, besonders für kleine und mittelständische Betriebe. Die Inbetriebnahme ist schnell erledigt – Stromversorgung herstellen, Sensoren anschließen und schon beginnt die automatische Datenerfassung. Durch die Übertragung der Messdaten über Mobilfunk wird die lokale IT nicht belastet und die Systeme laufen stabil und sehr zuverlässig.
Knöpfle: Bei unseren Kunden merken wir auch, dass gerade für Unternehmen, die keine spezialisierten IT-Mitarbeiter haben, es entscheidend ist, dass solche Lösungen intuitiv bedienbar und wartungsarm sind. Niemand möchte sich aufwendig mit komplizierter Software beschäftigen müssen, um einen Temperaturverlauf auszulesen oder Alarmeinstellungen vorzunehmen. Also anschließen und los geht es – eine echte Plug & Play-Lösung.
KKA: Herr Kuhn, Sie haben ja bereits IoT-basierte Lösungen für die HACCP-Überwachung installiert. Was sind Ihre Erfahrungen damit in der Praxis?
Kuhn: Wir haben das „SMARThaccp“ Lösungspaket von PSsystec sowohl in Apotheken, Bäckereien, Metzgereien als auch in Gastronomiebetrieben im Einsatz. Konkret bei einer Großbäckerei haben wir beispielsweise alle Kühlräume und Kühlanlagen digitalisiert. Das hat nicht nur den Wartungsaufwand deutlich reduziert, sondern ermöglicht dem Kunden, zentral alle Standorte im Blick zu behalten.
KKA: Welchen Einfluss haben diese modernen Lösungen auf Wartungsaufwand und Kosten?
Kuhn: Insgesamt hat sich der Wartungsaufwand drastisch reduziert. Früher mussten wir oft vor Ort fahren, um Fehler zu identifizieren oder Anlagenzustände zu überprüfen. Heute sehen wir über die Fernüberwachung schon genau, wo das Problem liegt. Beispielsweise erkennen wir anhand der Sensordaten, ob ein Kältemittelverlust oder ein Temperaturproblem vorliegt. Dadurch können wir gezielt agieren, oft sogar bevor der Kunde den Ausfall selbst bemerkt.
KKA: Können Sie das konkret an einem Beispiel verdeutlichen?
Kuhn: Ja, nehmen wir nochmals die Großbäckerei. Früher hatten wir oft spontane Einsätze, weil irgendwo eine Tür offenstand oder ein Verdampfer vereist war. Jetzt können wir im Vorfeld eine Meldung an den Kunden senden, der das Problem beheben kann, bevor es ernsthafte Konsequenzen hat. Oder im Servicefall bereits notwendige Ersatzteile mitnehmen. Allein dadurch sind für den Kunden die Servicekosten deutlich gesunken, und Ausfallzeiten werden minimiert. Die bessere Planung der Serviceeinsätze ist ein Vorteil, den wir sehr schätzen und unsere Effizienz erhöht.
KKA: Abschließend, Herr Kuhn, wie sehen Sie die Zukunft in Ihrer Branche angesichts dieser Entwicklungen?
Kuhn: Die Branche ist gezwungen, sich weiterzuentwickeln. Für viele Unternehmen wird es sehr wichtig sein jetzt auf digitale Systeme umzusteigen, ansonsten wird es zunehmend schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn die Zeit- und Kosteneinsparungen durch moderne Lösungen sind wirklich enorm. Das erkennen mittlerweile auch kleinere Betriebe, die früher skeptisch gegenüber digitalen Technologien waren. Letztendlich wird kein Unternehmen mehr um eine digitale Lösung herumkommen, wenn es nachhaltig und sicher arbeiten möchte.
Knöpfle: Ja, auch aus unserer Sicht sind digitale, vernetzte Systeme längst kein Zukunftsthema mehr – wir sind mittendrin. Viele Betriebe erkennen, dass sie mit einfach einsetzbaren Lösungen unkompliziert starten können. Die Einstiegshürde ist dadurch sehr gering.
Nico Kuhn …
… ist Geschäftsführer der Kältetechnik Knoll GmbH, einem etablierten Fachbetrieb mit über 50 Jahren Erfahrung im Bereich Kälte- und Klimatechnik.
Seit 2016 leitet Kuhn das Unternehmen mit Sitz in Friedberg bei Augsburg und bringt seine Praxiserfahrung besonders im Bereich moderner Kühl- und Überwachungslösungen ein – von Bäckereien über
Apotheken bis zu industriellen Fertigungsbetrieben.
Michael Knöpfle …
… ist Geschäftsführer bei der PSsystec GmbH, einem Spezialisten für IoT-basierte Lösungen im Energiemanagement, sowie in der Gebäude- und Anlagentechnik.
Das Unternehmen entwickelt und produziert zuverlässige Plug & Play-Systeme für die Digitalisierung von Bestandsanlagen – einfach, sicher und unabhängig von lokaler IT. Mit über 50.000 neuen Geräten jährlich steht PSsystec für smarte Technik und praxisnahe Lösungen.